Pro:
viel Chrom, breit, tief, schwer
Kontra:
Trittbretter eindeutig zu tief
Empfehlung:
Ja
...hat das neue Prachtstück aus dem Hause Honda. Und auffallen tut man im wahrsten Sinne des Wortes mit der neuen VTX 1300.
Auf der Suche nach einem neuen Bike für die Saison 2003 bin ich durch Zufall über dieses außergewöhnliche Modell gestossen. Ursprünglich wollte ich als eingefleischter FJ-Fahrer den Nachfolger der 1200er haben. Und nach einer Probefahrt auf der neuen FJR 1300 war ich auch nur noch eine Unterschrift weit davon weg. Ich war lediglich mit dem Händler nicht zufrieden. Und so tuckelte ich durch die Lande auf der Suche nach dem passenden Verkäufer für mein passendes Motorrad. Und da sah ich sie auch bei einem Honda-Händler stehen: in funkelndem rot mit spiegelndem Chrom. Ich mußte einfach stehen bleiben und mir die durch die tiefgezogenen und breiten Schutzbleche vorne und hinten auf "alt" getrimmte Cruiser anschauen. Auch meine Sozia zeigte erstaunlicherweise gleich starkes Interesse an dem funkelnden Ungetüm. Der Breite Fahrersitz lädt auch gleich zum probesitzen ein und so mußte der gleich herbeieilende Händler gar nicht lange bitten Platz zu nehmen.
Und so saß ich nun ungewohnt breitbeinig und tief auf dem relativ schweren Gefährt. Die etwas gekrümmte Lenkerposition gab mir sofort ein angenehm entspanntes Gefühl welches ich von meinem Tourenmotorrad her bereits kannte. Nur waren die Arme viel breiter auseinander. Auch die wesentlich dickeren Griffe geben einem das Gefühl "etwas in der Hand" zu haben.
Der Blick nach vorne wird durch nichts gestört, keine Verkleidung, keine Scheibe, nur der breite Lenker aus Chrom. Davor wirkt angenehm eine dicke, ebenfalls verchromte Lampe.
Grinsend gab mir der Händler den Schlüssel. Aber wo bitte ist denn das Zündschloss? Unterhalb des Lenkers ist in dem bulligen Tank lediglich eine einzelne Armatur für den Tachometer mit integriertem Kilometerzähler und Kontroll-Leuchten eingebaut. Aber kein Zündschloss... Nach etwas suchen und der Hilfestellung durch den Händler konnte ich endlich den Zündschlüssel in das auf der linken Seite unterhalb des Tanks angebrachten Zündschloss stecken. Das Zündschloss selbst hat nur zwei Stellungen, an oder aus. Nach dem einschalten erfolgte ein kurzer automatischer Test des digitalen Kilometerzählers der anschließend gerade mal 43km aufwies. Der Händler hatte gerade mal die Reifen eingefahren und ich war der erste der eine Probefahrt damit machen durfte. Welch eine Ehre!
Altertümlich wie das Aussehen des Bikes ist auch ein Teil der Technik: keine Kaltstarteinrichtung sondern manueler Choke. Also diesen kurz gezogen, ein kurzer Tastendruck auf den Anlasserknopf und schon blubberte der Zweizylinder munter aber dumpf vor sich hin. Toller Klang!
Inzwischen nahm auch die Sozia platz. Ungewohnt hoch sitzt sie. Ein kurzer Druck auf die Schaltwippe und der erste Gang wird sanft und geräuschlos (!) eingelegt. Potzblitz. Wo ist das harte Klackern geblieben das ich von den anderen Motorrädern her kannte? Nur vom Kardan-Antrieb selbst kann es doch nicht kommen, oder?
Langsam setzte ich das schwere Gerät in Gang und gleich auf die Landstrasse. Den 5ten Gang hatte ich bei meiner untertourigen Fahrweise bereits bei 80km/h erreicht. Der Tacho sitzt bei Integral-Helm-Trägern außerhalb des Blickfeldes, aber das stört nicht weiter.
Trotz des relativ hohen Gewichts läßt sich die VTX gemütlich durch die Kurven lenken. Sie reagiert auf Bodenwellen und schnellen Lenkbewegungen sehr gutmütig. Kaum zu glauben. Auch das Beschleunigen macht mit dem 75PS starken Gefährt aus sämtlichen Dreh- und Gangzahlen heraus mächtig Freude. Kraft hat man also in allen Lebenslagen. Auch das Bremsen der Maschine stellt dank der sauber zu dosierenden Bremsen kein Problem dar. Selbst bei einer starken Bremsung bleibt die VTK erstaunlicherweise relativ leicht kontrollierbar. Das Pedal der Hinterradbremse ähnelt dem eines Autos. Die Vorderradbremse ist zwar keine typische "Ein-Finger-Bremse", läßt sich jedoch mit relativ wenig Kraftaufwand betätigen.
Der erste Kreisel mit der VTX war für mich jedoch ein Schockerlebnis: durch die sehr niedrig angebrachten Trittbretter wird der Neigungswinkel der Maschine sehr begrenzt, was man eben bei engen Kurven oder Kreiseln sofort zu spüren, will sagen zu hören bekommt. Mit einem lauten Kratz-Schleif-Geräusch wird einem bitter klar gemacht daß man an dieser Stelle etwas zu schnell war. Nein, zu schnell war man nicht, nur die verdammten Trittbretter sind zu tief!
Auf der Rückfahrt habe ich dann etwas mehr Gas gegeben, man fühlt sich ja sehr schnell sehr sicher auf diesem Modell. Spitze läuft sie ohne Probleme ca. 170 km/h im Zwei-Mann-Betrieb, jedoch macht das cruisen Aufgrund der ungünstigen CW-Werte des breitarmigen und -beinigen Fahrers ab ca. 120-130 km/h nur noch begrenzt Freude.
Nach Rückkunft bei dem Händler habe ich dann auch - zum großen Erstaunen meiner Sozia - sofort den Kaufvertrag unterschrieben und das Motorrad einen Tag später abgeholt; diesen Fahrspaß wollte ich fortan immer genießen können.
Inzwischen fahre ich die VTX1300 (Baujahr 2003) seit knapp 3 Monaten. Seither sind mir drei Dinge ganz besonders aufgefallen:
1. Ich habe noch nie ein Motorrad so gerne geputzt wie dieses. Die relativ großen Chromflächen erleichtern dies ungemein. Einzige "futschelarbeit" sind die Speichenräder.
2. Mit dem Motorrad fällt man überall auf! Noch nie haben die Leute mein Motorrad so bestaunt wie dieses. Und manchmal werde ich gefragt ob es nicht vielleicht eine Harley sei. Einige glauben sogar daß ich das Teil im Wohnzimmer parke :-)
3. Ich fahre viel langsamer als vorher. Das Motorrad animiert geradezu zum langsam fahren (zur Freude meiner Sozia).
Fazit:
Natürlich ist alles Geschmackssache. Mir persönlich gefällt sie in rot besser als in schwarz. Ansonsten sind die breiten, langgezogenen Schutzbleche sowie die beiden dicken Chrom-Rohre rechts markantes Merkmal für die VTX. Markant und satt ist auch der Sound. Große Chromflächen erleichtern das Putzen ungemein. Der Sitz ist tief und breit, die Trittbretter und die Schaltwippe ebenfalls Geschmackssache. Die Maschine sieht durch und durch harmonisch aus, alles passt aufeinander. Der Motor ist ausreichend dimensioniert und läßt auch zügiges Fahren zu. Lediglich die zu tief angebrachten Trittbretter nötigen den Fahrer in engen Kurven und Kreiseln zum bremsen wenn er nicht durch das unsanfte Schleifgeräusch erschreckt werden will. In jedem Fall stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Wer (Leder-)Koffer dranmachen möchte braucht einen speziellen Halter der jedoch ungemein teuer ist. Da das Modell noch recht jung ist gibt es auf dem Zubehörmarkt noch recht wenig.
Übrigens: Meiner FJ1200 bzw. FJR1300 (in Spee) habe ich bisher keine Träne nachgeweint. weiterlesen schließen
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