Pro:
Ein MUSS aus diversen Gründen - s.Bericht - die Berge mit Burg und "Schloss", die uralte und neuere Geschichte, Kultur, Museen, guter ÖPNV auch ins Umland bis zur ital.Grenze ...
Kontra:
Enge, Gedränge, Verkehrschaos, Preise fürs Essen im restaurasnt außer Pizzerien, Riesenbaustelle im Zentrum wegen Straßenbahnbau für 2 Jahre
Empfehlung:
Ja
Die letzten drei Septemberwochen 2006 verbrachten wir zu viert an der Côte d’Azur in Villefranche sur Mer nahe Nizza. Wir sind mit dem eigenen Auto gefahren und kamen auf dem Hinweg durch Nizza – auf dem Rück weg nimmer! Die Straßenverhältnisse in Nizza sind die nächsten zwei Jahre ein mittlerer Alptraum – nicht nur für uns, auch für die Einheimischen! – da dort mitten in der Stadt eine Riesenbaustelle ist: eine Straßenbahn wird gebaut. Dies also erstmal als kleine Vorwarnung, falls jemand in dieser Gegend Urlaub machen möchte!
Von Villefranche aus geht alle 15 Minuten ein Bus nach Nizza, der letzte zurück fährt allerdings schon gegen 20 Uhr, aber Züge fahren bis zum späten Abend noch. Ganz allgemein ist mir aufgefallen, dass man in den und in die Städte an der Côte d’Azur gut und günstig mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein kann.
Da also das Autofahren ein Alptraum ist z.Zt., fuhren wir mit dem Bus nach Nizza, auf Französisch Nice, außerdem noch auf offiziellen Hinweisschildern Nissa genannt, ein monegassischer oder südfranzösischer Dialekt? An de ganzen Côte d’Azur entdeckte ich diese Zweisprachigkeit, die aber definitiv nicht italienisch ist, was wegen der nahen Grenze ja nicht abwegig gewesen wäre.
TERRA AMATA – GELIEBTE ERDE
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Als erstes fuhren wir mit der Linie 100 zum prähistorischen Museum Musée de Paléontologie Humaine de Terra Amata und stiegen aus am Arrêt du Port/Gustavin. Es gibt viele Buslinien, die hierher fahren, wo man an unterschiedlichen Haltestellen aussteigen muss, die aber einen der beiden Namen im Namen haben, oder Arrêt Max Barel. Von unserer Halestelle aus waren es nur ei paar Schritte zu laufen, Parkmöglichkeiten habe ich keine gesehen, aber am sinnvollsten sind in Nizza wohl die ausgeschilderten teuren Parkhäuser, von denen man aus dann den Rest zu Fuß oder per Bus erledigen sollte.
Das Museum ist täglich außer Montag und an einigen Feiertagen von 10 – 18 Uhr geöffnet, Eintritt 4 Euro bzw. 2,50 ermäßigt für Studenten etc., als Behinderte brauchte ich hier – glaube ich – gar nichts zu bezahlen. Jeden ersten und dritten Sonntag im Monat ist Eintritt frei.
Nun endlich geht’s ins kleine aber feine Museum, das sich über zwei Etagen erstreckt. Im Erdgeschoss wurde der Fundplatz der Siedlung Terra Amata nachgebaut, und im Hintergrund davon gibt es ein Wandgemälde, das die Menschen – Homo erectus – darstellt, die hier vor 400.000 Jahren gelebt haben. Die Erklärung der einzelnen Fundsachen kann man auf Knopfdruck erfahren – allerdings nur auf Französisch. Es gibt allerdings Papptafeln zum Mitnehmen in verschiedenen Sprachen, u.a. auch Deutsch und Englisch, wo man einige Erläuterungen findet.
Gefunden wurde eine Hütte mit Feuerstelle, Knochenresten, bearbeiteten Steinen und Fußabdrücken von Menschen und Tieren. Da Fotografieren eigentlich nicht erlaubt war, habe ich also fast keine Fotos dort gemacht. Es hieß, dass man bei so einer Art Erinnerungsfoto(s) beide Augen zudrücken würde …
In der ersten Etage dann gab es viele, viele Fundstücke aus verschiedenen Epochen mit ausführlichen französischen Erläuterungen und weniger anhand dieser Papptafeln. Aus all diesen Funden ging hervor, dass hier früher auch Elefanten gelebt hatten. Des weiteren wurde deutlich, dass vor 400.000 Jahren der Meeresspiegel um 26m höher war als heute, die Menschen von Terra Amata, das heute 26m hoch auf dem Mont Boron, der zu Nizza gehört, also damals am Meeresstrand gelebt hatten. Weitere Funde am Strand liegen um so tiefer, je jünger die Populationen von Homo sapiens waren.
Außerdem erfuhren wir auch schon hier, dass die Stadt Nizza griechische Wurzeln hat. Ihr ursprünglicher griechischer Name war NIKEIA, was zu Deutsch „Sieg“ heißt und wonach auch die NIKE-Turnschuhe benannt wurden – nur mal so am Rande vermerkt oder als Eselsbrücke oder so …
In einer Ecke des Museum hatte man dann die Hütte nachgebaut, so wie sie anhand der nicht vergammelnden Fundstücke ausgesehen haben musste. Terra Amata ist übrigens ein lateinischer Name, der auf Deutsch „geliebte Erde“ bedeutet. Woher dieser Name kommt, weiß ich allerdings nicht.
LE CHÂTEAU – DAS SCHLOSS
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Nizza hat ein Schloss? *g*
Vom Museum aus gingen wir dann am Hafen entlang Richtung Altstadt, wo wir allerdings im ganzen Urlaub nie ankamen. Da wir beide gerne wandern gehen und zumindest mir die Enge und das (Verkehrs-)Chaos in der Stadt überhaupt nicht gefielen, verlockte die erste Steigung mit Grün uns gleich dazu, den Berg hinauf zu gehen. Also gingen wir Sträßchen und Treppen hinauf und blickten von oben auf’s Meer und auf die rasant kleiner werdenden Dächer von Nizza herab. Hier in der Gegend ist die Côte d’Azur verdammt steil – man sollte nie vergessen, dass wir uns ja noch in den Alpen befinden, die hier bis ans Meer reichen!
Der Aufstieg zum Schloss hat sich ja wirklich gelohnt! Hier oben gibt es neben den wunderbaren Aussichten in alle vier Himmelsrichtungen auf Stadt, Meer und Alpen nun auch das Schloss, besser gesagt die Ruinen der ehemaligen Festung und einer Marienkathedrale, von der aus Nizza besiedelt worden sein soll – nach den Griechen vermutlich … Die Umrisse der Kirche sind jedenfalls noch gut zu erkennen.
Ganz oben befinden die Friedrich-Nietzsche-Terrassen mit Café, das leider geschlossen war, als wir dort ankamen. Benannt wurden die Terrassen nach dem großen Philosophen, da dieser hier bei seinem Nizza-Aufenthalt gerne spazieren ging.
Hier oben gibt es verschiedene Aussichtsterrassen, wo verschiedene Persönlichkeiten ihre Spuren hinterlassen haben. Viele Mosaike auf dem Boden erinnern an die griechische Vergangenheit Nizzas und die Sagen der Griechen ganz allgemein.
Auf dem Weg nach unten in die andere Richtung, kamen wir an dem künstlich angelegten Wasserfall vorbei, den man auch schon gut von der Straße aus von unten sehen kann. Der Weg führte weiter über Sträßchen und Treppen zum Turm „Tour Bellanda“, der 1825 erbaut wurde und heute ein Schifffahrtsmuseum ist, den wir aber nicht besucht haben. Im 19. Jahrhundert hat hier Héctor Berlioz an einer seiner Opern gearbeitet, als dieser Turm das Domizil einer wohlhabenden Familie war. Ich hoffe, dass ich das richtig aus einer französischen Erklärung entnommen habe.
Unten angekommen gingen wir die Strandpromenade entlang wieder um den Berg herum zum Hafen, um von dort aus mit dem Bus zurück zu fahren. Auf diesem Weg konnten wir auch das monumentale Denkmal, das quasi in den Fels gehauen wurde, bestaunen, an dem wir auf dem Hinweg mit dem Auto vorbei gefahren waren. Mit diesem Monument werden die Gefallenen der beiden Weltkriege von der Stadt Nizza geehrt.
FORT MONT ALBAN
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Von Villefranche aus sah man hoch oben auf den Alpen eine Burg thronen. Wir spielten mit dem Gedanken, auch dort oben hinauf zu laufen, was aber – da wir nicht wussten, wie weit und wie steil es da hinauf ist – weder bei Regen noch bei 30°C angesagt war. Also wurde der „Spaziergang“ auf den St.-Nimmerleinstag verschoben und wir fuhren am letzten Tag mit dem Auto hinauf, denn neugierig, was das nun für eine Burg ist, waren wir ja nun doch.
Die Burg heißt Fort Mont Alban und liegt auf dem Gipfel des 222m hohen Berges Mont Alban, von dem aus man natürlich wieder eine berauschende Aussicht auf’s Meer, die Bucht von Villefranche sur Mer bis fast nach Monaco und die Alpen hat.
Die Burg selbst ist nicht zugänglich, lediglich die Zugbrücke hat man so stabilisiert, dass sie nicht abbricht. Die Burg ist quadratisch gebaut, und wie an allen erhaltenen Burgen, die wir besucht hatten, fielen mir die Ecken auf, die wie Schiffsbuge gebaut waren. Unten am Wasser, wo Überschwemmungen drohten, fand ich das irgendwie noch sinnvoll, aber hier oben auf dem Berg, der bestimmt auch vor prähistorischen 400.000 Jahren weit aus dem Wasser ragte, war mir der Sinn weniger klar.
Das Gebiet am Mont Alban ist ein Naherholungsgebiet mit viel Natur und weiter unten auch Parkanlagen oder so, wo wir allerdings nicht waren, uns aber die vielen Autos und Picknickplätze aufgefallen sind. Als wir dort oben waren und den Trampelpfad um die Burg entlang gingen und einige andere Wanderwege „antesteten“ – bloß nicht zu weit nach unten laufen, man musste ja alles wieder hoch zurück zum Auto! – begegneten uns viele Jogger, die ziemlich aus der Puste waren – verdammt steil hier herauf! Außerdem wird die malerische Aussicht wohl auch für Hochzeitsfotos genutzt, denn wir trafen hier mal wieder ein Brautpaar – wie so viele in diesem Urlaub an verschiedenen malerischen und/oder fotogenen geschichtsträchtigen Orten.
Neben der Burg steht ein mysteriöses kubisches Kunstwerk mit diversen Öffnungen – moderne Kunst halt – deren Sinn sich mir meistens nicht erschließt …
MONT BORON
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Zurück fuhren wir über den nur 178m hohen Zwillingsberg Mont Boron, nach dem der eben erwähnte Naherholungsteil benannt ist. Auch von hier hat man auf dem Circuit de Bellevue, also dem Rundweg der schönen Aussicht, eine schöne Aussicht nach der anderen auf die fast senkrecht darunter liegenden Orte, Landschaften und das Meer, die Bucht des Anges von Nizza und die Rade de Villefranche, also Bucht von Villefranche sur Mer.
Auch hier entdeckten wir alte Befestigungsanlagen, insbesondere einen tiefen Burggraben entlang des Rundwegs. Am Ende des Weges standen wir auf einmal vor einer echten und modernen Befestigungsanlage mit einem dicken eisernen Tor. Die Aufschrift erklärte, dass es sich hier um die Marine Nationale handelte und der Zutritt verboten sei. (Hochgebirgsmarine? *g*)
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Mehr von Nizza selbst haben wir uns nicht angesehen – so doll fand ich das dichte Gedränge und das Verkehrschaos nicht, dass es mich öfter dahin gezogen hätte. Die berühmte Promenade des Anglais sind wir eh gegangen und gefahren, um Richtung Villefranche zu gelangen, am berühmten Hotel Negresco sind wir ebenfalls vorbei gekommen. Die Altstadt muss sehenswert sein und zum Shoppen einladen, und Museen gibt es auch noch reichlich.
Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert wurde die Côte d’Azur das bevorzugte Urlaubsziel der Reichen und schönen, woran viele mondäne Bauten in Nizza und anderswo noch erinnern. Heute empfinde ich die Stadt eher eng, chaotisch, stressig und ungemütlich, aber ich finde, man sollte sie gesehen haben, wenn man eh in der Gegend Urlaub macht. Die von mir beschriebenen Ziele empfinde ich als sehr empfehlenswert. Für Tagesausflüge halte ich Nizza sehr wohl als geeignet, für Urlaub weniger und schon gar nicht mit Kindern, da der Strand direkt an der Hauptverkehrsstraße liegt.
Ganz allgemein finde ich die Strände an der Côte d’Azur nicht besonders schön, da sie wie aufgeschüttet wirken – und es wohl auch sind – und oft aus grobem Sand oder gar Kies bestehen. Zumindest in Villefranche ging es gleich sehr steil ins Wasser, und man versinkt gerade am Wasserrand sehr tief im Sand, so dass zumindest ich dort wenig Halt hatte – bin wegen meiner MS eh nicht immer so 100% sicher auf den Beinen, weshalb Gesunde dort vielleicht weniger Probleme mit haben als ich …
Ich hoffe, ich konnte Euch mit diesem Bericht die Stadt ein wenig näher bringen, und freue mich auf Eure Kommentare, evtl. auch Berichtigungen, wenn ich aus den französischen Erklärungen doch nicht so ganz schlau geworden bin.
Alles Liebe von Sabine :)
Geschrieben für yopi und ciao weiterlesen schließen
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