Pro:
inzwischen gute Akustik, sehr schöne Architektur, interessante Programme für Kinder
Kontra:
manchmal ausverkauft
Empfehlung:
Ja
Na sowas, hier gibt es nur einen einzigen Bericht, der sich mit dem Haus beschäftigt?
Da meine Arbeitsstätte rein zufällig eine historische und bauliche Attraktion in Berlin ist, berichte ich einfach mal kurz darüber.
Anlass: Wir feiern dieses Jahr den 25. Jahrestag der Wiedereröffnung.
** Geschichte **
1776 wurde an der Stelle des heutigen Gebäudes das "französische Komödienhaus" errichtet. 1786 nach Umbau Wiedereröffnung als "Nationaltheater". 1787 Umbenennung in "Königliches Nationaltheater". 1802 Eröffnung des Theaterneubaus von Langhans. 1817 brennt das Gebäude nieder. Das nächste Theater wurde 1818-1821 von Schinkel . Am 22.4.1945 fand die letzte Vorstellung statt. Letzte Premiere dieser letzten Spielzeit waren "Die Räuber" (Schiller) mit Gustaf Gründgens am 29.6.1944. Danach war das Haus bis zur Zerstörung eine der Bastionen längs der Friedrichstrasse, über die die letzten Naziführer aus der Reichskanzlei vor der roten Armee entweichen wollten.
Nach dem Krieg wurde die Ruine gesichert. Aber das Archiv (mit Autographen von Goethe, Schiller, Weber, Wagner und Meyerbeer), seine Schätze (viele Bilder z.B.) und die Möblierung sind bis zum heutigen Tag grösstenteils verschwunden. Keiner weiss, ob sie verbrannt sind, gestohlen oder sonst was.
Der Gendarmenmarkt wurde 1950 in "Platz der Akademie" umbenannt. Darauf standen das Schauspielhaus, der deutsche und der französische Dom - alle stark zerstört.
1979 begann der Wiederaufbau des Schauspielhauses. Hierbei entbrannte ein Streit, ob es originalgetreu, also als Theater, oder als Mehrzweckhalle aufgebaut werden sollte. Aufgrund von Platzproblemen entschied man sich für die Mehrzweckhalle, die vor allen Dingen dem Berliner Sinfonie-Orchester (heute Konzerthausorchester) unter Kurt Sanderling als Konzertsaal dienen sollte.
Als der erste Rohbau abgeschlossen war, gab das Orchester am 15.10.1981 auf der Baustelle ein Konzert für die Bauarbeiter (diese "Bauarbeiterkonzerte" wurden bis zur Wende als eigenständige Konzertserie weitergeführt). Gespielt wurde die Ouvertüre zur Oper "Der Freischütz" vonC.M. von Weber. Grund war, dass dieses Stück an diesem Ort uraufgeführt wurde - am 18.6.1821.
Währen der Bauphase gab es viel Ärger mit vielen Architekten, die das Haus innen anhand von Fotos originalgetreu rekonstruieren wollten. Es blieb aber bei der Änderung: An die Stelle des Theatersaals rückte jetzt der Konzertsaal, der sich vorher im Südflügel befunden hatte, ins Zentrum.
Die beiden Seitenflügel wurden mit Weber- und Beethovensaal neu konzipiert und mit nachempfundenen Gemälden und Verzierungen ausgestattet. In den Treppenhäusern fand der restaurierte Apollo-Zyklus von August von Kloeber Platz.
Die Wiedereröffnung fand am 1.10.1984 statt. Unter dem Beisein der gesamten politischen Führungsriege der DDR und vieler internationaler Diplomaten spielte das Berliner Sinfonie-Orchester unter der Leitung seines damals ganz frischen (und jungen) Chefdirigenten Claus Peter Flor.
2003 liess der bekannte Kunstmäzen Werner Otto (Otto-Versand) den ehemaligen Orchesterprobensaal zu einem modernen Multifunktionssaal umbauen. Damit gibt es nun den grossen Konzertsaal, den kleinen Konzertsaal, den Weber- und Beethovensaal, den Werner-Otto-Saal sowie den Musikclub, der hauptsächlich für Kleinkunst und Kindervorstellungen benutzt wird.
** kleine Probleme **
Dies ist das Haus, in dem nach der Wende L.Bernstein mit einem Orchester, aus allen Berliner Orchestern zusammengestellt, Beethovens 9. Sinfonie spielte.
Seitdem sind hier Orchester und Künstler aus der ganzen Welt zu Gast.
Schwierigkeiten machte aber allen die extrem hallige Akustik. Der grosse Saal ist dem Musikvereinssaal in Wien nachempfunden. Da der aber andere Ausmasse hat, stimmte die Akustik nicht mehr. Das wurde erst 2006/7 mit Hilfe des international renommierten Bauphysikers und Akustikers Prof. Karlheinz Müller verbessert. Er änderte viele Kleinigkeiten und liess z.B. Akustikblenden an den Seiten über dem Konzertpodium anbringen. Das sorgte dafür, dass sich die Musiker besser hören und die Hinterwand nicht mehr den gesamten Schall zusätzlich in den Raum warf.
Eine genaue Liste der Änderungen würde hier den Rahmen total sprengen.
Das Haus wurde vor einigen Jahren in "Konzerthaus" umbenannt. Grund war angeblich, dass man keine Bewerbungen von Schauspielern mehr erhalten wollte. Ausserdem würden die Taxifahrer das Haus nicht finden (?!)
Zusäzlich wurde vor zwei Jahren das Berliner Sinfonie-Orchester, welches hier jedes Jahr etwa 100 Konzerte spielt, unter seinem momentanen Chefdirigenten Lothar Zagrosek in "Konzerthausorchester" umbenannt. Grund ist eine bessere Dokumentation der Zugehörigkeit zum Haus sowie ein unverwechselbarer Name. Letzteres führte vorher in Berlin öfter zu Durcheinander, da es hier ein RSB, BSO, SOB und DSO gibt (gab).
** Besuch **
Ein Besuch bietet sich bei einer Berlin-Rundfahrt sehr an. In der Information am rechten Seiteneingang (bei den Kartenkassen) sind immer die aktuellen Führungen ausgehängt. Diese werden teilweise von Profis (grosser Rundgang) und teilweise von ehrenamtlichen Führern (meistens kleiner Rundgang) gestaltet. Diese Führungen sind je nach Art kostenfrei oder kostenpflichtig. Informationen dazu gibt es auch im Internet unter "Konzerthaus.de".
Natürlich ist auch der wieder zurückbenannte Gendarmenmarkt mit den restaurierten Domen inzwischen sehenswert und Haltestelle für alle Berlin-Rundfahrten. Der Platz gilt als einer der schönsten der Welt!
Im Sommer findet hier regelmässig das "Classic Open-Air" Festival statt.
Tickets sind an jeder Ticketverkaufsstelle zu haben. Achtung! Manchmal ist ein Anrechtskonzert ausverkauft! Das hat mit dem enormen Abonnentenstamm von 13000 Hörern zu tun, der der dritthöchste in Deutschland ist (nach Berliner und Münchner Philharmonikern). Die Kosten für ein Abonnement liegen etwas 50% unter dem Normalpreis. Wenn man an die Abendkasse geht, bekommt man manchmal auch Karten für den Chorbalkon, welche um 10,- liegen.
Ausserdem gibt es noch die Classic-Card, die Jugendlichen bis 30 Jahre bei Verfügbarkeit Karten zum Festpreis von 8,- (Konzert) bzw. 10,- (Oper und Ballett) in vielen grossen Berliner Häusern bietet.
** Innen **
Ich könnte jetzt zusätzlich noch einen Rundgang durch das Haus vorstellen. Aber bei dieser Grösse kann man einen ganzen Roman schreiben.
Einen virtuellen Rundgang für den ersten Eindruck bietet die Website an. Dort kann man auch Bildbände usw. erwerben.
Ansonsten sollte das jeder, der sich für Architektur und Kunst interessiert, mal gesehen und vielleicht auch mal ein Konzert besucht haben.
** Anreise **
Am Günstigsten mit der U-Bahn. Die Linien 2 (Hausvogteiplatz oder Stadtmitte) und 6(französische Strasse) halten hier. Mit dem Auto ist das etwas schwieriger Der Parktarif auf der Strasse beträgt momentan 3,- pro Stunde. Günstiger geht es im Parkhaus (z.B. Einfahrt Taubenstrasse). Bei Vorlage eines gültigen Tickets bezahlt man eine Sondertarif von 2,50 für die gesamte Zeit.
Konzerthaus Berlin
Gendarmenmarkt
10117 Berlin-Mitte
Tel.: (030) 20309-0 weiterlesen schließen
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