Kurzgeschichten Testberichte

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Tests und Erfahrungsberichte
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ANDERS sehen....
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Kontra:
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Ja
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-04-27 23:07:37 mit dem Titel DER TAG...
Es wird "Der Tag" kommen
sagte die Uhr...
und ließ ihre Rädchen rollen...
Die Sekunde hetzte sich ab...erreichte die Minute
Die Minuten rannten...
und erreichten die Stunde...
Die Stunde ließ sich Zeit....
Ein Uhren - Spiel...
...er-schlug die Stunden
und nachdem dies sich Alles 24 x wiederholte
kam der
NEUE TAG
Er fragte:
Wer hat die Sekunde gehetzt,
die Minute gejagt
und die Stunde er-schlagen...?
.....
"Na wartet...!!!
"DER TAG" wird kommen..
...Aber bis dahin zählt:
Die Sekunden, die ihr hetzt, die Minuten
die ihr jagt und die Stunden
DER RUHE....
die ihr mit dem Zählen er-schlagen habt !
:-)Sie schauen auf die Bilder
Sie sind dabei
beim Schuss und auch beim SchreiDas Sommerloch gefüllt
die Kassen klingeln
Ne´n guten JOb gemacht der Herr
gefilmt, auf´s Bild
das Kind gekillt
Der Sender dankt´s und hoch die
Quoten
Es ist nicht verboten...
Sie sitzen vor der Glotze
zählen Tote ,zwischen Bier und Chips
wo bleibt da der Grips
sie reizen mit den Karten
König, Bube, As
"Ach ja, Wo war nur DAS?"Kinder werden Waffen, werden Ziele
für grosse Glaubensspiele
für Geld und Öl und Politik
mit Kindern MACHT man KriegWo Armut ist, da ist der Tod
Warum
sie`s tun, wo liegt die Not?Von der ganzen Welt
die Kinderschreie
Sie dringen nicht zu Dir
Du sitzt und schaust die Glotze
suchst Chips und auch DEIN BierGeh vor die Tür und schaue
so manches Kind auch hier
es schreit, es weint
es sucht
nach dirEs sitzt schon vor der Glotze
zählt Tote, zwischen Cola und Chips
erzählt, wie gut es zählen kannWo bleibt denn nun der Witz?
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und alles wartet auf die nächste
Schlag- ZeileKommentare & Bewertungen
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Wurzelchen2, 29.05.2005, 11:26 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
soll man Kurzgeschichten auch bewerten. Man sollte nicht vom eigenen Gefallen ausgehen. Am Ende sind es ja doch die Gedanken des Autors und die gehören nicht bewertet.
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Die Geräusche der Stadt
Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Ja
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Die Gedanken und Fragen einer Jugendlichen, die ihren Weg sucht.
Als ich diesen Text schrieb, war ich gerade 18 Jahre und stellte alles in Frage, was mir über den Weg lief. Schade, dass man diese Neugier häufig mit dem Alter verliert. :)
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Die Geräusche der Stadt
Kennt Ihr die Geräusche Eurer Stadt bei Nacht? Habt Ihr sie jemals bewusst erlebt? Wenn ja, dann werdet Ihr die Eindrücke und Gefühle, die ich Euch jetzt beschreiben möchte kennen. Wenn nicht, folgt meiner Reise zu den Geräuschen der Stadt bei Nacht.
Auch bei Tag hat die Stadt ihre eigenen Geräusche, aber die sind uns viel zu selbstverständlich geworden, als dass wir sie besonders beachten würden. Wenn man sich abends hinlegt, wird einem zuerst alles ganz ruhig erscheinen, jedoch nach einer Weile bemerkt man, wie die Stadt da draußen arbeitet. Versucht nicht, die Geräusche zu identifizieren, sondern lasst sie einfach nur auf Euch wirken, kuschelt Euch in die Bettdecke, schließt die Augen und startet die Reise…
In der Ferne rollt langsam ein Zug heran, rauscht für eine Weile am lautesten und verschwindet langsam wieder. Ich weiß, dass es ein Zug ist, denke aber nicht weiter darüber nach, sondern lausche einfach nur der wunderbaren Musik des Klanges. Dazwischen immer wieder metallene Geräusche, wie als ob jemand Stahlstangen aus einer beträchtlichen Höhe fallen lassen würde. In meinem Zimmer ist es vollkommen still geworden, fast andächtig still, als würde alles in diesem Zimmer den Klängen von draußen lauschen wollen.
Kühler Wind bläst durchs Fenster, ich ziehe mir die Decke bis unters Kinn. Es scheint eine lange Nacht zu werden. Die Laute da draußen sind ein einziges Rauschen, mal höher, mal tiefer, dazwischen Einzelgeräusche.
Doch alles ganz sanft und rein. Mir ist, als würden die Töne Himmel und Erde miteinander verbinden, wie der Horizont Himmel und Erde miteinander verbindet. In Wirklichkeit sind diese beiden Elemente ja eins, nur der Mensch sieht sie getrennt, wie er alles trennt, was eigentlich zusammen gehört. Wir unterscheiden zwischen schön und hässlich, zwischen gut und böse, zwischen männlich und weiblich und vergessen dabei, dass alles was existiert, so ist, wie es ist, wie es entstand. Warum akzeptieren wir das nicht? Wir wollen alles verändern, einer bestimmten Form anpassen. Einer Form, die uns vertraut ist, mit der wir etwas anzufangen wissen. Nehmen wir einen Baum – er wächst geradeheraus, doch den Menschen gefällt er so nicht, man stutzt ihn, bis er eine bestimmte Form erhält. Weshalb tun wir das? Oft versteht man das Leben nicht. Und was macht man dagegen? Sich einen festen Punkt suchen, an dem man sich festhalten kann. Genau, wie mit diesem Baum, man passt ihn einer Form an und schon entspricht er dem Bild, das der Mensch sich von der Welt macht.
Und warum sieht der Mensch die Dinge nun getrennt? Vielleicht, weil er sich selbst auch getrennt von allem anderen betrachtet. Es gibt ihn und die anderen. Betrachtet man seine Mitmenschen mal, dann sieht man, wie sehr sie an dieser Vorstellung hängen. Man denkt, man unterscheidet sich von den anderen, weil man anders aussieht, eine andere Meinung hat, anders gekleidet ist. Doch all diese Sachen machen doch noch keinen Menschen aus. Wir alle gehören zu derselben Materie, dem Universum. Genauso wie eine Ameise, ein Baum oder ein Stein. Woher nehmen wir uns eigentlich das Recht, auf dieser Erde zu bestimmen, was schön und was hässlich ist, was gut und was böse ist? Der Mensch hält sich für etwas Besonderes auf diesem Planeten, er denkt, er hat das Sagen. Es gibt zu wenig Menschen, die darüber nachdenken. Sie folgen einfach dem, was vorgegeben wird. Möglicherweise wehren sie sich gegen die eine Form, folgen dafür aber einer anderen.
Langsam baut sich in mir ein Bild auf – eine ewige Weite, das Schwarz der Nacht wird zu hellem grau, ja wie Nebelschwaden, die in Wintermonaten die Landschaft einhüllen und einheitlich grau erscheinen lassen. Das Gefühl von Weite breitet sich aus, nimmt mir die Angst und Zweifel. Ich werde eins mit diesen sanften Lauten. Es scheint, als ob das Dach über mir fehlen würde, dann das ganze Haus. Es ist so, als ob ich im Freien liegen würde, ohne dabei zu frieren, denn ich habe mich ja schön mollig warm in meine Decke gekuschelt. Ich werde also nicht frieren da draußen.
Was sind diese Laute eigentlich – eine Bewegung. Ich befinde mich also mitten in einer Bewegung. Die Erde lebt und arbeitet weiter, selbst wenn ich schlafen gehe. Es ist eine ruhige, ständige Bewegung. Nicht Ruhe im Sinne von lautlos, sondern von Harmonie. Harmonie zwischen lautlosem und lautem, zwischen ruhendem und sich bewegenden. Fehlt diese Harmonie, werden wir uns nie wirklich wohl fühlen. Wir müssen Harmonie entwickeln zwischen dem was wir sind und dem was wir tun. Harmonie zwischen uns und dem ganzen Sein. Wir müssen mit dem, was existiert leben und können uns nicht davon abwenden. Wenn wir es nicht verstehen, Harmonie zwischen Körper und Geist zu entwickeln, wird der Geist uns beherrschen. Unsere Meinung und unsere Denkweise kann unseren Körper nachteilig beeinflussen, ja ihn sogar krank machen. Ich weiß dies alles, es ist nur nicht leicht, das Wissen auch umzusetzen. Warum ist es nur so schwer, sich von den festgesetzten Vorstellungen zu befreien?
Durch das Fenster fließt frische Luft und streift mein Gesicht. Ganz sacht fängt es an zu regnen. Das leise Tropfen des Regens verbindet sich harmonisch mit den Geräuschen der Stadt. Ich frage mich, warum es gerade mich gibt, warum es gerade mein Bewusstsein gibt. Wenn ich mir diese Frage oft genug stelle, durchfließt mich ein seltsames Gefühl, es gleicht dem Gefühl, das man hat, wenn am voller Entzücken eine wunderbare Landschaft betrachtet. Ich weiß noch nicht genau wie, aber irgendwie muss ich es schaffen, all die Fragen, die sich mir stellen, zu beantworten.
Es wird langsam hell, die Laute werden intensiver. Leben erwacht, Vögel fangen ganz leise an zu zwitschern, wie um den neuen Tag zu begrüßen. Langsam lösen sich die grauen Nebelschwaden, was bleibt, ist eine friedvolle Landschaft, die sich weit über mich hinaus erstreckt. Ich werde dieses Gefühl warm halten, dann begleitet es mich den ganzen Tag. Ich fühle mich frisch und frei. Mein Bewusstsein ist erweitert,… grenzenlos… weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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retilein, 13.04.2005, 21:11 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
starke gedanken einer 18-jährigen, meinen respekt, noch sg zur woche
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Corinnix
Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Ja
Die drei Freunde machten sich nun, nachdem sie sich endlich wieder gefunden hatten und alle erlebten Geschichten ausgetauscht waren, fröhlich auf den Weg. Sie waren sehr froh, dass alle ihre Abenteuer unbeschadet überstanden hatten. Nun sollte es weiter in Richtung Bleichlingsland gehen, welches immer noch das eigentliche Ziel der Freunde war, um Corinnix wieder zu ihrem normalen Aussehen zu verhelfen.
Lange Zeit flog Vogel Xelor dahin, ließ sich von den Winden treiben und genoss, wie seine Freunde, die Aussicht. Wunderbare Landschaften zogen unter ihnen vorbei. Manches Mal sahen sie tagelang nur riesige Flächen aus Wasser, dann wieder Wälder, soweit das Auge reichte. Sie überquerten das Gebiet der Blumenschwänzler, deren wundersamer Anblick sie gerne zum Anhalten verleitet hätte. Aber Vogel Xelor drängte weiter. Und so blieb von diesem Landstrich nur der Eindruck vieler winkender Wesen, deren Körper in einem langen Schwanz endete, auf dem Blumen in den leuchtendsten Farben wuchsen. In dieser Gegend wurde ihnen noch ein weiteres Schauspiel geboten. Sie flogen auf einen Regenbogen zu, der sich als etwas entpuppte, was noch nie jemand gesehen hatte. Die Regenbögen der Blumenschwänzler waren nämlich keine Farbspiele, die nur aus reflektierendem Wasser und Sonneneinstrahlung hervorgerufen wurden, sondern diese hier waren aus Blüten, in tausend Farbfacetten, so dass die Fee Setugridut vor Ergriffenheit Corinnix‘ Hand ergriff und sie an sich drückte.
Viele Tage und Nächte vergingen, in denen die drei Reisenden viel Zeit hatten, um über ihre vergangenen Abenteuer zu sprechen. Die Fee Setugridut meinte schließlich, dass dies eine Reise wäre, die sie nie vergessen würde und wäre Corinnix nicht Opfer dieses Wesens des Rauches geworden, hätten sie die fremden Völker nie kennengelernt. Die Stimmung war gut und oft hörte man von Ferne ihre Stimmen erklingen, die fröhliche Lieder sangen.
An einem Tag, der mit einem wunderschönen Sonnenaufgang begann, waren die drei wieder laut singend unterwegs, als Corinnix plötzlich einen dunklen Punkt am Horizont entdeckte, der direkt auf sie zusteuerte. Noch während die Freunde überlegten, ob es sinnvoll sei, die Richtung zu ändern oder sich irgendwo zu verstecken, bemerkten sie, dass der dunkle Punkt sich ihnen mit sehr großer Geschwindigkeit näherte. Eine Flucht schien aussichtslos und außerdem musste es ja keine Bedrohung sein, die da Kurs auf sie genommen hatte. Vogel Xelor verlangsamte seine Geschwindigkeit. Bald konnten sie erkennen, was da auf sie zuflog. Die Umrisse waren zackig und das Wesen war sehr groß. Die Fee Setugridut hatte bereits begonnen, sich auf ihre Zauberkunst zu besinnen, falls sie angegriffen würden. Corinnix‘ Herz schlug schnell und sie hatte große Angst. Was, wenn dieses Wesen sie in der Luft angriff und sie wieder getrennt würden. Nein, daran durfte sie nicht denken.
Bald war allen klar, dass ein riesiger Drache ihre Bekanntschaft machen wollte. Seine giftgrüne Haut schillerte im Sonnenschein und verlieh ihm ein noch angriffslustigeres Aussehen. Er zog eine weite Kurve und nur kurze Zeit später flog er Seite an Seite mit Vogel Xelor. Sein langes Maul war besetzt mit großen, spitzen Zähnen und als er müde gähnte, schoss ein Feuerstrahl über die Köpfe der Freunde hinweg. Corinnix schrie auf, aber nur vor Schreck. Sofort klappte der Drache sein Maul zu und sah Vogel Xelor mit großen, runden Augen an. Er wirkte gar nicht mehr so angriffslustig und seine Augen blickten eher betrübt drein. Corinnix war verwirrt. Was für ein merkwürdiger Drache! Als der Drache zu sprechen begann, verflog von einem Augenblick zum anderen ihre Angst. Dieses war kein Geschöpf, vor dem man Angst haben musste. Vogel Xelor, die Fee Setugridut und Corinnix lauschten gespannt den Worten des Drachen. Er sprach so leise, dass sie ganz genau hinhören mussten.
Der Drache stellte sich als Resiel-LeGülf vor. Er sei vom Volk der Flüsterdrachen. Ein Grinsen huschte über Corinnix‘ Gesicht. Was es alles gab! Resiel-LeGülf erzählte, dass er den Gesang der drei Reisenden gehört hätte und dass er als Kundschafter ausgeschickt worden sei, um diesen Lärm schnellstens zu unterbinden. Verständnislos fragte die Fee Setugridut, was denn so schlimm an ihrem Gesang gewesen sei. Der Drache antwortete, dass in seinem Land zu bestimmten Zeiten nur im Flüsterton miteinander gesprochen werden dürfe. Jeder laute Ton gefährde die Nachkommenschaft der Rettum, die das Oberhaupt dieses Volkes war.
Während sie nebeneinander herflogen, stellte der Drache fest, dass die Freunde ziemlich erschöpft aussahen und als er sie einlud, mit ihm zu kommen, nahmen sie das Angebot gerne an. Noch einmal wurden sie belehrt, sehr leise zu sein, denn jedes zu laute Wort würde hart bestraft. Nach dem Versprechen, sich daran zu halten, flog der Drache voran.
Leise flüsternd wurde die Unterhaltung fortgesetzt und mit großen Augen verfolgten sie den Flug des Drachens. Bald tauchte unter ihnen eine Flusslandschaft auf. Hohe Gräser bewegten sich sachte im Wind. Die sanft geschwungenen, mit kurzem Gras bewachsenen Hügel bildeten einen Kontrast dazu. Überall zwischen den Hügeln sickerten Rinnsale hervor, die in kleinen Bächen in einen großen See mündeten, der in der Mitte dieser Landschaft zu liegen schien. Corinnix musste daran denken, dass sie sich Drachen immer in anderen Gegenden vorgestellt hatte. Schroffe Klippen und steile Berge passten besser zu ihnen, fand sie. Je näher sie kamen, umso wunderschöner erschien ihnen die Landschaft. An den Bächen tummelten sich tausende, gedrungene Blumen. Ihre Köpfe waren mal weiß, mal gelb oder orange. So sahen die Bäche aus, wie von einem bunten Rahmen umgeben, in dem sie leise gurgelnd ihr Wasser zum See schickten.
Erst nach der Landung fiel es Corinnix auf, dass dieser Landstrich von vielen grünen, niedrigen Hügeln übersät war. Der Drache winkte ihnen zu und sie folgten ihm. Er bewegte sich auf allen vieren und sah dabei so tollpatschig aus, dass die Fee Setugridut Corinnix in die Seite stieß und breit angrinste. Corinnix grinste zurück, legte aber gleichzeitig einen Finger auf ihren Mund. Bloß nichts sagen! Wer weiß, was dann passieren würde. Der Drache blieb vor einem Hügel stehen und wie von Geisterhand öffnete sich dieser und gab einen hellen Raum frei. Flüsternd erklärte der Drache nun, dass sie sich in seiner Behausung befänden und sie, sobald seine Frau Retual-LeGülf sich zeigen würde, eine Stärkung bekämen.
Leise fragte Corinnix, warum sie denn keine anderen Drachen hier gesehen hätten und erhielt sofort darauf die Antwort. Die anderen würden sich zu dieser Zeit auf dem Ritualplatz aufhalten, der in der Sprache der Flüsterdrachen Red-Ztalp-sed-Snetürb hieß. Das sei ja ein unaussprechlicher Dialekt, meinte die Fee Setugridut, aber der Drache antwortete verschmitzt, man müsse es nur langsam und bedächtig aussprechen, dann würde man es schon verstehen. Corinnix hatte den Drachen bald in ihr Herz geschlossen und fragte neugierig, ob sie denn auch mal den Ritualplatz mit diesem merkwürdigen Namen sehen dürfte. Resiel-LeGülf vertröstete sie auf einen späteren Zeitpunkt, da das Ritual auf keinen Fall von Fremden unterbrochen werden dürfe.
Nach einer Weile öffnete sich der Eingang und die Frau des Drachens trat in den Raum. Erstaunt blickte sie auf die drei Fremden und warf ihrem Gatten einen fragenden Blick zu. Flüsternd erklärte dieser ihr, dass dies die lauten Sänger wären, die er vom Himmel geholt hätte, damit das heutige Ritual nicht gefährdet wurde. Neugierig wurden sie von der Drachenfrau beäugt und beinahe erwartete Corinnix eine Standpauke. Retual-LeGülf sah auf gewisse Art gemeiner aus als ihr Gatte. Corinnix schob diese Annahme auf ihr Aussehen. Mit ihrem gelben, schuppigen Körper, der über und über mit leuchtend roten Punkten übersät war, wirkte sie sehr gefährlich.
Während des Mahls, das die Drachenfrau zubereitet hatte, bemerkte Corinnix, dass sie ihr Unrecht getan hatte. Die Drachen waren sehr nett und es war wohl die Überraschung, dass Fremde in ihrem Haus waren, die die Drachenfrau so bedrohlich hatten aussehen lassen. Es schmeckte allen ausgesprochen gut. Die Speisen hatten einen rauchigen, erdigen Geschmack und waren ausgesprochen sättigend und bekömmlich. In Corinnix‘ Schälchen blieb eine winzige Kralle zurück, die sie aber nicht wahrnahm. Wer weiß, ob es ihr noch so gut geschmeckt hätte, wenn sie von dem Tier gewusst hätte, aus dem die Suppe zubereitet worden war. Aber so waren alle satt und zufrieden und als der Drache zum Abschluss ein für diese Gegend typisches Getränk anbot, sagte niemand Nein. Die Flüssigkeit zischte und brodelte in den irdenen Gefäßen und roch sehr scharf. Die Fee Setugridut rümpfte die Nase und goss zuerst dem Vogel Xelor einen Schluck in den Schnabel. Als dieser vor Verzückung mit den Augen rollte, probierte auch sie und stellte fest, dass der Geschmack dieses Getränk nichts mit seinem Aussehen gemein hatte. Auf ihrer Zunge breitete sich ein blumig-frischer Geschmack aus und sie meinte, ein kühler Bach laufe ihre Kehle hinab. Die Gastgeber freuten sich sehr und im Anschluss kam das Gespräch wiederum auf das Ritual.
Retual-LeGülf erklärte den Freunden daraufhin, dass die Rettum, ihre Herrscherin, viermal im Jahr für Nachwuchs sorge. Dieser Nachwuchs befände sich zur Zeit in einem riesigen Ei, das von der Rettum scharf bewacht werde. Jeden Tag würden sich alle Bewohner des Dorfes auf den Weg machen, um das Ei mit ihren Körpern zu wärmen. Die Schale dieses Eis sei aber so dünn, dass das leiseste Geräusch es zum Zerbrechen bringen könne und das sei der Grund, warum zu dieser Zeit nur geflüstert werden dürfe. Bald aber sei der Zeitpunkt gekommen, an dem die jungen Drachen schlüpfen würden.
Einige Tage später fühlten sich die drei Freunde schon richtig heimisch bei den Drachen und auch an das Flüstern hatten sie sich längst gewöhnt. Eines Morgens erklärte der Drache ihnen, dass heute der Tag des Schlüpfens gekommen sei. Noch niemals zuvor hätte ein Fremder dieses Schauspiel zu sehen bekommen, aber man wollte für die lieben Gäste eine Ausnahme machen.
Vogel Xelor, die Fee Setugridut und Corinnix bekamen einen Platz zugewiesen, von dem aus sie zum ersten Mal einen Blick auf die Rettum werfen konnten. Dieses Wesen schien gigantisch, genauso wie das Ei, das vor ihr lag. Corinnix kamen die anderen Drachen vor wie Mäuse, die geschäftig um ihre Herrscherin kreisten. Ihr Blick war eisig kalt, bedrohlich und gleichzeitig besorgt. Corinnix fragte sich insgeheim, welches Wesen diesem Drachen wohl noch gefährlich werden könnte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es etwas Mächtigeres geben könne als dieses Geschöpf. Als Rettum ihre Flügel ausbreitete, verdunkelte sich der Himmel und Corinnix bekam eine Gänsehaut.
Der Zeitpunkt war da. Mit einem Feuerstoß aus dem riesigen Maul der Rettum begann die immer wiederkehrende Zeremonie der Flüsterdrachen. Die Drachen stellten sich in einem Kreis um das riesige Ei auf. Aus ihren Mäulern fuhren ständig kleine Feuerstöße, die die Schale des Eis trafen. Es dauerte nicht lange, und das Ei begann von innen zu glühen. Erste Risse waren zu sehen. Dann ertönte plötzlich ein leises Knistern und die Drachen stellten ihre Hitzezufuhr ein. Die Rettum hob eine ihrer Klauen und als sie diese wieder senkte ertönte wie auf Kommando ein lauter Schrei, aus unzähligen Drachenmäulern, ein kehliger Ton, der Corinnix das Blut in den Adern gefrieren ließ Die Zeit der Stille war vorbei. Im nächsten Moment platzte das Ei regelrecht auseinander. Die Schalen flogen in alle Richtungen davon.
Corinnix und ihre Freunde schauten mit weit aufgerissenen Augen dem Treiben zu. Unzählige kleine Drachenkinder stürzten aus den Trümmern des riesigen Eis. Ihr Geschrei war ohrenbetäubend. Corinnix war überrascht, wie unterschiedlich sie aussahen. Kein Drachenkind glich dem anderen. Sie sah Grüne mit roten Punkten, Rote mit blauen Punkten, Gelbe mit schwarzen Zickzacklinien, Blaue mit grünen Kringeln. Der Vielfalt waren keine Grenzen gesetzt. Corinnix‘ Blick glitt zur Rettum hinüber. Ihr Gesicht zeigte grenzenlosen Stolz. Der Lärm schien ihr nichts auszumachen. Der liebevolle Blick blieb an einigen Drachenkindern hängen, die sich nicht selbst aus dem Ei befreien konnten. Ganz vorsichtig nahm sie eins nach dem anderen in ihr Maul und setzte sie ebenso behutsam auf dem Boden neben ihren Geschwistern ab.
Ein besonders vorwitziges Drachenkind hatte es auf die Fee Setugridut abgesehen. Mit seinen spitzen Zähnchen schnappte es ständig nach dem weißen Kleid, das bereits an einigen Stellen Löcher aufwies. Es war ein Blaues mit weißen Pünktchen und als die Fee ihm einen Stubser auf die Nase gab, schrie es so jämmerlich, dass die Fee gleich Mitleid bekam und es auf ihren Arm nahm. Wieder mutiger, biss der kleine Drache zum Dank heftig in ihren Finger.
Corinnix schaute dem Treiben voller Freude zu. Was für eine quirlige Gesellschaft! Sie entdeckte Resiel-LeGülf und rannte auf ihn zu. Was jetzt mit den vielen kleinen Kindern passieren würde, wolle sie wissen. Und er erklärte ihr, dass nun jedes Drachenpaar einige der Drachenkinder aufnehmen und sie einige Monate aufziehen würde. Dann seien sie groß genug, um sich selbst versorgen zu können. Und dann wäre ja auch bald Zeit für das nächste Ei der Rettum.
Die Freunde beschlossen, sich nun bald auf den Weg zu machen. Im Haus ihrer Gastgeber würde man den Platz nun für die Drachenkinder benötigen. Um eine Menge Erfahrungen reicher und mit leckerem Proviant im Gepäck startete Vogel Xelor am übernächsten Tag zu neuen Abenteuern. Noch lange klangen ihnen die Abschiedsrufe der Drachen in den Ohren und die Fee Setugridut stellte betrübt fest, dass sie den kleinen blauen Drachen am Liebsten adoptiert hätte, trotz seiner spitzen Zähne oder vielleicht gerade deshalb?
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-07 10:30:08 mit dem Titel Teil 1
Zu Zeiten, in denen es noch mehr Hexen als Menschen gab, wurde die Hexe Corinnix geboren. Die Eltern Corinnimix und Coronnifox lebten im Lunawald und warteten schon lange sehnsüchtig auf Nachwuchs. Leider verhielt es sich beim Hexenvolke der Corionnen so, dass nur alle 5 Jahre ein Kind geboren werden konnte. Klein-Corinnix wuchs dadurch ziemlich einsam auf und bald wollte es durch die Länder wandern und andere Geschöpfe kennenlernen.
Bei diesen Wanderungen stieß Corinnix eines Tages auf die Wesen des Rauches. Sie bewegten sich schwebend und stießen beim Sprechen und Lachen kleine Rauchwölkchen aus. Lustig sah das aus und Corinnix spielte gerne mit diesen Geschöpfen. Doch eines Tages passierte es, dass eines dieser Wesen sich mitten im Spiel in Luft auflöste und als eine pechschwarze Wolke auf Corinnix herabrieselte. Über und über war sie mit diesem schwarzen Zeug bedeckt und so sehr sie auch rieb und kratzte, es wollte und wollte nicht abgehen.
Jetzt wollte sie auch mit den anderen Wesen nicht mehr spielen, nachdem diese sie so erschreckt hatten und sie obendrein auch noch als schwarze Hexe ausgelacht wurde. Ganz schwer wurde ihr das Herz und sie zog einsam und enttäuscht davon. Sogar die Tiere im Wald rannten vor ihr davon, weil sie sich fürchteten. Sie fühlte sich so einsam, wie eine Hexe nur sein kann. Und das Schlimmste an der ganzen Geschichte war, dass sie auch nicht mehr zaubern konnte. So lief sie lange, bis sie vor Erschöpfung in einem hohlen Baum einen Unterschlupf fand. Schnell fiel sie in einen tiefen Schlaf.
Sie träumte von weißen Wäldern, weißen Wiesen und vielen anderen weißen Dingen. Mitten in diesem wunderbaren Traum erschien der kleinen Corinnix eine Fee mit Namen Setugridut, die sie einludt, mit ihr auf dem Zeitvogel Xelor in eine andere Zeit zu reisen. Corinnix stimmte zu und so flogen sie Hand in Hand in ferne Welten. Lange dauerte diese Reise und sie sahen viele interessante Wesen und Länder. Da gab es zum Beispiel das Land der Verkehrtberge, in dem die Berge auf dem Kopf stehen oder das Land der Hochnasenköpfler, die ihre Nasen oben auf dem Kopf tragen. Da der Vogel Xelor auch mal eine Pause brauchte, verweilten sie bei den unterschiedlichsten Völkern und erlebten die erstaunlichsten Dinge, aber das sind andere Geschichten und sollen ein andermal erzählt werden.
Aber die Fee hatte ein ganz bestimmtes Ziel ausgesucht, und so reisten sie lange Zeit, ohne dass Corinnix wusste, wo die Reise enden würde. Irgendwann aber setzte der Vogel Xelor zur Landung an und Corinnix begriff sofort, dass hier die letzte Station der Reise sein sollte. Dies musste das sagenumwobene Bleichlingsland sein, von dem sie nur wusste, dass die Wesen dort immer so rein und weiß seien, dass man sich selbst immer schmutzig vorkommen musste, selbst dann wenn gerade Waschtag gewesen war.
Nach einem kleinen Begrüßungsritual fragten die Bewohner des Bleichlingsland nach dem Grund dieser endlos langen Reise. Aber nachdem sie Corinnix näher in Augenschein genommen hatten, war sofort ersichtlich, was das Problem war. Ein Bleichling namens Nierosnib führte Corinnix zu einem riesigen Gebäude, aus dem aus allen Ritzen und Löchern weißer Dampf zu kommen schien. Man sagte ihr, dass dieses Gebäude das Arielonium sei. Hier sollte Corinnix über Nacht bleiben und es wurde ihr versprochen, dass am nächsten Morgen eine Überraschung auf sie warten würde. Und so geschah es.
Am nächsten Tag wurde Corinnix von der Fee Setugridut sanft geweckt und kaum stand sie im Sonnenlicht, wurde ihr klar, was die Überraschung gewesen war. Sie war so weiß wie Schnee und duftete wie tausend Blumenwiesen. Endlich war die Schwärze von ihr genommen und sie konnte sogar wieder zaubern. Sie dankte der Fee und den Bleichlingen von ganzem Herzen und versprach, keine ganz so böse Hexe zu werden, wie es allgemein bekannt war. Nur ein paar kleine Streiche, die keinen größeren Schaden anrichten würden, wollte sie beibehalten.
Und so wurde aus der schwarzen wieder die weiße Hexe Corinnix und obendrein konnte sie sich mit der Weisheit brüsten, zu wissen, wie man sich von den schwarzen Klecksen der Wesen des Rauches wieder befreit und ... dass Träume Wahrheit werden können ...
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-08 07:50:46 mit dem Titel Teil 2
Die Gegend, in dem das Volk der Dromanden lebte, nannte sich das Land der Verkehrtberge. Corinnix' Augen wurden immer größer, je näher der Vogel Xelor diesem Landstrich kam. Seltsam sah das von weitem aus, überall waren zwar Berge zu sehen, aber sie standen tatsächlich auf dem Kopf. Sie sahen aber auch sonst etwas anders als normale Berge aus. Ihre Oberfläche war ziemlich glatt und schwarz, so dass es aus der Luft so aussah, als wäre die Landschaft mit vielen schwarzen Flecken übersät. Hätte die Fee Setugridut Corinnix nicht manches Mal festgehalten, weil sie immer wieder versuchte, durch das Drehen ihres Kopfes die Berge richtig herum zu sehen, hätte sie mit den Bergen wohl eher Bekanntschaft gemacht, als ihr lieb gewesen wäre.
Sie waren gerade gelandet, da rannten bereits viele blondgelockte Geschöpfe auf sie zu und beäugten sie neugierig. Dem Vogel Xelor strichen sie über seine bunt schimmernden Federn, als hätten sie noch nie so etwas Schönes gesehen. Über Corinnix' schwarzes Aussehen wunderten sie sich allerdings überhaupt nicht. Sie konnten ja nicht wissen, welches Missgeschick Corinnix passiert war. Sie tanzten mit Begeisterung über die Neuankömmlinge um sie herum und reichten ihnen die Hände, um ihnen auf den Boden zu helfen.
Corinnix konnte sich nicht satt sehen an den Dromanden. Die blonden Locken und die hübschen, puppenhaften Gesichter strahlten etwas ganz Besonderes aus. Sie sahen aus, als ob es immer lustig bei ihnen zuginge und auch jetzt jauchzten sie und lachten die ganze Zeit über. Sie führten ihre Besucher zu einem Platz, der von runden Hütten umgeben war. Vor der größten Hütte blieben alle stehen und nach einer Weile trat eine wunderschöne Frau heraus, die alle überragte und offensichtlich das Oberhaupt dieses Volkes war. Im Gegensatz zu allen anderen Dromanden hatte sie pechschwarzes Haar, das von feinen Silberfäden durchzogen war. Sie begrüßte die Fremden sehr freundlich und bot ihnen gleich Unterkunft und Verpflegung an. Ihr Name war Dromana und wie vermutet, war sie die Königin der Dromanden. Sie eröffnete den Besuchern, dass sie es als Ehre empfinden würde, wenn diese an der heute stattfinden Feier zur Eröffnung der Zeit des Bergkreises teilnehmen würden. Zuerst aber wurden Corinnix und Setugridut Hütten zur Verfügung gestellt, in denen sie sich ausruhen konnten. Die Fee Setugridut und Corinnix teilten sich eine Hütte und vor Müdigkeit schliefen beide fast auf der Stelle ein. Dem Vogel Xelor hatte man auf die Schnelle weiches Heu in eine Mulde gestreut, auf der er seine müden Flügel ausbreiten konnte. Zu gegebener Zeit wollten die Dromanden sie wecken, um am Fest teilzunehmen.
Tief und traumlos schlief Corinnix. Sie erwachte, als sie vor der Hütte laute Stimmen und Gelächter hörte. Im nächsten Augenblick ging auch schon die Tür auf und ein kleines Dromandenmädchen steckte den Kopf herein. Ihre Augen funkelten unternehmungslustig und am Liebsten hätte sie Corinnix gleich aus dem Bett gezogen und mit sich gerissen. Aber die Anwesenheit der Fee flößte ihr wohl doch etwas Unbehagen ein. Nach einer kurzen Erfrischung machten sie sich dann zusammen auf den Weg zum Dorfplatz. Dort herrschte ein Trubel, dass alle große Augen machten. Sie erfuhren von Dromia, dem kleinen Dromandenmädchen, dass heute etwas ganz Besonderes passieren würde. Die Dromanden teilten ihre Zeit nicht nach Monaten ein, sondern nach magischen Kreisen, die ungefähr einem Vierteljahr entsprachen. An diesem Tag war die Zeit des Bergkreises angebrochen und gerade dieser Kreis war etwas ganz Besonderes für das Volk. Die magische Zeremonie wurde immer von Dromana vorgenommen.
Plötzlich ertönte ein tiefer gongähnlicher Klang. Alle verstummten und setzten sich dort nieder, wo sie gerade waren und blickten voller Erwartung auf Dromana. Diese hatte die Augen geschlossen und die Arme zum Himmel gestreckt. Ihre langen Haare wurden durch den aufkommenden Wind hin- und hergeweht und umgaben Dromana wie eine schwarze Wolke. Am Himmel erschienen regenbogenähnliche Gebilde, die sich bis zum Horizont ausbreiteten. Corinnix ergriff vor Aufregung die Hand von Setugridut und hielt sie ganz fest. Setugridut deutete ihr mit einem Augenzwinkern an, dass hier nichts Schlimmes geschehen würde und Corinnix verfolgte einigermaßen beruhigt das Schauspiel. Wieder ertönte ein Geräusch, das sich diesmal wie ein Knarren anhörte, als ob jemand eine alte Tür aufstoßen würde.
Zur gleichen Zeit setzte eine Bewegung ein, die sich Corinnix zuerst nicht erklären konnte, bis sie merkte, dass diese Bewegung direkt von den Bergen ausging, die hier überall in der Landschaft zu finden waren. Die Berge fingen tatsächlich an, sich um sich selbst zu drehen! Daher kam auch das Knarren. Corinnix kniff sich in den Arm, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte, aber das tat so weh und hinterließ einen tiefen Abdruck, so dass sie diesen Gedanken sofort wieder verwarf. Jetzt ertönte ein Lachen und Kichern und wie auf ein Signal standen die Dromanden alle gleichzeitig auf und fingen an zu tanzen. Und dann geschah etwas, das Corinnix nicht fassen konnte. Aus den Farben der Regenbögen schwebten durchsichtige Wesen herab, die genauso aussahen, wie die Dromanden selbst. So hatte Corinnix sich immer Engel vorgestellt. Diese Wesen purzelten durcheinander, zogen sich gegenseitig an den weißen Hemdchen, kicherten unentwegt und sahen so lustig aus, dass Corinnix unwillkürlich lachen musste. Sofort hielt sie sich die Hand vor den Mund. Konnten das wirklich Engel sein? Eine andere Möglichkeit gab es doch gar nicht ... Ihre Gedanken überschlugen sich und sie sah Setugridut fragend an. Wieder zwinkerte diese ermutigend und bedeutete Corinnix mit einem Blick, aufmerksam zuzuschauen.
Wie auf ein geheimes Zeichen standen alle Dromanden auf und schauten zum Himmel. Sie streckten den Wesen die Arme entgegen und fingen sie regelrecht auf. Als endlich alle auf dem Boden angekommen waren, brach ein Sturm der Begeisterung los. Überall hörte man Jubelrufe und Freudenschreie und eine wunderbar harmonische Stimmung lang in der Luft. Auf allen Gesichtern spiegelte sich diese endlose Freude wieder und überall hörte man "Schön, dass Du wieder da bist" und "Endlich hat das Warten ein Ende". Corinnix verstand überhaupt gar nichts mehr und sie hatte das Gefühl, den Verstand zu verlieren. Sie hielt nach Dromia Ausschau und sah diese dann ebenfalls mit einem dieser durchsichtigen Wesen vor Freude tanzen. Fast hätte sie nicht gemerkt, wie Setugridut sie ansprach und hörte fassungslos deren Erzählung zu. Die Fee erklärte ihr nun, was es mit diesen lustigen Wesen auf sich hatte.
Einmal im Jahr erhielten die Dromanden Besuch von ihren Seelen, die sonst im Himmelwald lebten. Dann wurden Geschichten und Erlebnisse ausgetauscht und die Wiedersehensfreude war natürlich entsprechend groß. Als Corinnix fragte, weshalb die Dromanden denn ihren Seelen jetzt schon begegnen würde, meinte die Fee, dass dies bei jedem Volk unterschiedlich wäre. Manche würden ihre Seele erst nach dem Tod treffen und manche eben schon eher. Aber immer sei dies ein schönes Erlebnis, weshalb man auch keine Angst vor dem Tod haben sollte. Auf der anderen Seite dürfte man sich nicht ständig wünschen, seiner Seele zu begegnen, denn man sollte auch am normalen Leben Freude haben. Jetzt verstand Corinnix die Dromanden und versuchte, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn sie ihre eigene Seele treffen würde. Und schön wäre es doch auch, keine Angst mehr vor dem Lebensende haben zu müssen. Corinnix jedenfalls würde dieses Erlebnis bei den Dromanden nie mehr vergessen und sie wollte davon allen aus ihrem Volke erzählen, wenn sie wieder zuhause wäre.
Noch lange währte dieses Fest und es wurde viel gelacht und getanzt, bis der Augenblick gekommen war, sich von den Seelen zu verabschieden. Diese mussten vor Tagesanbruch wieder zurück in den Himmelwald. Es wurde keine traurige Verabschiedung, denn alle wussten, dass sie sich im nächsten Jahr um die gleiche Zeit wiedersehen würden. Nur Corinnix musste weinen, weil dies alles so schön und unfassbar war. Sie saß im Arm von Setugridut und schluchzte so herzzerreißend, dass sogar der Vogel Xelor darauf aufmerksam wurde, der die ganze Zeit etwas abseits gehockt hatte und den das Ganze anscheinend nicht sonderlich wunderte. Er kam herüber und sprach mit dunkler Stimme zu Corinnix "Weine nicht, denn dies ist kein Anlass zur Traurigkeit, sondern nur zur Freude. Versenke dieses Erlebnis in deiner Erinnerung und nimm es mit Dir, wohin Du auch gehst." Corinnix strich dem Freund sanft über die Federn und zwinkerte ihm mit Tränen in den Augen zu.
Einige Tage später wurde es für unsere drei Freunde Zeit für den Aufbruch Richtung Bleichlingsland, denn sie hatten natürlich nicht vergessen, weshalb sie aufgebrochen waren. Sie wollten Corinnix wieder zu ihrer normalen Farbe verhelfen, aber dies würde noch eine Zeit lang dauern, denn es lag noch ein langer Weg vor ihnen. Viele Wesen würden ihnen noch begegnen und Corinnix sollte noch oft ins Staunen geraten, aber das sind andere Geschichten und sollen ein anderes Mal erzählt werden.
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-09 09:32:30 mit dem Titel Teil 3
Corinnix und ihre Freunde hatten das Land der Verkehrtberge bald hinter sich gelassen. Der Vogel Xelor schraubte sich immer höher und höher, bis er von Winden getragen, in einen Gleitflug übergehen konnte. Lange Zeit flogen sie ruhig dahin und Corinnix und Setugridut sprachen noch eine Weile über die Erlebnisse bei den Dromanden. Als es kälter wurde, verkrochen sie sich zwischen die Federn von Xelor und da war es erst richtig gemütlich. Diesmal dauerte der Flug viel länger als sonst, denn der Vogel Xelor hatte sich bei den Dromanden gut gestärkt und so flog er mehrere Tage und Nächte. Für Corinnix war es ein wunderschönes Gefühl, morgens von der aufgehenden Sonne geweckt zu werden und sie genoss dies ebenso, wie die funkelnden Sterne in der Nacht. Ab und an machten sie sich über die Vorräte her, die die Dromanden ihnen mitgegeben hatten. Alles war getrocknet oder gedörrt und wurde dadurch nicht schlecht. Wasser hatten sie in Schläuchen aus Neramhaut mitgenommen, Nerams wurden bei den Dromanden wie Ziegen gehalten.
Am dritten Tag sahen sie weit am Horizont hoch aufgetürmte, dunkle Wolken, die nichts Gutes versprachen. Xelor meinte, es sei besser, vor dem sich ankündigenden Sturm auf festen Boden zu kommen und flog schnell tiefer. Eine Bergregion lag unter ihnen, die nicht gerade einladend aussah, aber vielleicht konnte man sich dort unten in einer Höhle einen Unterschlupf suchen. Der Sturm kam schneller, als sie erwartet hatten. Xelor musste sich gegen ihn stemmen und aufpassen, dass seine Gäste nicht von seinem Rücken fielen. Es wurde ein sehr holpriger Flug und Corinnix krallte sich mit aller Kraft an seinen Federn fest. Der Sturm heulte und es wurde dunkel um sie herum. Sie schienen mitten im Zentrum des Sturms zu fliegen, wenn man dieses Taumeln noch als Fliegen bezeichnen konnte. Xelor brüllte gerade, dass er noch tiefer gehen würde, als ein gewaltiger Windstoß ihn umwarf. Der Sturm spielte mit ihnen wie mit einem Ball, hierhin und dorthin wurden sie geschleudert und die Kraft verließ sie. Corinnix spürte plötzlich, dass ihre Finger von Xelors Federn abglitten und im nächsten Moment stürzte sie auch schon in die Tiefe. Sie sah Setugriduts entsetzten Gesichtsausdruck, als diese versuchte, hinter ihr herzusehen, aber dann verlor sie den Vogel Xelor völlig aus den Augen. Der Sturm wirbelte sie herum mit einer Kraft, dass sie bald ihr Bewusstsein verlor und hilflos in die Tiefe stürzte.
Hoch über den Wolken liegt das Tal der Träume. Ruhig ist es hier. Weit unten kann man die Wolken sehen, die wie weiche Watte erscheinen. Vom Wind werden sie geformt, er spielt mit ihnen und lässt sie immer wieder anders aussehen. Mal gleichen die Wolken Tieren, mal Bergen und manches Mal bläst er sie so auseinander, dass sie nur noch als weiße Schwaden dahinziehen.
Hier oben ist die Heimat der Traumweber, die im Tal der Träume leben und arbeiten. Die Bewohner dieses Tals kennen die Menschen sehr gut, obwohl sie sie niemals gesehen haben und auch niemals sehen werden. Die Traumweber sind zierliche Geschöpfe, elfengleich, anmutig, niemals wütend oder ungerecht. Sie leben in höchster Harmonie miteinander. Es gibt keine Häuser, wie die Menschen sie kennen. Jeder lebt hier von dem, was vorhanden ist. Dieses Leben ist sehr einfach, aber niemand vermisst etwas und jeder hilft den anderen, wo er kann. Es gibt keine Nahrung, die Traumweber brauchen sie nicht. Außer eines milchartigen Saftes nehmen sie nichts zu sich. Sie leben hauptsächlich von ihrem Wirken. Jeden Tag aufs Neue weben sie die Träume der Menschen.
Im Tal der Träume ist alles weiß, es gibt sogar Bäume, obwohl die Menschen sie nicht erkennen würden. Die Traumweber stellen die Gegenstände, die sie zum leben brauchen, aus Wolkenfäden her. Oft sieht man sie mit langen angelähnlichen Gegenständen nach Wolken fischen. So haben sie ihre Betten und Decken gewebt oder sogar Hängematten, die sie zwischen ihren Bäumen aufhängen können.
In einer dieser Hängematten wacht Corinnix auf und versteht nicht, wo sie ist. Lebt sie noch? Oder ist sie im Hexenhimmel? Wieso wird sie leicht hin- und her geschaukelt? Sie fühlt sich sehr merkwürdig, zwischen Traum und Wachsein. Aufstehen will sie, doch aus diesem schaukelnden Bett herauszukommen, ist gar nicht so einfach. Und weil sie noch nicht so sicher auf den Beinen ist, plumpst sie aus der Hängematte und fällt auf den Boden. Den Boden? Sie hat das Gefühl, dass sie auf Watte liegt. Auf weißer, weicher Watte und deshalb hat der Sturz auch nicht weh getan. Da ihr etwas schwindlig ist, bleibt sie erst mal sitzen und schaut sich um. Da sind Geschöpfe, die Corinnix nicht kennt, aber sie sehen gütig aus, obwohl sie sie ziemlich neugierig mustern. Offensichtlich haben sie noch nie eine Hexe gesehen, schon gar nicht eine schwarze, denkt sich Corinnix. Eines dieser elfenhaften Geschöpfe bewegt sich vorsichtig auf Corinnix zu und streckt ihr etwas entgegen. Ein Getränk, das aussieht wie Milch, nur dünner und durchsichtiger. Durst und Hunger machen sich sogleich bei Corinnix bemerkbar und ihr Magen knurrt laut. Peinlich ist das und sie errötet, aber unter dieser schwarzen Schicht bemerkt es keiner. Aber das Knurren konnte man sehr gut hören und das Geschöpf, das vor ihr steht, grinst sie freundlich an und bedeutet ihr mit einer Handbewegung, dass sie mitkommen soll. Corinnix fragt, wo sie hier ist, bekommt aber außer einem Kopfschütteln keine Antwort. Also folgt sie dem Geschöpf, das bis jetzt noch nicht gesagt hat, wer es ist und was es mit Corinnix vorhat.
Corinnix wird zu einem Platz gebracht, der aussieht, wie von Wolken eingerahmt. Ein Tunnel aus watteähnlichem Material erstreckt sich vor ihr und das Geschöpf deutet mit einer Geste an, dass Corinnix hineingehen soll. Aus der Tiefe des Tunnels leuchtet ihr ein warmes Licht entgegen, das ihr jede Angst nimmt. Langsam geht sie in den Tunnel und sieht beim Zurückschauen, wie sich noch mehr Geschöpfe vor dem Eingang versammeln und hinter Corinnix herblicken. Wieso geht keines der Geschöpfe mit ihr? Eine Gänsehaut überkommt sie vor Aufregung und ihr Herz klopft ihr bis zum Hals. Aber sie hat keine Angst und das findet sie selber merkwürdig. Ihre Gedanken überschlagen sich, drehen sich im Kreis und vor allem muss sie ständig an ihre Freunde denken und ob sie wohlauf sind. Je weiter sie in den Tunnel geht, umso schöner wird das Licht vor ihr und neugierig geworden, geht sie nun schneller, um zu sehen, was es damit auf sich hat.
Am Ende dieses Ganges angekommen, liegt vor Corinnix ein Gewölbe, wie sie noch keines gesehen hat. Wenn sie rundum blickt, sieht sie Wände aus weicher Watte, auf denen Sonne, Mond und Sterne glitzern. Daher kam also das schöne Licht. Der Raum ist leer und es gibt keine weiteren Gänge. Corinnix fragt sich, was sie hier soll und was der Zweck dieses Raumes ist. Sie erschrickt, als plötzlich das Licht ausgeht und nur noch ein schmaler Lichtbogen an der Decke des Gewölbes übrig bleibt. Über die gesamte Decke reicht er und Corinnix kann erkennen, dass sich aus diesem Lichtbogen etwas herausschiebt und sich in Richtung des Bodens bewegt. Es erscheint ihr wie ein glänzender, durchsichtiger Vorhang, der irisiert und viele Farbspiele in den Raum wirft. Dieser Vorhang teilt den Raum und gerade als er den Boden berührt hat, ertönt eine Stimme. Die Stimme ist dunkel und warm und sie erzählt Corinnix vom Leben im Tal der Träume. Sie erzählt von den Traumwebern und ihrer wichtigen Arbeit hier oben. Corinnix erfährt, dass die Traumweber nicht sprechen können, wie andere Geschöpfe. Sie verständigen sich nur mit ihren Gedanken. Allerdings können sie nicht die Gedanken anderer Geschöpfe lesen und deshalb haben sie Corinnix hierher gebracht, zum Traumleser, damit er ihr hilft. Die Traumweber selbst dürfen nicht in dieses Gewölbe, es ist ihnen verboten. Corinnix erfährt einiges über das Leben hier, so auch, dass die Traumweber nicht altern und auch nie jünger waren. Es gibt sie einfach und wird sie immer geben, solange es Menschen gibt, die Gedanken produzieren.
Corinnix ist so fasziniert von dem, was sie hier hört, dass sie beinahe vergisst, den Traumleser zu fragen, ob er etwas von ihren Freunden weiß, die sie im Sturm verloren hat. Der Traumleser bejaht die Frage und erklärt Corinnix, dass sie sich nun gut konzentrieren soll, da er ihr zeigen wird, wo Setugridut und Vogel Xelor sind. Gerade als Corinnix etwas fragen will, erscheint auf dem glänzenden Vorhang für kurze Zeit ein Bild, aber für einen so kurzen Moment, dass Corinnix nur erkennen konnte, dass es der Vogel Xelor war, aber nicht wo er sich befand. Die Stimme fordert Corinnix auf, sich noch mehr zu konzentrieren und ihre Freunde durch ihre Gedanken herbeizurufen. Sie versucht es und das nächste Bild, das erscheint, bleibt länger und sie kann sehen, dass Vogel Xelor auf einem Felsplateau sitzt und sich suchend umschaut. Nun versucht die dasselbe mit Setugridut. Es klappt nicht auf Anhieb und Corinnix merkt, wie sehr sie die Konzentration anstrengt. Nach ein paar Versuchen hat sie auch Setugridut ausfindig gemacht. Diese sitzt unter einem Baum und wird gerade von lustig aussehenden Geschöpfen mit Essen versorgt. Sie haben struppige, grüne Haare und ihre Hände und Füße sehen aus wie Wurzeln.
Ihre Freunde sind also nicht verletzt. Darüber freut sich Corinnix sehr, aber wie soll sie sie wieder finden? Zwar konnte sie sehen, in welcher Umgebung sich die beiden befinden, aber die Gegenden hat sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Der Traumleser lacht und meint, den schwierigsten Teil hätte Corinnix gerade hinter sich gebracht. Jetzt würde er ihr helfen, die beiden zu sich zu holen. Er wird ihnen mit Gedanken sagen, wie sie zum Tal der Träume gelangen. Für die Zeit, die die Freunde brauchen werden, kann Corinnix bei den Traumwebern leben. Auf ihre Frage, ob diese ihr auch etwas zu Essen geben werden, erfährt sie, dass es außer einem Getränk hier nichts gibt, dass sie aber auch nicht mehr brauchen wird.
Ruhige Tage verlebt Corinnix bei den Traumwebern. Sie sieht ihnen bei der Arbeit zu und staunt oft über die Dinge, die sie erlebt. Die Traumweber sind sehr fürsorglich und Corinnix fühlt sich sehr geborgen. Aber jeden Tag hofft sie auch, dass ihre Freunde bald wieder bei ihr sind, die sie schmerzlich vermisst. Nach einigen Tagen wird Corinnix wieder in das Gewölbe des Traumlesers geschickt und er sagt ihr, dass ihre Freunde nicht mehr weit seien. Corinnix' Freude ist groß und sie gibt zu, dass sie es kaum noch abwarten kann. Der Traumleser gibt ihr zu verstehen, dass sie am nächsten Tag mit den Traumwebern gehen und diesen bei der Arbeit an den Klippen der Gedanken zusehen darf. Sie müsse nur still sein und dürfe die Traumweber nicht bei der Arbeit stören. Allein schon der Name dieses Ortes löst bei Corinnix eine Gänsehaut aus. Was geschieht dort?
Am nächsten Tag geht sie gemeinsam mit den Traumwebern zu den Klippen. Sie wundert sich kurz darüber, woher die Traumweber wissen, dass sie Corinnix mitnehmen sollen, wo sie doch nicht in das Gewölbe des Traumlesers gehen dürfen, erinnert sich dann aber, dass man sich hier nur auf Gedankenwegen verständigt.
Ein leises, sehr melodisches Geräusch ertönt, als sie an den Klippen ankommen. Es klingt wie ein Summen unterschiedlicher Stimmen, das mit zunehmender Dauer immer mehr anschwillt. Nach einiger Zeit ist die Luft erfüllt von diesen Stimmen und man hört nichts mehr um sich herum. Corinnix ist wie verzaubert und fühlt sich unglaublich wohl. Das Licht unterhalb der Klippen wird allmählich heller und Corinnix bemerkt unterschiedliche Farben, die aufflackern, mal blau, mal grün, mal violett. Wie Blitze zucken diese Farben als gezackte Linien immer höher, bis sie den Rand der Klippen erreichen. Immer höher steigen die Linien und noch höher, bis der ganze Himmel ausgefüllt ist mit diesen aufleuchtenden Farben. Und jetzt versteht Corinnix, weshalb manche der Bewohner hier die Gedankenfänger heißen. Einige Traumweber haben ihre Werkzeuge geholt, die wie lange Stäbe aussehen, an denen ein Haken befestigt ist. Mit diesen Fängern greifen sie nach den Linien und ziehen diese zu sich heran. Diese Prozedur dauert sehr lange, denn viele dieser Gedanken müssen gesammelt werden. Nachdem ein großer Berg Gedanken entstanden ist, wird jeder einzelne aufgerollt wie ein Wollknäuel. Bald ist die Gegend übersät mit bunten Knäueln, was sehr lustig aussieht. Irgendwann scheinen es genug zu sein und auf ein Zeichen hin werden diese aufgesammelt und in große Körbe verstaut. Behutsam machen sich die Traumweber auf den Rückweg und ebenso leichtfüßig geht Corinnix hinter ihnen her.
Es ist mittlerweile dunkel geworden, der Abend ist angebrochen. Neugierig wartet Corinnix darauf zu erfahren, was mit den Körben und deren Inhalt passiert. Die Traumweber sind sehr beschäftigt, sie eilen hin und her und legen alle Gedankenknäuel nach Farben sortiert auf einen großen Platz. Nachdem alles verteilt ist, stellen sich alle Weber in einem großen Viereck auf. Sie rollen sich vorsichtig die Gedankenknäuel zu, behalten ein Ende in der Hand, so dass schließlich alle Traumweber mehrere Gedankenfäden in Händen halten. Corinnix findet das alles sehr aufregend und wünscht sich, dass ihre Freunde dies auch sehen könnten. Wie auf ein geheimes Zeichen hin, fangen alle an, einen Teppich zu weben. Dies geht so schnell, dass Corinnix mit den Augen nicht folgen kann. Die Hände der Traumweber sind so flink und geschickt, dass sie im Handumdrehen fertig sind. Das entstandene Werk wird nun aufgerollt und zu den Klippen der Gedanken transportiert. Es ist mittlerweile sehr dunkel, aber der Gedankenteppich flackert wie viele Kerzen und gibt ihnen genügend Licht, um den Weg zu finden.
Die Traumweber halten den Teppich hoch über den Kopf, als wollten sie jemandem zeigen, dass er nun fertig sei. Wieder ertönt das vielstimmige Summen und lange stehen die Traumweber still und lauschen dem Gesang. Als das Summen abbricht, lassen sie den Gedankenteppich in die Tiefe fallen und er verschwindet, einen Schweif aus Sternen nach sich ziehend. Wie wunderschön, Corinnix ist den Tränen nahe. Sie versteht zwar noch nicht alles, aber sie ist sicher, dass es etwas wunderbares ist, woran sie teilnehmen durfte. Lange noch, nachdem sich Corinnix zur Nachtruhe begeben hatte, dachte sie über das Erlebte nach und hatte in dieser Nacht einen besonders schönen Traum.
Es war für Corinnix fast schon selbstverständlich, dass der Traumleser sie am nächsten Tag zu sich rufen ließ und sie fragte, wie ihr das gestrige Erlebnis gefallen hatte. Sie hatte fast keine Worte, um ihre Gefühle zu beschreiben und stellte viele Fragen. An diesem Tag erfuhr sie, dass die Traumweber aus den Gedanken der Menschen einen Traumteppich weben, den sie den Menschen in der Nacht schenken. Was tagsüber die Klippen der Gedanken genannt wird, nennt sich abends die Klippen der Träume. Wenn die Menschen aufmerksam sind und Nachts in den Himmel schauen, können sie ihre Träume manchmal als Sternschnuppen erkennen, aber meistens bleiben sie unerkannt. Jemand, der eine Sternschnuppe sieht, so heißt es, bekommt besonders schöne Träume. Corinnix runzelt die Stirn und meint, dass es doch aber auch böse Träume gäbe. Die Traumweber würden doch nicht absichtlich böse Träume weben? Nein, das konnte sie sich nicht vorstellen Durch ein Gewitter könne der Traumteppich negativ beeinflusst werden, erklärt ihr der Traumleser und dann stehe es nicht mehr in der Macht der Traumweber, einzugreifen. Ist der Traumteppich an manchen Stellen nicht einwandfrei gewebt, reiche schon Regen aus, um Schaden anzurichten.
Der Traumleser unterbricht seine Erklärungen plötzlich und sagt mit freudiger Stimme zu Corinnix, dass ihre Freunde draußen auf sie warten würden. Corinnix' Herz macht einen Satz und sie stürmt geradezu durch den Tunnel ins Freie. Zuerst stürzt sie auf Setugridut zu, die beinahe ins Schwanken gerät, als sie Corinnix auffängt. Groß ist die Freude der Drei, sich wohlbehalten und gesund wiederzusehen. Vogel Xelor bekommt natürlich auch eine gebührende Begrüßung und er flattert unwillig mit den Flügeln, als Corinnix ihn zerzaust. Das Erzählen des gegenseitig Erlebten dauert bis spät in die Nacht. Auch Setugridut hat eine lange Geschichte zu erzählen, die vom Volk der Graswurzler handelt. Diese Geschöpfe sah Corinnix bereits kurz auf dem Vorhang im Raum des Traumlesers und sie ist sehr gespannt darauf, mehr von diesem Volk zu erfahren. Aber dies ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-09 22:35:39 mit dem Titel Teil 4
Im Laufe dieser Reise mit dem Zeitvogel Xelor und der mittlerweile zur Freundin gewordenen Fee Setugridut lernte die kleine Hexe Corinnix eine Menge über die unterschiedlichsten Wesen und hatte immer öfter das Bedürfnis, nach Hause zurückzukehren und ihren Eltern über das Erlebte zu erzählen. Aber die Reise, auf die sie sich gemacht hatte, sollte noch lange dauern und Corinnix musste sich in Geduld üben. Aber irgendwann, wenn sie wieder die weiße Hexe Corinnix und nicht mehr die Schwärze von den Wesen des Rauches auf ihr lastete, würde sie sich umgehend auf den Weg zurück machen.
Aber zunächst einmal verließen die drei Freunde das Tal der Träume, um ihren Weg fortzusetzen. Mit dem milchartigen Saft der Traumweber ausgestattet, starteten sie wieder, um ihrem Ziel, dem Bleichlingsland, entgegenzufliegen. Sie überquerten wüstenartige Gebiete, in denen sie sich kein Leben vorstellen konnten. Sogar hoch in der Luft konnte man die große Hitze spüren, die dort unten herrschen musste. Selten sahen sie Grünes dort, aber oft genug vertrocknete Büsche und Bäume und manches Mal fegte der Wind eine Wand aus Sand vor sich her. Seltsame Tiere konnten sie von Xelors Rücken aus beobachten. Manche erschienen ihnen wie übergroße Schlangen, die ihre Körper ineinander verschlungen hatten und hoch aufgetürmt, Hügel bildeten. Corinnix fragte sich, wozu dies gut sein könnte. Vielleicht war es im Inneren des Hügels schön kühl, aber die Tiere, die außen lagen, mussten doch sicherlich unerträgliche Hitze aushalten. Hierüber wusste auch Setugridut nichts zu berichten, aber sie meinte, dass diese Wesen sich sicherlich abwechseln würden und so jedes Tier einmal in die wahrscheinliche Kühle des Inneren käme.
Corinnix dachte darüber nach, wie viele unterschiedliche Wesen es wohl geben könnte, aber je mehr sie darüber grübelte, umso mehr kam sie zu der Erkenntnis, dass es unendlich viele sein müssten, von denen sie bis jetzt nur einen Bruchteil kennengelernt hatte. Ihre Gedanken wurden unterbrochen von einem Geräusch, dass sich anhörte wie das Trampeln einer Horde großer Tiere. Ihr Blick nach unten bestätigte ihre Vermutung. Setugridut bemerkte, dass die Horde von Wesen mit merkwürdigem Aussehen gejagt wurde. Die Tiere, deren Erscheinung Corinnix eine Gänsehaut bereitete, hatten einen sehr langen Hals und waren von ihrer Gestalt her sehr groß. Sie hatten ein langes, wolliges Fell, das ihnen bis auf die hufähnlichen Füße hing. Der Kopf aber war an dem Tier das Beeindruckendste, denn die Ohren waren einfach riesig. Sie hingen ebenfalls bis auf den Boden, und die Tiere trampelten manchmal darauf herum. Überhaupt fand Corinnix, dass diese Geschöpfe ziemlich tollpatschig aussähen und musste über ihre Fluchtversuche eher grinsen. Aber im nächsten Moment schämte sie sich dafür, denn sie wusste ja nicht, was mit den Tieren geschehen würde, wenn die Jäger sie einmal gefangen hatten. Auch das Erscheinungsbild der Jäger fand Corinnix sehr interessant. Es waren Wesen mit sehr langen Beinen, dadurch waren auch sie sehr groß. Eigentlich waren alle Körperteile ziemlich lang, auch die Arme und Finger. In den Händen hielten sie etwas, das Corinnix nicht erkennen konnte, aber es musste schließlich irgendetwas zum Einfangen dieser Tiere sein, vermutete sie. Sie rief Xelor zu, dass er über dieser Gegend kreisen sollte, weil sie gerne sehen wollte, was weiter geschah. Und Xelor tat ihr den Gefallen, sehr gerne sogar, denn er war müde und wollte sich einen Platz zum Landen suchen. Auf einem Hügel fand er schließlich einen Landeplatz, von dem man gut auf die Jagdszene blicken konnte.
Plötzlich entdeckte Corinnix einen Jäger, der von dreien der riesigen Tiere eingekreist worden war und der von ihnen hin- und hergeschubst wurde. Er schrie ganz offensichtlich nach seinen Freunden, das sie ihm helfen sollten. Aber die waren so beschäftigt, dass sie seine Rufe nicht hörten. Sie fragte Setugridut und Xelor, ob man nicht irgendwie helfen könnte, aber Setugridut meine, dass es viel zu gefährlich sei, weil man weder von den Tieren, noch von den Jägern wusste, ob sie ihnen gut gesonnen wären. Xelor meinte, dass es vielleicht schon ausreichen würde, wenn man die Tiere einen Moment ablenkt und kaum hatte er dies gesagt, breitete er seine Flügel aus und stieß im Sturzflug ins Tal hinab. Laut kreischend flog er mehrmals über die Tiere hin, die ihn verwirrt ansahen und mit den Ohren wackelten. Das Gekreische des Vogels behagte ihnen offensichtlich nicht und bald nahmen die drei Tiere Reißaus und rannten kopfschüttelnd davon. Xelor landete neben dem unbekannten Wesen und Corinnix und Setugridut riefen verängstigt, dass er vorsichtig sein sollte und fuchtelten mit den Händen vor Sorge um ihren Gefährten. Sie sahen, wie das Wesen mit Xelor spach und noch erstaunter waren sie, als es auf den Rücken des Vogels stieg und Xelor mit ihm davonflog. Sie erwarteten ihn ungeduldig und auch sehr neugierig. Ob sie jetzt erfahren würden, in welcher Gegend sie sich befanden?
Das Wesen sprang mit einem Satz von Xelors Rücken, nachdem dieser wieder auf dem Hügel gelandet war. Er sah Setugridut und Corinnix mit vor Freude leuchtenden Augen an und sagte, dass er Naköö heiße und ihnen für die Rettung danken wolle. Dies sei aber keine lebensgefährliche Situation gewesen, sondern die Buraden spielten für ihr Leben gerne mit den Hochnasenköpflern. Aber gerade wegen ihrer Tollpatschigkeit verletzten sie ihre Spielgefährten manchmal, obwohl sie dies nicht wollten. Corinnix und ihre Freunde erfuhren also, dass sie sich im Land der Hochnasenköpfler befanden und kaum hatte der Fremde dies gesagt, fiel Corinnix zum ersten Mal auf, dass irgendetwas in seinem Gesicht ihr merkwürdig vorkam. Zuerst wusste sie nicht, was es war, und sie sah zwischen Setugridut und dem Wesen hin und her. Und plötzlich sah sie es. Das Wesen hatte die Nase nicht mitten im Gesicht, sondern oben auf dem Kopf. Jetzt verstand sie auch, warum dieses Land diesen lustigen Namen hatte. Der Hochnasenköpfler hatte die Bewegung ihrer Augen verfolgt und erzählte ihr auf ihren erstaunten Gesichtsausdruck hin von seinem Volk.
Die Hochnasenköpfler waren Überlebenskünstler, hier in diesem Wüstengebiet fehlte es ihnen an nichts. Sie hatten ihren Lebensraum in den Wüstenboden verlegt. Tief unter dem Sand hatten sie ein Höhlensystem geschaffen, welches einer riesigen Stadt glich. Im Laufe der Zeit hatten sich sogar Pflanzen angesiedelt, so dass es sich hier gut leben ließ. Die Hochnasenköpfler hatten eine Möglichkeit gefunden, das Tageslicht tief nach unten dringen zu lassen, damit die Pflanzen gut gedeihen konnten. Sie waren ihr ganzer Stolz und von großer Bedeutung für das Überleben dieses Volkes. Schächte transportierten das Tageslicht in die Tiefe, aber da es natürlich nicht so kräftig wie in der freien Natur war, wurden alle Pflanzen sehr groß, da sie sich zum Licht sehnten. Der größte Stolz dieses Volkes waren die Hochblumen, deren Blüten über einen Meter Durchmesser hatten und deren Duft weit durch die langen Gänge des Höhlensystems wahrzunehmen war. Die Hochblumen wurden bis zu drei Meter hoch und der Hochnasenköpfler erklärte Corinnix, dass sein Volk annehmen würde, dass ihre Nasen genau aus diesem Grunde oben auf dem Kopf säßen. Sie liebten diesen Blumenduft über alles und hatten ihr Riechorgan im Laufe der Geschichte so entwickelt, dass sie näher an die Blüten heranreichen konnten. Die Hochblumen versorgten die Hochnasenköpfler auch mit allerlei Speisen und sogar der Nektar floss so reich, dass sie keinen Durst leiden mussten.
Natürlich wollte Corinnix auch wissen, was die Hochnasenköpfler mit den Buraden machten und da lachte Naköö und meinte, ob es so unglaublich sei, dass unterschiedliche Geschöpfe miteinander spielten. Das habe aber ganz anders ausgesehen, bemerkte Setugridut und schaute ungläubig zu Naköö hinauf. Der grinste breit und sah dadurch noch merkwürdiger aus. Er lud die drei Freunde ein, einige Tage bei seinem Volk zu bleiben, um zu rasten und ihr Leben kennenzulernen. Und so wurden sie in die Geheimnisse des Lebens bei den Hochnasenköpflern eingeweiht und lernten auch die Buraden kennen, die sie zuerst für gefährlich gehalten hatten. Besonders der Nachwuchs der Buraden faszinierte Corinnix und sie spielte am Liebsten mit den Kälbchen. Die Buraden lieferten den Hochnasenköpflern ihr Fell für Kleidung und Decken und die Prozedur des Fellerntens ließen sie gerne über sich ergehen. Und wenn es ab und zu noch einen Leckerbissen in Form von Hochblumenkuchen gab, waren sie vor Vergnügen außer sich. Die Tage vergingen wie im Flug und bald wurde es Zeit, weiterzureisen. Corinnix fühlte sich hier so wohl, dass sie gerne noch länger geblieben wäre, aber gleichzeitig sehnte sie sich auch nach ihren Eltern und wieder einmal fragte sie sich, ob sie diese Wesen wohl jemals wieder sehen würde. Mit Geschenken im Gepäck und Hochblumenkuchen als Proviant ging die Reise weiter und Corinnix‘ Abschiedsschmerz wurde bald überdeckt von neuen Ereignissen. Aber dies sind andere Geschichten und sollen ein anderes Mal erzählt werden.
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-10 08:55:26 mit dem Titel Teil 5
Die Fee Setugridut hatte viel zu erzählen, als sich die drei Freunde endlich im Tal der Träume wiedersahen. Sie wurde von Corinnix bestürmt, alles von den Graswurzlern zu berichten, die sie bereits für einen kurzen Moment auf dem Vorhang im Raum des Traumlesers gesehen hatte.
Der Sturm trug Setugridut weit fort. Durch die Macht des Windes war sie ohnmächtig geworden und er spielte mit ihr wie mit einer Puppe. Unsanft wurde sie schließlich auf eine Wiese geworfen, wo sie regungslos liegenblieb. Ihr erste Erinnerung, so erzählt sie den Freunden, sei ein Kitzeln in ihrem Gesicht gewesen. Gleichzeitig spürte sie etwas Feuchtes an ihrem Mund und da sie schrecklichen Durst hatte, saugte sie die Feuchtigkeit sofort begierig auf. Das Kitzeln hielt an, aber Setugridut war so geschwächt, dass sie die Augen nicht öffnen konnte. Danach musste sie wohl wieder eingeschlafen sein. Beim nächsten Aufwachen fühlte sie sich bereits etwas besser. Wieder war da dieses Kitzeln an ihrem Mund und sie wollte mit den Händen fühlen, was es war. Schließlich wurde das Kitzeln zu stark. Setugridut wischte sich mit der Hand über den Mund und schlug die Augen auf. Über sich sah sie einen sehr blauen Himmel. Sie hob die Hand, um ihr Gesicht vor der Sonne zu schützen. Sie erschrak, denn an einem ihrer Finger hing ein Büschel Gras, das sich bewegte. Im ersten Moment wollte sie das Büschel von ihrer Hand schütteln, bis sie erkannte, dass es nicht nur Gras war, sondern ein Lebewesen, das sich verzweifelt an einem ihrer Finger festklammerte, um nicht herunterzufallen. Ohne die Hand zu bewegen, setzte Setugridut sich langsam auf und konnte nun endlich das Wesen betrachten.
Grün war es und sah tatsächlich aus wie ein Büschel Gras. Aber das, was wohl Arme und Beine darstellen sollten, waren Wurzeln, die viel länger waren, als das Wesen selbst. Es war von sehr zierlicher Gestalt, nicht länger als einer von Setugriduts Fingern. Das kleine erdfarbene Gesicht blickte etwas verwirrt zu Setugridut auf. Es hatte wohl Angst, dass die Fee es versehentlich zerquetschen könnte. Setugridut musste unwillkürlich lächeln, als sie das sprießende Grün auf dem Kopf des Wesens betrachtete. Gleichzeitig zog sich ebenfalls ein Lächeln über das Gesicht des kleinen Wesens. Als es anfing zu sprechen wunderte Setugridut sich über die klare und kräftige Stimme. Sie hörte, wie sie gefragt wurde, wie es ihr ginge und in der ersten Überraschung, dass sie die Sprache verstehen konnte, stammelte Setugridut nur unverständliche Wörter. Das Wesen legte den Kopf schief und streckte ihr einen der langen Wurzelarme hin. Dazu meinte es, dass sie hiermit ihren Durst stillen könnte, falls sie noch welchen hätte und Setugridut wunderte sich noch mehr. Auf ihre Frage, wer das Wesen sei und welchem Volk es angehöre, sagte es, dass sein Name Gramanu sei und er zum Volk der Graswurzler gehöre. Der Name dieses Landes sei Mindron. Gramanu fragte wieder, ob Setugridut noch Durst hätte und erklärte ihr, dass sie nur den wurzelähnlichen Arm in den Mund nehmen müsse, um Wasser zu bekommen. Als sie es versuchte, freute sich Gramanu und fragte Setugridut danach, wie sie hierher gekommen war. Daraufhin erzählte die Fee von dem starken Sturm, der sie und ihre Gefährten getrennt hatte. Sie beschrieb den Zeitvogel Xelor und Corinnix, aber von beiden war hier keine Spur gesehen worden. Traurig fragte sie sich, wie sie sich jemals wieder finden sollten. Gramanu strich ihr über die Hand und meinte, es sei jetzt aber auch wichtig, dass sie selbst wieder zu Kräften käme.
Wie auf ein Zeichen setzte sich plötzlich der Boden, auf dem Setugridut saß, in Bewegung und sie wurde wie von Geisterhand davon getragen. Als sie genauer hinsah, erkannte sie viele andere Graswurzler, Hunderte konnten es sein, die alle ähnlich aussahen wie Gramanu. Einige von ihnen hatten hellere Grashaare und waren kleiner. Wieder andere hatten welkes Gras auf dem Haupt. Setugridut vermutete, dass das unterschiedliche Aussehen vom Alter abhing. Der Marsch dauerte eine ganze Weile und Setugridut konnte sich währenddessen die Landschaft ansehen. Rundherum lagen grüne Wiesen, so weit das Auge reichte, nur selten war ein Baum zu sehen. Die Gegend strahlte eine Ruhe und Besinnlichkeit aus, dass Setugridut sich nicht sattsehen konnte. Bunte Blumen waren über die weiten Wiesen verstreut und erst beim zweiten Blick bemerkte die Fee, dass die ganze Gegend in Bewegung war. Es mussten Millionen von Graswurzlern sein, dachte sie und sah dann, dass auch die Blumen keinen festen Platz hatten. Gramanu erklärte, dass dieser Ort bei den Graswurzlern Mindronahal heiße oder auch der Ort der Wandler genannt werde. An diesem Ort versammelten sich ständig Graswurzler und Blumenwesen, die aus entfernten Gebieten nach verrichteter Arbeit zurückgekehrt waren. Als Setugridut nach den Arbeiten fragte, erfuhr sie, dass es die Lebensaufgabe der Graswurzler sei, vertrocknete Gegenden wieder bewohnbar und grün zu machen, so dass sich auch andere Lebewesen dort wieder wohlfühlten. Die Blumenwesen sorgten dafür, dass sich ihre Nachkommen in den fruchtbar gemachten Gegenden ansiedelten, indem sie ihre Samen in die von den Graswurzlern vorbereitete Erde legten.
Nachdem sie diesen Ort hinter sich gelassen hatten, hielt der Zug der Graswurzler an und Gramanu erklärte Setugridut, dass sie jetzt aufstehen dürfe. Der Platz, an dem sie abgesetzt worden war, erschien ihr genauso wie der Ort der Wandler, nur dass hier alle Wesen ihren festen Platz hatten. Beinahe hätte sich die Fee nicht getraut, aufzustehen, da sie nicht auf die Graswurzler treten wollte, aber Gramanu schüttelte lachend den Kopf und sagte zu ihr, dass sie keine Bedenken haben müsse. Sehr vorsichtig setzte Setugridut Fuß vor Fuß und schaute nach jedem Schritt hinter sich. Als sie aber sah, dass die Wesen sich sofort wieder aufrichteten und keineswegs verletzt aussahen, beruhigte sie sich.
Bei Wurzelkuchen und Blütenpudding erfuhr Setugridut noch eine Menge über die Graswurzler und ihr Leben. Sie merkte, dass es ein ganz besonderes Zusammenspiel verschiedener Wesen gab. Wichtig für die Begrünung vertrockneter Gegenden war auch noch das Volk der Brimi. Die Brimi lebten tief im Boden und waren für die Auflockerung desselben zuständig. Ohne diese Auflockerung war der Boden für die Graswurzler und auch für die Blumenwesen viel zu hart und sie konnten sich dort nicht ansiedeln. Wenn wieder eine steppenartige Gegend gefunden worden war, begann die Arbeit zuerst für die Brimi. Sie machten sich auf den Weg dorthin und gruben sich tief in die Erde. Immer wieder zerfurchten sie den Boden, bis er schließlich locker und bröckelig war. Die Brimi waren dafür besonders gut ausgerüstet. Ihre Arme waren im Laufe ihrer Entwicklung zu Schaufelwerkzeugen geworden und so konnten sie sich ohne große Anstrengung durch den Boden graben. Danach machten sich dann die Graswurzler auf den Weg in das Gebiet, aber nicht ohne vorher ihre Wurzeln voll mit Wasser zu saugen. So vermehrten sie sich in der Steppe nicht nur, sondern sorgten auch dafür, dass immer genügend Wasser für weiteres Wachstum vorhanden war. Wenn ihre Wasserspeicher leer waren, machten sie sich auf den Weg zur nächsten Quelle, wo sie wieder auftanken konnten. Und so ging es immer weiter, so lange, bis alles begrünt war. Erst dann marschierten die Blumenwesen los, um ihre Samen dorthin zu bringen. Setugridut war erstaunt über all das und bedauerte, dass ihre Freunde dies nicht miterleben konnten.
Corinnix hatte die ganze Zeit mit offenem Mund zugehört. Sie runzelte die Stirn, denn einige Dinge hatte sie noch nicht verstanden. Wenn doch die Graswurzler sich in Steppengebieten ansiedelten, wie konnten sie sich dann auf dem Platz der Wandler wiedertreffen? Sie waren doch in der Steppe festgewachsen, oder nicht? Daraufhin erklärte die Fee, dass nur die Ableger der Graswurzler, die sie in der Zwischenzeit bekamen, in der Steppe blieben und die Mutterpflanzen wieder an ihren Heimatort zurückkehrten. Ebenso verhielt es sich mit den Blumenwesen, die immer nur zur Verteilung ihrer Samen in ferne Gegenden zogen. Nun wollte Corinnix aber auch endlich wissen, wie die Fee davon erfahren hatte, wo das Tal der Träume lag und wie sie dorthin gekommen war. Corinnix war überzeugt davon, dass niemand außer den Freunden überhaupt jemals dorthin gelangen könnte. Auch bei ihnen war es schließlich ein großer Zufall gewesen und wenn der Sturm nicht gewesen wäre, hätten sie wahrscheinlich niemals etwas vom Tal der Träume gesehen und von den Graswurzlern natürlich auch nicht, ergänzte sie in Gedanken.
Setugridut erzählte, dass sie plötzlich sehr müde geworden sei, obwohl hellichter Tag war und dass sie sich regelrecht gewünscht hätte, einen Augenblick zu schlafen. Dann aber hätte eine Stimme zu ihr gesprochen, die aus ihrem Inneren zu kommen schien. Die Stimme sagte ihren Namen. Es war der Name des Traumlesers. Der Traumleser erklärte Setugridut, dass sie nun einen Traum habe, der aber Wahrheit sei und dass sie keine Angst zu haben brauche. Dieser Traum würde ihr sagen, wo ihre Freunde zu finden seien. In diesem Traum, so berichtete Setugridut, habe sie gesehen, wie das Leben der Traumweber verliefe. Sogar Corinnix sei in diesem Traum erschienen und die Fee konnte sehen, wie sie an den Klippen der Gedanken stand und den Gedankenfängern bei ihrer wunderbaren Arbeit zusehen durfte. Nach einer Weile sagte die Stimme zu ihr, dass sie in der dritten Stunde des folgenden Tages bereit sein sollte, um ins Tal der Träume zu reisen, um Corinnix wiederzusehen. Wieder würde diese flimmernde Wand erscheinen und Setugridut sollte durch sie hindurch gehen. Auch vor diesem Schritt brauche sie keine Angst zu haben, es würde ihr nichts geschehen.
Diesmal fiel es Setugridut schwerer als sonst, sich von den Wesen zu verabschieden, die sie so freundlich umsorgt und von denen sie so viel erfahren hatte. Sie versprach den Graswurzlern, dass sie ihren Freunden erzählen wollte, wie schön es bei ihnen gewesen sei und wünschte ihnen bei ihren Bemühungen, die Erde fruchtbar zu machen, für die Zukunft viel Freude. Gramanu bedankte sich ebenfalls und fragte die Fee, ob er am morgigen Tag dabei sein dürfe, wenn sie sich auf den Weg in andere Welten machen würde. Dieses Angebot nahm Setugridut gerne an, denn es war ihr schon etwas mulmig, wenn sie daran dachte.
Am nächsten Tag stand Gramanu neben Setugridut, als zur angegebenen Stunde ein Flimmern am Himmel zu sehen war. Setugridut nickte Gramanu noch einmal zu und ging dann auf das Flimmern zu. Verwundert sah Gramanu, wie Setugridut durch die flimmernde Wand ging und verschwunden war. Kurz darauf verschwand auch das Flimmern wieder und Gramanu sah nur noch grüne, weite Flächen wie zuvor.
Hier endete Setugriduts Bericht. Die drei Freunde beschlossen, nun auch bald weiterzureisen. Der Vogel Xelor wollte während der Reise von seinen Erlebnissen berichten. Auch er hatte interessante Dinge gesehen.
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-10 09:30:32 mit dem Titel Teil 6
Während der Weiterreise erzählte der Vogel Xelor mit seiner tiefen Stimme von seinen Erlebnissen und die Fee Setugridut und Corinnix lauschten ihm gebannt. Tief in seine Federn gekuschelt, lagen sie da und bekamen eine Gänsehaut nach der anderen, als sie h weiterlesen schließen -
Der kleine Junge und der alte weise Mann
Pro:
der Optimismus im Leben und das was ihr draus macht
Kontra:
wenn man nichts draus macht
Empfehlung:
Ja
Ich schreibe euch diese Geschichte, weil sie für mich sehr viel Sinn birgt und ich sie seit ich sie gehört habe einfach nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Eine damalige Kollegin erzählte diese Geschichte ihren Gästen am Ende des Informationstreffs was für alle eine Besonderheit war, denn die meisten reden doch nur über Ausflüge, etc.
Viel Vergnügen und hoffentlich ein wenig Sinnhaftigkeit auch für euch!
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Es waren einmal ein kleiner Junge und ein alter weiser Mann. Der kleine Junge dachte bei sich "So weise kann doch keiner sein. Ich will ihn auf die Probe stellen." Und er fing an nachzudenken, wie er den alten weisen Mann auf die Probe stellen könnte. Nach ein paar Tagen hatte er eine Idee: "Ich fange einen kleinen Vogel und halte ihn hinter meinem Rücken versteckt. Dann frage ich ihn ob der Vogel lebt oder tot ist. Wenn er sagt, dass der Vogel lebt, drehe ich ihm einfach schnell den Hals um und zeige ihm den toten Vogel. Sagt er der Vogel ist tot, lasse ich ihn fliegen. So muss er falsch liegen und ich kann beweisen, dass er nicht so weise ist wie alle sagen!"
Gesagt getan, der kleine Junge fing sich einen kleinen Vogel und ging damit zum alten weisen Mann. Er stellte sich vor ihn und sagte: "Alter weiser Mann, ist der Vogel in meiner Hand am Leben oder tot?"
Der alte weise Mann sah den Jungen an und überlegte. Er dachte eine ganze Weile nach, ohne etwas zu sagen. Nach einer langen Weile schaute der alte weise Mann auf und sagte zu dem kleinen Jungen: "Kleiner Junge, ob der Vogel lebt oder tot ist liegt ganz allein in deiner Hand!"
Und die Moral aus der Geschicht': Was auch immer aus den Situationen und Gegebenheiten wird, die ihr erlebt liegt ganz allein in eurer Hand - nichts muss wirklich negativ sein, denn alles hat einen bestimmten Sinn. Jede Begegnung wirkt sich in gewisser Weise auf unser Leben aus, es kommt nur darauf an, wie wir sie nutzen.
Also nehmt euer Leben in die Hand und seht in allem den richtigen Sinn, auch wenn es eine oberflächlich negative Erfahrung ist, so hilft sie euch doch im späteren Leben weiter.
Alles Gute und geht aufmerksam durch's Leben, damit euch nichts entgeht!
Silke@Yopi und anderen Meinungsportalen (unter gleichem Usernamen) weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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anonym, 18.01.2007, 12:22 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
sh :o)
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Madrianda, 10.03.2005, 11:06 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
...die zum Träumen und philosophieren einlädt:-) VLG Beate:-)
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redwomen, 07.03.2005, 22:08 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Geschichte mit einem sehr guten "Hintengrund" zum Überlegen und Nachdenken. -und vorallem hilft sie mir im Moment auch etwas wieder positiver zu Denken. *problem -gewicht* - Danke LG Maria
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Die zweite Chance
Pro:
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Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
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Dienstagmorgen
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Ein Tag wie alle anderen, Dienstag, glaube ich. In irgendeinem Hotelzimmer in irgendeiner Stadt bin ich aufgewacht, habe mir eine Zigarette angesteckt und noch ein paar Minuten ferngesehen, bevor ich ins Bad gegangen bin. Nachdem ich geduscht und frisch rasiert war, Zigarette an und ab in den Frühstücksraum.
Eigentlich wollte ich schon lange mit dem Rauchen aufhören, aber weniger als fünf Schachteln am Tag packte ich einfach nicht. Zittern und Nervosität bleiben bis zur nächsten Kippe bestehen.
Zum Frühstück habe ich mir mal wieder Bauchspeck, hartgekochte Eier, zwei wie immer, und natürlich mein Glas Sekt gegönnt. Ohne das komme ich nicht richtig in Fahrt. Drei Tassen Kaffe, zwei Brötchen mit Butter und Wurst, dann bin ich für den Tag gestärkt. Orangensaft und Marmelade? Das hält nicht lange vor, und da ich erst gegen Abend wieder essen werde, will ich über den Tag nicht hungern
Beim Kofferpacken hatte ich auf einmal Schmerzen in der linken Brusthälfte und im linken Arm, aber die waren gleich wieder vorbei, nachdem ich eine kleine weiße Beruhigungszigarette inhaliert habe.
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Streß
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Es ist sicher nicht leicht, als Vertreter einer Lebensmittelkette Abschlüsse zu tätigen, vor allem, wenn der Zwang besteht, billiger einkaufen zu müssen als alle anderen. Die Verhandlungen sind schwierig, vor allem, wenn es an die Selbstkostengrenze des Herstellers geht. Dann kann man nur noch über die Masse Geschäfte machen, aber nicht jeder will mit meiner Firma zusammenarbeiten.
Leider ist es aber so, daß ich in letzter Zeit hinter den Erwartungen meines Vorgesetzten zurückgeblieben bin. Ich kann es nicht erklären warum, aber ich habe es nicht fertiggebracht, Aufträge an Land zu ziehen, die ich vor ein paar Jahren im Vorbeigehen erhalten hätte. Mein Chef hat mir auch klipp und klar gesagt, daß ich mich nach einem anderen Job umsehen darf, wenn es nicht besser wird. Aber es wurde nicht besser, und an diesem Dienstag war meine letzte Chance.
Über meinen Laptop rief ich meine Mails ab, und da war eine meiner Mutter, meine Frau hatte die Scheidung durchgesetzt und sich mit etwa 75% meines Vermögens oder so zufriedengegeben. Wut kochte in mir hoch, über den unfähigen Anwalt und auch über mich selbst, daß ich nicht fähig war, bei den Terminen anwesend sein zu können. Ich hatte das Gefühl, ein Stahlband würde meine Brust zusammendrücken, daß ich keine Luft mehr bekäme.
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Mir wird schlecht
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Ich war auf dem Weg zum Kunden, als ich auf einmal Schweißausbrüche bekam. Ich fühlte mich unruhig, und auf einmal hatte ich Angst, Todesangst. Schmerzen in der Brust, da waren sie wieder. Der linke Arm tat mir so weh, daß ich meinen Aktenkoffer fallen ließ. Ich muß ausgesehen haben, wie ein Gespenst, denn die Leute, die vorbeiliefen, sahen mich entsetzt an. Im gleichen Moment fing es in meinem Bauch an, zu rumoren und ich hatte das Gefühl, mich gleich erbrechen zu müssen.
Dann waren die Schmerzen plötzlich weg....
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Traum oder doch nicht?
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Ich stand auf der Straße, und wußte nicht, was mit mir geschehen war. Die Menschen um mich herum bildeten auf einmal eine Traube, um mich herum, aber sie beachteten mich nicht. Sie sahen auf den Boden vor mir, und da sah ich ihn auch.
Da lag ein Mann in meinem Alter, er hatte meine Kleider an und er...er sah aus wie ich. Was ging denn hier vor? Einer der Passanten schrie etwas von Arzt rufen und brachte den Körper in eine Seitenlage. Wenn ich das war, oh Gott, warum habe ich mir die Hosen naßgemacht? Und warum kam mein gesamtes Frühstück wieder heraus? Ich fragte einen der dort stehenden Leute, aber der bemerkte mich nicht, der sah immer nur auf den Boden vor mir. Ich ging auf ihn zu, aber er bemerkte mich immer noch nicht, und ich konnte sogar durch ihn hindurchlaufen.
Was war denn passiert? Plötzlich wurde ich angehoben. Ich schwebte, nein, ich flog. In dieser Höhe konnte ich schon den Notarztwagen sehen, der war noch 200 Meter von dem entfernt, was ich einmal war.
Ich flog in die Höhe, in die Wolken hinein, zu einem unbekannten Ziel. Aber so hoch ich auch stieg, ich habe nicht gefroren, ich hatte keine Schmerzen, ich fühlte mich nur gut und war glücklich. Es war mir jetzt alles egal, mein Boß, meine Finanzen, meine Ex-Frau, sollten die sich doch auf der Erde weiterstreiten, es war so schön, hier zu sein, ich würde von hier nie mehr zurückgehen.
Irgendwann landete ich vor einem Tunnel, an dessen Ende ein wunderbares Licht leuchtete. Es rief mir zu. „Komm herein, komm...“, aber bevor ich den Tunnel betreten konnte, sah ich davor einen alten Mann sitzen, der mich musterte.
„Wo bin ich hier?“ Er erwiderte: „Das kannst Du mit einem Bahnsteig vergleichen, Du steigst von einem Zug in einen anderen um, allerdings ohne Rückkehrmöglichkeit. Aber ich habe Dich erst in etwa 25 Jahren erwartet.“
„25 Jahre? Wieso?“ – „Ich beobachte Dich schon eine Weile. Du hast Dein Leben bisher vergeudet. Was kannst Du vorweisen? Kannst Du mir etwas nennen, was Dir mehr bedeutete, als Geld?“ – „Aber ich brauchte doch das Geld, um leben zu können!“ – „Leben? Das nennst Du Leben? Wofür hast Du denn gelebt? Nein, mein Sohn, Du bist noch nicht reif für das Licht. Du gehst jetzt zurück und findest Deine Bestimmung. Ich weiß, du wirst nicht lange suchen...“
Bevor ich noch einen Ton sagen konnte, sog mich etwas von diesem Platz weg, zurück durch die Wolken, zurück auf die Straße, wo ich mich wieder liegen sah. Der Notarzt setzte gerade wieder die Elektroden des Defibrillators an und rief „Los“. Der Körper, der da lag bäumte sich auf, und zwischen den Stromstößen wurde ich wieder in diesen Körper hineingezogen, die Schmerzen des Stromstoßes waren die Hölle, so etwas habe ich seither nicht wieder erlebt. „Wir haben ihn wieder“ rief der Arzt, dann kam es mir vor, als würden tausende vom Wespen in meinen Körper stechen, bevor ein erlösender Schlaf einsetzte.
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Erwachen
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Ich weiß nicht, wie lange ich in diesem Zimmer lag. Irgendwann öffnete ich meine Augen und sah eine weiße Decke über mir. Die kam immer weiter herunter, als würde sie mich jeden Moment erschlagen. Ich drehte den Kopf und sah eine Wand mit Bildern, auch sie kam auf mich zu. Nur die Fensterseite war ruhig.
Von meinen Körper liefen Dutzende von Schläuchen weg, Geräte waren um mich herum, die ich noch nie vorher gesehen hatte.
Ich konnte immer noch nicht fassen, was ich erlebt hatte. War es ein Traum? Oder war es Realität? Der alte Mann vor dem Tunnel war doch so real. Und es war so schön, so sorglos, so wunderbar, ich fühlte mich seit langem wieder glücklich und frei.
Und jetzt das hier? Ich hätte am Liebsten alles aus mir herausgerissen, was möglich gewesen wäre, nur um zum Fenster zu laufen, dieses zu öffnen und wieder zu fliegen, so wie ich es schon getan habe. Was mich zurückhielt? Ich hatte noch die Worte des Alten im Ohr: “Du gehst jetzt zurück und findest Deine Bestimmung.“
Die Tür ging auf, und in diesem Moment traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz. Ich sah die Krankenschwester, und sie mich, und wir verstanden uns auf Anhieb. Wie sich herausstellte, war sie bereits geschieden, hatte drei Kinder, und lebte wieder in Scheidung. Sie hat mir später auch erzählt, daß sie die Dienstpläne umgestellt hat, um für mich etwas mehr Zeit zu haben. Nach meiner Entlassung aus der Klinik habe ich sie immer öfter getroffen, und irgendwann haben wir auch geheiratet. Mein Leben normalisierte sich, Zigaretten sind ganz aus menem Leben verschwunden, der Alkohol ist auf ein Minimum reduziert worden. Ich bin immer noch im Einkauf tätig, aber nicht mehr auf Achse, sondern jetzt in einem Büro in meinem Wohnort. Und meine Krankenschwester zu Hause paßt schon auf mich auf, daß ich gesund lebe und mich nicht überarbeite...
Übrigens, als wir das Standesamt verließen, sah ich aus den Augenwinkeln einen alten Mann, der mir sehr bekannt vorkam. Ich lächelte ihm zu, er lächelte zurück und im selben Moment war er verschwunden. Ich weiß, ich werde ihn wiedersehen, aber das hat noch viel Zeit.
Ich denke, ich gehöre zu den wenigen, die eine zweite Chance erhalten haben. Ich werde sie nutzen.
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Epilog
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Viele Menschen haben sogenannte Nahtoderfahrungen, andere glauben nicht daran, ich glaube, die endgültige Antwort wird jeder selbst einmal erfahren. Viele, die sie hatten, wollten nicht mehr zurück in unser Leben. Einige von denen finden sich überhaupt nicht mehr zurecht.
Schließen möchte ich heute mit einem Zitat, daß ich irgendwo mal aufgeschnappt habe, leider weiß ich die Quelle nicht mehr, aber es ist für mich zu einem wertvollen Wort geworden:
Wenn wir geboren werden, weinen wir vor Schmerzen, und alle um uns herum lachen und freuen sich.
Wenn wir diese Welt verlassen, sollte es umgekehrt sein. weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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Scigy, 23.02.2005, 12:55 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Deine ersten Teile haben mich ganz schön miotgenommen, schön, daß Dein Leben noch so eine Wendung nahm. Alles Gute und viele Grüße - Scigy
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Mundi, 23.02.2005, 12:26 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Um gleich auf den nüchternen Magen zu rauchen, muss man sehr abhängig sein. Schade um die Freiheit. lg mundi
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Crystal Yorkshire - Alte Versuche Teil 1a
Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Ja
Hier veröffentliche ich mal alte Versuche seit Nov. 1999 von meinem Roman. Die Handlung wurde mit der Zeit verändert, das Layout auch etwas, es kamen neue und veränderte Personen dazu und außerdem hatte ich zu anfangs noch keinerlei Erfahrungen in Sachen Beschreiben und Ausdrücken. Also, bitte, bewertet nicht zu hart, ich hatte mir echt verdammt viel Mühe gegeben und es sehr zu Herzen genommen. Zur Zeit schreibe ich nach längerer Pause seit Dez. letzten Jahres an der aktuellen Version, die ich hoffentlich irgendwann mal offiziell veröffentlichen kann.... Tja, wir alle brauchen Träume, an denen wir uns orientieren und selbst motivieren können... ;)
Ach ja, alle Versuche sind nie abgeschlossen worden und zum Teil sehr kurz!!!
Ich rannte so schnell wie ich nur konnte. Ich keuchte. Und stöhnte. Die Beine taten mir weh. Und machte ich zwischendurch mal eine Pause und ging in normalem Tempo weiter, so war ich trotzdem nur dazu in der Lage, an den Schmerz zu denken, der bei jedem Schritt durch meine Füße in mir hochstieg. Gekröhnt wurde das Ganze dann noch dadurch, dass ich jedesmal vor Schreck zusammenzuckte, wenn so ein helles Etwas mit donnerndem Geräusch den Himmel für Sekunden erhellte. Und nun wurde ich auch immer langsamer. Ich konnte einfach nicht mehr. Für mich war es ja schon immer faszinierend gewesen, wie diese Sprinter eine gewisse Strecke in so kurzer Zeit zurücklegen konnten, aber das war`s auch schon. Selbst probieren wollte ich es nicht. Daher hatte ich mich auch nie auf sowas vorbereitet. Und jetzt musste ich nachts, aus der Bar gerufen, den ganzen weiten Weg durch die dunklen Straßen hasten, nur um nicht zu spät zu kommen.
Dennis erging es in diesem Moment sicher nicht anders. Er war soeben von irgendwo losgefahren auf dem Weg dorthin, wo auch ich hinmusste. Ich sah es vor mir, während ich da so schnell rannte. Er ritt auf seinem Motorrad nervös durch die schlafenden Straßen und rutschte dabei gelegentlich mal auf die andere Fahrbahn, da es wegen dem Regen, der sich zusammen mit dem Sand zu Matsch vermischt hatte, nur schwer zu lenken war, was ihn aber natürlich keinesfalls davon abhalten könnte die hohe Geschwindigkeit einzuhalten. Sein Vorderlicht war völlig verdreckt und er konnte nur schwer sehen.
Wir kamen genau gleichzeitig am Eingang an. Ich rannte an ihm vorbei hinüber zum großen Tor, während er gerade sein Motorrad abstellte. Dort gab ich meinen Zugangscode in die an der Wand angebrachte Tastatur ein und wartete auf das „Zutritt gestattet“, das dieser niedliche Computer dann immer sagte. Dennis tat es genauso und folgte mir.
Flur. Der dünne aber lange Raum hinter dem Eingang, der irgendwann einmal ausnahmsweise blaue Wände bekommen hatte. Ich ging im schnellen Schritt und hielt meinen Körper dabei stramm, da diese Haltung dabei sehr wichtig war, sie mir aber immer wieder schwerfiel und ich sie daher vorher nochmal üben musste. Schon nach einigen Schritten hatte Dennis mich eingeholt und ging nun neben mir.
„Hast du...“, fing ich meine Frage an.
„Nein,“, antwortete er matt. „Total verplant. Erst eben über Uhr erfahren.“
„Ja, ich auch.“, erwiderte ich.
Dabei schauten wir nur geradeaus - in strammer Haltung.
Der Flur endete an einem ebenfalls blauen Lift mit schicken blauen Knöpfen. Nur von innen war er silber. An einer Stelle der linken Wand aber rot. Kira hatte hier drin letztens ihren Mann umgebracht. Dabei gehört sich sowas doch gar nicht für eine Königin. Und was mich auch noch wunderte, war, warum sie deswegen keine Strafe bekommen hatte und es noch nicht mal ein Gerichtsverfahren gegen sie gab. Zugegeben, sie ist auf der Rangliste nach Sicilia auf Platz 2. Das bedeutet, sie war auch schon sehr mächtig und reich, als ihr Mann noch gelebt hatte und daher ist mir ihr Motiv nicht erdenklich. Es soll andersrum aber nur ein Gerücht sein. Sollte dies der Fall sein, halte ich die Leute heutzutage für ziemlich einfallslos und es wäre mir weiterhin total egal, warum die Wand dort denn nun rot war. Und ich verstehe auch nicht, warum ich das hier erwähnen musste.
Abgesehen davon, dass sie als Königin eigentlich eher ein Vorbild für Harikaner sein sollte, habe ich aber nichts gegen ihren angeblichen Mord. Blabla. Der König hatte mir sowieso nicht gefallen. So streng und ernst. Und so langweilig. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich ja auch schon mal jemanden getötet. Na ja, nur indirekt.
Man fragt sich jetzt vielleicht, wo bei der ganzen Geschichte der Optimismus steckt, aber bis jetzt habe ich nicht gesagt, dass er überhaupt existiert. Sowas wollen die Leute heute doch hören. Sowas ist modern. Sowas wird bezahlt.
Es begann für mich damit, dass ich mit meinem 9. Lebensjahr anfing, alle Menschen zu hassen. Klar, es gab Ausnahmen und ich verbrachte meines Berufes wegen viel Zeit mit ihnen. Aber allgemein konnte ich sie nicht ausstehen und diejenigen von ihnen, die das herausbekommen hatten und auch wussten, aus welcher Rasse ich stamme, hassten mich inzwischen ebenfalls wie die Pest.
Ich muss zugeben, ich habe nie genau gewusst, warum ich auf einmal anfing, sie zu hassen. Und das auch noch, als ich noch so jung war. Es ist zu dieser Zeit auch nichts Aussergewöhnliches oder gar Schlimmes passiert. Meine Eltern waren ja auch schon 2 Jahre vorher gestorben. Mein Bruder Kevin hatte sie umgebracht.
Als ich 7 Jahre alt war, war er bereits 15. Er war seit einem halben Jahr bewaffnet, denn das war jedem Harikaner ab 14 erlaubt. Was für eine Waffe er hatte, wusste ich nie. Ehrlich gesagt interessierte es mich aber auch gar nicht. Fakt ist, dass er vor 8 Jahren - also mit 15 - seine erste Freundin gehabt hatte. Diese war damals allerdings schon 19. Einen interessanten Job hatte sie nicht gerade. Sie war wie meine Mutter Sekretärin. Na ja, jedenfalls stellte sich dann nach 3 Monaten bereits heraus - natürlich unerwartet - dass sie nebenbei eine Affäre mit unserem Vater hatte. Daraufhin erschoss Kevin ihn mitsamt unserer Mutter. Welch emotionalvolle Szene!
Ich habe meine Eltern schon immer gehasst. Sie wollten, dass ich ebenfalls Sekretärin oder gar Fabrikarbeiterin für Kira werde. Aber meinen Bruder hasste ich noch mehr. Seit ich denken kann habe ich immer nach einem Grund gesucht, Kevin umzubringen. Auch wenn ich ihn von allen am meisten hasste, brauchte ich zu sowas immer noch einen Grund! Dank Kevins Glaubwürdigkeit war dies nun leichter als ich es die ganzen Jahre über gedacht hatte. Ich machte ihm klar - obwohl ich das selbst gar nicht glaubte - was er da Furchtbares getan habe und dass er dafür einen qualvollen Tod im Exil erleiden werden müsse oder lebenslänglich bekommen würde. Er hatte sich daraufhin mit meinem Springseil erhängt.
Inzwischen war ich selbst 15 und trug seit einem Jahr eine Magnum Special 37+ mit mir. Ich bin erst vor 2 Jahren in meine Heimatshalle Nr. 4 des Staates Crystal Yorkshire zurückgekehrt. Wegen „Förderung eines Nächsten zu Selbstmord“ bin ich nämlich SELBST ins Exil gekommen.
„Ashley Cathy-Jo Oak!“, las einer der Richter mit strenger Stimme vor. „Wegen Verstoß gegen unseren Paragraph 42 werden Sie ab Ihrem 8. Geburtstag auf die Erde verbannt.“
Ein qualvoller Tod? Das dachte ich schon damals nicht. Zugegeben, auf dem blauen Planeten ist das Klima stark verändert und es nahm viel Geduld und Mühe in Anspruch, sich diesem anzupassen. Von deren Gewohnheiten und Kulturen ganz zu schweigen! Aber meine Mutter war eine der besten Sekretärinnen gewesen und da Kira ein gutes Herz hatte, nutzte sie ihren Rang als Königin und verschaffte mir die Erlaubnis mit 13 zurückzukehren. Bis dahin bekam ich auf der Erde (unbewusste) Adoptiveltern und musste bis zur 6. Klasse ihr Schulsystem miterleben. Nebenbei durfte ich in meiner Freizeit aber trainieren, d.h. in sofern, dass ich alles über Waffen und Rakers und auch über unsere verschiedene Bündnissysteme auswendig lernen konnte. Ich hielt immer Kontakt zu Kira.
Als ich dann endlich zurückkehrte, wurde mir sofort ein Posten als persönliche Elitewache der königlichen Familie angeboten. Dies lehnte ich aber ab, denn ich wollte ja Fighter und keine Eliteeinheit werden. So lernte ich dann auch Dennis kennen, denn wir kamen in die gleiche Gruppe. Auch er bevorzugte es, Fighter anstatt Elite zu werden. Elite ist ein sehr angesehener und gut bezahlter, aber in meinen Augen auch langweiliger Beruf.
Dennis war ein Jahr älter als ich. Da wir uns schon von Anfang an gut verstanden hatten, wurden wir Partner und gleichzeitig auch die besten Freunde. Also, Partner wurden wir in sofern, dass wir uns gegenseitig als Wingman zugeteilt wurden. Ein Wingman hat die Pflicht, seinen Partner im NOTFALL zu beschützen. Zu solch einem Paar gehörten normalerweise immer ein Mädchen und ein Junge. Tradition. Keine Ahnung, wieso! Jedenfalls gab es solche Wingmans nicht nur für Rakers.
Dennis drückte auf den Knopf. Unser Ziel war die 8. Etage. Wir waren schon in der 6. und stiegen immer höher. Und immer weiter weg von der Erde, auf der wir uns eben noch befanden. Auf der wir eben noch so schnell rennen mussten. Auf der ich eben noch in einer netten kleinen Bar gesessen hatte.
Oben angekommen gab es eine zweite Sichherheitskontrolle. Doppelt hält immer besser. Nochmal Code eintippen. Nervig. Sowas sollten die ruhig mal durch die Stimme feststellen können. Aber für sowas hatte die Entwicklung der Technik ja keine Zeit. Sie gaben sich lieber der Verbesserung von Raumschiffen aller Art hin. Und dafür bin ich ihnen auf ewig dankbar. Nur dadurch waren die Rakers so wunderbar geworden. Für mich ein vollkommenes Raumschiff. Eine unverbesserliche Sache.
„Zutritt gestattet!“
Danke, du süßer Computer.
Wir kamen gerade noch rechtzeitig. Obwohl schon jeder Harikaner aus unserer Halle dort angetroffen zu sein schien, hatte es noch nicht begonnen. Erst jetzt, als Dennis und ich uns auf unseren Plätzen neben den anderen 10 befanden, kamen die Priester herein.
Gräßlich! Ich persönlich fand es schon immer ziemlich albern, einem Gott seine Loyalität durch einfache Bewegungen zu zeigen. Viel lieber hätte ich meinen strengen Glauben an ihn durch irgendwelche sinnlosen Tätigkeiten bewiesen. Es kann daher wohl nur die Angewohnheit gewesen sein, die mich - zusammen mit ein wenig Pflichtgefühl oder auch Gruppenzwang - jedesmal erneut dazu überredete, es doch so wie die anderen zu tun. Die Angewohnheit, gleichmäßig alle 2 Sekunden zu klatschen - einfach nur zu klatschen und zu stampfen, wenn Dennis spielte. Er spielte nun schon seit seinem 7. Lebensjahr Gitarre und war darin sehr talentiert. Er spielte nie nach Noten. Und immer etwas anderes. Bei jeder Zeremonie, die unserer Sicilia gewidmet wurde, dachte er sich spontan ein neues Stück aus. Durch das Geklatsche stimmte dann jeder, der sich in der Halle befand, mit ein. Das war ja so dämlich! Aber bei Dennis Stücken klang es immer göttlich! Oft konnte man auch die Harikaner aus den 29 anderen Hallen klatschen hören, die in die Stücke IHRER Gitarrenspieler mit einstimmten. Ja, das zeigte immer wieder, das bei solchen Zeremonien Stimmung aufkam, denn es waren immerhin 2 dicke Wände und ca. 3 Quadratkilometer Weltraum zwischen zwei verschiedenen Hallen von uns. Und wir brauchten auch keine Lautsprecher. Obwohl die Halle als Unterschlupf für jeweils 50.000 Harikaner sehr groß war, hallten Dennis Töne auch so durch den ganzen Raum. Ja, unser Geklatsche natürlich auch.
Scheisse. Schon wieder war es der 30. Tag des Monats und wir standen betrübt am Gelände des ersten Stockwerkes und klatschten. Jeder klatschte. Und jeder hatte seine Augen erwartungsvoll auf den Brunnen gerichtet. Gleich würde Sicilia, eher eine von ihren Einblendungen, über jeden der 49 Brunnen unserer Hallen erscheinen. Nur zu gerne wäre ich damals zum Heliostempel auf den Orion geflogen und hätte sie persönlich gesehen. Nur der Gedanke, daraufhin laut Gesetz eliminiert zu werden, hielt mich immer wieder davon ab. Dafür hatte ich noch zu viel vor. Nicht zu vergessen, Sicilia war eine heilige Person. Ja, kann man sie denn dann noch Person nennen?!
So standen wir nun also zu zwölft - Dennis mit eingeschlossen - am Gelände im 1. Stock und klatschen. Ja, betrübt, denn wir alle zwölf hassten solche in unseren Augen sinnlose und verwirrende Zeremonien, die sie auch Anbetung nannten. Aber natürlich machten wir es trotzdem, denn es war Befehl von unserer gefürchteten Sicilia. Selber denken, das war uns nur selten erlaubt.
Und es war wie immer - und das war ja auch logisch: Sie KAM im prachtvollen Kleid mit prachtvollem Glanz und sie GING im prachtvollen Kleid mit dem prachtvollen Glanz. Klar. Wieso auch nicht?! Sie war ja die Göttin. Seit Generationen beschützte sie unser Crystal Yorkshire und machte ihn zu einem prachtvollen Staat. Zu einem großen Staat. Zu einem starken und angesehenen Staat! SIE war allerdings noch prachtvoller. Klar! Sie beschützte alle Harikaner und gab uns Rat in Nöten. SIE hatte alles im Griff und war so weise. Und musste - sicher ihres Images wegen - immer in solchen Kleidern aus dem letzten Jahrhundert erscheinen. Klar. Habe ich schon erwähnt, dass diese sehr prachtvoll aussahen? Für mich war sie das alles zwar - weise und heilig, unsere Retterin - aber nebenbei sah ich in ihr ein kleines und unberechenbares Mädchen, dass ein sorgenfreies und gemütliches Leben führte, welches ihr aber noch lange nicht reichte.
Kein Wunder bei DEM dauerhaften Frieden. Ach, jeder muss seinen Platz im Leben einnehmen und seinen Job machen. Aber bei DEM Frieden, der hier seit ich denken kann herrscht - wenn man die paar Zwischenfälle nun mal beiseite lässt - KANN ich meinen Job einfach nicht machen. Das konnte keiner von uns zwölf, die da im 1. Stock am Gelände inzwischen weiterhin schweigend zum Ende ihres Geklatsches kamen. Aber auch für die Fighter der anderen Völker unseres Sonnensystems sah es schlecht aus. Sie hatten des Friedens wegen zur Zeit genauso wenig zu tun. Nicht, dass ich mir einen Krieg unbedingt wünschte. Na ja, ach, Scheisse. Ich WÜNSCHTE mir einen Krieg. Dann würde ich mir nicht mehr so überflüssig vorkommen und könnte mich mit voller Begeisterung dem Kämpfen hingeben. Aber bitte denk nun nicht, dass ich ein gefühlloser Harikaner bin. Nein, wirklich nicht. Ich habe nur ungern jemanden getötet. Vor allem, wenn das Opfer ein Harikaner war. Meine Liebe zu allem in Crystal Yorkshire, ausser Vorgesetzten vielleicht, ist schon immer unglaublich groß gewesen und ich prägte mich in Nationalbewusstsein. Nur das Kämpfen allein gefiel mir an der ganzen Sache!
Nachdem Sicilia, was weiß ich was sie uns gerade wieder so tolles mitgeteilt hatte, wieder gegangen war, hielten die Priester mal wieder einen ihrer jahrelang geprobten Vorträge, der ja ach so lebenswichtig war, damit uns die liebe Eisgöttin Sicilia auch den nächsten Monat über segnen und beschützen und uns auch unsere Sünden vergeben würde, was auch immer das für welche waren. Nun bin ich also seit 2 Jahren im Kriegsgeschäft tätig. Dennis und ich wurden nämlich mit 5 anderen Wingman-Teams für das Raker-Team aufgenommen. Wir waren das erste Raker-Team, da unser Staat die Pläne des Rakers erst vor kurzem der RCTM abkaufen konnte. Der genaue Preis wurde uns bis jetzt leider nicht genannt. Ging nur die Regierung etwas an! Bis jetzt hatte ich auch noch nicht erfahren, WARUM wir sie überhaupt brauchten. Bestimmt für irgendeinen Auftrag oder so. Mir egal. Jedenfalls war Sicilia ganz schön scharf drauf gewesen. Nun, wo wir die Rakers hatten, konnte ich sie auch verstehen. Es waren wirklich Prachtexemplare. Sozusagen die Begegnung meines Lebens!
Der Staat schätzte alle Mitglieder des Raker-Teams sehr. Dazu gehörten wie gesagt insgesamt 6 Wingman-Teams - also 12 Besatzungsmitglieder. Diese bestanden gut aufgeteilt - war aber trotzdem Zufall - aus 6 Eliteeinheiten und 6 Fightern. Jeder hatte seine eigene Waffe für den Raker, welches selbst noch mal einen Namen besaß. Ausserdem hatte jedes Mitglied seine eigene Nummer. Also: Perfekt organisiert! Die Rakers wurden übrigens nach Planeten eines fernen Sonnensystems benannt. Es ist das Sonnensystem, wo auch der blaue Planet Erde liegt.
Das Wingman-Team, das aus Jack Sanders und Sabrina Emilia Johnson bestand, hatte sich als erstes gemeldet, und belegte daher die Nummern 1 und 2. Jacks Raker war - was ich gar nicht verstehen konnte - pink. Er trug den Namen Jupiter und hatte die Waffe Punkfire Gun. Sabrinas lilaner Raker namens Uranus hatte die Helios Gun eingebaut bekommen - eine der neuesten Waffen. Sie wurde wie alle anderen von RCTM entworfen und auch gebaut. Nr. 3 ist Kessie Freak, die zusammen mit Sabrinas Bruder Erik Johnson ein Wingman-Team bildete. Die beiden waren seit langem ein Liebespaar. Während Kessies blauer Raker Neptune die Super Laser zugeteilt bekam, entschied sich Nr. 4 - also Erik - für die Stealth Weapon. Die passte ehrlich gesagt auch am besten zu seinem grünen Raker. Die letzten beiden, die als Wingman-Team zu den Eliten gehörten, waren ausnahmsweise zwei Mädchen. Es waren die Schwestern Tanja Mel Oak und Chris „J“ Oak. Als ich sie mal wegen unseres gleichen Nachnamens darauf ansprach, meinten sie leider, dass es sicher sei, dass wir nicht irgendwie miteinander verwandt sein könnten. Schade eigentlich. Na ja, jedenfalls hatte Tanja die Nr. 9 und Chris die Nr. 10 bekommen, da sie erst später dazugekommen waren. Ihre Rakers fand ich immer am schönsten, denn sie glänzten gold und silber. Ein herrlicher Anblick. Tanjas goldenem Raker wurde Normal Laser eingebaut. Chris bevorzugte die Yelix Weapon. Ihre glitzernden Rakers hießen Orion und Sun.
Kommen wir nun zu den 6 anderen Mitgliedern. Die Fighter. Was mir damals den letzten Kick gegeben hatte, Fighter zu werden, war die Tatsache, dass sie schlechter bezahlt wurden, obwohl sie mehr Drecksarbeit als die Elitewachen machen mussten. Ich finde, mit diesem Fakt kann man seinem Image gut tun, oder? Der erste, der dies begriff, war mein Wingman Dennis Stevens. Daher wurde ihm die Nummer 5 zugeteilt. Sein gelber Raker hieß passenderweise Moon und seine Lieblingswaffe war die Eraser Thunder. Ich dagegen, als Nr. 6, wollte einen Raker in orange. Nett, das wir uns das aussuchen durften, nicht? Er hieß Saturn - wie niedlich - und hatte die Waffe, die ich förmlich anbetete: Mania Gun!
Tom Royal hätte nicht nur wegen seines Nachnamens, sondern auch wegen seiner Schüchternheit lieber Elite werden sollen. Er war auch sehr ängstlich und bekam oft Panik - allein bei den Schießübungen! Sein schwarzer Raker mit dem Namen Venus hatte die Kear Weapon. Tom war logischerweise Nr. 7. Sein Partner war Dennis Schwester Lara Stevens. Mein heimliches Idol und neben Kessie auch meine beste Freundin, so hoffte ich zumindest immer. Sie hatte ihre roten Haare immer zu zwei Zöpfen an der Seite gebunden. Rot war auch so ihre Lieblingsfarbe. Daher auch der rote Raker mit dem Namen Mars. Und ihre Erosion Thunder passte gut zu der Waffe von ihrem Bruder, den ich ja auch irgendwie bewunderte...
Nun zum letzten Paar. Wieder zwei Geschwister. Sie waren erst vor ein paar Wochen als Ersatz dazugekommen, als Tanja und Chris wegen der Grippewelle in Todesgefahr im Bett lagen. Es waren die Frankey-Geschwister Joe und Ann, die die Nummern 11 und 12 belegten. Ihre Rakers hatten weder einen Namen noch eine Farbe bekommen und waren daher einfach nur grau. Aber sie hatten für mich damals noch unbekannte Waffen. Thunder Shaft und Electro Punishment hießen sie. Diese hatten sie von ihrem Heimatsstern Orion mitgebracht. Als Tanja und Chris wieder fit waren, blieben sie aber. Nun sind sie für immer da, denke ich.
Das waren also wir zwölf, die nun längst aufgehört hatten, betrübt am Gelände des 1. Stocks der vierten Halle von Crystal Yorkshire zu stehen und zu klatschen und zu stampfen... Und ich brannte danach, in einem Krieg zwischen den Völkern mitzuwirken. Dies verriet ich natürlich niemandem, denn das wäre in den Augen der anderen Harikanern - ausser bei uns zwölf - Hochverrat...
Wir hatten nun voller Freude und ach so großer Achtung vor Sicilia in unsere Apartments zu gehen, wobei ich mir eins mit Dennis teilte. Nicht zu vergessen war ausserdem meine kleine süße liebe treue Zwerglanghaarteckelhündin Nancy.
Lara und Dennis hielten in einer anderen Halle - ich glaube, diesmal war es Halle 26 - eines ihrer Konzerte, als auf einmal mittendrin Frauen- und Kindergeschrei zu hören war. Die Halle war sehr voll. Es waren Begeisterte aus allen Hallen gekommen, um Stevens zu hören - genauso wie ich es einer war. Es war gar zu überfüllt und ich konnte im ersten Moment nicht sehen, wo es herkam. Doch dann sah ich eine kleine Menschenmenge sich durch die große Masse der Fans hastig und verschreckt durchzudrängeln. Unten im Erdgeschoss. Rechts. Sofort rannte ich die Treppe nach unten, Kessie ließ ihren Kaffeebecher fallen und folgte mir. Nun gerieten auch die Fans in Panik und schrien laut los.
„Es ist ausser Kontrolle geraten!“, rief ich Kessie zu.
„Dabei weiss man doch gar nicht, was los ist!“, schrie sie zurück.
Als wir unten ankamen, hatten die beiden auf der Bühne auch aufgehört, zu spielen.
„Ganz ruhig bleiben, bitte.“, bat Dennis matt durchs Mikro.
Einige flohen nun mit ihren Schiffen in ihre Hallen zurück. Andere drängten sich in der Hallenmitte ängstlich aneinander, wobei sie beinahe den Brunnen zerdrückten.
„Ist das peinlich.“, hörte ich Sabrina sagen.
Die anderen aus dem Team waren inzwischen auch nach unten gekommen. Nun erschien auch Kira.
„Ja, benehmen sich so Harikaner?!“, sagte sie.
Und es wurde deutlich ruhiger.
„Wer ist für diesen Trubel hier verantwortlich?“, wollte sie wissen.
Vorwurfsvoll blickte sie mich an.
„Diesmal war ich’s nicht.“, verteidigte ich mich. „Ehrlich.“
Zwei Frauen kamen mit ihren kleinen Kindern hervor. Ich musterte sie und stelle fest, dass sie irgendwie niedlich, aber zutiefst verängstigt aussahen.
„Wir waren es.“, sagte die eine zurückhaltend.
Die beiden Frauen guckten schämend zu Boden, während ihre süßen Kinder sich unschuldig in der Halle umsahen.
Mit musterndem Blick wollte Kira wissen: „Seid ihr Harikaner?“
„Ja, natürlich sind wir das.“
„Und was hatte diese Aktion eben zu bedeuten?“
Kira sagte es mit kühler und strenger Stimme. Nun sprang die andere Frau auf.
„Sorry, aber wir hatten uns so furchtbar erschreckt, als...“
Weiter kam sie nicht. Rechts hinten kamen weitere Harikaner schreiend angelaufen. Diesmal waren auch Männer dabei. Und auch die Fans schienen da hinten nun etwas wahrzunehmen. Immer mehr Harikaner liefen nun mit verängstigtem Blick an uns vorbei. Sie liefen Richtung Ausgang.
„Oh mein Gott!“. Schrie die eine Frau und nahm ihr Kind schnell auf den Arm.
„Da ist es wieder!“
„Was...?!“
Wir standen immer noch verwundert da, als die beiden Frauen mit ihren Kindern schon nahe am Ausgang waren.
Und dann sah ich es.
Ein Roboter der RCTM! Die Firma, die uns das Projekt R.A.K.E.R. verkauft hatte. Ein Hinterhalt? Oder vielleicht forderten sie die Rakers nun doch zurück?
„Scheisse!“, rief Kira und näherte sich nun langsam rückwärts dem Ausgang, durch den nun schon fast alle eben noch anwesenden Harikaner geflohen waren. Ob in eine andere Halle, zu einem Stützpunkt oder sonstwohin.
Vor dem Kampfroboter schwirrte ein wild gewordener Guide Bot umher. Lara und Dennis waren inzwischen von der Bühne herunter zu uns gelaufen.
„Ja, Scheisse!“, wiederholte Dennis.
„Das ist eine Scharfschützeneinheit.“, stelle Lara fest.
„Oh, Shit!“, meinte nun auch Erik.
„Ich hab` keine Angst!“, meinte ich wütend und holte meine Magnum heraus.
Ich wollte gerade auf den Sniper Bot losrennen, als Dennis mich am Arm packte.
„Keine Chance.“, meinte er. „Unsere handlichen Waffen sind für Lebewesen programmiert.“
Stimmt ja! Mist! Und was nun?
„Hey!“, rief Jack. „Unsere Rakers!“
„Ja genau! Die Waffen der Rakers sind doch auf Bots spezialisiert. Keine Ahnung, warum, aber sie sind’s!“, meinte nun auch Sabrina.
Pah! RCTM dachte aber auch einfach an alles. Hahaha! Gut, dann schlagen wir sie nun mit ihren eigenen Waffen. Als wenn sie es uns zugunsten vorausgesehen hätten!
Der einzige, der sich dazu bis jetzt noch nicht dazu geäußert hatte, war natürlich wieder Tom.
Der Sniper Bot war uns schon ziemlich nahegekommen, als wir endlich ebenfalls panisch den Ausgang ansteuerten. Er bemerkte dies natürlich und folgte uns. Als wir herausliefen, konnte ich nur noch sehen, wie er stehenblieb und sich umschaute. Nun war keiner mehr in der Halle 26. Nur er und sein Begleiter, der Guide Bot. Nun, NOCH waren wir ebenfalls da, denn wir hatten die Halle ja noch nicht endgültig verlassen. Eifrig hasteten wir zu unseren Rakers, als es auf einmal anfing, laut in der Halle zu krachen.
„Habt ihr das gehört?“, wollte Tom noch wissen.
Schnell flogen wir los.
„So ein Sniper Bot hat doch Flügel, oder?“, fragte ich.
„Ja, gleich 4 Stück!“, erwiderte Lara durchs Mikrofon.
Als wir Abstand zwischen uns und der Halle gewonnen hatten, wendeten wir unsere Rakers und starrten für ein paar Minuten schweigend auf die Halle. Ich beobachtete die große prächtige Halle. Hinter ihr die Sterne. Wie sie dort lagen. So ruhig und friedlich. Genau wie die Halle im Moment. Egal, was ich ansah, durch die Scheibe meines Rakers hindurch sah es noch viel schöner aus, denn obwohl diese von aussen extra verdunkelt wurde, konnte man von innen durch sie wunderbar durchsehen. Fantastische Aussicht. Ich zusammen mit meinem Raker. Ich genoss die Stille.
„Das Miststück kommt gleich sicher heraus!“, meinte Kessie.
Für ein paar weitere Minuten schwiegen wir und hielten unsere Schiffe ruhig auf die Halle 26 gerichtet. Ich glaube, ich war die einzige, die die Ruhe genoss. Die anderen blickten sich angespannt auf die unschuldige Halle. Ich liebte meinen Raker über alles. (Okay, Nancy war mir auch wichtig.) Ich glaubte immer, eine telepathische Verbindung mit meinem Raker zu haben, auch wenn ich es noch nicht allzu lange besaß. Wir hatten es ja letztens erst von der RCTM abkaufen können. Davor hielten sie das Projekt jahrelang unter strengster Geheimhaltung. Daher wunderte es mich desto mehr, warum sie es uns nun nach einer so langen erfolglosen Erwerbung von unserer Seite plötzlich verkauften. War es der Preis? Er war doch nicht auf einmal höher als sonst? Nein, Geld spielte bei der RCTM sowieso nie eine wichtige Rolle. Sie schienen auch keine finanziellen Probleme zu haben. Soweit ich weiss wusste noch nicht mal unsere prachtvolle Sicilia den Grund.
Eine Explosion. Die ganze Halle 26 ging in Flammen auf.
„Ach du Scheisse!“, hörte ich es von Sabrina in meinem Lautsprecher dröhnen.
Schon wieder dieses vulgäre Wort!
Aber sie hatte Recht. Es breitete sich aussergewöhnlich schnell aus.
„Weg hier!“; schrie Lara noch.
Um mir herum wurde es wärmer. Damit meine ich nun aber nicht meine Gefühle!
Ich legte sofort den Rückwärtsgang ein und sah im selben Moment den Roboter angeschossen kommen. Obwohl wir mit Höchstgeschwindigkeit eine große Entfernung in kurzer Zeit nach hinten schafften, wurde es immer heisser und heisser.
„Hey, Ash! Träumst du?!“, rief Chris mir zu.
Ahhh! Ich hatte den Burner-Knopf losgelassen! Kein Wunder, dass es für mich immer heisser wurde. Die anderen waren inzwischen aus der Gefahrenzone gelangt. Sofort schaltete ich den Burner erneut an, um die dreifache Geschwindigkeit wieder zu erlangen. Es half nichts. Schon bald holte mich die Explosion so weit ein, dass es kaum noch auszuhalten war.
„Ashley!!!“, schrie Lara jetzt.
Ich glaube, sie konnten sehen, wie der Burner von mir wieder ausgegangen und mein Raker stehengeblieben war. Ich wurde bewusstlos.
Das letzte, was ich noch vernahm, war, dass Lara „Ich flieg‘ da jetzt wieder hin!“, sagte.
Und tatsächlich flog Lara, das Mädchen, das ich beneidete und nachzuahmen versuchte, wieder zurück, um mich zu retten. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch sie bei dieser Hitze, die einfach nicht verschwinden wollte, es nur mit Benommenheit schaffte. Kein Wunder, bei DER gigantischen Halle, die da hochging.
Als ich wieder zu mir kam, war die Temperatur auf normal zurückgegangen. Vor mir sah ich noch Laras Raker. Sie hatte ihr Schiff vor meines gestellt und mich somit aus der Explosion GESCHOBEN. Quietschend schob mich ihr Raker nun noch die letzten Meter weiter, wo die anderen mit ihren Schiffen standen. Unsere beiden Rakers sahen total verkohlt aus.
„Da! Der Bot!“, erschreckte Jack sich.
Ja, die Explosion war nun endlich vorbei, aber der Kampf begann nun erst richtig. Der Sniper Bot kam aus den herumfliegenden Trümmern der Halle 26 angeschossen und nahm Kurs auf uns. Auch wenn er nur ein Roboter war, konnte ich sehen, wie blutrünstig er guckte. Erst jetzt fiel mir auf, dass eine weitere Halle fehlte.
„Was ist mit Halle 27?“, fragte ich.
„Mit explodiert.“, antwortete Tom.
„Ähh, und die Bewohner, Tommy?“
„Na, die dann ja wohl auch...“
Ich konzentrierte mich wieder auf den Roboter. Nebenbei dachte ich aber ehrlich gesagt doch noch darüber nach, wie das mit dem Burner passieren konnte. Würde Kira das erfahren, wäre das eine Katastrophe. Von der prachtvollen Sicilia ganz zu schweigen. Wo steckt diese überhaupt? Lässt sie uns diesmal ganz allein in der Not? Hält sie etwas gerade ein Nickerchen?!
„Ausweichen und von hinten angreifen.“, befahl Dennis.
Ausser von Dennis durften wir nur Befehle von Sicilia annehmen. Würde Kira uns einen Auftrag geben, hätten wir ihn nicht befolgt. Aber zum Glück versuchte sie sowas auch nie.
„Ein Kinderspiel.“
Dennis wurde zum Teamleiter ernannt. Keine Ahnung, wieso gerade der. Aber was mich noch mehr ärgerte, war, dass er bereits seinen ersten Orden hatte. Nur weil er einmal eine Mission der RCTM erfolgreich durchgeführt hatte. Hätte ich auch gekonnt. Aber MIR gaben sie solche Aufträge ja natürlich nicht. Und dafür hatte Dennis sogar noch Geld bekommen. Sein bester Freund, Erik, hatte damals bei der Zeremonie ebenfalls ‘nen Orden bekommen. Aber irgendwann bekomme ich auch noch so einen Orden. Für eine viel bessere und gefährlichere Aufgabe. Pah!
„Ashley, hörst du nicht?“
„Oh, ja...doch, natürlich...“, murmelte ich schämend.
Ich hatte mal wieder geträumt und konnte dem Angriff des Bots gerade noch rechtzeitig ausweichen, welchen der Roboter auf mich ausübte.
„Das war knapp!“, meinte Kessie.
Und auch ich atmete nun erleichtert aus. Aber es war ja noch nicht beendet worden. Seufz!
Er griff erneut an. Auch diesmal konnten wir alle mühelos ausweichen - ein Jammer, dass Roboter nicht denken können - und feuerten unsere Schüsse so ziemlich gleichzeitig auf ihn ab. Ächzend fing er an, sich zu wenden und zu drehen, bis er in Funken völlig ertrank und ebenfalls explodierte. Dabei wollte ich ihn doch noch fragen, wie er das mit der Halle hingekriegt hatte! Die Roboter der RCTM waren einfach die Besten!
„RCTM-Bots sind sehr stabil gebaut. Mit ihren Waffen können sie hohen Schaden anrichten.“, erklärte Sicilia jedem durch die Brunnen. „Viele andere Völker leider zur Zeit ebenfalls unter dem Virus.“
„Ein Virus?“, fragte Kira überrascht nach.
Sicilia seufzte und sah betrübt zu Boden.
„Der RCTM ist ein Fehler unterlaufen.“, sagte sie.
„Also ist die RCTM dafür verantwortlich?!“
„Ja, Königin.“, erwiderte Sicilia. „Aber unbeabsichtigt! Ein Virus schleicht sich in ihre hochgefährlichen Bots ein, welche normalerweise sehr friedlich sind. Aber dieser Virus kann sie in Sekunden umprogrammieren.“
„Dann sollen sie diese aber gefälligst nicht auf UNS hetzen!“, schrie ein älterer Herr aus der ersten Reihe vor unserem Brunnen.
Kira zuckte bloß mit den Schultern. Ja, was sollte sie nun schon Großartiges machen? Alle Harikaner - ausser dem Raker-Team vielleicht - schienen die RCTM dadurch nun zu hassen. Sie starrte auf eine Masse wütend guckender Harikaner.
„Sie haben viele von uns getötet und zwei Hallen zerstört!“, rief eine Frau.
„Aber unbeabsichtigt!“, wiederholte Sicilia.
Hilflos guckte sie uns an. Ich zuckte allerdings nur mit den Schultern. Daraufhin wandte sie sich an Kira und flüsterte ihr etwas zu, während die anderen Harikaner immer noch empört miteinander tuschelten.
„Gut.“, meinte Sicilia jetzt entschlossen. „Das Raker-Team wird sich darum kümmern.“
„Genau! Ja!“, rief der ältere Herr begeistert.
Uns gefiel das ganz und gar nicht. Ja, da sind wir wieder beim Thema Drecksarbeit. Typisch. Nun blieb mal wieder alles ans uns hängen. TYPISCH! Das war sie also, die prachtvolle und weise Sicilia, die sich Rat suchend an Kira wandte, unsere Königin, die auch nicht weiter wusste. Und sowas nennt sich ‘ne Göttin! Ach, da setzen wir doch einfach unser Raker-Team ein. Wieso auch nicht? Wozu haben wir die denn überhaupt? Zugegeben, ich war ziemlich enttäuscht!
„WAS haben Sie da gerade gesagt?“, fragte Lara nach.
„Du hast es schon richtig verstanden.“, meinte Kira matt und wandte sich dann Dennis zu.
„Ihr werdet morgen zur RCTM fliegen und herausbekommen, was es damit aus sich hat, hast du das verstanden?“, deutete sie ihm streng.
„Natürlich, Majestät.“, stimmte dieser ihr zu.
Dennis schätzte Sicilia und vor allem Kira sehr. Daher war es ja klar, dass er nicht versuchte, auf die beiden einzureden oder sich gar zu widersetzen. Und wenn unser Teamleiter schon das Einverständnis gegeben hatte, kam jeder Widerstand zu spät.
„Scheisse!“, konnte Tanja da nur wiederholen und ging zusammen mit Sabrina beleidigt nach oben in den 1. Stock zu ihrem Apartment.
„Na toll!“, schnaufte Erik und ging ebenfalls weg.
Dennis guckte mich hilflos an, worauf ich nur den Kopf schüttelte.
„Aufstehen. Es ist 5 Uhr.“, weckte Dennis mich leise. „Wir müssen uns beeilen, damit wir noch heute Abend bei der RCTM ankommen.“
„Sind die anderen etwa auch schon wach?“
„Ja, klar! Wir warten alle auf dich.“
„Darf ich denn wenigstens noch etwas frühstücken?“
„Meinetwegen. Aber vergiss nicht, heute deine Kriegsbekleidung und nicht die Staatsuniform anzuziehen. Immerhin fliegen wir zur RCTM(!).“
Diese schien er wohl auch sehr zu schätzen. Na ja, ich schätzte sie ja ehrlich gesagt auch. Sie hatten diese wunderbaren und einzigartigen Schiffe gebaut. Die Rakers! Aber konnte man ihnen trauen? Gerade WEGEN all ihren guten Schiffen kamen sie mir so unberechenbar vor.
Ich setzte mich verträumt an den Frühstückstisch. Das letzte Mal, als ich hier gegessen hatte, hatte Dennis mir gerade eine geknallt, weil ich ihm einen Vortrag über die Frauenrechte gehalten habe, da er diese in einer nun unwichtigen Weise missachtet hatte. Ich hatte daraufhin dann nicht weiter gesagt, weil ich Angst hatte, er würde mir dann noch eine verpassen. Seine Schläge taten nämlich immer besonders weh. Sowas hasse ich an Männern! SIE können sich sowas ja erlauben, um sich auszudrücken. Ja ja, typisch! Wütend zog ich mir zwei verkohlte Toasts mit Erdbeermarmelade rein, als Dennis nochmals betonte, ich solle mich doch bitte beeilen, da wir sonst doch noch zu spät kommen würden.
„Ja, klar. Wegen DEN paar Minuten?!“, fragte ich mürrisch. „Ausserdem haben wir bei der RCTM eh keinen festen Termin!“
Aber, nicht zu vergessen, Dennis schätzte RCTM sehr und daher begab ich mich nun in Richtung Tür, nachdem ich meine Kriegsuniform angelegt hatte. Was man nicht zusätzlich noch alles fürs Image tat!
Aufgeregt wie ein kleines Kind öffnete er die Tür, packte mich am Arm und zog mich hinter sich her in den Konferenzraum.
Die anderen waren alle schon anwesend, allerdings noch beschäftigt. Ich weiss noch, als ich das letzte Mal zu spät in den Konferenzraum kam. Kira nahm es mit der Zeit immer sehr ernst und war daher ziemlich sauer auf mich. Aber was noch schlimmer war, das war, dass mich dann alle anderen kopfschüttelnd und erwartungsvoll angeguckt hatten. Sowas machte mich immer nervös. Zugegeben, ich war sehr schlampig und nahm es mit der Zeit nicht so genau. Und ich träumte auch sehr oft. Ich war dann nicht so `ne Träumerliese, die sich ihren Traumprinzen oder ihre goldige Zukunft vorstellte, sondern an die wichtigsten und grausamsten Geschehnisse aus der Vergangenheit dachte und überlegte, wie man solche und ähnliche in der Zukunft vermeiden könnte. Ist doch eigentlich eine sehr weise Beschäftigung! Trotzdem hoffte ich sehr, dass das mit dem Burner unter uns blieb. Wäre nicht gerade so ne goldige Zukunft für mich dann, wenn Kira davon erfahren würde. Und auch blamieren würde ich mich dann. Soweit ich dazu noch in der Lage wäre.
„So, wenn wir dann nun komplett sind...“, sagte Jack.
Und so brachen wir auf. Im schnellen Schritt marschierten wir in Richtung Start- und Landebahn.
„Jetzt heisst es 13 Stunden lang fliegen. Hoffentlich finden wir zwischendurch auch genug Rastplätze.“, seufzte Tanja.
„Und hoffentlich hält mein Burner das aus!“, sorgte sich ihre Schwester Chris.
Sabrina musste lachen. Es klang ja aber auch wirklich erbärmlich.
Da stand so eine große dunkelgrüne Halle, so wie sie überall hier auf dem Mars verteilt waren, mit fetter roter Schrift drauf: RCTM Main Center.
„Hier werden all ihre Schiffe gebaut.“, erklärte Dennis voller Stolz, obwohl er doch gar nichts zu dieser Tatsache beigetragen hatte.
„Und werden sie hier auch entworfen?“, wollte Sabrina wissen.
„Nein, dafür setzen sich regelmäßig Experten von RCTM zusammen. Dazu steht ihnen eine andere Halle zur Verfügung.“, erwiderte unser Fachmann. „RCTM erfüllt Arbeitsaufträge für Völker auf der ganzen Welt und bleiben dennoch in Kriegen neutral. Sie waren schon immer unparteiisch und sehr professionell.“
„Dabei weiss doch niemand, wofür die Abkürzung RCTM eigentlich steht.“, fügte ich hinzu.
Man sah Dennis wirklich an, dass er RCTM nicht nur schätzte, sondern auch bewunderte. (Geben die auch mal Autogrammstunden?)
Als wir dem Tor schon ziemlich nahe waren, ertönte es aus dem an der Wand angebrachten Lautsprecher: „Bitte geben sie ihren Sicherheitscode ein.“
Anstatt auf irgendwelche der numerierten Tasten zu drücken, erklärte Dennis verlegen, dass wir das Raker-Team aus Crystal Yorkshire wären. Man wusste sofort Bescheid. Klar. Immerhin waren wir die einzigen, denen sie die Rechte für den Raker verkauft hatten. Der Raker war ihnen ja immerhin lange Zeit zuvor sehr wichtig und ausserdem führten sie eine gute Verbindung mit uns. Man öffnete uns also ohne weitere Fragen das große Tor. Eine sehr streng aber irgendwie auch professionell guckende Frau empfing uns und führte uns in den 3. Stock des Gebäudes.
Vor eine Tür blieb sie stehen uns rief: „Mary! Die Raker-Typen sind hier!“
Raker-Typen?!
Dann verschwand sie im schnellen Schritt. Die Tür wurde geöffnet.
„Kommt herein.“, sagte eine andere Frauenstimme.
Wir kamen langsam in ihr Büro und schauten uns um.
„Setzt euch. Ich habe extra 12 Stühle herbringen lassen.“, meinte sie scherzend.
Wir setzten uns und fühlten und wie zu Hause. Das war aber auch nicht schwer, denn überall hingen Bilder von Rakers. Sogar ihr Stifthalter war einer! Ja, die Wände und ihr Schreibtisch waren voll davon. Ich fühlte mich hier richtig wohl und mir wurde gar warm ums Herz.
„Sie mögen die Rakers sicher sehr, was?“, fragte Erik.
„Ja, es sind seit langem meine Lieblingsschiffe.“
„Das können wir gut verstehen.“, meinte Joe.
Ich fragte mich nun erneut, wie es dazu kam, dass sie uns nach all den Ablehnungen von RCTM nun doch verkauft worden waren. Anstatt jetzt aber weiter über die Raker-Ausstattung in ihrem Zimmer zu reden, blieb die Frau sachlich.
„Ich bin Mary Harpour, Direktorin der gesamten RCTM. Seit Jahrhunderten führen wir das beste und größte Raumschiffgeschäft weltweit. Wir erledigen Aufträge, erfinden aber auch selbst Neues."
„Mary,“, meinte Dennis direkt, „sagen Sie uns doch einfach gleich, was sie von uns wollen.“
Sie verstand. Und es war ihr sicherlich schon klar, dass wir das alles schon wussten, was sie da als Vorrede blafaselte.
Also ging sie gleich zum Hauptteil über: „Der Virus breitet sich immer schneller aus. Es ist alles ausser Kontrolle geraten! Wir bekommen deswegen schon viele Anschuldigungen der Völker. Das Chaos ist ausgebrochen.“
Sie fing an, vor lauter Verzweiflung zu weinen.
„Und was können wir dagegen tun?“, fragte ich bereit.
„Nun...“, sie schluchzte noch, sammelte sich aber langsam wieder. „Wir haben herausfinden können, dass der Virus NICHT aus Versehen von uns erschaffen wurde und ausserdem gezielt von der bekannten Helixmine neben dem Uranus aus gesteuert wird.“
„Und von wem?“, wollte Ann wissen.
„Ein paar unserer schon älteren Roboter halten sich dort seit längerem aus. Sie könnten einen Kurzschluss und sich dann selbständig gemacht haben. Das ist bis jetzt unsere einzige Erklärung dafür.“
„Was können wir dagegen tun?!“, fragte ich diesmal lauter.
„Jemand müsste zur Helixmine fliegen und den Generator, den sie als Steuerung für den Virus verwenden, mitsamt all den Robotern, die sich dort aufhalten, zerstören. Dann würden UNSERE Roboter auch nicht mehr so verrückt spielen.“
Hm...
„Ganz schön clever, das muss ich zugeben...“
Als ich dies vor mir hin murmelte, schauten mich alle, selbst Mary, fragend an.
Oh, was waren wir alle blind!
„Wer ist clever? Und weswegen?“, fragte Kessie mich.
Nun musste auch Lara lächeln. Sie hatte jetzt auch gecheckt, was Sache war. Dass ich da aber auch nicht früher drauf gekommen bin!
„Und ich hab` mich schon die ganze Zeit gewundert, warum ihr die Rakers nun auf einmal verkauft.“, gab ich zur Antwort.
„Wir hatten viele Bewerber.“, fuhr Mary verlegen fort. „Und obwohl Crystal Yorkshire nicht der Meistbietende war, haben wir sie an euch verkauft...“
„...da wir gute Piloten sind?“, fragte Tom schüchtern.
„Ja, ganz RCTM war sich einig, dass ihr am besten dafür geeignet seid. Crystal Yorkshire hat neben seinem strengen Glauben auch ein strenges Schulsystem. Ihr seid bestens für sowas vorbereitet. Wir brauchen eure Hilfe!“
Nun guckten wir uns alle gegenseitig an. Dennis hatte sich jetzt bestimmt innerlich gefreut. Sein erstes Lob von RCTM, Hahaha! Am besten geeignet! Unser Entschluss stand fest - nein, sicher NICHT nur des Lobes wegen.
„Wir nehmen den Job.“, sagte Dennis kühl.
„Oh, vielen Dank.“, erwiderte die Direktorin jetzt.
Man hörte ihr richtig den Stein vom Herzen fallen. Sie war sehr erleichtert. ICH machte mir da aber desto mehr Sorgen. Um meine Zukunft. Und das in sofern, dass ich mir Sorgen darüber machte, ob ich nach dieser Mission überhaupt noch eine hätte!
„Und was springt für uns dabei raus?“, fragte Lara.
„Lara!“
In strengem Ton versuchte ich zu zeigen, dass ich mich für ihre Frage schämte. Aber ehrlich gesagt war ich froh, dass dieses Thema angesprochen wurde.
„Keine Angst, ihr werdet bei erfüllter Mission euren Lohn erhalten.“, meine Mary lachend.
Cool! Geld war mir nicht wirklich wichtig, aber ich wollte, dass der Status gut bezahlter Job so einigermaßen erhalten blieb. Des Images wegen. Und Dennis konnte sich jetzt sicher sein: Seine große Schätzung wurde anscheinend erwidert. Nochmals Hahaha!
„In ungefähr 2 Stunden werdet ihr von hier aus die Helixmine erreicht haben, wenn ihr den Burner benutzt."“ erzählte Mary uns, als wir zur Startbahn gingen.
Ehrlich gesagt fand ich es schade, dass wir nicht noch einmal vorher nach Hause konnten. Ich wollte Nancy so gerne noch einmal sehen. Aber dafür war Crystal Yorkshire zu weit weg und soviel Zeit hatten wir leider nicht mehr. Als wir dann abhoben, wurde uns zu Ehren ein Feuerwerk veranstaltet - sollte wohl irgendwie Glück bringen oder so. Jedenfalls schaffte es, mein Herz für eine Weile zu erfreuen. Diese vielen bunten Farben und Muster. Und das im Weltraum. Ja, die Technik der RCTM war schon sehr weit. Nur ein Feuerwerk in der Form eines Rakers hatte ich bei dem Ganzen vermisst.
„Helixmine...“, murmelte ich durch das Mikrofon zu den anderen. „Den Namen habe ich schon oft gehört, aber das war’s auch schon.“
Nach einer Weile meinte Dennis: „Die Helixmine ist im Vergleich zu anderen Minen, in denen sich Bots aufhalten, sehr klein. Sie gehört mit zu den vielen Minen, die im Weltall auf kleinen Sternen oder Planeten als Zufluchtsort gebaut wurden.“
„Es sind Minen, die von ihrem Generator abhängig sind.“, fuhr Sabrina fort.
„Wird der Generator zerstört, welcher sehr gefährlich, aber auch sensibel ist, wird dadurch bekanntlich eine Kettenreaktion ausgelöst und die gesamte Mine fliegt nach kurzer Zeit in die Luft. Das passiert dann natürlich auch mit den Robotern, die sich dort aufhalten. Ob sie einen Notausgang hat, weiss ich nicht...“. sagte Chris.
„Wow, ihr wisst aber ganz schön viel!“, staunte ich.
„Das kam einmal in Weltkunde dran, als du gerade mal wieder die Schule geschwänzt hattest.“, sagte Tanja matt.
Daraufhin verdrehte ich genervt die Augen, was sie zum Glück nicht sehen konnten.
Nach einer halben Stunde machten wir auf dem Merkur Rast. Das dort lebende Volk, die Relaxer, war friedlich und sehr gastfreundlich. Unsere Rakers UND wir konnten hier endlich mal wieder richtig auftanken.
Ich streifte mir durch meine dunkelbraunen Haare. Ich schwitzte. Ich war aufgeregt. Vor uns lag die Helixmine. Sie war in der Tat ziemlich klein - jedenfalls der Teil an der Oberfläche. Sie wurde vor was weiss ich wie vielen Jahren auf einem Stern erbaut, der in der Nähe des Uranus schwebte. Sehr klein und friedlich. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass darin ein gewisses Etwas sein würde, dass für den Virus - und für den Tod von Tausenden von Harikanern und anderen Lebewesen - verantwortlich war. Es sah doch so friedlich aus! Aber was hatte ich an den Tagen in der Oberschule gelernt, an denen ich nicht geschwänzt hatte? Gehe niemals nach dem Äusseren. Also, vielleicht hatte meine Lehrerin ja ausnahmsweise mal Recht. Vielleicht war es Täuschung. Ach, mir doch alles egal! Ich war irgendwie so lustlos. Vielleicht hatte ich den Spaß am Kämpfen verloren. Ich wusste auch nicht, woran dies liegen könnte, da ich sowas bis jetzt noch nie hatte, aber Angst war es sicherlich nicht gewesen! Nacheinander flogen wir hinein, in die Helixmine. Nacheinander. Der Eingang war nämlich auch sehr klein.
„Immer in Bewegung sein - nicht stehen bleiben.“, befahl Teamleiter Dennis.
Ach, er machte seine Aufgabe als Führer prima. Habe ich schon erwähnt, dass ich ihn bewundere? Und wie er dabei so cool bleiben konnte, ist manchmal selbst mir ein Rätsel gewesen. Aber ab und zu - in so manchen Situationen - ist er das bestimmt NUR äusserlich, da war ich mir sicher.
Nun hatten wir also die Helixmine betreten. Es waren rechts und links in gleichmäßigen Abständen Lampen an den Wänden angebracht, die erstaunlicher Weise noch funktionierten. Trotz des Lichts erschien es mir unheimlich. Die Wände waren dunkelgrün. Wie bei RCTM. Fehlte nur noch die rote fette Schrift. Wir flogen durch einen langen Gang, der nach unten führte. An manchen Stellen war es breit genug, um zu zweit oder gar zu dritt nebeneinander zu fliegen. Dann wiederum gab es Stellen des Ganges, wo man schon mit einem Raker pro Reihe Probleme bekam. Obwohl wir dann nur langsam flogen, rammten wir oftmals irgendeine Seite. Ich bekam dabei Platzangst. Und ich stellte mir vor, wie die anderen nun in ihren Rakers sitzen würden.
Chris dröselte sicher mal wieder nervös an ihren grün gefärbten Haaren. Sie hatte sehr lange Haare, die ich persönlich auch sehr schön fand, aber sie ließ sie immer nur so einfach nach unten fallen oder machte sich einen ganz normalen Zopf, während ich immer noch meine komplizierte und für andere manchmal auch verwirrende Frisurkombination bevorzugte. Lara und Ann würden ihren Helm trotz Pflicht nicht tragen. Bei Lara würde das ihre Frisur zerstöre. Sie trug ja wie immer ihre beiden Zöpfe an der Seite. Und dann hatten ihre Haare auch noch so ’n schönes Knallrot. Fehlte nur noch, dass sie geflochten waren und schon wäre sie Pipi Langstrumpf. Sie befestigte ihr Mikro immer an ihrem Hemd. Im Gegensatz dazu brachte Ann ihr Mikrofon an ihrem Strohhut an. Diesen hatte sie eigentlich IMMER auf. Daher passte dann bei ihr ebenfalls kein Helm mehr drauf. Der Hut war immer sorgfältig auf ihre blonden Haare gelegt, sie zu einem Zopf zusammengeflochten waren. Zusätzlich hatte er eine grüne Schleife drum. Damit sah sie richtig putzig aus.
Sabrina hatte ebenfalls geflochtene Haare. Nur waren diese schwarz und kürzer. Sie trug zwei geflochtene Zöpfe, die an den Seiten zusammengerollt wurden. Allerdings konnte sie einen Helm tragen. Sei saß nun sicher verklemmt auf ihrem Sitz und kaute nervös an den Fingernägeln. Ganz anders Tanja, die immer cool blickte. Sie war innerlich ja auch cool. Tanja konnte man nicht so leicht erschrecken oder beeindrucken. Ihre lilanen Haare hatte sie wie Ann sie hatte, nur etwas kürzer und sie trug auch keinen Strohhut, der es ihr nicht möglich machte, einen Helm zu tragen. Und auch Kessie war in solchen Fällen nie aufgeregt. Sie guckte immer ernst und klopfte ungeduldig auf der Tastatur herum. Sie konnte es von uns allen immer am wenigsten erwarten, einen Auftrag schnell auszuführen. Das gefiel mir an ihr, denn es zeigte Zuverlässigkeit. Ihre langen blauen Haare und die dazu gut passenden Haare mochte ich sehr. Ich glaube, eine bestimmte Frisur hätte nicht so gut zu ihr gepasst.
Und die Jungs? Sicher würde Tom, der Guru, wieder mit seiner eingebauten Kaffeemaschine zu tun und daher keine Zeit haben, nervös zu sein, während Erik gelassen mit seinem Magazin beschäftigt sein und nur ganz nebenbei den Raker lenken würde. Toms schwarze Haare passten ja vorzüglich zu seinem Schiff, aber es sah daher desto langweiliger aus. Überhaupt, wieso gab es keine mehrfarbigen Raker? Immer nur dieses helle Grau. Ebenfalls langweilig. Aber passte ja vorzüglich zur dunklen Scheibe. Ja ja. Was an Tom ebenfalls langweilig war: Er trug - als einziger - eine Brille. Na ja, wenigstens DIESE war nicht schwarz, sondern rot. Passte ja vorzüglich, OHNE langweilig zu sein. Unser Magazinen-Fan Erik hatte braune Haare. Habe ich schon erwähnt, dass er einen Orden trug? Das bringt mich auch gleich zu unserem zweiten Ordenträger: Dennis. Der flog konzentriert und gleichzeitig auch cool wie Tanja. Dieser Wichtigtuer. Aber ich muss zugeben, ich liebte es, durch sein blondes Haar zu streifen, sofern er es mir erlaubte. Wer mir ausserdem noch gut gefallen hat, war Joe Nicht nur, weil ich mich prächtig mit seiner Schwester verstand - selbst wenn diese einen Strohhut trug - sondern auch weil er grüne Augen und solche dunkelblonde kurze Haare hatte, ziemlich groß und sportlich war. Die Eigenschaften meines Traumprinzen! Mit dem hätte ich sicher die goldige Zeit gehabt! Er war auch immer sehr konzentriert bei der Sache. So wie auch unser nächster Kandidat: Jack. Das erste offizielle Mitglied unseres Teams. Jack nahm all seine Aufgaben sehr ernst. Also ähnlich wie bei Kessie. Er hatte dunkelbraune Haare, die ein bisschen abstanden. Mir gefiel das. Und es machte mich irgendwie stolz, wie vielseitig und zuverlässig unser Team war.
„Vorsicht, Ash! Hier geht’s steil runter!“, rief Jack und riss mich somit aus meiner Träumerei.
Ich konnte den Raker gerade noch rechtzeitig nach unten steuern, ansonsten wäre ich gegen die Wand gekracht. Die anderen wussten, dass ich eine prima Kämpferin abgeben würde, wenn ich nicht immer... ach, jeder hat doch so seine Macken. JEDER. Aber ich nahm mir vor, ab jetzt konzentrierter zu fahren. Während wir da so durch diesen endlosen Gang flogen, find wieder das Gespräch an. Dennis schien ein wenig traurig wegen der RCTM zu sein.
„Ich bin irgendwie enttäuscht, dass sie uns nur DESWEGEN die Pyros verkauft haben.“
„Nun, du musst auch bedenken, dass sie immerhin viele Interessenten hatten, die wesentlich mehr Geld angeboten hatten.“
„Das ist ja auch kein Wunder. R.A.K.E.R. war bis jetzt doch ihr bestes Werk. Selbst vom Aussehen her, finde ich, dabei zählt das doch eigentlich gar nicht.“
„Wofür steht R.A.K.E.R. eigentlich?“, wollte ich wissen.
„Rough Automatic Key Eraser Rebell.“, sagte Tom, unser Spezialist.
„Eraser?! Hat das etwas mit ihrer einen Waffe in dem Raker zu tun?“
„Nein, keineswegs. Wieso auch? Der Mann, der das Projekt finanziert hat, heisst Scott Eraser. Deswegen. Die RCTM gibt ihren Schiffen immer solche Abkürzungen. Wie ja auch bei ihrem EIGENEN Namen festzustellen ist.“
„Aha.“, sagte Erik uninteressiert.
Er war wohl immer noch in eins seiner Computer- und Wirtschaftsmagazine vertieft, während ich gespannt zuhörte. Immerhin ging es hierbei um die Rakers! Für mich stand fest, dass ich mich bei diesem Scott mal bei Gelegenheit bedanken müsste, auch wenn er das sicher nicht für MICH getan hatte.
Tja, das Raker-Team aus Crystal Yorkshire. Ziemlich verantwortungslos, was? Diskutiert über Schiffe, liest Magazine und macht sich Kaffee, während es ganz nebenbei und ohne Sorgen versucht, seinen bisher wichtigsten und gefährlichsten Auftrag der RCTM (!) zu erfüllen. Aber hey! Hier in dem Gang war weit und breit kein Schwein. Nur wir mit unseren Rakers. NATÜRLICH waren wir uns der Verantwortung bewusst und es war uns klar, dass wir nur wenig Zeit hatten. Ich wusste, dass da draussen irgendwelche umprogrammierten Bots der RCTM (!) herumschwirrten und Scheisse bauten. Vielleicht gar wieder in Crystal Yorkshire. Ich sah es ständig vor mir. Allerdings konnten wir in einer so kleinen Mine doch keinen Burner aktivieren. Das wäre zu riskant, wo wir doch schon mit normaler Geschwindigkeit Probleme wegen der engen Wände hatten.
Anders, als ich es erwartet hatte, gab es bei diesem Gang DOCH ein Ende. Und an diesem Ende wurde es plötzlich strahlend hell. Vor uns lag nun eine große Halle - mit WEISSEN Wänden - und es war alles voll mit Lampen, die unregelmäßig blinkten. Sowas Schönes hatte ich noch nie zuvor gesehen! Wie hell und schön das aussah, obwohl es mich schrecklich blendete. Wir sagten nichts, wir staunten nur. Aber weit und breit kein einziges Schwein zu sehen! Ich schaute mich mal genauer um. An den Stellen der Wände und Decke, wo keine Lampen waren, waren statt dessen kristallartige Steine angebracht, die den Effekt hatten, dass sie das Licht reflektierten. Dadurch wurde es dann also NOCH heller. Ich glaube, wenn die Lampen weiß und nicht hellblau geblinkt hätte, wäre ich gar erblindet. Es war so schön! Trotzdem verbreitete es aber eine seltsame Atmosphäre.
Nachdem wir die Halle bestaunt und unsere Augen sich langsam an diese hellen Flächen gewöhnt hatten, setzten wir unseren Weg fort, indem wir geradeaus durch sie durchfuhren. Sie war zirka halb so groß wie eine von den Hallen aus unserem geliebten Crystal Yorkshire.
Erst als wir am anderen Ende angekommen waren, sahen wir, dass diese Wand keine Lampen, sondern 5 Türen hatte. Das war uns vorher gar nicht aufgefallen, da sie ebenfalls sehr hell waren. Um sie herum waren ebenfalls Lampen befestigt.
„Wir teilen uns auf.“, meinte Dennis ohne weiteres Überlegen.
Er flog zusammen mit Sabrina und Erik durch Tür Nr. 1, während ich mir mit Joe die zweite Tür vornahm. Lara und Chris sollten sich hinter Tür Nr. 3 und Ann und Tanja hinter Tür Nr. 4 umsehen. Die Türen konnte man durch einen einfachen Laserschuss öffnen. Dadurch wurde ihr Schutzschild wohl deaktiviert. Mehr war nicht erforderlich?! Jack kümmerte sich zusammen mit Tom um die fünfte Tür - Kessie folgte ihnen.
„Die machen uns das hier alles aber irgendwie ziemlich leicht. Wäre es für UNS aber sowieso gewesen...“, protzte ich, bevor ich auf einmal an die Seite gedrängt wurde.
Irgend etwas drückte von aussen gegen meinen Raker, mit dem ich mich nun in einem weiteren Gang befand, nachdem ich durch die Tür geflogen war. Joe kam mir zur Hilfe und schoss auf das Ding. Es kreischte, ächzte, explodierte.
„Was war das?!“
„Nur einer von diesen dämlichen Guide Bots.“
„Achso.“
Wir flogen weiter. Na toll! Der erste Bot in dieser verdammten Miene war ein Guide Bot und ich kam nicht mit ihm klar. Wie erniedrigend! Dass ich von dem süßen Joe gerettet worden war, war dabei meine einzige Aufmunterung.
„Nun komm doch endlich!“, rief er.
Ich folgte ihm den Gang entlang. Ich konnte ausser dem roten Hinterlicht seines Rakers nichts erkennen. Es war hier stockdunkel. Dunkler als am Anfang. Hier waren keine Lampen, die erstaunlicherweise noch funktionierten. Ob es bei den anderen nun auch so aussah? Aber noch viel mehr fragte ich mich, ob sie auch schon Robotern begegnet waren. Ich folgte einfach Joes grauem Raker. Wir flogen ungefähr 20 Minuten schweigend durch die Dunkelheit. Bis Joe sein Schiff anhielt. Was war nun los?
„Wieso fährst du nicht weiter?“
„Gott, der Allmächtige!“
„Äh, was bitte?“
„Wie, was?“
„Wo ist Gott?“
„Weiss nicht...“
„Hä?! Joe?“
„Ja. Das hier musst du dir mal ansehen. Hier sind...“
„Hm?“
„Ash, komm her!“
„Nö, fahr DU einfach weiter vor.!“, sagte ich geistesgegenwärtig.
„Haste etwa Angst?“
„Ich hab‘ keine Angst!“
Ich hatte Angst.
„Ich bin auch nicht neugierig.“
Ich war durchaus neugierig. Aber ich hatte Angst.
„Ich hab‘ halt keine Lust, den Gott zu sehn!“
Ohne lange zu überlegen fuhr er über mir rückwärts zurück und schob von hinten meinen Raker an. Das brachte mich sofort auf Lara. Ich wurde ja aber auch irgendwie immer wieder von allen Seiten geschubst!
„Hey, du Spinner! Ich sagte...“
Nun sah ich DOCH hin. Vom Gucken stirbt man ja - im Normalfall wenigstens - nicht. Und tatsächlich kam auch ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Fehlte nur noch wieder die fette rote Schrift. Bot Main Center oder so.
Ich blickte in eine dunkelgrüne (!) Halle - GENAUSO groß wie eine von unseren - die mich sehr an eine von Crystal Yorkshire erinnerte, da sie ebenfalls solche rot/gelben Lichter hatte, nur waren dieser hier INNEN angebracht. Und...
„Aahh!“, schrie eine vertraute Stimme.
Es war Lara, die zusammen mit Chris hinter uns auftauchte. Als ich sie wundernd anguckte, da sie ja durch eine andere Tür geflogen war, zuckte diese nur mit den Schultern und auch Chris guckte fragend. Als ich wieder nach vorne schaute, entdeckte ich als erstes eine graue Fläche. Dort konnte man Schiffe ankern.
„Dort landen wir!“, entschied ich.
Als wir ausstiegen, nahmen wir unsere Raker-Waffen mit, die man zum Glück auch mit der Hand bedienen konnte. War allerdings ziemlich umständlich, da sie sehr schwer waren. Na ja, besser als unsere handlichen Waffen, die NUR gegen Lebewesen Wirkung hatten, war es allemal. Also nahm ich meine Mania Gun mit. Mühevoll.
Was ich vorhin sagen wollte, bevor Lara losschrie, war der GRUND für ihr Schreien. Überall in der Halle schwirrten Tausende von Robotern umher. Ohne Ziel. Sie flogen einfach nur durcheinander. Ob kleine süße unschuldige Guide Bots oder große Tigers. Selbst die Gruppe der Sniper Bots war hier vertreten. Dieser Anblick ließ es mir eiskalt den Rücken herunter laufen. Es war wirklich unheimlich. Jetzt, wo wir aus den Rakers herausgekommen waren, erkannten sie, dass wir Lebewesen waren. Egal, von welchem Volk wir stammten, sie griffen uns an. Zugegeben, es sah fantastisch aus, wie ALLE Bots aus der megagroßen Halle ihre Augen auf uns richtete, aber unser nächster Gedanke war da nun doch eher, erst einmal in Sicherheit zu gelangen. Also rannten wir vier in einen im Vergleich zur Halle winzigen Nebenraum und verriegelten den Eingang mit herumstehenden Möbeln. Es schien eine Art Kontrollraum gewesen zu sein. Zum Glück konnten die Bots nicht denken - selbst WENN dies in der Macht von RCTM gestanden wäre, hätten sie ihnen sicher trotzdem KEIN Gehirn eingepflanzt, da bin ich mir sicher - und gaben sich daher wieder ihrer Arbeit hin: Herumfliegen und bewachen. Vielleicht DACHTEN diese Bots-ohne-Hirn der RCTM (!), sie hätten es sich alles nur eingebildet.
Denkste. Unsere Erleichterung hielt nicht lange an. Durch die Scheibe konnten wir vier sehen, wie ein Guide Bot - ich hasse diese Drecksviecher - zu einem großen roten Schalter an der Wand flog, welcher so groß wie der Bot selbst war, und ihn betätigte. Es wurde damit der Alarm ausgelöst. Die gelb/roten Lampen wandelten sich GENAU WIE BEI UNS IN CRYSTAL YORKSHIRE in ganz rote Lampen um und fingen an, zu blinken, während der Alarmsound, DER AUCH IN CRYSTAL YORKSHIRE SO KLANG, laut ertönte.
Ziemlich nachgemacht - dabei hatte sich unsere Sicilia dies extra für uns ausgedacht. Hmpf! Wir guckten alle vier verdutzt. Aber NOCH verdutzter schauten wir, als SIE auf einmal erschien. Sicher weil der Alarm ausgelöst worden war. Sie erschien in einem mir bisher unbekannten - und ausnahmsweise mal modernen - Kleid. Natürlich sah auch dieses Kleid prachtvoll aus, obwohl es im Gegensatz zu den anderen, die sie immer trug, sehr dunkle Farben hatte. Braun und Schwarz. Ausserdem schreckte ich zurück, als ich sah, wie sie ihre Haare hochgesteckt hatte. Es verriet einen widerwärtigen Charakter, sah aber fabelhaft aus (Psst, das habe ich jetzt nicht gesagt!).
Schon immer hasste ich diesen Blick, den sie auch jetzt wieder verwendete. Dieser majestätische Blick. Bei den Zeremonien guckte sie auch immer so. Es verriet mir, dass sie Zeremonien ebenfalls verabscheute. Aber uns auch?! Und was war mit Kira? Tausend Gedanken schossen durch meinen Kopf. Waren wir wirklich so blind? Vor lauter Freude und Glück des ewigen Friedens? Oder waren wir zu beschäftigt? Zu naiv? Harikaner war doch immer ein aufmerksames und vorsichtiges Volk. Ich fing an, mir unendlich viele Vorwürfe zu machen. Scheisse!
Lara riss sofort die Tür wieder auf und rannte raus. Ich & Co. hinterher.
„Du mieses Stück Dreck!“, schrie Lara und näherte sich ‘mit hoher Geschwindigkeit‘ Sicilia.
„Hm?!“
Sicilia musterte sie mit scharfem Blick.
„Ah, endlich! Ich habe schon auf euch gewartet...“, meinte sie nur und fing an, laut zu lachen.
„Was ist daran so witzig?!“, wollte Lara wissen.
„Auf uns gewartet?“, fragte Chris nach.
Ich machte mir Sorgen um den Rest unserer Bande.
Laras Attacken gingen daneben. Sicilia konnte ihr jedesmal mühelos ausweichen.
„Hör auf!“, rief Joe ihr zu. „Es ist zwecklos. Sie ist eine Göttin!“
Lara versuchte es noch ein paarmal, bis sie erschöpft zu Boden fiel. Ich beachtete dies einfach nicht, sondern ging nun auch ein paar Schritte auf sie zu.
„Aber wieso?!“, wollte ich wissen.
(Den Rest hat YOPI gelöscht, weil es so lang ist. Also werde ich für die Fortsetzung einen neuen Beitrag aufmachen... :/)
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-03-08 16:56:41 mit dem Titel Crystal Yorkshire - Alte Versuche Teil 2
Hier veröffentliche ich mal alte Versuche seit Nov. 1999 von meinem Roman. Diesmal gleich zwei Versuche, da sie etwas kürzer sind. Ich bin halt so selbstkritisch, unsicher und unentschlossen gewesen. Die Handlung wurde mit der Zeit verändert, das Layout auch etwas, es kamen neue und veränderte Personen dazu und außerdem hatte ich zu anfangs noch keinerlei Erfahrungen in Sachen Beschreiben und Ausdrücken. Also, bitte, bewertet nicht zu hart, ich hatte mir echt verdammt viel Mühe gegeben und es sehr zu Herzen genommen. Zur Zeit schreibe ich nach längerer Pause seit Dez. letzten Jahres an der aktuellen Version, die ich hoffentlich irgendwann mal offiziell veröffentlichen kann.... Tja, wir alle brauchen Träume, an denen wir uns orientieren und selbst motivieren können... ;)
Ach ja, alle Versuche sind nie abgeschlossen worden und zum Teil sehr kurz!!!
Version 2:
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Vor sehr langer Zeit wurde dem Menschen durch sich selbst endlich möglich gemacht, nicht nur im Weltraum, sondern auch auf anderen Planeten wohnhaft zu sein, indem sie Gebäude und Fahrzeuge an diese jeweils anpassten. Ausschlaggebend dabei war schließlich die Entwicklung von Raumschiffen höchster Technik für Transport und Verteidigung, die für den täglichen Gebrauch genutzt und von Menschen jeder Klasse erworben werden konnten, eingeführt von einer kleinen Gruppe sogenannter Computerfreaks aus London. Diese Entwicklungsfirma, die damals noch keine war, nannte sich RCTM, wobei schlicht die ersten Buchstaben der einzelnen Vornamen aneinandergereiht wurden, und sorgte für sehr viel Aufruhr. Ihre Pläne überzeugten eine ganze Nation, die Vereinten Staaten von Amerika, vielleicht war es aber auch bloß tiefste Verzweiflung, denn es herrschte deutlich Platzmangel, Verlangen nach Neuem und zu viel Wissensdrang im Jahre 2157, wo man doch jetzt so viele Planeten außerhalb des eigenen kleinen Sonnensystems kannte. Jedenfalls gaben diese tollen weiterlesen schließen -
Brauche Eure Kritik zu meiner Geschichte
Pro:
tolle Kategorie
Kontra:
nichts ;-)
Empfehlung:
Ja
Willkommen bei der bösen Maus
Ich brauche mal dringend Eure Hilfe und würde mich über große Resonanz freuen. Und zwar spiele ich mit dem Gedanken einen Roman zu schreiben, bin aber unsicher ob er das Potential dazu hat. Es handelt sich um meinen 1.Schreibversuch auf dem Gebiet, bisher habe ich nur Gedichte geschrieben.
Momentan existiert mein Text nur als Kurzgeschichte und ist auch noch unvollendet. Ihr würdet mir durch Eure konstruktive Kritik sehr helfen und zwar würde ich Euch bitten nach dem Lesen folgende Fragen zu beantworten:
1. Welche Stimmung kommt beim Lesen auf?
2. Was haltet ihr von den beiden Figuren? (dem Ich-Erzähler/der Ich-Erzählerin und der namenlosen "sie")
3. Wie würdet ihr die Situation beschreiben, in der sich der sich die beiden Personen befinden?
(Was könnte vorgefallen sein? Wie stehen die beiden Figuren zueinander? Mögen sie sich?)
4. Welche der beiden Figuren ist Euch auf Anhieb symphatisch, wer eher unsymphatisch?
5. Wie könnte es weitergehen?
6. Was könnte das Problem / der Konflikt sein, den der Ich-Erzähler / die Ich-Erzählerin mit sich selbst und mit der anderen Figur hat / austrägt?
7. Ist der Ich - Erzähler Eurem Eindruck nach eine Frau oder ein Mann und wie alt könnte er /sie vielleicht sein?
Vielen lieben Dank im voraus!!! Antworten bitte als Kommentar oder ins GB.
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Ich starrte auf die Leuchtziffern des Funkweckers am Fuß ihres Bettes. Sie wirkten fast bedrohlich rot. Sie zeigten 05.39, draußen begann es bereits wieder hell zu werden.
Sie hatte das Rollo nicht heruntergezogen und warmes, helles Licht fiel durch die Fensterscheibe. Ich bevorzuge Vorhänge, es kann mir nie dunkel genug sein. Ich habe in jeder meiner Wohnungen welche besessen. Vorhänge, die so lang sind, dass sie über den meist ungeputzten Boden schleifen, wenn der Wind ohne Erbarmen durch die Ritzen der undichten, alten Rahmen kriecht. Vorhänge, hinter denen man sein Gesicht verbergen kann ohne darauf verzichten zu müssen selbst einen Blick auf die Welt dort draußen erhaschen zu können. Ich konnte mein Leben lang nur im Schutz der Dunkelheit schlafen und aufwachen, selbst als Kind habe ich immer stolz behaupten können mich nie vor der Nacht zu fürchten.
Sie schien es dagegen zu mögen im hellen zu schlafen und ich glaubte in dem hereinbrechenden Licht die ersten Sonnenstrahlen in diesem Jahr zu erkennen. Die ersten Sonnenstrahlen nach einem so kalten und langen Winter, wie ich ihn schon seit Jahren nicht mehr erlebt habe und die ersten Sonnenstrahlen an diesem Morgen mit ihr.
Es war ein Sonntagmorgen, um genau zu sein. Von der gegenüber liegenden Straßenseite ertönte die Kirchenglocke, um die Gläubigen der Umgebung bald in die Messe zu locken, eine Straßenbahn fuhr vorbei, man hörte Menschen miteinander plaudern – langsam wurde es unruhig auf der belebten Hauptstrasse unter ihrem Fenster.
Ich seufzte leise. Seit Stunden lag ich mit geschlossenen Augen unter der blauen, weichen Wolldecke und sog den Duft, den sie in den vielen vergangenen Nächten in ihr hinterlassen hatte in mich auf - ohne auch nur eine Minute wohlverdienten Schlaf zu finden. Sie war bereits wenige Minuten nach dem Zubettgehen eingeschlafen - ganz nah bei mir.
Sie hatte mir das Gesicht zugewandt, ihre rechte Hand griff in das unter ihrem Kopf liegende Kissen als suche sie selbst im Schlaf nach Halt, Haarsträhnen umspielten ihren Mund. Sie hatte volle, rote Lippen, das war mir bereits aufgefallen, als sie mir das erste Mal begegnete.
Wir gern würde ich sie berühren, doch alles was ich tat war ihrem Atem zu lauschen.
Sie sah so wunderschön aus, ich konnte es nicht lassen sie andauernd anzuschauen. Sie musste morgens eine Ewigkeit an Zeit aufwenden, um ihre Augenbrauen mit einer solchen Perfektion zu zupfen, ihre Haut schimmerte trotz der Stunden, die sie in einer verqualmten Disco verbracht hatte und trotz des Alkohols in ihrem Blut rosig, einige Sommersprossen amüsierten sich rund um ihre Nasenpartie.
Mich schüttelte es - und dann war es wieder da, dieses Kribbeln in der Magengegend.
Ich erinnere mich noch gut daran, als ich als Kind, ich muss etwas sechs oder sieben Jahre gewesen sein, mein komplettes Taschengeld in zuckersüße, bunte Brause in Röhrchen umgesetzt hatte und meine Mutter deswegen fürchterlich mit mir schimpfte.
„Die Erwachsenen sagen immer, wenn man jemanden sehr lieb hat und mit ihm kuscheln mag, dann hat man ein ganz dolles Kribbeln im Bauch.“ hatte mir meine beste Freundin Laura verraten. So glaubte ich, dass wenn ich nur ganz viel Brause essen würden mich so fühlen würde wie einmal Mama und Papa – als meine Geschwister und ich noch nicht da waren.
Ich fühlte mich schrecklich schlau und erwachsen, doch am Ende lag ich mit Bauchweh im Bett und durfte Kamillentee trinken. Und es war meine Mutter, die mir zärtlich übers Haar fuhr und mir versicherte, dass ich so lange Kind bleiben dürfte wie ich wollte.
Ich weiß nicht, ob ich es hassen soll – dieses Magenkribbeln. Ich kenne es gut, ich habe es in den letzten Jahren oft in der Gegenwart eines Mannes verspürt und es gab nie den geringsten Anlass zur Sorge, dass es ihm nicht genauso geht. Gegangen bin ich trotzdem. Ich bin immer gegangen. Ob nun nach drei Monaten Beziehung oder nach zwei Jahren – was blieb war dieser Kloß, der unaufhaltsam meinen Hals hinauf kroch, bis ich ihn herunterschluckte und glaubte mich damit der Vergangenheit entledigt zu haben. Es ist wie nach bestimmten Filmen, die man sich angesehen hat und nach denen man sich weder besonders gut noch besonders schlecht fühlt – man hat nach ihnen nur den Drang sein Leben zu ändern - wenn die Nacht vorüber ist. Es kommt einem dann vor, wie das Einfachste der Welt.
08:30 Uhr: Der erste ihrer drei Wecker begann zu schellen Schlaftrunken schälte sie sich aus ihrer Decke, blinzelte wenige Sekunden in Richtung Fenster - ihre Haaren versperrten ihr die Sicht - drückte dann auf die Schlummertaste von Wecker Nr. 1, um ihr Gesicht sofort wieder in ihrem Kissen zu vergraben.
„Kannst noch ein bisschen weiterschlafen“ murmelte sie noch mit leicht heiserer Stimme, so dass ich ihre Worte eher erriet als sie wirklich verstand. Ich drehte mich auf den Bauch. Auf diese Weise konnte ich direkt in die Spiegeltür ihres Kleiderschrankes schauen. Man sah mir unweigerlich an, wie wenig ich geschlafen hatte und überhaupt: w i e lange ich nicht geschlafen hatte. Unter meinen Augen hatten sich tiefschwarze Ränder gebildet. Der Kajal, den ich meiner Schwester aus ihrem Schminkköfferchen geklaut hatte, hatte sich durch das stundenlange Tanzen mit Schweiß vermischt und abgesetzt. Ich rieb mir die Augen – in dem Glauben dadurch besser sehen zu können. Stattdessen beförderte ich durch mein ungeschicktes Tun immer mehr Kajal in meine Augen, was sie so sehr reizte, dass mir die Tränen kamen.
Da gab sich Wecker Nr. 1 plötzlich wieder mit Begeisterung seiner Aufgabe hin. Ich hätte das Teil in diesem Augenblick gegen die Wand schmeißen können. Ich hätte m i c h gegen die Wand schmeißen wollen – dafür dass sie meine Tränen sah.
„Hey, was ist los?“
Ich schaffte es gerade mir mit dem Ärmel des T-Shirts, das sie mir geborgt hatte die Tränen wegzuwischen, die dieser dumme Kajal provoziert hatte.
„Nichts“
Ich blickte sie kurz an. Sie lächelte und strich sich dabei eine Haarsträhne hinters Ohr – wie Frauen es nun mal so tun.
Zwei Wecker und zehn Minuten später saßen wir uns schweigend gegenüber. Ihre Wohnung war riesig, sie hatte ein von der Küche abgetrenntes Esszimmer auf einer Empore – beinah wäre ich über die Stufe gestolpert -, dazu einen Esstisch, an dem Platz für eine sechsköpfige Familie zu sein schien.
Mitten auf dem Tisch stand ein Strauß roter Rosen. Wer ihr die wohl geschenkt hatte?
Vor mir stand eine dampfende Tasse Kaffee. Langsam ließ sie einen Würfel weißen Zucker in die schwarze Flüssigkeit gleiten. Ich achtete lediglich auf ihre Nägel. Was sie der Besuch im Nagelstudio wohl regelmäßig kostete?
Mein zerknautschtes Gesicht begann sich im Kaffee zu spiegeln, schnell begann ich umzurühren. Ich wollte es nicht länger als nötig betrachten.
„Wo soll ich Dich denn gleich hinfahren?“ fragte sie plötzlich in die Stille hinein.
„Du brauchst mich nicht fahren, ich nehm’ die Bahn. Mach Dir bitte meinetwegen keine Umstände“ erwiderte ich leise. Ich muss dabei ausgesehen haben wie ein Hund, der etwas angestellt hat und nun mit eingezogenem Schwanz vor seinem Frauchen hockte und seine Strafe erwartet.
„So ein Unsinn. Ich bestehe darauf. Das ist doch selbstverständlich“.
Sie lächelte wieder – nun beinahe mütterlich.
Sie trug noch immer den metallic blauen Satinschlafanzug, dazu Wollsocken, die sie wohlmöglich in irgendeinem Öko-Laden entdeckt und unbedingt mitnehmen musste. Der Stoff spannte etwas über ihren Hüften, sie war ohne Zweifel ein wenig mollig. Aber sie war niedlich, auf eine gewisse Art war sie das, da bestand kein Zweifel – und vermutlich ist es auch das, was mir von ihr immer in Erinnerung bleiben wird.
„Wohin soll ich Dich denn gleich fahren?“ fragte sie nun mit etwas Nachdruck in der Stimme. Sie schaute auf die Uhr und trank im Anschluss den letzten Schluck Kaffee.
„Bist Du noch verabredet?“ fragte ich, ohne die Antwort wirklich wissen zu wollen.
„Ja, ich treffe mich in einer halben Stunde mit einer Freundin.“ erwidert sie hastig und machte sich auf den Weg ins Bad.
Während ich auf sie wartete, zog ich die Beine an, stützte mein Kinn auf meine Knie ab und lies meinen Blick schweifen – ohne an etwas Konkretes zu denken. Das habe ich die letzten Jahre oft gemacht: da hocken, nur umherschauen und jeglichen Gedanken wegschieben – ob positiv oder negativ. Manchmal sagte meine Schwester so etwas wie „Wenn Du nicht endlich damit aufhörst, wirst Du nie Freunde finden“, wenn sie zufällig im selben Raum war oder gerade wieder aufgedreht an mir vorbeiraste, weil sie wieder ein Date mit irgendeinem Typen hatte und sich unbedingt noch stylen musste.
Irgendeinen dummen Spruch musste sie mir immer reinwürgen, wenn sie mich sah. Die meiste Zeit sah sie mich aber nicht. Eigentlich sah mich so ziemlich niemand.
„Hast Du alle Deine Sachen?“ fragte sie und riss mich aus meiner Lethargie. Es war wohl an der Zeit zu gehen.
Sie nahm ihre Jacke von der versilberten Garderobe im Flur, warf noch einmal einen sehr kritischen Blick in den Badezimmerspiegel. Waren ihre Augenbrauen perfekt gezupft? Hatten ihre schwarz getuschten Wimpern auch ausreichend Volumen und passte der Lippenstift farblich zu ihrem Pullover?
Sie brauchte danach mindestens drei Minuten, um ihre Stiefel über die kräftigen Waden zu ziehen und den Reißverschluss zu schließen. Die Tatsache, dass ich sie bei diesem schwierigen Unterfangen beobachtete, schien sie peinlich zu berühren.
„Hast Du nun alle Deine Sachen?“ wiederholte sie.
Ich blickte an mir herunter. Ich trug dasselbe Outfit, dass ich den Abend zuvor getragen hatte – mit dem Unterschied, dass das Shirt nach stundenlangem Tanzen durchgeschwitzt war, die Hose von einem Wodka – Kirsch - Fleck geziert wurde, den wohl kein Waschpulver jemals rausbekommen würde und überhaupt beides ganz extrem nach Zigarettenqualm stank.
„Ich hatte doch keine Sachen.“ erwiderte ich leise, aber wahrheitsgetreu.
„Ach ja, richtig. Tschuldigung, ich bin morgens geistig noch nicht so ganz auf der Höhe.“ erwiderte sie, während wir durch das Treppenhaus gingen und ich ihr wie selbstverständlich die Tür aufhielt.
„Hier wohnte sie also. Eine riesige, schicke Wohnung in einem wirklich unscheinbar aussehendem Mehrfamilien - Haus am Fuße einer Hauptstrasse.“ dachte ich bei mir und muss dabei unbemerkt einen Seufzer ausgestoßen haben, denn sie wandte mir wie aus einem Reflex heraus ihr Gesicht zu und lächelte. Sie wirkte etwas müde, aber sie lächelte. Sie lächelte eigentlich immer, egal über welches noch so ernste Thema man mit ihr redete. So wie mir meine Mutter jeden Morgen völlig automatisch einen Kuss auf die Stirn gab – obwohl ich mich schon seit längerem erfolglos dagegen zu wehren versuchte – lächelte sie völlig automatisch. Nein, es war mehr als ein Automatismus, es kam mir vor, als hätte sie ein Seminar besucht, in dem es man ihr antrainiert hatte.
Ich stieg wieder in den dunkelblauen Opel Corsa, dessen Tür ich heute Morgen gegen vier zugeschlagen habe, um bei ihr zu übernachten. Wenige Minuten später hielt sie vor dem Haus meiner Eltern. Ich musste ihr den Weg nicht zeigen, sie wusste wo ich wohne.
„Sehen wir uns noch mal wieder?“ fragte ich sie zögerlich. Die Hoffnung klettere aus meiner Magengrube empor in mein Gesicht und hat es sicherlich tomatenähnlich rot eingefärbt.
„Du, sei mir nicht böse, aber ich möchte Dir nicht weh tun…“ erwiderte sie, als sei es das Einzige, was sie je zu sagen gehabt hätte. Das Einzige, was es auch zu sagen gäbe, nachdem man mit jemandem in einem Bett geschlafen hatte, um dessen Gefühle man wusste. Zumindest in ihrer Vorstellung.
Ich schwieg. Was sollte ich auch antworten?
Solche Situationen schienen sich wie ein roter Faden durch mein Leben zu ziehen, seit ich denken kann. In dem Glauben zu gewinnen, verlor ich stets, mit der Gewissheit, alles würde sich zum Guten wenden, wenn man nur fest daran glaubte stand ich zum Schluss immer da wie ein begossener Pudel vor – allein.
Sie umarmte mich als seien wir alte Bekannte, die sich nach langer Zeit wieder gesehen hätten. Ich krallte mich im Stoff ihres Pullovers fest, unter meinen Finger spürte ich den Verschluss ihres BHs und der Duft ihres Shampoos stieg mir in die Nase, als ich mich nach einigen Sekunden von ihr löste und einige Haarsträhnen mein Gesicht streiften. „Sie war unter Zeitdruck, sie war sehr beschäftigt, sie war im Stress, sie hatte eine Verabredung.“ Versuchte ich mir zwanghaft in Erinnerung zu rufen.
Sie war die, die sie immer war: eine Frau, die keine Zeit zu haben schien. Zumindest betonte sie das bei jeder sich ergebenden Gelegenheit, zumindest hatte sie keine Zeit für mich übrig. Wahrscheinlich lag ihr auch jetzt daran mich schnellstmöglich los zu werden.
„Ich geh’ dann mal. Danke für Deine Hilfe. Das war keine Selbstverständlichkeit. Ich hoffe, Du hattest keine Angst vor mir.“ Den letzten Satz wollte ich mir an sich sparen, aber nun war er gesagt. Meine Worte wirkten ohnehin gequält genug, das wusste ich - was spielte es dann noch für eine Rolle?
„Warum sollte ich denn Angst vor Dir haben? So ein Quatsch. Und klar, für mich war es schon selbstverständlich, dass Du mit zu mir gekommen bist. Ich wünsch’ Dir noch nen schönen Tag, ja?“
Eine Sekunde lang wirkte sie irritiert und verunsichert, dann folgte wieder dieses obligatorische Lächeln. Ich nickte, wandte mich dann schnell ab und stieg aus. Ich fühlte mich, als würden zwei gegensätzliche Kräfte an mir reißen. Die eine wollte, dass ich blieb wo ich war und aussprach, was ich dachte, die andere zerrte mich schweigend aus dem Wagen.
Sie ließ keine Sekunde vergehen, startete den Motor und war schon bald in der nächsten Seitenstraße verschwunden, während ich noch mindestens eine viertel Stunde einfach nur in der Einfahrt zum Haus meiner Eltern stand und ins Leere starrte.
*****************************************************
Vermutlich war das der Moment, in dem ich beschloss zu verschwinden, ganz genau weiß ich es nicht mehr. Einige sagen, dass ich schon Jahre vorher verschwunden sei, im Dezember 1999, einen Monat vor meinem sechzehnten Geburtstag, aber ich glaube so wirklich bewusst traf ich diese Entscheidung erst an diesem Sonntagmorgen, als ich in der Einfahrt meiner Eltern stand, ihr nachschaute und dabei mit einem Stoß einen Stein mit der Spitze meines Turnschuhs auf die Straße beförderte. Ihr Parfum klebte an meinem Shirt und schien den Zigarettenqualm völlig übertüncht zu haben, ihre letzten Worte hämmerten in meinem Kopf – und erst jetzt bemerkte ich, wie Tränen über meine Wangen rannten und auf meine Oberlippe tropften. Ich fuhr mit der Zunge darüber und schluckte sie herunter – sie waren heiß und salzig und voller Erinnerungen. Ich wusste es schon seit Monaten, aber nun war der Gedanke so klar, so unverfälscht und so unmissverständlich, wie er nur sein konnte: Ich liebte diese Frau, ich liebte sie aufgrund all der Bruchstücke, die ich in den letzten Monaten aufsammelte, zusammensetzte und in mich einsaugte.
Fortsetzung folgt
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Vielen Dank für Eure Lesungen, Bewertungen und Kommentare. Die 5 Sterne und die Empfehlung gehen an die Kategorie, die es mir ermöglicht meine Geschichte online zu stellen und meinen Stil mit Hilfe Eurer Kritik zu verbessern.
Aufgrund der Nachfragen werde ich die Geschichte auf alle Fälle fortsetzen und hier einstellen. *freu* *freu* *freu* Toll, dass sie Euch gefällt...Das motiviert mich ungemein daran weiter zu arbeiten...
Ich kennzeichne die Fortsetzung ab sofort immer mit * davor, damit ihr wißt bis wohin ihr beim letzten Mal gelesen habt!
Die böse Maus (Mausimausmaus bei Ciao) weiterlesen schließen -
Indigos Parkbank
Pro:
-
Kontra:
-
Empfehlung:
Nein
Diee Kurzgeschichte existiert bei Yopi nun in drei Versionen. Ich empfehle hier vorab alle drei. Die weiteren Betrachtungen über Parkbänke sind bei den hochgeschätzten Yopi-Mitgliedern Charley und Anachronistin zu finden.
Die Parkbank
Ich kannte diese Parkbank genau. Schon als kleines Kind hatte diese Bank für mich etwas Erlösendes. Die Spaziergänge am Sonntagnachmittag mit den Eltern waren für mich endlos. Die Parkbank am See war regelmäßig mein Etappenziel. Schon hundert Meter davor erhöhte ich die Geschwindigkeit, um mich endlich hinzusetzen. Im Hintergrund die Geräusche des Waldes, im Vordergrund der See mit seinem Schilfgürtel. Die Bank war immer leer. Niemals hatte ich die Situation erlebt, dass sie besetzt war. Oft habe ich diese Überlegung im Kopf durchgespielt, schon zu Beginn des Spaziergangs. Wäre diese Bank besetzt gewesen, mir wäre der ganze Sonntag verdorben gewesen. Es war nie der Fall, also wurde es meine Bank.
Zwanzig Jahre später, bei einem Besuch meiner Eltern, fiel mir diese Parkbank wieder ein. Ich fuhr zunächst in die Stadt, ging in den Buchladen und suchte mir ein Buch aus. Ich wollte ein Buch für mich und die Parkbank, es sollte etwas Passendes sein. Kein Buch erschien mir geeignet, die Klappentexte ließen mich erahnen, dass ich womöglich gar nicht in der Lage war, auf meiner alten Parkbank zu lesen.
Schließlich kaufte ich mir die ZEIT vom Vortag. Diese Zeitung erschien mir dick genug und erhielt mir ein Stück Unverbindlichkeit. Ich konnte sie lesen, musste aber nicht. Ich konnte einzelne Artikel überfliegen, mich vertiefen oder auch nur die zusammengerollte Zeitung neben mir auf der Parkbank ablegen.
Ich fuhr an den Stadtrand, erreichte den neu befestigten Parkplatz, stellte mein Auto ab und ging den altbekannten Weg. Ich hörte den Wald und erblickte von Weitem die Parkbank. War das noch meine Bank? Das konnte eigentlich gar nicht sein. Wie lange hält eigentlich eine Parkbank? Doch keine zwanzig Jahre. Auf jeden Fall war die Parkbank frei. Es war meine Parkbank. Sie war zwar nicht mehr aus Holz, sondern aus Kunststoff. Sie war aber nicht neu, sondern durch die Verwitterung war das Dunkelgrün inzwischen durch einen grauen Nebelschleier überzogen. Auf Anhieb konnte ich erinnern, dass der Standort exakt identisch war. Ich setzte mich, legte meine Zeitung ab und blickte über den See. Ich lauschte den Geräuschen des Waldes und konnte den Geruch erinnern wie das Bohnerwachs mich beim letzten Klassentreffen - nach fünfzehn Jahren - an den Erdkundeunterricht erinnerte. Es war meine Parkbank, mein Wald und mein See.
Ich merkte schnell, dass ich nicht in der Lage war, in der Zeitung zu lesen. Die Zeitung war eine angemessene Begleitung. Sie zwang mich zu nichts, störte mich nicht, sie war aber da. Ich musste inzwischen etwa eine Viertelstunde dort gesessen haben als ich beobachtete, wie sich ein Mensch auf dem Uferweg in meine Richtung bewegte. Weit und breit war absolute Stille und nun ein Mensch. Ich empfand diesen Menschen als Störung, war gleichzeitig neugierig und gespannt. Ich spielte innerhalb von Sekunden die Situation im Kopf durch, wie die Begegnung vor meiner Parkbank ablaufen würde. Wie verhalten sich die Blicke, wie ändert sich die Gehgeschwindigkeit, nimmt sie zu oder nimmt sie ab. Ich beschloss, eine Prognose durchzuspielen. Mein Blick fiel auf die Zeitung, dann wieder auf den Menschen. Der Mensch kam näher, noch etwa 90 Sekunden. Jetzt konnte ich erkennen, dass es sich um eine Frau handelte. – Ich griff mit der linken hand zu der Zeitung. Wollte ich jetzt lesen, so tun als ob? Ich spürte meine Verunsicherung. Lag das daran, dass es eine Frau war? Jetzt konnte ich erkennen, dass die Frau jünger war als ich. In der Hand hielt sie einen Zweig. Und sie lief mit gleichbleibender Geschwindigkeit. – keine 60 Sekunden mehr.
Als sie näher kam, hatte ich die Zeitung in der Hand und hielt sie auf meinem Schoß. Ich weiß nicht, wie sie da hin gekommen ist. Die Frau ging nahezu mit unveränderter Geschwindigkeit auf mich zu, zögerte etwa zehn Meter vor meiner Parkbank, nahm Blickkontakt mit mir auf und fragte, ob sie sich zu mir setzen dürfte. Mit meiner Zeitung deutete ich ohne Worte eine Geste der Zustimmung an. Was hätte ich nur ohne die Zeitung gemacht? Ich hätte kein Wort herausbekommen. Sie setzte sich, etwa so weit weg, so dass zwischen uns noch ein schlanker Mensch gepasst hätte. Ich konnte sie riechen, traute mich jedoch nicht sie zu betrachten. Der Geruch, besser der Duft war ausgesprochen angenehm und passte zum Wald wie eine gezielte Komposition. Ich konnte sehen, dass sie etwas kleiner war als ich. Ich lenkte meinen Blick so auf den See, dass ich ihr Profil wahrnehmen konnte. Sie hatte lange, dunkelblonde Haare, keinen Ohrring im sichtbaren Ohr, einen wohlgeformten Hals und eine schlanke Figur. Ansonsten war ich mir ziemlich sicher, dass ich diese Frau attraktiv und schön fand. Mein Blick richtete sich wieder auf die andere Seite des Ufers. Ich konnte ihre abflachende Atmung hören.
Was würde jetzt passieren? Ich fand die Situation spannend, irritierend und unangenehm. Ich fühlte mich unwohl, wollte aber auch nicht weg. Ich konnte auch nicht weg. Ich konnte weder aufstehen, noch meine Zeitung in die Hand nehmen und lesen. Ich achtete auf meine Atmung, sie hatte den gleichen Rhythmus wie der Atem der Frau. Das war schon mal gut und unauffällig. Oder fiel ihr etwa auf, was mir auffiel? Warum hatte sie sich auf meine Parkbank gesetzt?
Umgekehrt hätte ich es als unhöfliche Störung empfunden, mich einfach zu dieser Frau zu setzen. Gut, es gab nur diese eine Bank weit und breit. Ich hatte schon als Kind überlegt, was ich tun würde, wenn sie belegt ist. Ich habe diese Überlegung jedoch nie abgeschlossen. Die Parkbank war immer frei. Damals haben mich immer meine Eltern geschützt. Hatte ich mich gesetzt, taten sie dies auch. Da zwängt sich dann niemand mehr dazwischen.
Die Zeit verging in Zeitlupe. Ich hatte kein Gefühl mehr für die Dauer dieser Situation. Mein Kopf raste. Wie sollte das hier bloß weitergehen, wie sollte es aufhören? – Eigentlich könnte es mir doch egal sein. Natürlich hört es irgendwann auf. Ich könnte ja bis dahin so tun als wäre sie gar nicht da. Warum hat sie das getan? Was will sie von mir und meiner Parkbank? Ich hielt es langsam nicht mehr aus. Ich wurde immer sicherer, dass nur die Frau die Situation auflösen konnte. Schließlich hatte sie es ja auch eingerührt. Sollte sie doch dafür sorgen, dass es vorbei geht. Aber es ging nicht vorbei.
Nach einer endlosen Zeit passierte es. Ich spürte, wie sich meine Hände auf der Bank aufstützten, die Arme wurden steif und ich schaffte es, mich zu erheben. Ich glaube, ich murmelte so etwas wie eine Verabschiedung und meine Füße trugen mich mit schnellem Schritt in die Richtung, wo mein Auto stand. Nach etwa zehn Metern hörte ich hinter mir ihre Stimme: „ Sie haben Ihre Zeitung vergessen!“ Ich blieb stehen, drehte mich um und ging zurück zur Parkbank.
Es war nicht mehr meine Parkbank. Die Zeitung hatte sich gelohnt. Es war nun unsere Parkbank. Wir sind dann zusammen weiter gegangen, bis heute.
Indigo 2005
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-01-16 14:22:04 mit dem Titel Der Zahnarzt und das Eheproblem
Der Zahnarzt und das Eheproblem
Es ist Freitag, ein lauer Sommerabend und in den Nachbargärten duftet die Grillkohle. Eine Kiste Radeberger, zwölf eingelegte Nackensteaks, rote Kinderkacke von Charley, angeröstetes Baguette, aufgeschnittene Tomaten und ein Teller Gurken runden das spontane Grillvergnügen ab. Schnell noch die Nachbarn fragen, ob sie rüber kommen wollen, und das Grillfest beginnt.
Genüsslich beiße ich in mein kross gegrilltes Schweinenackensteak und spüre plötzlich, dass sich eine Plombe meines Backenzahns selbständig macht. Gut, dass mein Freund und Nachbar Zahnarzt ist. Ich trinke noch einen Schluck Bier und telefoniere kurz mit meinem Nachbarn. Ich schildere ihm die Situation und er bietet mir an, kurz rüber zu kommen, dann werde er mir schnell eine provisorische Füllung einsetzen. Dafür habe er alles zuhause. Gesagt, getan!
Mein Nachbar lässt mich im Wohnzimmersessel Platz nehmen, nimmt die Stehlampe zu Hilfe und erledigt mein kleines Problem innerhalb von zehn Minuten mit seinem Erstehilfeköfferchen aus seinem Saab-Cabriolet. Anschließend trinken wir noch ein gemeinsames Bier, ich biete ihm an, doch rüber zu kommen, aber er lehnt ab. Er hat mit seiner Frau zwei Theaterkarten und muss bald los. So nimmt mein Grillabend doch noch ein gutes Ende.
Drei Wochen später flattert mir von meinem Nachbarn eine Rechnung ins Haus, mit dem Hinweis, ich möge diese doch bitte bei meiner Krankenversicherung einreichen. Etwas irritiert betrachte ich die Rechnung, zucke mit den Schultern und folge am nächsten Tag dem Hinweis.
Zwei Monate später.
Ich sitze abends vor dem Fernseher und warte auf den Beginn des aktuellen Sportstudios. Ich bin allein zuhause und das Telefon klingelt. Mein Nachbar, der Zahnarzt ist dran, schildert mir in dramatischen Zügen die Situation seiner scheiternden Ehe und fragt mich, ob er rüber kommen könne. Er brauche dringend jemanden zum Reden und er vertraue auf meinen Rat. Ich sage zu und zwei Minuten später steht mein Zahnarzt in der Tür. Wir setzen uns ins Wohnzimmer, ich schalte den Fernseher aus und hole eine Flasche Chianti aus dem Keller. Der Abend verläuft, wie er verlaufen muss: Ich höre zu, bündele seine Gedanken, frage nach und gebe Ratschläge. Ich verhalte mich so, wie ich es in meinem Beruf jeden Tag tue. Das Gespräch dauert dreieinhalb Stunden. Kurz nach Mitternacht verlässt mich mein Zahnarzt, schüttelt mir die Hand, bedankt sich noch einmal überschwänglich und geht schlafen.
Zwei Tage später treffe ich meinen Zahnarzt vor der Haustür. Er berichtet mir, wie gut ihm das Gespräch getan habe, dass ich ihm sehr geholfen hätte und er nun konsequent meinen Ratschlägen folgen werde.
Ich sitze wieder zuhause, denke nach und erinnere mich an die Situation des Grillabends, an meinen drohenden Zahnschmerz, die schnelle Hilfe und an die Rechnung. Ich setze mich in mein Arbeitszimmer und schreibe meinem Nachbarn nun auch eine Rechnung. Die Gesamtsumme kalkuliere ich ausnahmsweise so, dass sie dem Rechnungsbetrag meines Zahnarztes auf den Cent entspricht. Ich stelle ihm genau das in Rechnung, was ich hauptberuflich und professionell jeden Tag mache, genauso wie er es umgekehrt getan hat. Die Rechnung führte ein Beratungsgespräch mit Anamnese, Diagnose und Behandlung auf und eine Dauer von 3 Stunden und 25 Minuten. Um auf den gleichen Betrag inkl. Umsatzsteuer zu kommen, habe ich einen Stundenverrechnungssatz von 38,50 Euro angesetzt. Das ist vergleichsweise preiswert.
Nachdem mein Nachbar die Rechnung erhalten hatte, haben wir sechs Wochen nicht mehr miteinander gesprochen. Er hat sie fristgerecht bezahlt und geschwiegen.
Letztens haben wir wieder einmal zusammen gegrillt und uns an diese Episode erinnert.
Wir hatten für diesen Abend ein erfüllendes Thema.
Übrigens war ich gestern Abend zum Grillen eingeladen, bei guten Freunden, im Januar bei knapp 3 Grad über null.
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Die kleine Raupe
15.01.2005, 13:10 Uhr von
awassa
Ich heisse Karo & bin 25 Jahre alt. Zur Zeit mache ich eine Umschulung zur Luftverkehrskauffrau u...Pro:
xxx
Kontra:
xxx
Empfehlung:
Ja
Durch Zufall habe ich meine erste selbstverfasste Kurzgeschichte auf dem PC entdeckt beim Löschen älterer Dateien die man nicht mehr braucht ;-)
Damit sie nicht verschüttet geht, verewige ich sie bei Ciao! :-)
Ich habe mir diese Geschichte auf dem Nachhauseweg von der Kita ausgedacht, da mein Sohn immer geschichten hören wollte und so hab ich begonnen zu reimen... und weil es mir selbst so gut gefiel, habe ich mich zu hause gleich an den PC gesetzt und sie niedergeschrieben *grins*
mein Sohn fand die geschichte immer wieder schön, habe sie ihm auch schon desöfteren aufgesagt... nur irgendwie geriet sie auf meiner fstplatte in vergessenheit, heute gibts dies als gute-Nacht-geschichte :-)
Also vielleicht auch mal was für eure Kleinen???
Na dann viel Spaß beim lesen, würde mich über Urteile dazu freuen!!! :-)
______________________________________
Es war einmal eine kleine Raupe,
ganz häßlich, dick und rund,
sie wohnte in einem großen Garten,
mit anderen Insekten am Bodengrund.
Dort gab es Spinnen, Frösche und Schnecken,
Ameisen, Grillen und Bienen.
Doch die Raupe hatte nicht viele Freunde,
sie war die Häßligste von ihnen.
Sie wurde runder und runder,
ward von den andren geneckt.
Da wurde sie sehr traurig,
und hat sich versteckt.
Tief in eine Blume kroch sie hinein,
dort wollte sie bleiben,
für immer allein...
Nach Tagen fiel dies den Insekten auf.
Da fragte die Grille:
"Wo ist die Raupe mit dem dicken Bauch?"
Der Frosch sprach "Na vielleicht ist sie fortgelaufen."
Da meinte die Schnecke
"Wir sind ja ein mieser Haufen!
Sie war doch sehr nett aber wir warn gemein"
Da fragte das Bienchen
"Wo kann sie nur sein?"
Am nächsten Morgen tauchte ein Schmetterling auf.
Er war wunderschön, ganz gelb mit bunten Punkten drauf.
Alle Insekten waren erstaunt!
Wo der Schönling herkam,
war keinem bekannt.
Da sprach das Tierchen:
"Ihr wißt nicht wer ich bin?
Ich wurde aus der häßlichen Raupe ein Schmetterling!
Ich schlüpfte traurig in eine Blume hinein,
und wollte für immer fort von Euch sein.
Heut morgen dann bin ich wieder erwacht
und konnt es nicht fassen
*die ganze Pracht!*
Nun bin ich das stolzeste Insektentier,
ich bleib jetzt für immer,
lauf nicht mehr fort von hier!"
Die Insekten jubelten alle vor Glück!
Die Biene, der Frosch, alle waren verzückt.
Aus der häßlichen Raupe ward ein Schmetterling!
Und er war immer noch nett,
was für ein Ding!
Und die Moral von der Geschicht:
Beurteile die anderen
nach ihrem Aussehen nicht!
*Autor: Karo K.
*verfaßt am 02.10.03 weiterlesen schließen -
Urlaubsplanung im Hause Grünberg
Pro:
Das Schreiben macht Spaß
Kontra:
muss ich drüber nachdenken
Empfehlung:
Nein
Wieder einmal ist Familienkonferenz angesagt. Urlaub ist das Thema. Es könnte so erfreulich sein, wenn es wirklich eine Konferenz mit gleichen Bedingungen für alle wäre. Wäre man nicht die Frau eines Vollblutmusikers, bzw. die Tochter oder der Sohn eines solchen bisweilen etwas vergeistigten Zeitgenossen, so könnte man dieser Konferenz bestimmt mit einer gewissen Gelassenheit entgegensehen. Aber man ist...!
Musik ist verständlicherweise ein zentrales Thema in dieser Großfamilie. Deshalb werden auch in jedem Urlaub Bratsche, Gitarre und sonstige Instrumente mitgenommen, damit unter der gestrengen Anleitung des Familienoberhauptes Claudio Grünberg sogar oft in freier Natur gute Musik eingeübt und gemacht werden kann. Und wer hier nicht instrumental musizieren kann, ist wenigstens in der Lage, seine wohlklingende Stimme zu erheben und lauthals richtig zu singen und wenn auch das nicht möglich ist, wenigstens im Takte der Musik zu tanzen. Glücklicherweise ist der Stutzflügel bisher zu Hause geblieben. Aber es wäre nicht ganz abwegig, dass der Vater zukünftig den Urlaubsort unter Berücksichtigung eines solchen Kriteriums auswählt.
Um zu wissen, dass seine ihm liebsten Menschen gerne auch mal was anderes als solche anstrengenden Urlaubsreisen unternehmen möchten, müsste der musiktreibende Vater natürlich auf diesem Gebiet eine wesentlich höhere Sensibilität beweisen. Man kann im Leben aber nicht immer alles haben.
So wäre es Jonathan, dem jüngsten Sohn der Familie viel wichtiger, in den zu diesem Zeitpunkt im Nachbarort gastierenden Zirkus "Münchner Taubenzauber" gehen zu können, anstatt in einem weitabgelegenen Urlaubsort Musik zu machen. Er könnte die vielen Zirkuskünstler beim Feuerspucken, Jonglieren, sowie beim Reiten auf den Elefanten beobachten. Sogar eine Nummer mit Reptilien haben sie neu im Programm. Das bekommt man ja wirklich nicht alle Tage im Jahr geboten und in der Schulzeit ist es oft genug nicht möglich, wenn das Lernen wieder angesagt ist. Und genau in diese Zeit, wenn dieser tolle Zirkus in der Nähe gastiert und den neuen Programmpunkt zum ersten Mal bringt, will der Vater den diesjährigen Sommerurlaub legen.
Jonathan ist aber nicht der einzige, der sich mit dem sehr stark bestimmenden Vater manchmal schwer tut.
Paula, seine Schwester hat auch ganz anderes im Sinn. Dieser liebenswerte, ständig die Haarfarbe wechselnde Teenie, denkt seit geraumer Zeit wirklich nur noch an ihren Kurs im Bauchtanz, mindestens einmal in der Woche ins Kino zu gehen und überhaupt an Shopping. Ein trendy Shirt und eine coole Hose ergeben zusammen ein tolles Outfit. Damit angelt sie sich bestimmt dann beim Tanzkurs mal wieder einen netten Jungen, mit dem sie so nebenbei am Wochenende auch mal ausgehen könnte. Sie malt sich in Gedanken schon das Theater ihres Vaters aus, der dafür natürlich herzlich wenig Verständnis zeigt, weil ihm derlei Äußerlichkeiten höchst fremd sind.
Wie sie ihm die Verabredung mit ihrem neuen Schwarm klarmachen soll, weiß sie auch noch nicht recht. Wenn er es erlauben würde, gäbe er ihr vielleicht noch den Rat, mit diesem Jungen ein Duett zu singen. Zuzutrauen wäre es ihm! Schließlich hatte er neulich auch schon gefragt, ob der Holde ein Barockinstrument spielt.
Nein, Väter können so peinlich sein! Allein bei diesem Gedanken huscht ihr dennoch ein Lächeln übers Gesicht.
Außerdem möchte sie verständlicherweise auch nicht jeden Morgen so verbringen wie in der Schulzeit: Gut gelaunt und fröhlich am Frühstückstisch freundlich behauptend, dass Kakao, Brot, Marmelade, Wurst, Käse und Eier wieder vorzüglich schmecken, obwohl sie lieber bis zum hellen Mittag geschlafen hätte. Aber eines hatte sie sich seit langer Zeit schon geschworen. Sie würde diverse Gedichte und vielleicht sogar eine Satire über diesen langweiligen jetzt noch bevorstehenden Urlaub verfassen. Ihr Vater würde vor Zorn sprühen, wenn er wüsste, dass er in ihren Gedichten, besonders aber in ihren Satiren die Hauptrolle spielt. Ihr würde schon so einiges, allerdings eher komisches einfallen.
Paula möchte so viel lieber mit ihren Freundinnen zu Hause bleiben und den lieben langen Tag klönen und um Mitternacht noch Spaghetti mit Tomatensoße kochen. Wenn sie schon verreisen soll, dann höchstens mit Gleichgesinnten nach Korsika. Diesen Wunsch hat sie schon seit dem letzten Jahr. Sie könnte sich sogar bereit erklären, ihre Bratsche mitzunehmen, damit sie den Anschluss im Barockorchester ihres Vaters nicht verpasst. Denn die Mitgliedschaft in diesem Orchester macht ihr schon viel Spaß. Die meisten Jugendlichen dort sind ebenfalls Musikerkinder und stöhnen auch öfter über ihre eifrigen Eltern. Am besten schickt man für diese Zeit seine Eltern alleine auf die Reise. Sollen sie doch ihr Vergnügen haben.
Johannes, der älteste Bruder ist der eher Bequeme in der Familie. Er fährt um des lieben Friedens willen noch mit und hat so seine eigenen Gedanken und Vorlieben, die man ihm schon fast aus der Nase zerren muss. Malen, zeichnen und fotografieren gehört zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Wenn man ihm ein wenig Raum und Ruhe gewährt, ist er derjenige, der auch eher seine kreative Ader auslebt. Aus seinen vielen Fotos entstehen oft ganz wunderschöne Collagen, an denen er sich auch selbst freut. Er hat auch ein recht ausgeglichenes Verhältnis zum Familienoberhaupt, weil sich Kunst und Musik oft ergänzen. Daran haben beide ihre Freude. Wenn die Geschwister, allen voran Paula, etwas beim Vater erreichen wollen, schicken sie Johannes ins Rennen.
Lukas hingegen lebt für den Sport. Er spielt Volleyball in der Schulmannschaft und es geht ganz sicher kein Nachmittag vorbei, an dem er sich nicht mit irgendwelchen Freunden in einer nahegelegenen Sporthalle zum Trainieren trifft. Selbst sportbedingte Verletzungen durch ungeschicktes Fallen auf den Hinterkopf, bei denen einmal sogar das Nähen einer Platzwunde nötig wurde, halten ihn nicht von diesem Eifer ab. Er hat aber nicht nur etwas für Sport mit großen Bällen übrig. Neuerdings findet er auch das Golfen interessant und liegt seinem Vater seit geraumer Zeit mit dem Wunsch in den Ohren, doch endlich mal so einen richtigen Sporturlaub mit Golfkurs zu buchen.
Barbara, die Mutter würde schon mit dem musikalischen Treiben ihres Mannes fertig werden. Sie macht ja ebenfalls viel und gerne Musik, aber liebt auch beschauliche Urlaube, die sie endlich mal von der Hektik des Alltags wegholen und weit weg von zu Hause auf ganz andere Gedanken bringen. Weil sie gerne beobachtet, macht sie oft ganz alleine lange Spaziergänge in die Natur und kann manchmal stundenlang an einem See sitzen und dem Quaken der Frösche zuhören und dabei von all ihren Wünschen und Ideen träumen. Sie schreibt darüber auch gerne kleine Geschichten. Während sie so den Fröschen zuhört, beobachtet sie einige Windsurfer. Sie ist fasziniert von der Leichtigkeit des Windsurfings. Warum gelingt ihr das nicht, auf so einem Surfbrett stehen zu bleiben und sich sanft vom Wind über Wasser und Wellen treiben zu lassen? Wenn sie sich nicht gerade wieder auf einem dieser Spaziergänge ihren Gedanken und Beobachtungen hingibt, findet man sie auch oft bei gemütlichem Licht ein Buch lesend. Bücher über fremde Kulturen haben sie schon immer sehr interessiert.
So hängt jetzt jedes Familienmitglied seinen Gedanken nach und überlegt, was wohl bei den neuerlichen Urlaubsplanungen für alle Beteiligten Interessantes herauskommen wird, bzw. wie man die einzelnen Familienmitglieder mit gescheiten und dazu noch überzeugenden Argumenten auf seine Seite ziehen könnte.
Man kann also sehr gespannt sein, was diese geplante Familienkonferenz bringt.
So treffen sich am Abend alle Mitglieder der Familie vollgepackt mit ihren Überlegungen und zum Angriff bereit. Der Vater, das Familienoberhaupt schaut verschmitzt in die Runde und eröffnet die Konferenz.
Auch er hat sich in den letzten Wochen so seine Gedanken über die letzten Familienurlaube gemacht. Dabei ist er zu der Überzeugung gekommen, dass sie keinem so rechte Freude bereitet haben. Gleichzeitig mit dieser Bemerkung legt er ein paar Dutzend Fotos auf den Tisch und kommentiert so das eine und andere Foto. Es war eine für ihn, wie er sagt, niederschmetternde Erkenntnis. Auf allen Fotos verkniffene oder gelangweilte Gesichter. Dass könne in diesem Jahr nicht wieder passieren. Deshalb habe er sich etwas ganz besonderes für seine Kinder ausgedacht. Die gesamten Sommerferien sollen sie damit verbringen, in einem Sommerlager in der Schweiz das Thaiboxen zu erlernen. Die Anmeldung zu diesem Trainingslager sei auch schon perfekt. Mit diesen Worten legte er noch ein Buch über Thaiboxen auf den Tisch, damit sich alle vier Kinder über das ihnen Bevorstehende gut informieren können.
Er werde während dieser Zeit mit Mama einige musikalische Meisterkurse besuchen und sich so in Ruhe ohne die genervten Kinder weiterbilden und auch entspannen können. Hinterher freue man sich bestimmt wieder aneinander. Das sei doch sicher im Sinne aller Familienmitglieder eine gute Lösung?!
Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so ruhig war es in diesem Moment. Mit allem hatten sie gerechnet und sich auch schon einige Gegenargumente überlegt. Aber Thaiboxen als Alternative zu den vergangenen Urlauben...
antjeeule 06/2004 weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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anonym, 01.09.2006, 17:29 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Liebe Grüße Edith und Claus
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Informationen
Die Erfahrungsberichte in den einzelnen Kategorien stellen keine Meinungsäußerung der Yopi GmbH dar, sondern geben ausschließlich die Ansicht des jeweiligen Verfassers wieder. Beachten Sie weiter, dass bei Medikamenten außerdem gilt: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
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