Pro:
Zeitzeugnis vom Beginn der Industrialisierung, das heute noch funktioniert, schöner Ausgangspunkt für Wanderungen im Bergischem Land
Kontra:
nichts
Empfehlung:
Ja
Am 15. Juli 1897 wurde die Müngstener Brücke nach vierjähriger Bauzeit eingeweiht. Sie überspannt die Wupper zwischen den Eisenbahnstationen Solingen-Schaberg und Remscheid-Güldenwerth in einer Höhe von 107 Metern und einer Länge von 465 Metern. Sie ist bis heute die höchste Stahlgitterbrücke Deutschlands. Züge dürfen sie mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h befahren. Erbauer ist die Firma MAN nach den Bauplänen des Elberfelder Kreisbaurats Bormann.
Dies sind die technischen Daten, die ich von der Homepage www.Muengstener-Bruecke.de übernommen habe:
Für die ganze Brücke wurden folgende Materialien verbaut:
Flußeisen 4.734 Tonnen
Gußstahl 125 Tonnen
geschmiedeter Gußstahl 79 Tonnen
Martinstahl 36 Tonnen
Blei 0,10 Tonnen
Schrauben 1,10 Tonnen
Schmiedeeisen/Temperguß 3,20 Tonnen
Summe 4.978,4 Tonnen
Nach Abzug von 37,1 Tonnen Material für die Montage entfielen auf die Hauptbauteile:
Bogen einschließlich Gerüstträger über dem Bogen 2.111 Tonnen
Gerüstpfeiler 1.100 Tonnen
Fahrbahn 991 Tonnen
Gerüstträger 634 Tonnen
Besichtigungswagen 98 Tonnen
Zusammen 4.934 Tonnen
Die Kosten setzten sich folgendermaßen zusammen:
Eisenkonstruktion 2.276.751,22 Mark
Erd- und Mauerwerk 369.635,03 Mark
Zusammen 2.646.386,25 Mark
In einem anderen Teil dieser Informationen ist von einer genehmigten Bausumme von 4.978.000 Goldmark die Rede, so dass ich jetzt nicht entscheiden kann, ob oben eine andere Mark-Währung gemeint ist, oder ob der wirklich bemerkenswerte Fall eingetreten war, dass man mit der Hälfte des angesetzten Betrages ausgekommen ist. Eventuell können im höheren Betrag auch die Kosten für den Grunderwerb für die Grundstücke enthalten sein, auf dem denen die Brücke steht.
Den zweiten Weltkrieg hat die Brücke nur „leicht verletzt“ überstanden. Die Flieger der Engländer haben sie nicht richtig getroffen und den Rückzugs-Sprengbefehl der Deutschen haben die Soldaten unter Einsatz ihres Lebens verhindert. Derjenige, der die berühmte Brücke von Remagen zu spät gesprengt hatte, wurde hingerichtet. So wussten also diejenigen, die zur Rettung der Brücke den Sprengbefehl verzögerten und verweigerten, worauf sie sich einließen.
Ab den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde die Brücke dann sehr oft von einer sehr wichtigen Person befahren: meiner Wenigkeit auf dem Weg zu meinen Lieben in Remscheid und von da wieder zurück nach Hause. Das Überfahren der Brücke auf der nicht elektrifizierten Strecke war jedes Mal ein Erlebnis. Man fuhr durch den schönen Bergischen Wald und blickte in die unendliche Tiefe auf die Wupper, die sich durch das Tal schlängelt und irgendwann in einer Kurve im Wald verschwindet. Ein besonderes Erlebnis ist die Überfahrt im herbstlichen Nebel …
In den sechziger Jahren fuhr noch ganz regulär die Dampflok über die Brücke, später wurden die Züge von Dieselloks gezogen. Inzwischen muss man von Düsseldorf nach Solingen-Ohligs, dem eigentlichen Solinger Hauptbahnhof, wo auch ICEs halten, mit der S-Bahnlinie S7 fahren und dort umsteigen in den Zug nach Wuppertal, der von einer Diesellook gezogen wird. Wer von Wuppertal oder Remscheid aus fahren will, steigt dort in den Zug nach Solingen-Ohligs.
Besonders schön ist ein Spaziergang ab Solingen-Schaberg, das ja direkt an der Brücke liegt. Dort kann man sich entweder auf den Hosenboden setzen und unter den mächtigen Brückenpfeilern nach unten rutschen, Laufen oder Klettern geht auch …, bis man auf den Weg gelangt. Oder man verlässt den Bahnhof ganz zivilisiert auf der Seite, auf der der Weg beginnt, der sich dann den Berg hinunter schlängelt bis zur Wupper. Dort gibt es ein paar Souvenirstände und Wanderwege in den schönen Wald, der ja von oben so endlos aussieht.
Nicht weit ist es bis zu dem romantischen Örtchen Burg an der Wupper, über dem die hier allseits bekannte Burg Schloss Burg thront, die man auf einem wunderschönen Weg zu Fuß oder ganz bequem mit einem kleinen Sessellift erreichen kann. In der Burg befindet sich ein Heimatmuseum, wo es auch immer interessante Angebote für Kinder und Schulklassen gibt.
Am 28./29. Juni wurde zwei Tage lang das 100-jährige Bestehen der Brücke gefeiert mit u.a. großer Lasershow und Sonderfahrten mit historischen Zügen. Leider war ich nicht unter den 180.000 Gratulanten, die zu den Feierlichkeiten gekommen sind.
Nachdem das Brückenfest so gut angekommen ist, beschloss man, dieses jedes Jahr im Oktober zu wiederholen. In einem Jahr war ich dann in Solingen-Ohligs zum Brückenfest. Ein besonderes Highlight für mich, war die Fahrt innerhalb des Ohligser Bahnhofs mit einer kleinen Dampflok. Man konnte beobachten, welche Arbeit früher damit verbunden war, eine Lok zu fahren – und wie „sauber“ es war. Ich sah aus wie ein mittleres …, als ich aus der Lok kletterte.
Außerdem gab es einige Sonderfahrten – zu gesalzenen Preisen – aber das war es mir wert. Ich fuhr die alte Strecke meiner Kindheit über Solingen-Schaberg, Remscheid, Wuppertal und zurück nach Solingen-Schaberg – wieder mit einer Dampflok und den alten Waggons, in denen ich schon als Kind gesessen hatte.
Daran, dass die Dinge aus der Kindheit bereits museumsreif sind, erkennt man danne rstmal, wie alt man selber schon ist *g*
Alles Liebe von Sabine weiterlesen schließen
Bewerten / Kommentar schreiben