Industriekaufmann/frau Testberichte
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- Schwierigkeitsgrad der Ausbildung: leicht
- Einstellungschancen: sehr gut
- Aufstiegschancen: sehr gut
- Verdienstmöglichkeiten: gut
- Sozialleistungen: gut
- Eigenverantwortliches Arbeiten: stark gefördert
Pro & Kontra
Vorteile
- angesehener Beruf, man hat viele Möglichkeiten nach der Ausbildung, ideale Studienvoraussetzung
- beliebter Beruf mit viel Nachfrage, recht solide Grundausbildung, Einstellungsmöglichkeit auch in anderen Branchen
- großer Einsatzbereich und viele Weiterbildungsmöglichkeiten
Nachteile / Kritik
- große Unterschiede in den Unternehmen und in der Vergütung
- viel Monotonie, geringe Entfaltungs - , Aufstiegs - und Verdienstmöglichkeiten, teilweise veraltete Ausbildungs - und Arbeitsmethoden
- nichts
Tests und Erfahrungsberichte
-
Solide Grundausbildung, der Beruf kann aber auch auf Dauer recht monoton werden
3- Einstellungschancen: gut
- Aufstiegschancen: gut
- Verdienstmöglichkeiten: schlecht
- Sozialleistungen: schlecht
Pro:
beliebter Beruf mit viel Nachfrage, recht solide Grundausbildung, Einstellungsmöglichkeit auch in anderen Branchen
Kontra:
viel Monotonie, geringe Entfaltungs - , Aufstiegs - und Verdienstmöglichkeiten, teilweise veraltete Ausbildungs - und Arbeitsmethoden
Empfehlung:
Ja
Mit diesem Bericht möchte ich mal den Beruf vorstellen, den ich vor Jahren erlernt habe: den Beruf des Industriekaufmanns!
DIE VORGESCHICHTE UND DIE BERUFSWAHL
Bei mir ging es Ende der 80er bis Anfang der 90er los, dass ich mir Gedanken um den zu erlernenden Beruf machen musste. Seit Mitte der 80er Jahre schon interessiere ich mich für Computer, wollte immer schon beruflich was in dem Bereich machen. Aber auch am Kaufmännischen hatte ich Interesse. Als sich bei mir die Frage nach der Ausbildung stellte, gab es hier (Kleinstadt) noch keine Berufe wie Informatik- oder Datenverarbeitungskaufmann, das kam erst gegen Ende der 90er Jahre. Da ich gerade die Höhere Handelsschule besuchte und dort gut zurechtkam (u.a. konnte ich im Fach "Bürowirtschaft" einen Einblick in die kaufmännische Praxis bekommen), entschied ich mich erst einmal für die Ausbildung zum Industriekaufmann. Ich dachte mir, damit kann man erst mal nicht viel verkehrt machen.
DER BEWERBUNGSPROZESS
Bewerbungen schrieb ich damals ca. 20, ich bekam zwar viele Absagen, aber in mindestens zwei anderen Firmen hätte es schließlich auch geklappt. Manche Großfirmen machten Einstellungstests, die auch sehr unterschiedlich sein konnten. Schriftliche Denk- und Logikaufgaben waren dabei, aber auch mündliche Einstellungstests mit Fragen zum Allgemeinwissen (gern Politik). Da ich politisch nicht so interessiert bin, fiel ich in zwei mündlichen Tests durch (das nur so nebenbei). Die Firmen, die mir eine Zusage gaben, machten keine Einstellungstests.
DER ABLAUF MEINER AUSBILDUNG
Meine Ausbildung fand schließlich in einem Mittelbetrieb statt (die erste Firma, die mir eine Zusage gab) und dauerte bei mir 2 Jahre, da ein Jahr auf die bisherige Schulbildung (Fachabitur) angerechnet wurde. Allgemein dauert eine solche Ausbildung je nach Schulabschluss (Realschule reicht aus, Abitur ist natürlich noch besser, Höhere Handels- bzw. Fachoberschule optimal) zwischen 2 und 3 Jahren.
Ich wurde in meinem Betrieb in folgenden Abteilungen eingesetzt:
- Finanzbuchhaltung
- EDV
- Fakturierung (Rechnungsabteilung) und Versand (das war 1 Abteilung)
- Verkauf
- Zentrale
- Auftragsbearbeitung/Arbeitsvorbereitung
Ein solcher Aufenthalt variierte zwischen min. 1 und max. 9 Monaten. Dazu kam zu Beginn der Ausbildung ein knapper Monat im Betrieb (Produktion), wo man Einblicke in die Produktionsabläufe bekommen sollte (gute Idee, die Umsetzung war aber nicht so toll, da man eher zu körperlichen Aushilfsarbeiten herangezogen wurde anstatt was zu lernen). Im Einkauf und Personalwesen war ich beispielsweise nicht, wäre vielleicht auch noch interessant gewesen. Auch ich wurde natürlich (wie sicherlich nicht wenige) zu einigen "ausbildungsfremden" Tätigkeiten eingesetzt, teilweise auch über die reguläre Arbeitszeit hinaus (Kopieren, Spülen, Aktenvernichtung, auch Aushilfe in Produktion, Aufräumen, längere Botengänge mit PKW).
Ansonsten war die eigentliche kaufmännische Arbeit in den Abteilungen mal mehr, mal weniger interessant. Vieles wurde auch bald zur Routine, wie z.B. Ablage, Lieferscheine und Rechnungen schreiben, oder auch das Aufaddieren sehr langer Zahlenkolonnen per Taschenrechner.
Taschenrechner, Kuli und Schreibmaschine waren sowieso sehr beliebte Hilfsmittel. Trotz meiner EDV-Vorkenntnisse war die EDV in den Betrieben, wo ich bisher war, nicht so wichtig (Tabellenkalkulation z.B. kannte längst nicht jeder Angestellte, Hard- und Software waren oft sehr alt). Kenntnisse in der Textverarbeitung und dem allgemeinen Umgang mit dem PC sind natürlich vorausgesetzt, aber das war's auch. Das war einer der Minuspunkte an dieser Ausbildung/diesem Beruf für mich persönlich. Selbst heute kenne ich noch etliche (meist kleinere) Unternehmen, die in Sachen EDV irgendwo auf dem Stand von vor 10 und mehr Jahren stehen geblieben sind. Das finde ich nicht so toll.
Aber mittlerweile sollte das eher Seltenheitswert haben. Meine Ausbildung liegt schon ein paar Jährchen zurück, und heute dürften die meisten Firmen eine halbwegs zeitgemäße EDV haben, und auch Excel ist heute viel bekannter als vor 10 Jahren.
Das Personal im kfm. Bereich bestand in meinem Ausbildungsbetrieb zu zwei Dritteln aus Frauen (damals überwiegend zwischen 25 und 40 Jahre alt, Durchschnittsalter bei 30). Männliche Industriekaufleute waren in diesem Unternehmen eher im leitenden Bereich zu finden, das Alter ging dort von etwa 25 bis 55 Jahre, das Durchschnittsalter lag bei etwa 35. In der Berufsschule war der Geschlechteranteil ca. 50/50%. Die Hälfte der Mitschüler/innen kannte ich noch aus meiner Zeit in der Höheren Handelsschule.
Das Gehalt lag damals bei ca. 900 DM (450 €) im zweiten und 1000 DM (500 €) brutto im dritten Lehrjahr, sicherlich ist das inzwischen ziemlich weit unter dem heutigen Durchschnitt. Auf jeden Fall kann ein angehender Industriekaufmann ein höheres Gehalt erwarten als ein Büro- oder Einzelhandelskaufmann. Lediglich die Gehälter der Bankkaufleute liegen noch darüber.
BERUFSSCHULE UND ABSCHLUSS
Meine Berufsschule fand ich nicht so gut, da kaum Prüfungsrelevantes unterrichtet wurde und die Unterrichtsinhalte teilweise auch veraltet waren. In der Nachbarstadt soll der Unterricht besser gewesen sein. Das ist sicherlich von Schule zu Schule verschieden. Größter Minuspunkt war, dass damals weder EDV noch Englisch unterrichtet wurden, dafür aber Religion und Sport! Heute steht nun auch Englisch auf dem Lehrplan, und die Grundkenntnisse der EDV (vor allem Office) gehören auch dazu. Sport und Religion soll es aber immer noch geben.
In meinem Fall fand der Berufsschulunterricht an zwei Tagen pro Woche statt, von 8 bis 13 Uhr. An einem der beiden Tage war es für mich Pflicht, von 13.30 bis 17 Uhr noch im Betrieb zu arbeiten. Oft wurde es abends später, da ich einiges vom Vormittag aufzuarbeiten hatte. Einige andere Betriebe schenkten den Auszubildenden einen zweiten freien Nachmittag nach der Schule, da die Personalchefs es für nicht lohnend hielten, die Auszubildenden noch für 2 bis 3 Stunden in der Firma antanzen zu lassen.
Manche Schulen haben auch Blockunterricht, d.h. 6 Wochen am Stück von Montag bis Freitag (bzw. zu meiner Zeit waren es auch noch zwei Samstage im Monat) nur Berufsschule, und danach ist man wieder einige Wochen nur in der Firma. Das geht im Wechsel vor sich.
Pro Hauptfach (Deutsch, Mathematik, BWL, Rechnungswesen, VWL, Organisationslehre) werden 2 Klausuren pro Halbjahr geschrieben, die Endnote erscheint auf dem Halbjahreszeugnis. In Religionslehre wird nur die mündliche Beteiligung am Unterricht gewertet, in Sport das sportliche Können. Theoretisch kann man in mehreren Fächern ein "mangelhaft" haben, versetzt wird man trotzdem nach den Sommerferien, und zählen tut nur die IHK-Prüfung am Ende.
Nach der Hälfte der Ausbildungszeit findet eine Zwischenprüfung bei der IHK statt. Dadurch soll der aktuelle Wissensstand geprüft werden, gleichzeitig ist das schon ein Vorgeschmack auf die eigentliche Abschlussprüfung. Selbst wenn man in der Zwischenprüfung durchfällt, wird das Ausbildungsverhältnis fortgeführt. Die Note der Zwischenprüfung geht genau so wenig wie die Berufsschulzensuren in die Endnote ein.
Die schriftliche Abschlussprüfung (IHK) ist nach ähnlichem Schema wie die Zwischenprüfung, es gibt zu beantwortende Fragebögen zu den Themen (u.a.) Buchhaltung, Produktion und Materialwirtschaft, allgemeine BWL, Finanzmathematik oder auch EDV. Wenn man diese bestanden hat, wird man ca. 4 Wochen später zur mündlichen Prüfung geladen. Erst wenn die mündliche Prüfung bestanden ist, kann man sich Industriekaufmann bzw. Industriekauffrau nennen. Die Abschlussprüfung kann max. 1x wiederholt werden, dabei muss man das letzte Ausbildungsjahr komplett wiederholen. Zum einen kann man fehlendes Wissen auf diese Art nacharbeiten, zum anderen schadet ein Durchfallen sehr häufig dem Betriebsklima, es besteht die Gefahr, danach gemobbt zu werden, und häufig kann man zwar das Lehrjahr im Betrieb wiederholen, darf aber danach "gehen", wenn man den zweiten Anlauf geschafft hat.
Außerdem ist es Pflicht, ein Berichtsheft zu führen. Jede Woche muss ein Bericht geschrieben werden, was die schulischen und betrieblichen Ausbildungsinhalte betrifft. Normalerweise sollten die Berichte während der Arbeitszeit im Betrieb geschrieben werden, aber manche Betriebe (wie meiner) erlauben dies nicht, so dass man zu Hause mal eine halbe Stunde pro Woche opfern muss. Manche Betriebe schreiben auch einen ausführlicheren Bericht (ca. 1 DIN A4-Seite im zusammenhängenden Text) vor, während anderen das Minimum (Stichpunkte) ausreicht.
Die Ausbildung schloss ich nach diesen beiden Jahren erfolgreich ab, wurde aber nicht übernommen - wovon auch andere betroffen waren (auch in anderen Betrieben)!
MEINE ERFAHRUNGEN ALS ANGESTELLTER
Relativ bald fand ich im erlernten Beruf eine andere Anstellung, wo ich mehrere Jahre tätig war. Das Gehalt war sehr spärlich gehalten und verbesserte sich im Laufe der Jahre auch nicht nennenswert. Ebenso aussichtslos waren meine Aufstiegschancen in diesem Unternehmen, da die leitenden Personen alle Techniker (Ingenieure) waren. Meine Hauptaufgabe war, die Ausarbeitungen der Techniker zu Papier zu bringen (Textverarbeitung), aber auch Auftragsbearbeitung, Versand und Zahlungen. Insgesamt war so gut wie keine Abwechslung vorhanden, halt alles Routine, und die erforderlichen EDV-Kenntnisse beschränkten sich auch nur auf Word.
Mein Arbeitsverhältnis dort war irgendwann mal zu Ende. Stellen, die mir danach angeboten wurden, unterschieden sich oft nicht großartig davon, es sei denn, es wurde jemand für nur eine bestimmte Abteilung gesucht (z.B. Sachbearbeiter im Versand). Bei letzteren Stellengesuchen kann es oft vorkommen, dass man absolut fehl am Platz ist, z.B. wenn ein IK für den Vertriebsinnendienst gesucht wird, man selbst aber trotz erfolgter Ausbildung hier null Kenntnisse hat, dafür aber wiederum in der Auftragsannahme oder im Versand, etc.
ALLGEMEINE TIPPS FÜR BERUFSANFÄNGER
Nun ein paar allgemeine Dinge, auf die man sich einstellen muss, wenn man beabsichtigt, sein Arbeitsleben als Industriekaufmann (oder in einem verwandten Beruf wie z.B. Bürokaufmann) zu verbringen.
KLEIDERORDNUNG
Wer es bisher luftig und im Freizeit-Look mochte, wird sich oft umgewöhnen müssen. Es können draußen über 35 Grad im Schatten sein, aber kurze Hosen und Sandalen sind bei den Herren in der Regel tabu, selbst in kleinen Firmen ohne Publikumsverkehr - die Männer müssen bei solchen Temperaturen halt besonders schwitzen, und die Kleidung klebt am Körper, da kann man(n) nichts machen. Die Damen haben meistens hier viel mehr Freiheiten, aber manchmal kann dieses sexy Outfit auch nicht unbedingt im Büro erwünscht sein. Ansonsten, mit T-Shirt (oder zumindest kurzärmeligem Hemd) und Jeans macht man (oder auch frau) in sehr vielen Büros nichts verkehrt in der warmen Jahreszeit. Alte, verschlissene Kleidungsstücke (z.B. alte Jeans) oder Baseball-Kappen, wie man sie vielleicht aus vielen Hörsälen in Unis kennt, sollten auch tabu sein.
KOLLEGEN
Die von Schule oder Uni bekannten Kontakte zu ausschließlich jungen Leuten (inkl. Partyleben, Freizeitaktivitäten) sind in der Regel Vergangenheit. Es gibt zwar viele Firmen, in denen eine große Anzahl an Azubis oder Nachwuchskräften sind, aber die Mehrheit der Kollegen ist deutlich (!) älter als die Berufsanfänger. So ist es auch schwieriger, Anschluss zu bekommen (z.B. in der Mittagspause), wenn Euch 20 Jahre oder so trennen. Außerdem kann es vorkommen, dass gewisse Mitarbeiter Euch gegenüber weisungsbefugt sind, auch wenn es im Anfang nicht direkt ersichtlich ist (z.B. im Vertrag). Duze Deine älteren Kollegen nicht als erste(r), auch wenn Du sofort geduzt wirst. Viele duzen generell die wesentlich jüngeren Mitarbeiter (z.B. ein 55-Jähriger duzt einen 23-Jährigen), wollen aber selbst gesiezt werden. Man macht nichts verkehrt, wenn man erst mal alle Mitarbeiter siezt. Ihr merkt es noch früh genug, wie es mit dem Du oder Sie im Betrieb gehandhabt wird.
FLEXIBILITÄT
Als kaufmännische(r) Angestellte(r) sollte man auch nicht damit rechnen, jeden Tag pünktlich Feierabend machen zu können und auch private Dinge für den Abend nicht zu sehr im voraus planen, denn mit Überraschungen am späten Nachmittag ist eigentlich jeden Tag zu rechnen. In diesem Beruf gibt es eigentlich immer sehr viel zu tun (was in Betrieben mit mangelhafter PC-Ausstattung noch mühsamer erscheint), und auch gerade wenn man eine recht "niedrige" Position hat (Berufsanfänger), sollte man sich doch jeden Tag etwas flexibler zeigen. Nicht selten erhält man Anweisungen von seinen Vorgesetzten, die noch am selben Tag auszuführen sind. Auch von mehreren verschiedenen Vorgesetzten gleichzeitig. Flexibilität sollte schon vorhanden sein. Mit acht Stunden ist es häufig nicht getan. Es gibt Firmen, die Arbeit bis in den späten Abend verlangen, aber das ist eher die Ausnahme. Trotzdem, im Schnitt sollte man pro Tag schon von vornherein ca. 1 bis 1,5 Stunden mehr einplanen. Termine (Arzt, Friseur, Autowerkstatt) sollten möglichst spät gelegt werden und ggf. noch kurzfristig abgesagt werden können (gilt auch für Verabredungen mit Freund/Freundin). Absagen aber bitte nur per Handy, denn Telefonieren auf Firmenkosten sehen die wenigsten Chefs gern, das kann sogar im Extremfall ein Kündigungsgrund sein. Solche Mehrarbeit wird längst nicht (mehr) in jeder Firma mit Geld oder Freizeitausgleich vergütet, man sollte sie aber schon machen - falls die Vorgesetzten damit nicht übertreiben!
VERDIENSTMÖGLICHKEITEN
Außerdem sollte man davon ausgehen, gerade wenn man jung ist und evtl. gerade erst die Ausbildung hinter sich hat, dass dieser doch relativ hohe Arbeitsaufwand nicht gerade mit Spitzengehältern entlohnt wird, und es oft ein langer Weg ist, eine abwechslungsreichere und auch besser bezahlte Position zu erlangen.
KONTAKT MIT MENSCHEN
Wer gern mit Menschen zusammenarbeitet, für den ist der Beruf weniger geeignet. Meistens sieht man nur seine Bürokollegen und arbeitet nach einem wiederkehrenden Schema. Und wenn Kontakt mit anderen Menschen, dann per Telefon - und das kann sehr häufig am Tag vorkommen. Längst nicht jedes "Gegenüber" am Telefon ist freundlich!
ABWECHSLUNG
Diese geht im kaufmännischen Bereich gegen Null. Die Büroarbeit ist sehr oft trocken und monoton. Auf auflockernde Musik am Arbeitsplatz werden sehr viele verzichten müssen, denn oft ist es nicht erlaubt, ein Radio mitzubringen, vor allem dann nicht, wenn Ihr das Büro mit anderen Mitarbeitern teilen müsst. Surfen im Internet während der Arbeit dürfte auch meistens nicht erlaubt sein. Manche Firmen sind da toleranter, manche auch nicht.
STRESS UND BELASTBARKEIT
Man muss schon sehr belastbar sein, auch ist es oft erforderlich, 8 bis 10 Stunden unter enorm hohem Druck zu stehen. Die Vorgesetzten schütten Euch oft zu mit Arbeiten, jeder setzt einen festen (meist sehr frühen) Abgabetermin. Und Kunden am Telefon können manchmal auch sehr nerven! Häufig ist die Arbeit so viel, dass es nicht einmal zu einer kleinen Pause reicht. Trotzdem sollte man immer etwas "Nervennahrung" mitnehmen.
ENTFALTUNGSMÖGLICHKEITEN
Eigeninitiative wird leider nicht überall so gern gesehen, vor allem wenn die leitenden Personen möglicherweise schon vor Eurer Geburt in die Firma eingetreten sind. Oft halten sie an bestimmten Arbeitsmethoden fest. Der Excel-Profi muss durchaus mal eine große Kalkulation mit einem Taschenrechner und Bleistift machen, anderenfalls könnte er beim Vorgesetzten als Besserwisser ziemlich unten durch sein. Gerade als Neuling muss man im Anfang oft Zugeständnisse machen, notfalls auch auf Kosten der Freizeit (langsamere Arbeitsmethoden).
MEINE PERSÖNLICHE ENTSCHEIDUNG:
Nach meiner Ausbildung suchte ich mir erst mal eine Arbeitsstelle im erlernten Beruf. Dort sammelte ich dann auch Berufspraxis.
Nach fünf Berufsjahren war mir klar, dass mir dieser Beruf doch nicht so gefiel (Büroarbeit, viel Routine, wenig Entfaltungsmöglichkeiten, mein Interessenschwerpunkt gar nicht beachtet, wenig Verdienstmöglichkeiten...). Trotzdem sehe ich diese Ausbildung zum Industriekaufmann doch als eine solide Grundausbildung, aus der man unter Umständen später noch mehr machen kann.
Ich habe mich dann für ein Studium nach abgeschlossener Ausbildung entschieden und hoffe, danach einen besser für mich persönlich geeigneten Arbeitsplatz zu finden, wo ich mich besser entfalten kann, mein Interessenschwerpunkt auch Verwendung findet und wo die Verdienstmöglichkeiten besser sind. Im Übrigen, wer nach der Ausbildung noch mal was im Wirtschaftsbereich studieren möchte, bekommt die Ausbildungszeit oder zumindest einen Teil davon als Praktikum angerechnet, welches häufig eine Zulassungsvoraussetzung ist. Außerdem dürften den meisten Wirtschaftsstudenten gewisse Fächer leichter fallen als denen, die direkt vom Gymnasium kommen (BWL, Rechnungswesen).
MEIN GESAMTURTEIL:
Wer an allgemeiner kaufmännischer bzw. Büroarbeit interessiert ist, für den/die ist diese Ausbildung sehr empfehlenswert. Nach der Ausbildung braucht man/frau nicht unbedingt in der Industrie zu bleiben.
Für Leute mit z.B. großem EDV-Interesse (also mein persönlicher Ausgangspunkt) würde ich heute natürlich eher einen der neueren Ausbildungsberufe wie Informatik- oder Datenverarbeitungskaufmann empfehlen. Meine persönliche Erfahrung ist, dass man es als "nur Industriekaufmann" recht schwer hat, wenn man sich auf Stellen wie EDV-Fachkraft bzw. EDV-Sachbearbeiter bewirbt.
Und natürlich hält sich die Abwechslung an einem Arbeitstag doch ziemlich in Grenzen, und solche Dinge wie z.B. die Kleiderordnung im Sommer, manche Vorgesetztenverhältnisse bzw. Dienstwege und auch die strengen "Schemen" bei bestimmten Routinearbeiten verleihen diesem Berufsbild einen etwas "spießigen" Beigeschmack.
Obwohl mir der Beruf nicht ganz so toll gefallen hat, gebe ich ein "empfehlenswert", denn es hängt natürlich von jedem selbst ab, für welchen Beruf er sich entscheidet. Und schlecht finde ich eine solche Grundausbildung wirklich nicht unbedingt - ich baue auf meine Ausbildung jedenfalls jetzt weiter auf.
Erstveröffentlichung von mir unter gleichem Benutzernamen auch bei ciao.de in 11/2002 weiterlesen schließen -
-
Langeweile pur oder Trittleiter zum Erfolg?
Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Ja
Wie oft habe ich diese Aussage gehört: "Büroarbeit? Also, dazu hätte ich ja keine Lust!" Hatte ich auch nicht - aber nach 14 arbeitslosen Monaten, nachdem ich nach meinem Abitur vergeblich nach Ausbildungsstellen für Goldschmiede, Schauwerbegestaltung u.ä. gesucht habe, mußte ich es mir wohl oder übel anders überlegen und habe 1998 eine Ausbildungsstelle zur Industriekauffrau bei einem Hersteller für Kommunalfahrzeuge, der ca. 250-300 Personen beschäftigt, angefangen.
Die in der Meinung geschilderten Erfahrungen beziehen sich in erster Linie nur auf meinen Ausbildungsbetrieb bzw. meine Berufsschule. Es gibt ohnehin große Abweichungen in der Gestaltung der Ausbildung und Prüfung in den verschiedenen Bundesländern ( ich habe in Niedersachsen gelernt).
Zu den allgemeinen Anforderungen des Berufs: bei den meisten Firmen scheint ohne Abitur gar nichts zu laufen. In meiner Berufsschulklasse hatten 90% Abitur. Zumindest Höhere Handelsschule oder, mit Glück, erweiterter Realschulabschluß sollte vorhanden sein, sonst braucht man sich, meiner Erfahrung nach, gar nicht erst bewerben. Weiterhin wird auf Fremdsprachenkenntnisse und evtl. Mathematik geachtet. Mit einem mehr oder minder umfangreichen und schwerem ( in meinem Fall nur die Standardfragen, wie sie in jedem Vorbereitungsbuch zu finden sind) Einstellungstest wird die engere Auswahl der Bewerber herausgefiltert, welche dann zu einem Vorstellungsgespräch geladen werden. In meinem Ausbildungsbetrieb werden dann pro Jahr zwischen 3 und 5 Auszubildene in diesem Beruf eingestellt.
Der Ablauf in meinem Ausbildungsbetrieb war folgender: die Ausbildung war zunächst auf drei Jahre angesetzt. Bei Bedarf konnte man dann, mit Zustimmung des Betriebes, einen Antrag auf Verkürzung der Dauer auf zweieinhalb Jahre stellen. In dieser zwei durchlief man die meisten Abteilungen des Betriebs ( es gibt Vorschriften, wie lange man in gewissen Abteilungen gearbeitet haben muß, um zur Prüfung zugelassen zu werden - sollte man beachten, da einige Ausbilder das nicht tun!) Wir waren zumeist 4 - 8 Wochen in einer Abteilung, was viel zu kurz war, aber bei den neuen Auszubildenen mittlerweile auf 8 - 16 Wochen verlängert wurde. Besonderes Augenmerk wurde auch Finanzbuchhaltung, Vetrieb, Einkauf, Controlling und Personalabteilung gelegt. Aber auch in die Montage, Produktion und Konstruktion haben wir kurz hineingeschaut. Ein guter Überblick über die Firma war also gegeben, wenngleich die Azubis auch oft als Aushilfe für kranke Schreibkräfte oder Telefonistinnen zweckentfremdet wurden, was mich teilweise sehr gestört hat, weil der Lerneffekt gleich null war und man für derartige Tätigkeiten aus seiner momentanen Abteilung herausgerissen wurde. Auch wurde man teilweise mit faszinierenden Aufgaben wie Kopieren ( "vielfältige Aufgaben" :-) ) beschäftigt. Doch in einigen Abteilungen wurde man nach der Eingewöhnung gleich voll mit eingespannt und hat so einen guten Einblick ins wirkliche Arbeitsleben mit allem Druck und Streß bekommen. Wichtig: man darf sich nie scheuen, nachzufragen, wenn man etwas nicht verstanden hat. Denn nur so wird man wirklich dazulernen.
Zu den Prüfungsvoraussetzungen gehört ein Berichtsheft, was über die volle Ausbildungsdauer geführt werden muß. Dort werden jeden Tag die geleisteten Arbeiten eingetragen und vom Ausbilder abgezeichnet. In der mündlichen Prüfung werden oft Fragen nach Inhalten des Berichtsheftes gestellt.
Kommen wir zur Berufsschule: planmäßig hat man im ersten Ausbildungsjahr zwei, im zweiten und dritten Jahr einen Tag pro Woche Schule mit 6 bis 8 Schulstunden. Je nach Betrieb muß nach der Schule noch gearbeitet werden, jedoch war dies bei mir zum Glück nicht so. Da steht man dann also mit seinem Abitur, ohne den man diesen Ausbildungsplatz gar nicht bekommen hätte - und langweilt sich in der Berufsschule zu Tode. Vielleicht ist das ein Niedersachsen-spezifisches Thema, doch wir hatten Berufsschulunterreicht, der sich höchstens auf Realschulniveau bewegte. Klar, der Stoff, den man in Allgemeiner Wirtschaftslehre (AWL)und Spezieller Betriebslehre ( SBL) durchnahm, war für die meisten neu, doch erforderte er in der Regel nicht sehr viel mehr Arbeit als mehrfaches Durchlesen oder Auswendiglernen. Das einzige, was zu Schwierigkeiten führen konnte, war Buchführung, was für mich komplettes Neuland war und auch mit Mathematikunterreicht relativ wenig zu tun hatte. Aber auch das war zu schaffen, und ich mit meinem hart erkämpften 3,0 - Abidurchschnitt hatte in meinen Berufsschulzeugnissen immer 50% Einsen und 50% Zweien.
Andere Berufsinhalten waren Politik und Deutsch, was man sich komplett sparen konnte, EDV, was bei uns aus einem halben Jahr MS-DOS-Unterricht bestand, und eineinhalb Jahre Pseudo-Wirtschaftsenglisch, was für mich eher die Wirkung eines Schlafmittels hatte :-)
Ich will nicht heucheln: klar war es angenehm, daß man für die Schule so wenig tun mußte und trotzdem gute Zensuren kassierte, aber leider wird der Schulstoff, gerade EDV und Englisch, den Anforderungen des Betriebes in keinster Weise gerecht. Man wird sich nach der Ausbildung in diesen Bereichen weiter fortbilden müssen. Na gut, dies mag in anderen Bundesländern anders sein.
Nach ca. der Hälfte der Ausbildungszeit macht man eine schriftliche Zwischenprüfung, bei der Stoff aus Wirtschaft und Buchhaltung abgefragt wird ( Multiple choice, ca. 60 min). Man kann nicht durchfallen, das Ergebnis dient nur dazu, daß sich der Betrieb ein Bild über den Wissenstand machen kann. Am Ende der Ausbildung macht man dann eine schriftliche Prüfung in SBL, Buchführung/EDV und AWL/Politik. Wieder Multiple choice, 90, 90 und 60 min. Dann muß noch eine mündliche Prüfung absolviert werden, bis man dann ( hoffentlich) sein Abschlußzeugnis in Händen hält. Dann stellt sich die Frage: wie geht es weiter? Leider ist es in vielen Firmen Praxis, die Auszubildenen nicht zu übernehmen.
Fazit: die Ausbildung bietet trotz ihrer Mängel, die ich erfahren habe, eine ideale Grundlage für den Einstieg ins Berufsleben. Die Weiterbildungsmaßnahmen sind vielfältig, ebenso wie die Aufsstiegsmöglichkeiten. Viele schließen an die Ausbildung ein Studium in Wirtschaftswissenschaften oder Betriebswirtschaftslehre an, was ich auch getan habe.
Der Verdienst ist generell gut, in meinem Fall sogar ( IG Metall sei dank :-) ) sehr gut. Ich würde die ungefähren Zahlen gerne nennen, aber leider weiß ich sie nicht mehr. Ich hatte jedoch vom ersten Ausbildungsjahr an ein vierstelliges Bruttogehalt.
Die Arbeitszeit von 7 bis 15 Uhr fand ich sehr angenehm. Zudem hatten wir Gleitzeit, was eine gewisse Flexibilität bot. Die Arbeit selbst...na gut, sie ist nicht wirklich superspannend oder superkreativ. Aber als ich nach meiner Ausbildung ein eigenen Aufgabengebiet bekam und mich eingearbeitet hatte, hat mir die Sache schon Spaß gemacht. Leider habe ich auch gesehen, daß der einfache Angestellte unter enormem Druck steht. Geld ist nie da, Überstunden werden oft zum Alltag. Ich denke, daß sich diese Tendenz in der Zukunft noch verstärken wird.
Was ein potentieller Azubi mitbringen sollte: Selbstständigkeit, Wißbegierde, Geduld. Idealerweise Englischkenntnisse. Teamfähigkeit, fähig im Umgang mit Menschen allgemein, Kenntnisse in MS Office ( Word, Excel...).
Da man heutzutage, wenn man gewisse Ansprüche und Vorstellungen hat, um Büroarbeit kaum noch herumkommt, würde ich die Ausbildung zum Industriekaufmann / - kauffrau durchaus empfehlen. Man sollte sich nur seinen Ausbildungsbetrieb gut aussuchen. weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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campimo, 09.03.2007, 10:03 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
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Informationen
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