Pro:
tolle Architektur, spannendes Museum, man lernt viel über die Geschichte
Kontra:
nichts
Empfehlung:
Ja
INTRO
Dieses Jahr war ich schon das eine oder andere Mal in Berlin – gewohnt habe ich im Meininger Hotel auf der Oranienburger Straße, worüber ich schon ausführlich berichtet habe. Aus meinem Fenster konnte ich schräg gegenüber auf Berlins wohl bestbewachtes Gotteshaus schauen, das ich auch bei vorherigen Berlinaufenthalten besucht habe. Was ich im Centrum Judaicum erlebt habe, erzähle ich euch im folgenden Bericht.
:LAGE & ANREISE
Das Centrum Judacium befindet sich mitten in Berlin-Mitte, in der Neuen Synagoge Berlin. Das prachtvolle Gebäude liegt in der Oranienburger Straße 28-30 in 13437 Berlin und lässt sich bequem per ÖPNV erreichen – Parkplätze sind nämlich eher rar.
Mit der S-Bahn kann man entweder zur Oranienburger Straße oder bis zum Hackeschen Markt fahren, je nach dem welche Linien günstiger sind, wobei die Haltestelle Oranienburger Straße natürlich optimal ist, da man nur kurz die Straße überqueren muss und schon vor dem imposanten Gebäude steht [FOTO 7]. Die S-Bahn Linien 1, 2 und 25 halten an der Oranienburger Straße, die 5,7, 9 und 75 am Hackeschen Markt. Die Tram M1 und M6 halten ebenfalls an der Oranienburger Straße. Am Oranienburger Tor hält die U-Bahn Linie 6, die U-Bahn 8 an der Weinmeisterstraße.
Wenn man gut zu Fuß ist, kann man vom Bahnhof Friedrichstraße auch zu Fuß gehen, die Distanz beträgt knapp 1 km und lässt sich locker binnen 15 Minuten zurücklegen; auf dem Weg gibt es auch einige süße kleine Cafes, bei denen man sich mit Wegzehrung eindecken kann.
:DER ERSTE EINDRUCK
Gerade wenn man zu Fuß die Oranienburgerstraße entlangschlendert, ist das, was zuerst auffällt natürlich die prachtvolle Kuppel der Neuen Synagoge. In blau mit goldenen Ornamenten verziert leuchtet sie gerade bei Sonnenschein [FOTO 5], ist aber auch bei nebelig-regnerischem Wetter ein Lichtblick [FOTO 6].
Kommt man nun näher an die an das Centrum Judaicum, fällt auf, dass es ziemlich gut bewacht und geschützt ist. So gibt es zunächst Poller, die den Bürgersteig vor dem Centrum Judaicum von der Oranienburger Straße abtrennen und dann eine zweite Reihe von Pollen, die durch Ketten miteinander verbunden sind. Zwischen dieser Reihe und den Gittern vor dem Gebäude patroullieren zumeist die Polizisten, die mit größeren, teils auch beängstigenden Schusswaffen ausgerüstet sind.
Auch wenn die Sicherheitsvorkehrungen recht hoch sind, sollte man sich die Zeit nehmen, das Gebäude von außen genauer anzuschauen. Um einen Blick auf das ganze Gebäude zu bekommen empfiehlt es sich die Straßenseite zu wechseln, wenn man allerdings auch die Gedenktafeln – und sofern Hebräischkenntnisse vorhanden sind – die Inschriften in der Bausubstanz lesen möchte, sollte man allerdings so nah wie möglich an das Gebäude gehen.
:INS CENTRUM JUDAICUM
Sofern man sich die Dauerausstellung, oder eben eine Wechselausstellung im Centrum Judaicum anschauen möchte, sollte man genug Zeit und Geduld mitbringen. Die Sicherheitsleute schleusen einen durch einen Seiteneingang mit Schiebetür in das Museum, dabei werden allerdings verschiedene Sicherheitsschleusen durchlaufen, wie man sie vom Flughafen kennt.
Es empfiehlt sich also als gefährlich einstufbare Sachen zu Hause zu lassen, das erspart böse Blicke und peinliche Nachfragen. Seine Jacke und Tasche kann man an der Garderobe abgeben.
Eine Toilette muss man nicht unbedingt vor dem Besuch der Ausstellung aufsuchen, da jede Etage nicht nur über einen Aufzugzugang, sondern auch über eine sogar behindertengerechte und saubere Toilette verfügt.
Zwischenzeitlich muss man allerdings noch bezahlen; an der Kasse erklären einem freundliche Mitarbeiter alles Nötige – man kann zudem einige Bücher und Postkarten kaufen und verschiedene Flyer mitnehmen.
:EINTRITT
Um die Dauerausstellung im Centrum Judaicum besichtigen zu können, benötigt man eine gültige Eintrittskarte. Kinder bis 6 Jahre erhalten diese kostenlos.
Für Erwachsene kostet sie 3.50 Euro, eine Besichtigung der Kuppel ist mit Zusatzkosten von 2.00 Euro verbunden. Ermäßigte Eintrittskarten zum Preis von 3.00 Euro bzw. 1.50 Euro für die Kuppel können – so die Website „Schwerbehinderte ggf. einschl. Begleitperson, Schüler und Studenten sowie Arbeitslose und Grundsicherungsempfänger, Wehr- und Ersatzdienstleistende“ kaufen.
Für den Besuch der Wechselausstellungen kommen ggfs. weitere Gebühren dazu. Erkundigt euch am besten vorher. Besonders in diesem Jahr, das in Berlin unter dem Motto „Zerstörte Vielfalt – Diversity Destroyed“ steht, gibt es viele Angebot mit Bezug zur jüdischen Kultur.
:ÖFFNUNGSZEITEN
Immer wieder gerne vergessen wird, dass jüdische Einrichtungen am Schabbat, also Samstags geschlossen haben. Das gilt natürlich auch für das Centrum Judaicum. Geöffnet ist jeweils täglich von Sonntags bis Freitags ab 10 Uhr.
Die Länge der Öffnungszeiten ist tages- und jahreszeitenabhängig, bis 14 Uhr ist allerdings immer geöffnet. Aktuelle Öffnungszeiten, gerade auch was die jüdischen Festtage betrifft, findet man auf der Website: http://www.centrumjudaicum.de/das-haus/besucherinformationen/ - geschlossen ist nicht nur an Weihnachten und Neujahr, sondern auch an Jom Kippur, das in diesem Jahr am 14. September stattfindet.
:WAS IST DAS CENTRUM JUDAICUM?
Nach eigenen Angaben versteht sich das Centrum Judaicum als Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft, als Versammlungshaus, Lehr- und Lernstätte. Auf der Homepage schreibt es „Das Centrum Judaicum hat in diesem Sinne die Aufgabe, die Geschichte der Juden in Berlin und seinem Umfeld aufzuarbeiten. Es will an die Leistungen der jüdischen Bevölkerung erinnern und das Gedenken an die jüdischen Opfer bewahren. Es archiviert die entsprechenden Dokumente, arbeitet sie auf und publiziert sie.“ Zusätzlich zu diesem Zweck, also die zumeist nichtjüdischen Besucher und Touristen zu informieren, hat sich das Centrum Judaicum einer weiteren Aufgabe verschrieben. Nach eigenen Angaben ist „Das Centrum Judaicum ist eine Informationsstelle für jüdisches Leben und sieht sich als Brücke zwischen ost- und westeuropäischem Judentum, indem es jüdische Positionen zu Themen unserer Zeit formuliert.“
Entstanden ist die Idee zum Centrum Judaicum im Sommer 1988 – damals war Deutschland noch geteilt – als „Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“. Verbunden war damit der Auftrag, die alte „Neue Synagoge“ in der Oranienburgerstraße als Denk- und Mahnmal wieder aufzubauen und sie zu einem jüdischen Kulturzentrum zu machen.
Im November desselben Jahres, am 50. Jahrestag der Pogromnacht legte man dann den Grundstein, bzw. die Gedenktafel für den Wiederaufbau der Synagoge an der Oranienburger Straße, wobei man darauf achtete, dass die Spuren, die die Geschichte hinterlassen hatten, sichtbar wurden. Die Gedenktafel habe ich fotografiert [Foto 2], auf ihr steht: "50 Jahre nach der Schändung DIESER SYNAGOGE und 45 Jahre nach ihrer Zerstörung wird dieses Haus nach unserem Willen, mit der Unterstützung vieler Freunde in unserem Lande und aller Welt neu entstehen. Jüdische Gemeinde Berlin. 9. November 1988".
Knapp sieben Jahre später wurde im wiedervereinigten Deutschland am 7. Mai 1995, also dem 50. Jahrestag des Kriegsendes, die das Centrum Judaicum eingeweiht.
:TUET AUF DIE PFORTEN – DIE DAUERAUSSTELLUNG
“Tuet auf die Pforten” – so heißt die Dauerausstellung im Centrum Judaicum, ein Titel, der meiner Meinung nach gut zum Auftrag des Centrum Judaicums passt. Allerdings ist der Titel nicht am Reißbrett entstanden sondern hat ein eine tiefere Bedeutung: es ist derjenige Vers aus Jesaja 26:2, der über dem Eingang der Synagoge angebracht ist – wie ihr auf einem der Fotos seht [Foto 3].
In der Dauerausstellung geht es primär um die Geschichte der Neuen Synagoge und des jüdischen Lebens in Berlin. Erzählt wird diese mit verschiedenen Gegenständen, die einen Bezug zur jüdischen Religion haben, aber auch mit ‚Bau- und Einrichtungsresten‘ der zerstörten Synagoge. So findet man neben einem Baumodell der ehemaligen Synagoge verschiedene Dinge des täglichen Gebrauchs, Schriftrollen und aufwändige Wandteppiche, Originalzeugnisse in Briefform und vieles andere mehr. Aber man sieht auch Leerräume, eine Art nicht restaurierten Patio, der beweist, wie groß die Synagoge vor ihrer Zerstörung war.
Behandelt wird dabei grob der Zeitraum zwischen 1866 und 1995, also der Einweihung der Synagoge bis zur Wiedereröffnung als Ausstellungsraum. Diejenigen, die sich etwas mehr für die Geschichte interessieren, finden im nächsten Kapitel einige Informationen.
Des Weiteren sind im Centrum Judaicum Verwaltungs-, Archiv-, und Bibliotheks- und Gebetsräume beherbergt, die jedoch nicht ohne vorherige Anmeldung besucht werden können.
KURZ ETWAS ZUR GESCHICHTE
Ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung im Centrum Judaicum ist natürlich auch die Auseinandersetzung mit der Geschichte, wobei ich hier nur kurz die wichtigsten Daten zusammenfassen werde. Vor mehr als 400 Jahren, nämlich 1671, wurde die jüdische Gemeinde in Berlin gegründet. Jahre später, im September 1714 eröffnete man dann die erste Synagoge, die sich in der Heidereutergasse befand – diese wurde im Laufe des Zweiten Weltkriegs zerstört, heute erinnert nur noch eine Gedenktafel an sie.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts gab es immer mehr Juden in Berlin, so dass die Synagoge in der Heidereutergasse zu klein wurde. Im Mai 1859 begann man dann mit dem Bau der Neuen Synagoge, die im September 1866 eingeweiht wurde. Geplant und begonnen wurde der Bau von Eduard Knoblauch, der krankheitsbedingt 1859 vom Preußischen Haus- und Hofarchitekten Friedrich August Stüler abgelöst wurde. Knoblauch, das konnte man in den zeitgenössischen Tageszeitungen nachlesen, soll beim Bau von der Alhambra inspiriert worden sein. Nunja – ich kenne die Alhambra, würde diese aber nicht wirklich mit der Synagoge in Verbindung bringen, eher einen allgemein maurisch orientierten Stil mit vielen kleinen aufwändigen Ornamenten, die man auch in der restaurierten Synagoge an der Fassade sieht [FOTO 10].
Traurige Berühmtheit erlangte die Synagoge in der Pogromnacht des Novembers 1938, sie wurde von dem Nazis beschädigt und in Brand gesetzt, wobei Wilhelm Krützfeld, der Polizeichef des zuständigen Polizeireviers, an den heute eine Gedenktafel an der Fassade der Synagoge erinnert durch seine beherztes Eingreifen Schlimmeres verhinderte. Er stellte sich gegen die Nazis, verwies auf den Denkmalschutz des Gebäudes und rief die Feuerwehr. Auch wenn Krützfeld vorschriftsgemäß handelte, wurde er daraufhin schikaniert – heute erinnert eine Gedenktafel an ihn [FOTO 9].
Nachdem das die Synagoge zwischenzeitlich durch die Wehrmacht beschlagnahmt wurde, wurde sie im November 1943 in einer Bombennacht schwer beschädigt; zudem dienten die Ruinen als Baumaterial für die Nazis.
Nachdem Ende des Kriegs gab es nur noch wenige Juden in Berlin, die sich allerdings auch zusammenschlossen. Im damaligen Ost-Berlin (zugegebenermaßen muss ich zugeben, dass ich bei einem meinem ersten Besuch auch überfragt war, ob das Centrum Judaicum in Ost- oder West-Berlin lag, was ich allerdings als gutes Zeichen für die gelungene Wiedervereinigung sehe….) entschied man sich dann im August 1958, den Hauptraum der Synagoge zu sprengen und begründete dies mit Einsturzgefahr; lediglich geringe Teile der Bausubstanz bleiben erhalten; bis in die Achtziger passierte aber nichts Einschneidendes.
Zum hundertjährigen Jübiläum der Errichtung gab es dann weitere Gedenkttafel. „Diese Synagoge ist 100 Jahre alt und wurde am 9. November 1938 IN DER KRISTALLNACHT von den Nazis in Brand gesteckt. Während des II. Weltkrieges 1939-1945 wurde sie im Jahre 1943 durch Bombenangriffe zerstört. Die Vorderfront dieses Gotteshauses soll für alle Zeiten eine Stätte der Mahnung und Erinnerung bleiben. VERGESST ES NIE. Jüdische Gemeinde von Groß-Berlin. Der Vorstand. September 1966". [FOTO 4]
Dann jedoch diskutierte man Kontrovers darüber, ob und wie man die Synagoge wiederaufbauen könnte, wobei man sich Jahre später entschied, die Fassade originalgetreu wieder zu errichten und alles das, was an Fragmenten übrig blieb, entsprechend zu integrieren.
:BESUCH MIT BEGLEITUNG
Mein erster Besuch des Centrum Judaicums liegt schon einige Jahre zurück, wir waren damals auf Klassenfahrt in Berlin und unsere Lehrer hatten sich überlegt, dass wir das Centrum Judaicum besichtigen sollten.
Praktischerweise kann man dort ja verschiedene Führungen für Gruppen buchen, die in verschiedenen Sprachen, so in Deutsch, Englisch, Französisch, Hebräisch, Italienisch und Russisch durchgeführt werden können. Auf der Homepage schreibt das Centrum Judaicum, dass man mindestens 3 Jahre alt sein sollte und die Gruppe nicht mehr als 30 Personen umfassen sollte; beides traf auf uns zu.
Buchen kann man drei verschiedene Führungen, wobei jede den Besuch der Dauerausstellung „Tuet auf die Pforten“ enthält. In der ersten Option besucht man nur die Dauerausstellung, was ca. 1 Stunde in Anspruch nimmt, und bezahlt dazu zusätzlich zum Eintritt für eine deutschsprachige Führung 39 Euro, bzw. 26 Euro ermäßigt, fremdsprachliche Führungen kosten 51 Euro bzw. 39 Euro. In Dauer und Preis ist die Führung, die neben der Dauerausstellung auch die jüdische Religion berücksichtigt und besonders für Kinder ab 3 Jahren geeignet sein soll.
Etwas teurer ist die 150-minütige Führung, die neben der Dauerausstellung einen Spaziergang in der Spandauer Vorstadt enthält; Stopps dabei sind beispielsweise der Jüdische Friedhof, eine ehemalige jüdische Mädchenschule. Zusätzlich zum Eintritt bezahlt man hierfür 78 Euro bzw. 52 Euro für die deutschsprachige Begleitung, fremdsprachliche Führungen schlagen mit 102 Euro bzw. 78 Euro zu Buche.
:BESUCH ALLEINE
Natürlich kann man die das Centrum Judaicum samt Ausstellung auch alleine besuchen. Wenn man allerdings trotzdem nicht auf Hintergrundinformationen verzichten, sich aber nicht durch ellenlange Texte quälen will, könnte der Audioguide eine Alternative sein, den man für 3 Euro Leihgebühr mit durch die Ausstellung nehmen kann.
An verschiedenen nummerierten Stationen kann man sich dann in deutscher, spanischer, englischer oder hebräischer Sprache Informationen anhören.
MEINE ERFAHRUNGEN
Besucht habe ich das Centrum Judaicum erstmals Ende der Neunziger, im Rahmen einer Klassenfahrt nach Berlin, ich muss wohl in der 9. Klasse gewesen sein. Auch wenn der Nationalsozialismus gerade in der Schule behandelt wurde, so wusste ich vom jüdischen Leben nicht mehr, als dass viele Juden im Zweiten Weltkrieg ermordet wurden. Aktuelles jüdisches Leben gab es bei uns in der Provinz kaum, so dass ein Großteil unserer Klasse relativ neugierig war, was uns im Centrum Judaicum erwarten würde. Nunja, geschockt waren wir zunächst von den doch sehr hohen Sicherheitskontrollen, die in der einen oder anderen Taschendurchsuchung endeten, da einige Damen ihre Maniküresets in der Handtasche hatten.
Gebucht hatte man für uns eigentlich einen einstündigen Rundgang durch die Dauerausstellung, bei dem wir auch Informationen zum jüdischen Leben erhalten sollten. Das diese Tour bereits für Kinder ab 3 Jahren geeignet ist, würde ich nicht unbedingt sagen.
Für unsere Klasse war es der erste Kontakt mit jüdischem Leben uns seinen Spuren, und ehrlich gesagt weiß ich noch genau, dass wir alle mit großen Fragezeichen um unseren Guide standen. Die ältere Damen (sie war um die 50, aber für uns war das schon damals sehr alt…) erzählte wahrscheinlich das, was sie zuvor auswendig gelernt hatte, ging aber weder auf unsere Fragen ein, noch wirkte sie sonderlich begeistert von dem, was sie tat. Zu allem Überfluss hab es den berühmten Zeigefinger, der uns dann ausführlichst pauschal erklärte, was die ‚Bösen Deutschen‘ alles im Zweiten Weltkrieg falsch gemacht hatten.
Nach 90 Minuten, die Dame hatte die Zeit um einiges überschritten, erlösten uns dann die Lehrer von ihrem Vortrag und wir hatten minimal Zeit, die Dauerausstellung alleine zu erkunden. Ich weiß, dass Museumspädagogen einen harten Job haben, und sich teilweise auch persönliche Ansichten in die Tour mischen, allerdings war der Besuch in den ersten Jahren des Centrum Judaicums eher weniger gelungen, was vor allem an der mangelnden Erfahrung der Tourleiterin mit naiven Jugendlichen von Land lag. Mittlerweile, das habe ich von befreundeten Lehren gehört, gibt es wirklich fähige Pädagogen, die Schulklassen differenziert und ohne pauschale Schuldzuweisungen durch die Ausstellung lotsen, und dabei auch auf die Verständnisfragen der Besucher eingehen.
Einige Jahre später, im neuen Jahrtausend, hatte ich mittlerweile mein Abitur in der Tasche und war zu einem studienbezogenen Seminar in Berlin. Ich erinnerte mich an das Centrum Judaicum und wollte dieses nun noch einmal in Ruhe und mit zeitlichem Abstand und etwas mehr Wissen über das Jüdische Leben besuchen.
An einem seminarfreien ging ich dann also ins Centrum Judaicum und gönnte mir eine Eintrittskarte mit Kuppelbesuch. Die Ausstellung besuchte ich mit viel Zeit und ohne Audioguide, um mir selbst ein Bild von der Ausstellung zu machen. Im Museum schwirrten einige Mitarbeiter rum, die man ansprechen konnte, und bei Fragen wirklich freundlich weiterhalfen.
Ich hatte genügend Zeit, auch die Architektur der Synagoge, die Leerräume aber auch die Reste der zerstörten Synagoge auf mich wirken zu lassen. Später ging es dann teils zu Fuß, teils mit dem Aufzug hoch in die Kuppel, wobei der Bretterboden doch etwas instabil wirkte und ich kurzzeitig darüber nachdachte, ob ich vielleicht nicht doch Höhenangst bekommen sollte. Im Dachstuhl unter der Kuppel saß ein Berliner Original, ein Mann um die Achtzig, der mir genau erklärte, was man wo sehen konnte. Durch die kleinen Fensterchen [FOTO 8] zeigte er mir zudem, was ich mir unbedingt in Berlin anschauen müsste. Auf Nachfrage erklärte er mir dann auch, wo genau in der Umgebung sich die damaligen Zentren des jüdischen Lebens befanden.
Im Gegensatz zum ersten Besuch, fand ich den zweiten Besuch durchaus gelungen, ich habe viel Zeit gehabt, das Centrum Judaicum zu erkunden und traf dabei auf viele engagierte Mitarbeiter, die sorgfältig auf meine Fragen eingegangen sind.
Beim dritten Besuch war ich dann mit einem Historikergrüppchen unterwegs, das verpeilt wie es war, natürlich den Besuch – in Ermangelung von Terminalternativen – auf einen Samstag gelegt hat, so dass wir nicht ins Museum konnten. Allerdings haben wir an diesem Tag dann die Stationen besucht, die auch in der zweieinhalbstündigen Tour angeboten werden.
So waren ein Stopp am Jüdischen Friedhof in der Großen Hamburger Straße, auf dem u.a. der Philosoph Moses Mendelssohn begraben liegt. Hier sieht man dann auch, dass die Juden ihrer Toten nicht mit Blumen, sondern mit kleinen Steinchen gedenken, die sie auf den Grabstein legen. Zudem haben wir das Ahawa Haus und einige Denkmäler – zumindest von außen – besichtigt und sind dabei über den einen oder anderen Stolperstein gestolpert.
:FAZIT
Das Centrum Judaicum bietet jedem, der sich dafür interessiert, die Möglichkeit, sich in der Dauerausstellung und verschiedenen Wechselausstellungen mit jüdischem Leben und seiner Geschichte in Berlin zu beschäftigen.
Neben einem beeindruckenden Gebäude, das leichte Andalusienurlaubgefühle weckt und vor allem Kunsthistorikerherzen höher schlagen lassen dürfte, mit einer beeindruckenden Kuppel erwarten einen im Innenraum des wohl bestgesicherten Gotteshauses in Berlin verschiedene Realia aus dem jüdischen Leben Berlins.
Ich empfehle auf jeden Fall einen Besuch, dabei sollte man jedoch genügend Zeit mitbringen. Ob ihr dabei nun eine Führung oder einen Audioguide bucht, bleibt natürlich euch überlassen.
Für das Centrum Judaicum, das auch für junge Familien mit Kinderwagen und Rollstuhlfahrer problemlos zugänglich ist, vergebe ich 5 Sterne und eine Empfehlung.
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