Pro:
immer 1a Toplagen, gute Erreichbarkeit, gutes Essen, hervorragender Service.
Kontra:
völlig überteuert, lausige Atmosphäre, unattraktive Einrichtung, lange Wartezeiten.
Empfehlung:
Ja
In München gibt es zwei MAREDO Steakhäuser, das eine am Rindermarkt 5, das andere im Tal 8. Beide sind also nur etwa 5 Gehminuten voneinander entfernt und in absoluter, extrem teurer Toplage im Zentrum unweit des Marienplatzes mit seinem pittoresken, taubenkotgeschädigten Rathaus gelegen.
Ich besuchte beide Filialen mehrmals. Die Filiale im Tal ist weitaus kleiner als die am Rindermarkt. Die Filiale am Rindermarkt wirkt zudem wesentlich neuer, weniger abgenutzt und ist generell heller eingerichtet und beleuchtet, als jene im Tal.
Erster Eindruck, was Einrichtung und die ausgestrahlte Atmosphäre in beiden Filialen angeht: Mich erinnert MAREDO an den standardisierten WIENERWALD Chic der Siebziger Jahre. Auch fühlte ich mich an jene größeren Kaufhäuser erinnert, die über eine Mitarbeiterkantine mit angeschlossenem Kundenrestaurant verfügen. Also wohlfühlen kann ich mich in dieser Umgebung nicht. Die ganze Einrichtung scheint auf schnellen Gästeumschlag zu setzen. MAREDO stellt nicht jenes Ambiente zur Verfügung, in dem man gerne tafelt und in geselliger Runde vielleicht nach dem Essen noch gemütlich zu einem Umtrunk beieinandersitzt.
Iss und weg - scheint die Devise.
DIE SPEISEKARTE:
Die Auswahl der angebotenen Gerichte ist sehr reichhaltig. Neben argentinischen Rindersteaks diversen Zuschnitts gibt es auch Gerichte vom Schwein, Lamm, Geflügel (Chicken Wings, Hähnchenbrust, Putensteak) und Fisch (Lachssteak, Catfish, Riesengarnelen). Die Speisekarte erinnert in ihrer Aufmachung an die ebenfalls standardisierten Aushänge bei Fast-Food-Ketten: Brutal bunt, bebildert und somit auch für halbblinde Analphabeten bestens geeignet. Aber, wie immer bei solchen verlockenden Bildchen, sind diese von Food-Designern optisch drapiert, gestylt und retuschiert und sehen auf dem eigenen Teller, von MAREDO Köchen zubereitet, völlig anders aus.
Schein und Sein.
To Steak or not to Steak?
Auf jeder Hochglanzabbildung eines MAREDO-STEAKS ist ein selbsternanntes Prüfsiegel einmontiert. Es sagt: "Kontrollierte MAREDO Qualität", was immer das auch heißen mag. Ich hab allerdings nirgendwo eine zufriedenstellende Erklärung gefunden, worin denn nun diese "kontrollierte MAREDO Qualität" besteht, denn zu einer konkreten Aussage oder gar Verbraucherinformation lässt sich MAREDO nicht herab. Zumal aber sämtliche Flügelgerichte bei MAREDO von der Massenhaltungsfirma und dem Leistungszuchtlieferanten WIESENHOF stammen, erlaube ich mir den Rückschluss, dass es sich bei der selbstgepriesenen "kontrollierten MAREDO Qualität" eben auch nur um die Standards einer industriellen Massenfleischzucht handelt.
Ich befragte interessehalber die sehr zuvorkommende thailändische Kellnerin nach der "kontrollierten MAREDO Qualität".
"Mei, ilgendwä wild's scho macha",
antwortete sie mir achselzuckend in Semi-Bayrisch.
Dieses nichtssagende Prüfsiegel vermag also bestenfalls naive Fleischesser versöhnlich stimmen, aber mich als BSE besorgten Kunden kann es nicht beruhigen und macht mich eher stutzig. Es ist nämlich gar kein Prüfsiegel, es sieht nur so aus. Das grenzt für mich an Vorgaukelung einer Scheinsicherheit, ganz ähnlich wie bei den zahlreich inflationär benutzen Bio-, Light, und "aus gesunder Aufzucht"-Aufdrucken auf Joghurts, Käse- und Eierprodukten im Supermarkt.
Auf der Rückseite der Speisekarte ergeht sich der Geschäftsführer der MAREDO Restaurantkette in einem unsäglichen Geschwafel. Ich zitiere wortwörtlich:
(Zitat Anfang)
Liebe Gäste!
Vielen Dank für Ihren heutigen Besuch in Ihrem Maredo Restaurant. Damit Sie sich bei uns so richtig wohl fühlen, unternehmen wir alle erdenklichen Anstrengungen.
Dazu gehört neben dem Ambiente unserer Restaurants und einer freundlichen, kompetenten Bedienung natürlich die hohe Qualität unserer Speisen.
Wir importieren bereits seit 1969 unser Rindfleisch ausschließlich aus Südamerika. Diese über 30-jährige Tradition garantiert, dass wir Ihnen nur bestes Fleisch anbieten.
(Zitat Ende)
Hier wird also argumentiert, dass die MAREDO Fleisch-Qualität allein schon deshalb garantiert sei, weil man es ja schon seit über 30 Jahren so (ja wie denn?) und nicht anders mache.
Ich geh nun schon seit über dreißig Jahren bei Rot über den Zebrastreifen, wenn gerade kein Auto kommt, aber aus dieser langjährigen "Tradition" würde ich für mich selbst noch keine Vorbildlichkeit ableiten?
Nun gut, ich bin ja nicht zu MAREDO gegangen, um einen propädeutischen Grundkurs in Logik zu absolvieren, sondern weil ich was essen wollte. Was aber auch klar sein sollte: Wenn die Rindersteaks aus Argentinien und das Geflügel von WIESENHOF kommen, dann bereitet MAREDO Frierfleisch zu, und das schmeckt nun mal anders, eben fader als wirkliches Frischfleisch.
Auf der Speisekarte fällt ins Auge, dass sämtliche D-Mark Preise ziemlich unrund aussehen, da das Preisgefüge bereits auf den Euro umgestellt wurde. Kostprobe gefällig?
Rumpsteak
Außen mit typischem Fettrand,
innen zart und fettarm.
180 g (Frischgewicht) DM 19,95 Euro 10,20
250 g (Frischgewicht) DM 24,94 Euro 12,75
Filetsteak
Das zarteste Stück von der
Rinderlende, ohne Fett.
180 g (Frischgewicht) DM 27,58 Euro 14,10
250 g (Frischgewicht) DM 35,69 Euro 18,25
Die bestellten Steaks kommen nackt daher. Jedwede Beilage muss gesondert bestellt werden und wird extra berechnet.
Papa Asada
Gebackene Kartoffel
mit Sauercreme oder Kräuterschaum.
DM 4,21 Euro 2,15
Sauce Provencale
Mit fruchtigen Tomatenstücken,
Zwiebeln und grünen Oliven.
DM 4,50 Euro 2,30
Weizenbier, hell
DM 5.97 Euro 3,05
Salat-Buffet
DM 7,92 Euro 4,05 (ein Teller)
DM 9,97 Euro 5,10 (all you can eat)
Wenn man bei MAREDO Fleisch essen geht und dazu eine Beilage und ein Getränk bestellt, wird man leicht DM 50,00 pro Person los, mit einem Sößchen zum Fleisch und vielleicht noch einem Nachtisch oder Kaffee hinterher, wird man die DM 60,00 mit Sicherheit übersteigen.
DAS IST VIEL ZU TEUER.
Bei meinem Stammitaliener um die Ecke zahle ich für das 200 g Rumsteak MIT Beilagen DM 16,00 und für das Weißbier verlangt der vorzügliche Toskaner DM 3,80. Zudem ist es ein individueller Laden mit nicht industriell standardisierter Einrichtung. Das nur zum Vergleich.
Um so erstaunter bin ich, dass die beiden Münchner MAREDO Lokalitäten zu jeder Tageszeit enorm gut besucht sind und es mitunter etwas dauern kann, bis ein Tisch frei wird. Um wirklich sicher zu gehen, sollte man vorbestellen und einen Tisch reservieren.
Offensichtlich scheint man bei MAREDO schlechte Erfahrungen mit deutscher Klientel gemacht zu haben, denn wozu wäre andernfalls der nachfolgende Zusatz auf der Speisekarte erforderlich?
(Zitat Anfang)
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir (Salat) nach der Anzahl der Personen berechnen, sobald sie andere mitessen lassen.
(Zitat Ende)
Was mir anfänglich als bemühte Aufmerksamkeit des Kellnerpersonals wohltuend auffiel, entpuppte sich alsbald als schnöde Mitesserkontrolle. Wenn man sich beim Essen halbwegs unbeobachtet fühlen möchte, so sollte man bei MAREDO alleine essen gehen. Allerdings bekommt man dann einen Katzentisch am Toiletteneingang zugewiesen, auf dem gerade mal ein Teller und das Besteck Platz finden. Die Speisekarte wird wohl deshalb in einem Ständer senkrecht befestigt, da sie horizontal und zusätzlich aufgeschlagen unmöglich mehr Platz auf dem kleinen Tischchen fände. Für ein zweisam-sinnliches Rendezvous oder ein tète-tète nach fleischlichen Gelüsten ist die MAREDO-Atmosphäre sowieso denkbar ungeeignet.
Das Essen war jeweils gut, das Fleisch genau so (English, Medium, well done) gebraten, wie ich es bestellt hatte. Bestellt man das PFANNENGEMÜSE als Beilage (Eine knackig-frische Mischung aus Paprika, Zwiebeln, Lauch und Champignons; O-Ton Speisekarte), so gibt es dabei zu bemängeln, dass die Beilage extrem zwiebellastig ist. Wirklich gut (und teuer) sind alle Soßen, die es bei MAREDO gibt: Die SAUERCREME zu der gebackenen Kartoffel oder den Kartoffelecken ebenso wie die KRÄUTERSENFSAUCE (DM 4,30), Pfefferrahmsauce (DM 3,81), Sauce nach Art Bérnaise (DM 3,52) oder auch die leckeren Knoblauch- und Salsadips (jeweils DM 1,96). Zumindest übertünchen diese Saucen die gefrierbedingte Fadheit des Fleischgeschmacks.
SERVICE:
Das Servicepersonal ist wirklich fit, freundlich und aufmerksam (nein, ich hab niemanden mitessen lassen, grrrr). Die Mitarbeiter scheinen wirklich ein auf Effizienz und Kundenzufriedenheit hin ausgerichtetes Schulungsprogramm mit antrainierter Freundlichkeit durchlaufen zu haben, da sie sich allesamt irgendwie roboterähnlich gleich verhalten. Etwas gespenstisch ist das schon. Ich habe bei MAREDO auf jeden Fall noch nie einen schlecht gelaunten Kellner erlebt, und wenn er es war, so ließ er es den Gast zumindest nicht merken. Der Service scheint mir auf einem sehr hohen Aufmerksamkeitsniveau ebenso standardisiert zu sein, wie dieselben Preise in allen Filialen, die Einrichtung, die Speisekarte.
Der Service gehört also mit zu den ganz großen Pluspunkten bei MAREDO. Ungewöhnlich lange dauert es jedoch, bis man das bestellte Gericht angereicht bekommt. Bei jedem meiner MAREDO Besuche dauerte es etwa 20 Minuten, die zwischen Bestellung und Servierung verstrichen. Ich kann mir dies nur durch den massiven Besucherandrang erklären, denn ein Filetsteak (English) dauert maximal 4 Minuten.
Zieh'n se sich ne Nummer und stellen sich gefälligst hinten an.
MAREDO ist eine Restaurantkette, ein Unternehmen der Whitbread Restaurants Holding GmbH. Nun müsste man doch eigentlich annehmen, dass sich die industrielle Massenstandardisierung in Bezug auf das Preis-/Leistungsverhältnis positiv zugunsten des Kunden auswirkt, sprich, eine Art Serieneffekt oder Filialbonus durch Großeinkauf preiswerte Gastronomie bietet, also etwa eine Art „McDonalds Steakhouse". Bei MAREDO ist dieser kostenreduzierende Standardisierungseffekt jedoch nicht bis zum Gast durchgereicht worden. Die Preise gleichen eher denen eines gehobenen Nobelschuppens, der MAREDO aber wiederum in keinster Weise ist - dafür ist es schlichtweg zu gewöhnlich. Die Preise sind nach meiner Einschätzung um etwa 40 Prozent überteuert, verglichen mit manch privat betriebenem und besseren Steakhouse.
Auffällig an der MAREDO Strategie scheint mir, dass die einzelnen Filialen IMMER in 1A Toplagen eröffnet werden (Stuttgart/Königstrasse, Berlin/Kudamm). Wer die Mietpreise in diesen Lagen kennt, darf sich als Kunde also nicht wundern, dass er einen Großteil seiner Zeche NICHT für Speis und Trank berappt, sondern für die horrenden Quadratmeterpreise.
FAZIT:
MAREDO macht einen auf Argentinisch. Ich weiß zwar nicht, was typisch argentinisch ist, aber den beiden Münchner Filialen nach zu urteilen, muss Argentinien designmässig ungemütlich und sauteuer sein. Meine überwiegend negative Bewertung von MAREDO beruht trotz guten Essens und hervorragendem Service darauf, dass ich schlicht und ergreifend Besseres und vor allem Preiswerteres in individueller, ansprechenderer Umgebung gewohnt bin.
Das Bessere ist des Guten Feind.
Anmerkung in eigener Sache:
Nach nunmehr eineinhalbjähriger dooyoo-Mitgliedschaft habe ich meine inzwischen angesammelten webmiles in Ermangelung eines brauchbaren Produktes allesamt über Calicado in Maredo-Gutscheine zu je DM 25,00 umtauschen lassen. Müsste ich nunmehr nicht 30 Gutscheine „abfuttern", würden mich keine zehn (argentinischen) Pferde mehr zu MAREDO ziehen. weiterlesen schließen
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