Pro:
Das Leben kann so schön sein
Kontra:
Es ist nicht immer Sonnenschein
Empfehlung:
Ja
Es soll ein ganz besonderer Bericht werden. Wie ich jedoch feststellen musste, so einfach ist das nicht. An das, was ich schreibe, sollen ja auch möglichst viele Leser interessiert sein. Mit welchem Erfolg ich das schaffe, habe ich nun nicht mehr zu entscheiden. Ich habe das Thema:
“Leben und Lieben im Alter”
gewählt. Einige, die diesen Bericht lesen sind sicher bereits älter und die Jüngeren werde älter, unabhängig davon, ob sie dieses Thema jetzt noch von sich schieben oder nicht. Ich habe festgestellt, dass die Zeit einem davon läuft. Man möchte noch so vieles erledigen und erleben, möchte noch manches kennen lernen und sich immer neue Wünsche erfüllen. Und stets habe ich das Gefühl, die Zeit läuft mir davon.
Nun bin ich fast 68 Jahre alt, 45 Jahre mit den gleiche Mann verheiratet und habe 2 Kinder sowie 6 Enkelkinder. Das Leben hat mich und meinen Mann durch viele Höhen und Tiefen geführt. Durch unsere lebensbejahende Haltung konnten wir stets alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen. Das Leben ist nicht immer Sonnenschein und im Laufe der Jahre sammelt man viele guten aber auch so manche bösen Erfahrungen.Vieles würde ich heute anders machen, einiges gar nicht, aber im nach herein ist man bekanntlich immer klüger.
Die jungen und die alten Menschen:
Ich mußte feststellen, dass junge Menschen oft ein total falsches Bild von uns Älteren haben. Sie haben Vorurteile, glauben, wir hätten im Alter keine Ziele, Hoffnungen und Wünsche mehr und wir würden eben nur noch unsere letzten Jahre so dahin leben.
Ich empfinde das so: Alle Menschen werden älter, sie werden oft kränklicher, unbeholfener und auch meistens langsamer in ihren Bewegungen und im Denken. Das ist eine ganz natürliche Entwicklung und erfordert deshalb Hilfe, Mitgefühl und Achtung des Nächsten und vor allem der jüngeren Leute.
Was mich betrifft, so muss ich sagen, ich war 45 Jahre berufstätig und stehe nach wie vor mitten im Leben, was ich auch von meinem Mann und den meisten Menschen in meinem Bekanntenkreis behaupten kann. Wenn man ein Leben lang geistig aktiv, immer für alles offen und dem Neuen gegenüber stets aufgeschlossen war, dann legt man diese Eigenschaften auch nicht im Alter wie einen alten Hut ab.
Unser Kopf geht nicht in Rente! Unser Kopf arbeitet auch nach Eintritt in den Ruhestand weiter! Was sich geändert hat, ist der Platz in unserer Gesellschaft. Mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben haben sich unsere Aufgaben und unsere Betätigungsfelder verändert. So können wir nun unseren Hobbys nachgehen, vorausgesetzt man hat welche, wir können uns Interessen widmen, für die während des Berufslebens keine Zeit war, und wir können unseren Tagesablauf weitestgehend nach unseren Bedürfnissen und Wünschen einrichten. Wir, mein Mann und ich, erledigen als Rentner keineswegs weniger Aufgaben, es sind eben nur andere. Unser Interessenfeld ist so umfangreich, dass ich immer wieder staune, dass der allgemein bekannte Ausspruch “Rentner haben niemals Zeit” auch auf uns so zutreffend ist. Viele lächeln wenn es um Terminabsprachen geht und ich sage, da müsste ich erst schauen, ob wir nicht schon woanders gebunden sind.
Mein Mann und ich sind gleichaltrig, wir sind geistig sehr mobil und haben die gleichen Interessen. Da ist es natürlich sehr angenehm zusammen alt zu werden, aktiv zu sein und aktiv zu bleiben. Das ist sicher nicht in jeder Partnerschaft so.
Unser Tag fängt ein wenig später an als zu der Zeit, als wir noch im Beruft standen. Im Winter dreht sich bei uns vor 8.30 Uhr kein Rad. Aber dann wird es in der Regel 24.00 Uhr wenn wir zu Bett gehen. Sicher, wir erledigen alles mit mehr Ruhe, sind nicht mehr so hektisch und wir können uns die Arbeit einteilen. Auch als “Feuerwehr” sind wir gut geeignet. Unsere Kinder wissen, wir sind immer telefonisch erreichbar. In der Wohnung per Hausapparat, außer Haus per Handy, das ständig eingeschaltet ist. Sie wissen auch, dass wir zu jeder Tages- und Nachtzeit für sie einsatzbereit sind. So auch für die kleinsten Enkelkinder, wenn sie denn auf Grund irgendwelcher Umstände aus der Kindertagesstätte abgeholt und betreut werden müssen. Auch als Babysitter werden wir oft gebraucht. Aber trotz unserer häufigen “Feuerwehreinsätze” kommen unsere eigenen Interessen, und davon gibt es reichlich, nicht zu kurz.
So machen wir mehrmals im Jahr eine Reise, am Liebsten Kurzreisen um noch so viel wie möglich kennen zu lernen. Regelmäßig gehen wir außer Haus zum Mittag- oder Abendessen, nutzen unser Theateranrecht, machen kleine Fahrradtouren, treffen uns mit Freunden und organisieren Zusammenkünfte- und Feiern für die Familie oder für unsere Freunde. Nun ist das Schreiben für Ciao noch hinzugekommen, was ja bekanntlich auch viel Zeit in Anspruch nimmt.
Außerdem habe ich noch einen Minijob. Der erlaubt mir allerdings nebenher persönliche Arbeiten zu erledigen, wie z. B. Handarbeit, Lesen von Beiträgen in Zeitschriften, Berichte schreiben etc. Meine Kinder waren entsetzt, das ich in meinem Alter noch einen Minijob angenommen habe. Dadurch habe ich ständig guten Kontakt mit den Bewohnern unseres Hochhauses, darunter auch viele ältere Menschen. Nebenbei kann ich auch noch Fernsehsendungen anschauen. Was will ich mehr?
Ich habe festgestellt, die Mehrheit der älteren Leute sitzt nicht im Sesseln und wartet auf den Tod - warum auch? Schließlich ist das Wichtigste was der Mensch besitzt - das Leben, und das wird ihm nur einmal gegeben. Der Tod beendet zwar irgendwann unser Leben, aber geboren sind wir um zu leben, nicht um zu sterben. Also nutzen wir die Zeit!
In den letzten Jahren habe ich immer deutlicher, vielleicht auch bewusster, festgestellt, dass wir Alten doch mehr gebraucht werden, als ich immer glaubte. Nicht nur wir brauchen Hilfe, Zuwendung und Anerkennung. Das brauchen auch die jungen Leute. Sehr deutlich wird das bei uns immer bei den Familienzusammenkünften. In der vertrauten Umbebung, in einer stets etwas feierlichen Atmosphäre im Kreis der Familie werden offen Gedanken ausgetauscht, die so nicht zu jeder Zeit und an jeden Ort geäußert würden. Das trifft sowohl für die Enkelkinder, das älteste Enkelkind ist 22 Jahre alt, als auch für die Kinder und natürlich auch für meinen Mann und mich zu. Wie wichtig den Kindern und Enkelkindern diese Familientreffen sind zeigt alleine die Tatsache, dass sie sich diese Zusammenkünfte nie entgehen lassen. Schließlich werden sie nicht dazu gezwungen.
Zusammenfassend für diesen Abschnitt kann man also sagen, die Jungen brauchen die Alten und die Alten brauchen die Jungen.
Die Sache mit den Wünschen:
Mein ganzes Leben bestand u. a. aus vielen Wünschen, womit ich sicherlich keine Ausnahmen bin. Nicht alle, aber viele konnte ich mir erfüllen. Nun bin ich Rentnerin und es gibt immer neue Wünsche. Das ist das Leben, es ist das bewusste Leben, das ganz normale Leben, das wir uns auch im Alter so bewahrt haben.
Einen ganz besonderen Wunsch hatte ich fast ein ganzes Leben lang. Erst im Alter von
67 Jahren, also vor einem Jahr, wurde er mir erfüllt. Nämlich in eine schöner, großen und hellen Wohnung zu wohnen. So sind wir also in eine Hochhauswohnung gezogen, im 10. Obergeschoss mit Blick über Schwerin, den Seen und den Wäldern. Ein helles, 27qm großes Wohnzimmer mit Fenster von der Decke bis zum Fußboden. Dazu eine große Küche und ein fast ebenso großes Bad. Die Wohnung ist ein Traum! Bevor wir diese Wohnung gemietet haben, hatte ich solche Bedenken wie, in unserem Alter noch umziehen oder wie lange werden wir die neue Wohnung noch genießen können. Mein Mann hat meine Bedenken zerstreut. Er sagte “wenn wir nur ein Jahr in der neuen Wohnung wohnen dürfen, dann hat sich der Umzug schon gelohnt”. Nun werden es im Mai bereits zwei Jahre, ein Traum wurde für mich erfüllt und unsere Lebensqualität hat sich erheblich verbessert. Bis zum heutigen Tag freuen wir uns täglich über unsere neue Wohnung. Fazit, auch im Alter kann man sich mit etwas Mut und Optimismus Freude bereiten.
Ich kaufe für uns auch immer die modernsten Sachen, sowohl für den Haushalt als auch hinsichtlich unserer Kleidung. Das konnte ich nicht, solange unsere Kinder noch im Hause waren und versorgt werden mussten. Nachdem sie selbstständig waren, konnten wir uns auch in dieser Beziehung unsere Wünsche weitestgehend erfüllen.
Wir achte mehr als früher auf ein gepflegtes Äußeres. Nicht das wir unsere Falten zählen, nein, aber einfach deshalb, weil wir am Leben Freude haben und jede Stunde niveauvoll genießen möchten. In unserem Alter zählen solche Sprüche wie “Zeit ist Geld” nicht mehr sondern eher die Weisheit “Vergeudete Zeit ist vergeudetes Leben”!
Wir Alten und die Liebe:
Ich habe die Erfahrung gemacht, das die jüngeren Leute oft glauben, wir Alten hätten keine Gefühle mehr, die wären abgestorben. Weit gefehlt, welch ein Irrtum!
Wie alle anderen Gefühle sind auch die Liebesgefühle im Alter erhalten geblieben. Egal, ob man einen Partner hat, oder nicht. Es sehnt sich jeder nach Liebe, Zärtlichkeit und Geborgenheit. Jeder, ob jung oder alt möchte auch mal in den Arm genommen und wenn nötig getröstet werden. Auch das sind Zeichen der Zuneigung zueinander.
Die Liebe ist bei uns nicht abgeschrieben. Ich unterhalte mich auch viel mit jüngeren Leuten und habe schon mehrmals die Bemerkung, “wie soll das denn noch gehen“, gehört. Ja, wie soll das schon gehen? Das verlernt man doch nicht! Schließlich haben wir unsere Jugend, unsere jungen und jüngeren Jahre auch für die Liebe genutzt. Nun ist es so, die Kinder sind außer Haus, der Berufsstress ist weg, keiner braucht mehr Müdigkeit und Zeitprobleme berücksichtigen, wir sind ausgeruht und vor allem, wir haben immer eine sturmfreie Bude! Also, das Alter ist auch noch eine Zeit für die Liebe. Sicher etwas anders als bei jungen Leute, nicht mehr so häufig, ruhiger, aber nicht weniger intensiv.
Man achtet den Partner, man vertraut ihm, man kennt alle Fehler und Schwächen, man ist aufeinander eingestellt und man liebt jede einzelne Falte, wie mein Mann immer sagt. Man kann sich voll und ganz auf seinen Partner verlassen. Und so gesehen ist es eine schöne, ruhige und ausgeglichene Liebe. Man hat es auch nicht nötig, sich auf faule Kompromisse einzulassen und vor allem hat man im Alter gelernt, dass eine glückliche Beziehung keine Selbstverständlichkeit ist.
Fazit:
Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob es mir gelungen ist, das Leben der älteren Menschen überzeugend darzustellen, bin ich überzeugt, dass es sich lohnt, die Rentner und Pensionäre mit all ihren Möglichkeiten und ihrem Können im täglichen Leben einzuplanen. Wir sind durchaus vollwertige Mitglieder der Gesellschaft und wollen einen aktiven Platz in diesem Gesellschaftsgefüge einnehmen und auch ausfüllen. Es können viele Aufgaben von den älteren Menschen übernommen werden, vorausgesetzt, die zwischenmenschlichen Beziehungen sind auch darauf ausgerichtet.
Wir, mein Mann und ich, nutzen alle sich bietenden Gelegenheiten um aktiv und engagiert zu sein, ohne zu vergessen, unser Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Unsere Kinder sind natürlich sehr froh, dass wir noch alles alleine machen können, keine Hilfe brauchen und sehr viel Hilfe geben. Damit sind wir aber keine Ausnahme, was wir in unseren Bekanntenkreis immer wieder feststellen können. Ich verkenne jedoch auch nicht, dass viele ältere Menschen Hilfe brauchen und diese Hilfe auch von jüngeren Leuten bekommen.
Nun hoffe ich, dass dieses Thema allgemeines Interesse findet und bedanke mich für das Lesen und die Bewertungen.
@ anne66 weiterlesen schließen
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