Pro:
sehr viel Spaß,Parties bis zum abwinken und alles andere als Alltag
Kontra:
kann übertrieben werden und ungemütlich enden
Empfehlung:
Ja
In dieser Zeit kann ich in den wenigen Stunden, die mir zur Verfügung stehen, bis ich mich wieder ins Partygetümmel schmeiße, nicht anders als über dieses Thema zu schreiben.
Denn hier in Köln ist Karneval - die 5. Jahreszeit wie man so schön sagt – zu feiern quasi Pflicht.
Karneval- eine kleine Definition
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Karneval (in Köln auch Fastelovend, in Mainz Fassenacht, in Schwaben Fasnet /Fasent und in Bayern Fasching genannt), ist – mal ganz steril ausgedrückt – die Bezeichnung für mehrere Festivitäten vor der österlichen Fastenzeit.
Ausgeprägt ist der Karneval vor allem in katholischen Gebieten, die Traditionen, Bräuche, Ausprägung und Art des Feierns sind regionenabhängig.
Die Karnevalszeit erstreckt sich eigentlich über mehrere Monate, im Rheinland beginnt sie am 11.11. um 11:11, der schwäbischen Tradition nach aber am 6.Januar. Die wichtigsten Feiertage sind jedoch Weiberfastnacht (Donnerstag) und Rosenmontag. Die genauen Termine sind jedoch von Jahr zu Jahr unterschiedlich, da sie von den beweglichen Osterfeiertagen abhängig festgelegt werden.
An Karneval stellt man den Alltag auf den Kopf und lässt, auf gut Deutsch mal „so richtig die Sau raus“. Dabei wird [zumindest in den Karnevalshochburgen] in der Schule, auf der Arbeit, in den Straßen etc. (natürlich kostümiert) gefeiert.
Außerdem werden aufwendig gestaltete Karnevalsumzüge abgehalten, die sich meist einem bestimmten Motto widmen. Sie bestehen aus großen, dekorierten Karnevalswagen (meist mit überdimensionalen Abbildungen aktueller Streitthemen, Politiker etc. darauf), Kapellen, tanzenden Funkemariechen und und und.
Dabei werden Süßigkeiten (in Köln: Kamelle), kleine Spielzeuge oder Blumen (in Köln: Strüßjer) in die Menge geworfen.
Der ganze Spaß endet am Aschermittwoch und ist quasi die letzte Gelegenheit für strenge Christen sich vor der Fastenzeit noch einmal richtig auszutoben.
Meine Beziehung zum Karneval
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Mittlerweile sagt mir die Tradition des Karnevalfeiern mehr als zu...
Dabei bin ich nicht einmal ein waschechtes „kölsche Mädchen“.
Aufgewachsen bin ich nämlich in der Nähe Frankfurts. Da hieß das ganze Fasching und sah vor allem so aus, dass Jungen und Mädchen im Alter von bis zu 12 Jahren sich als Feen, Prinzessinnen, Räuber und co. verkleidet haben, mit Polonaise durch die Gegend hüpften, und das war es dann auch schon mehr oder weniger...
Als ich dann hier her nach Köln kam, änderte sich das also für mich schlagartig!...
Aber fangen wir mit einer kleinen geschichtlichen Einführung an
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Obwohl Bestandteil des römisch-katholischen Kirchenjahres, geht der Karneval wohl auf heidnischen Ursprung zurück. Dieser ist jedoch nicht mehr ganz eindeutig zuzuordnen. Eine weitverbreitete These wäre, dass die Frühlingsfeste der Germanen Vorläufer des Karnevals, wie wir ihn heute kennen, gewesen sein könnten. Damit feierten sie, endlich den langen und harten Winter überstanden zu haben, und vertrieben symbolisch mit ihren furchteinflößenden Masken und ohrenbetäubendem Lärm böse Geister und Dämonen, und kehrten sozusagen den Spieß um, indem sie diese, stellvertretend für die kritische, kalte aber nun zurückliegenden Zeit, (zumindest bis zum nächsten Winter) in die Flucht schlugen.
Die katholische Kirche muss dieses Fest irgendwann für sich umgedeutet und in Verbindung mit der Fastenzeit gebracht haben.
Karnevalsähnliche Feiern im Allgemeinen ziehen sich wie ein roter Faden durch viele verschiedene Zeiten und die Geschichte verschiedener Völker.
So wurde Karneval in Verbindung mit Kostümen, Tanz und Gesang bspw. auch im Spätmittelalter in Deutschland in allen Gesellschaftsschichten praktiziert.
Zur Zeit der Reformation sah es für das Fortbestehen jedoch recht kritisch aus, denn auch wenn Martin Luther selbst den Karneval nicht absolut strikt ablehnte, so setzte sich die protestantische Kirche doch soweit durch, dass diese Art „frivoler Unterhaltung“ bald beinahe ausstarb. Und nur langsam wurde dieses Brauchtum in den katholischen Gegenden Deutschlands wieder aufgenommen.
- Und wer weiß, es scheint ja doch kein Zufall zu sein, dass während in meinem weitestgehend protestantischen Heimatsort sich diese Sitte noch nicht so ganz durchsetzen konnte, das katholische Köln dagegen eine DER Hochburgen deutschen Karnevals ist.*g* -
Dann, Anfang des 19. Jahrhundert nahm der Karneval organisiertere Form an, in Köln (wo auch sonst ;-)) fand 1823 der erste Karnevalsumzug statt, erste Karnevalsvereine wurden gegründet und zahlreiche Traditionen ins Leben gerufen, die sich teilweise bis heute durchgesetzt haben. Diese Veränderungen fanden auch in anderen Städten (besonders des Rheinlandes) Anklang, wie in Düsseldorf, Koblenz und Mainz, und so langsam freundeten sich auch wieder protestantisch dominierte Gegenden damit an.
Im Süden Deutschlands war man sowieso nie wirklich mit der reihnländischen Art Karneval zu feiern warm geworden, und mit Ende des 2. Weltkrieges setzten sich lokale Eigentümlichkeiten des Feierns durch. In München bspw. von der etwas künstlerischeren und eleganteren Art Italiens beeinflusst.
Was bedeutet der Name eigentlich?
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Ja, und damit stoßen wir auf ein weiteres nicht eindeutig zu beantwortendes Rätsel.
Man könnte das Wort >Karneval< von den lateinischen Wörtern >carne< (= Fleisch) und >vale< (= leb wohl) ableiten.
Eine weitere Kombinationsmöglichkeit wäre die Verbindung von >carne< und >elevare< (= aufheben), was im Sinne von „kein Fleisch essen“ = fasten zu verstehen wäre und damit darauf eingeht, dass auf den Karneval die Fastenzeit folgt. In diesem Falle müsste der Begriff dann wahrscheinlich von der katholischen Kirche geprägt worden sein, die das Fest in Verbindung mit der Fastenzeit brachte.
Ebenfalls denkbar wäre aber auch das Wort von >carrus navalis< (= Schiffskarren) abzuleiten, mit dem Hintergrund von Frühjahrsumzüge zum Wiederbeginn der Schifffahrt, was ja auch wieder irgendwie an Karnevalsumzüge erinnert.
Karneval und Politik
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Schon früh wurde die Karnevalszeit effektiv genutzt, um Kritik an Machthabern und der Politik auszuüben, und das besonders zu politisch prekären und unterdrückenden Zeiten.
Und das aus einem sehr einleuchtenden Grunde: da während des Karnevals sowieso sämtliche Tabus gebrochen wurden, und es eine Zeit des Übermuts und Spaßes war, konnte ein Machthaber nur schwer einem „Narren/Jecken etc.“ nachweisen, dass er das Gesagte auch ernst gemeint hat, ohne dabei bei der übrigen Bevölkerung selbst als humorloser Tyrann dargestellt zu werden.
Seit Ende des 2. Weltkriegs wird zum Beispiel auch wieder das Narrengericht in Stockau abgehalten, das einen hohen Berühmtheitsgrad erlangt hat dadurch, dass sich schon hohe Politiker wie Franz-josef Strauß vor dem Narrengericht verteidigen mussten.
Und auch wenn es heutzutage durch die Pressefreiheit eigentlich nicht mehr zwingend nötig ist seine Kritik an der Politik unter dem Deckmantel des Karnevalstrubels zu verstecken, so wird diese Sitte auch heute noch aufgegriffen.
Was sich in zahlreichen satirischen Büttenreden widerspiegelt, oder aber in den Themen der einzelnen Umzugswagen.
Karneval in Köln
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Ich gehe jetzt Beispielhaft ein wenig auf den Kölner Karneval ein, der natürlich nur eine von vielen Formen des Feierns ist, zu dem ich aber natürlich den meisten Bezug hab. Wobei natürlich einige der Punkte „Hochburgenübergreifend“ ist, also nicht nur auf Köln zutreffen muss:
Ja, Köln - die Hochburg deutschen Karnevals schlechthin *g* (oh je, dieser Satz wird mir bei allen Düsseldorfern, Mainzern und co. großen Ärger einbringen.. erweitern wir es also auf: eine der deutschen Hochburgen).
Klar, dass hier die „5. Jahreszeit“ ganz groß geschrieben wird. Kostümiert sind hier natürlich (im Gegensatz zu meiner alten Heimat wohl gemerkt) alle (!) ob groß ob klein, ob alt ob jung, ob dünn oder dick (...) Karneval ist eine Massenveranstaltung.
Die Schüler freut dabei natürlich besonders, dass im jecken Köln die Schule über die Feiertage für sie ausfällt.
Am Karneval herrscht Ausnahmestimmung. (Fast) Alles ist erlaubt, man verhält sich wie man gerade Lust hat, (man trinkt wozu man gerade Lust hat), man trägt wozu man grade Lust hat (und dabei kommen teilweise wirklich sagenhafte und sehr kreative Kostüme zustande, teilweise schon Kunstwerke an denen in manchen Fällen über Monate hinweg gearbeitet wurde).
Der Alltag rückt für eine kurze, dafür aber umso intensivere Zeit, völlig in den Hintergrund.
Während dieser "närrischen" Zeit wird Köln symbolisch vom sogenannten Dreigestirn regiert. Dieses besteht aus dem Prinzen, dem Bauern und der (immer männlich besetzten) Jungfrau. Jede dieser Figuren hat eine bestimmte Bedeutung, während der Prinz - unschwer zu erahnen – für den Machthabenden steht, repräsentiert der Bauer die Handwerker und Zünfte. Die Jungfrau, ausgestattet mit blonder Perücke und Wikingerhut gilt als Patronin der Stadt. Die Besetzung des Dreigestirns wechselt jährlich.
Eine Tatsache, auf die die Kölner wahrlich stolz sind, ist, dass es hier den mit 7km größten Karnevalsumzug Deutschlands gibt: und zwar am Rosenmontag. Dieser ist natürlich mit einem großen organisatorischen Aufwand verbunden und benötigt viele viele Helfer und Teilnehmende. Insgesamt nahmen letztes Jahr 10.424 an dieser Veranstaltung aktiv teil. In die Menge geworfen werden rund 140 t Süßigkeiten und 300.000 Strüßjer (Blumen). Die Zuschauermassen dieses Großereignisses werden jährlich auf weit mehr als 1 Million Menschen geschätzt. Solche Zahlen wirken beinahe erdrückend.
Das Motto des diesjährigen Umzugs lautet: „Laach doch ens, et weed widder wäde“ (also grob übersetzt >Lach doch mal wieder, es wird wieder besser werden<).
In den letzten Jahren war immer mal wieder von tragischen Unfällen zu hören, bei denen Menschen während des Zuges in der Menge verunglückten, da sie bspw. unter die Räder der riesigen Wagen gerieten. Um solche Unglücke so gut es geht zu verhindern werden sogenannte Wagenengel eingesetzt, die jeweils an den Rädern der Wägen aufpassen und versuchen den Sicherheitsabstand zu den Zuschauern zu wahren.
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Solche Unglücke sind jedoch leider nicht die einzigen negativen Folgen des Karnevalstrubels...
Und das hängt vor allem damit zusammen, dass der Alkohol in dieser Zeit in besonders rauen Mengen fließt, und nicht selten kann so eine durchzechte Nacht im Krankenhaus mit Alkoholvergiftung enden, und das besonders bei Jugendlichen.
Doch als persönliches Fazit ...
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... kann ich nur sagen, dass die Karnevalszeit in meinen Augen eine super Sache ist, die endlich wieder von den Sorgen des Alltags ablenkt, und in der man mal nicht so sehr darauf achten muss, was sich gehört, was erwartet wird etc.
Und wenn man es nicht allzu sehr (s.o.) mit dem Alkohol übertreibt, dann kann man einige sehr sehr lustige Tage voller Spaß, Parties und alles anderem als Alltag (...) verleben! Also stürzt euch ins Getümmel [und an alle Mitkölner: KÖLLE ALAAF!] !!! weiterlesen schließen
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