Die schwarze Kathedrale (Taschenbuch) / Charles Palliser Testberichte
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Pro & Kontra
Vorteile
- spannender krimi
- in Teilen gelungen / Mordfall wirkt interessant ...
- Atmosphäre
- Gutes Abbild des viktorianischen Englands, Mystery-Ansätze
Nachteile / Kritik
- verwirrend
- ... die Auflösung ist dann aber mehr als enttäuschend / langatmig geschrieben / viele unnötige Passagen / sehr steifer Stil / verwirrend
- manchmal komplizierte Handlung
- leider kommt das Teil nicht richtig aus den Puschen und ist zu offensichtlich gestrickt ;-)
Tests und Erfahrungsberichte
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die schwarze kathedrale
30.08.2007, 16:41 Uhr von
margy
Ich lese sehr viel. In anderen Foren schreibe ich unter dem Namen Trolles.4Pro:
spannender krimi
Kontra:
verwirrend
Empfehlung:
Ja
Zum Buch:
Erschienen: 12.2005
Aus der Reihe: «Knaur Taschenbücher»
ISBN-10: 3-426-63229-2
ISBN-13: 9783426632291
Übersetzt von:Sigrid Langhaeuser
Einband: kartoniert
Sonstiges: 18 cm
Erschienen bei: Droemer/Knaur
Seitenzahl: 480
Gewicht: 421 g
Preis: 8,95 €
Auf dem Buchumschlag meines Werkes steht die Kathedrale in schwarzer Farbe vor einem rotgelben Hintergrund.
Zum Autor:
Charles Palliser: Charles Palliser, geboren in Massachusetts, USA, unterrichtete Moderne Literatur und Creative Writing an Universitäten in den USA, in Glasgow und London. Seit dem Erscheinen seines internationalen Bestsellers "Quincunx" lebt er in London und widmet sich ausschließlich dem Schreiben.
Inhaltsangabe:
"England 1881: Eine entsetzliche Entdeckung reißt das kleine Städtchen Thurchester kurz vor Weihnachten aus seiner Idylle. In der Kathedrale wird die Leiche eines lebendig eingemauerten Mannes entdeckt. Bald darauf kommt noch mehr Mysteriöses ans Licht: Manipulationen, gefälschte Dokumente und tief verwurzelte Zwietracht. Dann geschieht ein weiterer Mord ..."
Inhalt:
Es ist die Zeit vor Weihnachten 1881. Es friert und es ist bitterkalt. Edward Courtine, Historiker und Dozent der Uni Cambridge, reist nach Thurchester. Die Einladung für diese Reise erhielt er von einem Mathelehrer dieser Uni, Austin Fickling. Sie waren einst beste Freunde, doch das ist Jahre her. Hier in Thurchester steht eine riesige schwarze Kathedrale, die den Mittelpunkt der Stadt bildet. Die Oberen der Kirche untereinander sind verfeindet, giften sich an, spinnen Intrigen gegeneinander. Fickling scheint auch darin integriert zu sein, findet Courtine, denn er traut seinen Beobachtungen. Ein Mord geschieht, dann ein weiterer, bei der eine jahrhundertealte Leiche aus den Mauern ausgegraben wird. Courtine entwickelt detektivische Fähigkeiten und versucht, hinter die Geheimnisse zu kommen und die Mordfälle aufzuklären.
Meinung:
"Die schwarze Kathedrale" von Charles Palliser ist ein Krimi, der aus 3 Geschichten besteht und zusammengeflochten wird. Die Story beinhaltet uralte Geheimnisse, Verschwörungen und Morde, Intrigen, die gegeneinander gesponnen werden, dunkle Machenschaften, es geht um Kirchenfürsten, die 2 Gesichter haben, um Betrug und Verrat.
Der Roman ist, da er aus 3 Geschichten besteht, wie ein Puzzlewerk, aus lauter Bruchstücken zusammengesetzt. Es entstehen aus diesem Grund auch Zeitsprünge, die bis ins 11. Jahrhundert zurückreichen, was sehr verwirrend ist.
Davon aber abgesehen fand ich den Krimi voller Atmosphäre und auch spannend mit den eingefädelten Geschichten.
Der Stil des Schreibens ist ausgezeichnet und hervorragend, da die Personen bzw. die Figuren Charakter aufzeigen, die zwielichtig sind und von denen sie erst im Laufe der Geschichte selbst etwas bemerken.
Auch die Erzählung Thurchester, einer Bischofsstadt im Süden Englands, der Einwohner und deren Motive. die Handlungen er-schienen mir plastisch und sehr fantasiereich und überaus fesselnd.
Mir persönlich hat es großen Spaß gemacht, diesen Roman zu lesen, ziehe allerdings einen Punkt von der Gesamtbewertung ab, da einige Stellen sehr verworren und verwirrend waren.
Edward Courtine, Historiker und Dozent der Uni Cambridge: Obwohl er beruflich sehr eingebunden ist, ist der Rest des Alltags eher öde und sein Leben eine einzige Lüge. Während der Zeit in Thurchester bemerkt er das allerdings erst, dass er ein selbstgefälliger Mensch ist und seine Überzeugungen falsch. weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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topfmops, 03.09.2007, 18:11 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Och nöh, nicht schon wieder!! Diese Vorschriften über meine Lesegeschwindigkeit nerven.
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Dreimal Mord in einem Buch
Pro:
Atmosphäre
Kontra:
manchmal komplizierte Handlung
Empfehlung:
Ja
- Die schwarze Kathedrale von Charles Palliser -
Das Buch:
Der Historiker Ned Courtine besucht kurz vor Weihnachten 1881 seinen Schul bzw- Studienfreund Austin Fickling in dem kleinen Ort Thurchester, wo letztgenannter an einer Schule als Matehamtik Lehrer in bescheidenen Verhältnissen lebt und arbeitet. Das Bild dieses Ortes wird dominiert und überschattet von der riesigen Kathedrale und dunklen, engen Gassen und einer seltsam unheilschwangeren Atmosphäre.
Zwischen den beiden ( ehemaligen ) Freunden steht eine Angelegenheit von vor 20 Jahren, die die Freundschaft zerstört hat, so dass sich Courtine fragt, warum ihn Fickling überhaupt eingeladen hat. Er hat nur eine Erklärung : Fickling will die Sache aus der Welt schaffen. Die "Sache" erschließt sich dem Zuschauer jedoch erst im Laufe der Zeit.
Dort angekommen, kümmert sich Fickling jedoch nur vordergründig bemüht um seinen "Freund", doch scheint er wesentlich wichtigeres zu tun zu haben, so z.B. Ausflüge mitten in der Nacht.
So hat Courtine Zeit, sich der Geschichte der Katehdrale und einem historischen, bis dato nicht geklärten Mordfall im Umfeld dieser Kathedrale zu widmen. Der Domschatzmeister William Bourgoyne verstarb 1641 und sein Tod konnte nie geklärt werden. Kaum ist Courtine zum ersten mal in der Katehdrale, taucht auch schon im Rahmen von Renovierungsarbeiten hinter einer riesigen Steinplatte eine scheinbar lebendig eingemauerte 200 Jahre alte Leiche auf. Die Lösung dieses alten Rätsels erscheint für alle freigegeben.
Darüber hinaus hofft Courtine im Archiv des Domkapitels Unterlagen über einen längst verstorbenen König zu finden, dessen Auffinden ihm historischen Ruhm und eine bessere Stellung an der Uni verschaffen könnten.
Der dritte Fall ist aktuell und zieht Courtine immer mehr in geheimnisvolle Vorgänge hinein. Der alte Mister Stonex, Bankier, bei dem Courtine und Fickling noch am abend zuvor die Ehre hatten Essen zu dürfen, ist erschlagen, und bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet aufgefunden worden. Der Alte galt als sonderbar und empfing nie Besuch. Warum aber ausgerechnet am abend vor seinem Tod den fremden Mister Courtine ? Ein Rätsel, dass Courtine gezwungen ist zu lösen, um nicht selbst verdächtiger zu werden, als er schon ist.
Der Histiroker macht sich daran, alle drei Angelegenheiten gleichzeitig zu lösen und ist gezwungen zu erkennen, dass sich sein alter Freund, der nachts im Hause und im Ort herum schleicht offensichtlich selbst in eine üble Geschichte verstrickt hat.
Am Ende muß Courtine erkennen, dass es einen ganz anderen Grund für diese Einladung zur scheinbaren Auffrischung einer eingeschlafenen und zerstörten Freundschaft gegeben hat...in diesem Winter kurz vor Weihnachten 1881.
Charles Palliser gelingt es hervorragend, wie auch schon in seinem Ertlingswerk Quicunx das historische englische Leben des ausgehenden 19. Jh. darzustellen. Ein viktorianischer Roman par exellence mit düsteren Bildern, flackerndem Kerzen- und Gaslicht, dunklen Gassen und darüber thronend wie das Schwert des Damokles, die Kathedrale, die mehr als nur ein Geheimnis birgt.
Fazit:
Die Geschichte ist kompliziert, da hier drei Mordfälle in einem aufgearbeitet werden. Jeweils unterschiedliche Handlungen und Situationen dieser Taten beschrieben werden müssen. Dazu kommt, das in diversen Gesprächen Courtines mit Dritten immer wieder verschieden Variationen der Morde und ihrer Motive durchgespielt werden, so dass das Lesen eine hohe Konzentration fordert. Der, der bereit ist, diese zu leisten, wird belohnt mit einer, nach anfänglichen Startschwierigkeiten fesselnden Story, die eigentlich immer mehr zu einem klassischen Krimi im Stile eines "who dunnit " wird. Mir gefällt so etwas persönlich gut und wer solche Stories mag, wird nicht enttäuscht.
Die Charaktere sind hier durchaus gut und nachvollziehbar gezeichnet. Der Historiker und Gelehrte Courtine, der sich für etwas Besseres hält als den Mathe Lehrer Fickling und glaubt es im Leben zu etwas gebracht zu haben, wobei sich im Laufe der Geschichte heraus stellt, das dies mehr Schein als Sein ist. Der haßerfüllte und egoistische Fickling, der darauf brennt, hier sag ich besser nichts mehr...
Dies sind eigentlich die beiden Hauptpersonen, deren unbewältigter Konflikt stets greifbar ist und noch entscheidende Auswirkungen haben wird. weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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2Bee, 08.05.2006, 00:20 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Hey! Super Bericht! sehr hilfreicht! Hier dein <b>>{(((((((((((°></b> <br/>Gruß Tim
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Viktorianisches History-Mystery der gelungenen Art
09.02.2003, 21:01 Uhr von
Hindenbook
Das wär's 'dank' der neuen AGB für mich bei Yopi.de. Mit der Einstellung der 'Zahlungen' kann ich...Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Ja
An einem bitterkalten Tag in der Vorweihnachtszeit des Jahres 1881 begibt sich Edward Courtine, Historiker und Dozent der Universität in Cambridge, auf eine Reise in das alte südenglische Städtchen Thurchester. Austin Fickling, der dort als Lehrer für Mathematik an einer kleinen Schule unterrichtet, hat ihn eingeladen. Courtine ist verblüfft; mehr als zwanzig Jahre hat er seinen ehemals besten Freund nicht mehr gesehen, den er mitverantwortlich dafür macht, dass seine Ehefrau ihn verliess. Aber er ist neugierig und einsam, und außerdem gibt es für ihn auch einen "dienstlichen" Grund, Thurchester einen Besuch abzustatten: In der Bibliothek des Domkapitels vermutet er ein altes Dokument, das eine unter Historikern lange offene Frage entscheiden und Courtine einigen Ruhm eintragen könnte - Ruhm, der ihm gut zupass käme, möchte er sich doch für ein hohes akademisches Amt bewerben.
Thurchester stellt sich als Ort heraus, an dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Die riesige Kathedrale im Zentrum bestimmt das Stadtbild; wie sich herausstellt, nicht nur architektonisch. Courtine findet schnell heraus, dass es heftig gärt unter den Mitgliedern des mächtigen Domkapitels, das schon seit dem Mittelalter die Geschicke Thurchesters zu einem guten Teil bestimmt. Die geistlichen Herren sind einander spinnefeind. Ohne es zu ahnen, gerät Courtine in ein Spinnennetz alter Intrigen. Auch Fickling scheint in die Ereignisse verwickelt zu sein. Courtine fragt sich, wieso ihn der ehemalige Gefährte überhaupt eingeladen hat, denn Fickling macht kaum Anstalten, die alte Freundschaft wieder aufleben zu lassen. Statt dessen ist er nervös und scheint mit Hoffen und gleichzeitig mit Bangen ein mysteriöses, kurz bevorstehendes Ereignis zu erwarten. Wohin schleicht Fickling des Nachts heimlich? Was geht in der abgesperrten Kathedrale vor sich? Wer ist der geheimnisvolle, reiche Mr. Steenix, der sein Haus wie eine Festung gesichert hat? Wieso lädt er, der sonst niemals Besuch empfängt, Courtine und Fickling großzügig dorthin ein - und wer bringt ihn noch am selben Abend auf brutale Weise um?
Noch hat sich der Schrecken über die Bluttat nicht gelegt, als ein zweites Verbrechen offenbart wird: Arbeiter finden bei Umbauarbeiten im Inneren der alten Kathedrale in einer Nische hinter einer steinernen Gedenktafel die Leiche eines Mannes - gefesselt, geknebelt und erstickt, nachdem man ihn bei lebendigem Leibe dort eingemauert hat. Das Entsetzen weicht der Verwunderung, als man erkennt, dass der Körper seit über zweihundert Jahren dort gelegen haben muss.
Der grausige Fund rührt an einem uralten Geheimnis Thurchesters. Zu den ungelösten Rätseln der Stadtgeschichte gehört der Tod des Domschatzmeisters William Burgoyne im Jahre 1641. Der mächtige Kirchenmann hatte sich wegen seiner kompromisslosen Amtsführung zahlreiche Feinde unter den übrigen Domkapitularen gemacht. Kurz nach seiner Ankündigung, ein unglaubliches Verbrechen in den Reihen der Domherren aufdecken zu wollen, begrub ihn in der Kathedrale ein Baugerüst und zerschmetterte seinen Körper bis zur Unkenntlichkeit. Nun stellt sich heraus, dass dieses Opfer gar nicht Burgoyne war, denn seine Leiche ist es, die in der Mauernische gefunden wurde.
Courtine bemüht sich verzweifelt, die Übersicht zu behalten. Er erkennt die zahlreichen Ungereimtheiten im Mordfall Steenix, den das Domkapitel in enger Zusammenarbeit mit dem pompös-unfähigen Polizeichef Antrobus auffällig hastig "geklärt" wissen möchte. Der "Schuldige" ist rasch gefunden - ein junger Mann, der Steenix täglich seine Mahlzeiten ins Haus brachte. Doch Courtine mag angesichts seiner eigenen unbeholfenen Ermittlungen an diese Erklärung nicht glauben. Er kommt allmählich einem groß angelegtem Komplott auf die Spur ...
"Die schwarze Kathedrale" stellt eine vorzügliche Mischung aus historischem Krimi und viktorianischem Schauerroman dar. Uralte Geheimnisse, Intrigen, Verschwörungen, finstere Machenschaften, zwielichtige Kirchenfürsten, Betrug, Verrat und Mord - das sind die Elemente, aus denen Charles Palliser seine Geschichte zusammensetzt. Dieses Rezept hat noch immer zuverlässig seine Wirkung getan und Langeweile an langen Leseabenden verscheucht. Auf die richtige Mischung kommt es dabei an, und Palliser ist ein guter Apotheker. Was wie eine klassische Geistergeschichte aus der Feder Henry (oder besser M. R.) James' beginnt, mündet in eine spannende und vertrackte Krimihandlung, wie sie Charles Dickens ersonnen haben könnte.
Palliser weiss als Historiker sein Fachwissen geschickt in den Dienst eines abenteuerlichen Thrillerpuzzles zu stellen. Die düsteren Geheimnisse von Thurchester werden schlüssig in der "offiziellen" Geschichte verankert. Freilich übertreibt es der Autor ein wenig: Er möchte nicht nur eine, sondern gleich drei Geschichten erzählen - vom Steenix-Mord 1881 (mit einer Coda 1919), vom Burgoyne-Rätsel 1641 und - wieder 1881 - von einer Intrige innerhalb der Historikerzunft. Nummer Eins ist fesselnd, wenn auch ein wenig zu verwickelt, um zu jedem Zeitpunkt einzuleuchten, Nummer Zwei spannungsreich und vorbildlich in der Entwicklung, Nummer Drei wahrscheinlich nur für den Fachmann wirklich von Interesse. Insgesamt fügen sich diese drei Handlungsstränge niemals zu einem harmonischen Ganzen. Es bleibt allerdings zu fragen, ob dies überhaupt in Pallisers Absicht lag. Die Ereignisse von 1641 weisen auffällige Parallelen zum Geschehen von 1881 auf. Das bleibt den Beteiligten allerdings stets verborgen. Letztlich bleibt auch der Steenix-Mord ein historisches Rätsel, wenn es dieses Mal auch nicht zweieinhalb Jahrhundert dauert, bis es gelöst werden kann. Die menschliche Geschichte ist eine Abfolge von Entscheidungen und daraus resultierenden Ereignissen. Ihre Ordnung und Wertung bleibt den Historikern überlassen. Sie sind freilich selbst nur Menschen; sie können sich irren, und sie können die Wahrheit auch verbiegen. Je schmaler die Datenbasis ist, desto höher wird die Möglichkeit eines Missverständnisses - und desto leichter wird es zu betrügen; Palliser belegt beides mit einer Fülle von Beispielen aus dem frühen Mittelalter bis in die Gegenwart. Das ist auch für den Laien schlüssig und regt vielleicht ein wenig zum Nachdenken darüber an, was Geschichte und ihre Erforschung zu leisten vermag - und was sich mit ihrer Hilfe anrichten lässt, wenn man kundig und skrupellos genug ist.
Die Figuren der "Schwarzen Kathedrale" sind gut durchgezeichnet - und sehr "menschlich": Niemand ist, wie er oder sie auf den ersten Blick erscheint, und alle haben sie etwas zu verbergen. Davon ist Edward Courtine, der ehrenhafte Wissenschaftler, keineswegs ausgenommen. Sein scheinbar so erfülltes Leben erweist sich als trist und leer und darüber hinaus als Lüge, mit der er sich selbst zweieinhalb Jahrzehnte betrogen hat. Aber auch als Wissenschaftler ist er nicht so objektiv und unbestechlich, wie er sich selbst gern glauben machen möchte. In der Wolfsgrube des Domkapitels von Thurchester ist er allerdings nur eine Maus, die ebenso zutraulich wie ahnungslos ihrem Ende entgegentrollt. Im Schatten der baufälligen Kathedrale findet ein Kampf ganz anderer Größenordnung statt. Courtine muss erleben, wie das Kartenhaus seines Lebens und seiner selbstgefälligen Überzeugungen Stück für Stück zusammenfällt. Dabei meint Courtine, anders als sein Ex-Freund Fickling, mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen. Das ausgehende 19. Jahrhundert ist eine Welt, in der die moderne Wissenschaft - davon ist Courtine, Kind der Aufklärung, fest überzeugt - schon bald alle Fragen erklären und alle Probleme lösen kann. Als Historiker müsste er es eigentlich besser wissen: Die Welt mag sich verändern, doch die Menschen bleiben dieselben, und die Konflikte der Vergangenheit lösen sich im Licht einer verheissungsvollen Gegenwart und strahlenden Zukunft nicht zwangsläufig in Wohlgefallen auf. Letztlich kann sich Courtine glücklich schätzen, dass man ihn "nur" betrügt; er kommt immerhin mit dem Leben davon und findet sogar die Kraft, seinem Leben endlich eine neue Richtung zu geben; wie wir aus dem fiktiven Nachwort zum "Courtine-Bericht" erfahren, hat er nicht nur die begehrte Stellung bekommen, sondern auch noch einmal geheiratet: fast ein Happy-End, und das einzige, das Palliser seinem Publikum gönnt.
Fazit: "Die schwarze Kathedrale" ist ein spannender, leicht sperriger Thriller, der die Vergangenheit nicht als blosse Schablone benutzt, sondern ihre besonderen Regeln achtet und logisch in die Handlung einzubeziehen weiß. Die häufigen Abschweifungen und einige Längen und tote Gleise in der Handlungsführung lassen sich deshalb leicht verschmerzen. Charles Palliser arbeitet als Schriftsteller weiterhin an sich. Der Fortschritt zu "Quincunx", seinem monumentalen, kaum lesbaren Erstling, ist deutlich: Die ausladenden Stimmungsbilder und Milieustudien einer untergegangenen Epoche werden zunehmend dem Bestreben untergeordnet, eine richtige Geschichte zu erzählen. Warten wir ab, wie Palliser auf seinem Weg weiter vorankommt!
(Copyright 09.02.2003/Dr. Michael Drewniok)
----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2003-02-09 20:01:00 mit dem Titel Viktorianisches History-Mystery der gelungenen Art
An einem bitterkalten Tag in der Vorweihnachtszeit des Jahres 1881 begibt sich Edward Courtine, Historiker und Dozent der Universität in Cambridge, auf eine Reise in das alte südenglische Städtchen Thurchester. Austin Fickling, der dort als Lehrer für Mathematik an einer kleinen Schule unterrichtet, hat ihn eingeladen. Courtine ist verblüfft; mehr als zwanzig Jahre hat er seinen ehemals besten Freund nicht mehr gesehen, den er mitverantwortlich dafür macht, dass seine Ehefrau ihn verliess. Aber er ist neugierig und einsam, und außerdem gibt es für ihn auch einen "dienstlichen" Grund, Thurchester einen Besuch abzustatten: In der Bibliothek des Domkapitels vermutet er ein altes Dokument, das eine unter Historikern lange offene Frage entscheiden und Courtine einigen Ruhm eintragen könnte - Ruhm, der ihm gut zupass käme, möchte er sich doch für ein hohes akademisches Amt bewerben.
Thurchester stellt sich als Ort heraus, an dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Die riesige Kathedrale im Zentrum bestimmt das Stadtbild; wie sich herausstellt, nicht nur architektonisch. Courtine findet schnell heraus, dass es heftig gärt unter den Mitgliedern des mächtigen Domkapitels, das schon seit dem Mittelalter die Geschicke Thurchesters zu einem guten Teil bestimmt. Die geistlichen Herren sind einander spinnefeind. Ohne es zu ahnen, gerät Courtine in ein Spinnennetz alter Intrigen. Auch Fickling scheint in die Ereignisse verwickelt zu sein. Courtine fragt sich, wieso ihn der ehemalige Gefährte überhaupt eingeladen hat, denn Fickling macht kaum Anstalten, die alte Freundschaft wieder aufleben zu lassen. Statt dessen ist er nervös und scheint mit Hoffen und gleichzeitig mit Bangen ein mysteriöses, kurz bevorstehendes Ereignis zu erwarten. Wohin schleicht Fickling des Nachts heimlich? Was geht in der abgesperrten Kathedrale vor sich? Wer ist der geheimnisvolle, reiche Mr. Steenix, der sein Haus wie eine Festung gesichert hat? Wieso lädt er, der sonst niemals Besuch empfängt, Courtine und Fickling großzügig dorthin ein - und wer bringt ihn noch am selben Abend auf brutale Weise um?
Noch hat sich der Schrecken über die Bluttat nicht gelegt, als ein zweites Verbrechen offenbart wird: Arbeiter finden bei Umbauarbeiten im Inneren der alten Kathedrale in einer Nische hinter einer steinernen Gedenktafel die Leiche eines Mannes - gefesselt, geknebelt und erstickt, nachdem man ihn bei lebendigem Leibe dort eingemauert hat. Das Entsetzen weicht der Verwunderung, als man erkennt, dass der Körper seit über zweihundert Jahren dort gelegen haben muss.
Der grausige Fund rührt an einem uralten Geheimnis Thurchesters. Zu den ungelösten Rätseln der Stadtgeschichte gehört der Tod des Domschatzmeisters William Burgoyne im Jahre 1641. Der mächtige Kirchenmann hatte sich wegen seiner kompromisslosen Amtsführung zahlreiche Feinde unter den übrigen Domkapitularen gemacht. Kurz nach seiner Ankündigung, ein unglaubliches Verbrechen in den Reihen der Domherren aufdecken zu wollen, begrub ihn in der Kathedrale ein Baugerüst und zerschmetterte seinen Körper bis zur Unkenntlichkeit. Nun stellt sich heraus, dass dieses Opfer gar nicht Burgoyne war, denn seine Leiche ist es, die in der Mauernische gefunden wurde.
Courtine bemüht sich verzweifelt, die Übersicht zu behalten. Er erkennt die zahlreichen Ungereimtheiten im Mordfall Steenix, den das Domkapitel in enger Zusammenarbeit mit dem pompös-unfähigen Polizeichef Antrobus auffällig hastig "geklärt" wissen möchte. Der "Schuldige" ist rasch gefunden - ein junger Mann, der Steenix täglich seine Mahlzeiten ins Haus brachte. Doch Courtine mag angesichts seiner eigenen unbeholfenen Ermittlungen an diese Erklärung nicht glauben. Er kommt allmählich einem groß angelegtem Komplott auf die Spur ...
"Die schwarze Kathedrale" stellt eine vorzügliche Mischung aus historischem Krimi und viktorianischem Schauerroman dar. Uralte Geheimnisse, Intrigen, Verschwörungen, finstere Machenschaften, zwielichtige Kirchenfürsten, Betrug, Verrat und Mord - das sind die Elemente, aus denen Charles Palliser seine Geschichte zusammensetzt. Dieses Rezept hat noch immer zuverlässig seine Wirkung getan und Langeweile an langen Leseabenden verscheucht. Auf die richtige Mischung kommt es dabei an, und Palliser ist ein guter Apotheker. Was wie eine klassische Geistergeschichte aus der Feder Henry (oder besser M. R.) James' beginnt, mündet in eine spannende und vertrackte Krimihandlung, wie sie Charles Dickens ersonnen haben könnte.
Palliser weiss als Historiker sein Fachwissen geschickt in den Dienst eines abenteuerlichen Thrillerpuzzles zu stellen. Die düsteren Geheimnisse von Thurchester werden schlüssig in der "offiziellen" Geschichte verankert. Freilich übertreibt es der Autor ein wenig: Er möchte nicht nur eine, sondern gleich drei Geschichten erzählen - vom Steenix-Mord 1881 (mit einer Coda 1919), vom Burgoyne-Rätsel 1641 und - wieder 1881 - von einer Intrige innerhalb der Historikerzunft. Nummer Eins ist fesselnd, wenn auch ein wenig zu verwickelt, um zu jedem Zeitpunkt einzuleuchten, Nummer Zwei spannungsreich und vorbildlich in der Entwicklung, Nummer Drei wahrscheinlich nur für den Fachmann wirklich von Interesse. Insgesamt fügen sich diese drei Handlungsstränge niemals zu einem harmonischen Ganzen. Es bleibt allerdings zu fragen, ob dies überhaupt in Pallisers Absicht lag. Die Ereignisse von 1641 weisen auffällige Parallelen zum Geschehen von 1881 auf. Das bleibt den Beteiligten allerdings stets verborgen. Letztlich bleibt auch der Steenix-Mord ein historisches Rätsel, wenn es dieses Mal auch nicht zweieinhalb Jahrhundert dauert, bis es gelöst werden kann. Die menschliche Geschichte ist eine Abfolge von Entscheidungen und daraus resultierenden Ereignissen. Ihre Ordnung und Wertung bleibt den Historikern überlassen. Sie sind freilich selbst nur Menschen; sie können sich irren, und sie können die Wahrheit auch verbiegen. Je schmaler die Datenbasis ist, desto höher wird die Möglichkeit eines Missverständnisses - und desto leichter wird es zu betrügen; Palliser belegt beides mit einer Fülle von Beispielen aus dem frühen Mittelalter bis in die Gegenwart. Das ist auch für den Laien schlüssig und regt vielleicht ein wenig zum Nachdenken darüber an, was Geschichte und ihre Erforschung zu leisten vermag - und was sich mit ihrer Hilfe anrichten lässt, wenn man kundig und skrupellos genug ist.
Die Figuren der "Schwarzen Kathedrale" sind gut durchgezeichnet - und sehr "menschlich": Niemand ist, wie er oder sie auf den ersten Blick erscheint, und alle haben sie etwas zu verbergen. Davon ist Edward Courtine, der ehrenhafte Wissenschaftler, keineswegs ausgenommen. Sein scheinbar so erfülltes Leben erweist sich als trist und leer und darüber hinaus als Lüge, mit der er sich selbst zweieinhalb Jahrzehnte betrogen hat. Aber auch als Wissenschaftler ist er nicht so objektiv und unbestechlich, wie er sich selbst gern glauben machen möchte. In der Wolfsgrube des Domkapitels von Thurchester ist er allerdings nur eine Maus, die ebenso zutraulich wie ahnungslos ihrem Ende entgegentrollt. Im Schatten der baufälligen Kathedrale findet ein Kampf ganz anderer Größenordnung statt. Courtine muss erleben, wie das Kartenhaus seines Lebens und seiner selbstgefälligen Überzeugungen Stück für Stück zusammenfällt. Dabei meint Courtine, anders als sein Ex-Freund Fickling, mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen. Das ausgehende 19. Jahrhundert ist eine Welt, in der die moderne Wissenschaft - davon ist Courtine, Kind der Aufklärung, fest überzeugt - schon bald alle Fragen erklären und alle Probleme lösen kann. Als Historiker müsste er es eigentlich besser wissen: Die Welt mag sich verändern, doch die Menschen bleiben dieselben, und die Konflikte der Vergangenheit lösen sich im Licht einer verheissungsvollen Gegenwart und strahlenden Zukunft nicht zwangsläufig in Wohlgefallen auf. Letztlich kann sich Courtine glücklich schätzen, dass man ihn "nur" betrügt; er kommt immerhin mit dem Leben davon und findet sogar die Kraft, seinem Leben endlich eine neue Richtung zu geben; wie wir aus dem fiktiven Nachwort zum "Courtine-Bericht" erfahren, hat er nicht nur die begehrte Stellung bekommen, sondern auch noch einmal geheiratet: fast ein Happy-End, und das einzige, das Palliser seinem Publikum gönnt.
Fazit: "Die schwarze Kathedrale" ist ein spannender, leicht sperriger Thriller, der die Vergangenheit nicht als blosse Schablone benutzt, sondern ihre besonderen Regeln achtet und logisch in die Handlung einzubeziehen weiß. Die häufigen Abschweifungen und einige Längen und tote Gleise in der Handlungsführung lassen sich deshalb leicht verschmerzen. Charles Palliser arbeitet als Schriftsteller weiterhin an sich. Der Fortschritt zu "Quincunx", seinem monumentalen, kaum lesbaren Erstling, ist deutlich: Die ausladenden Stimmungsbilder und Milieustudien einer untergegangenen Epoche werden zunehmend dem Bestreben untergeordnet, eine richtige Geschichte zu erzählen. Warten wir ab, wie Palliser auf seinem Weg weiter vorankommt!
(Copyright 09.02.2003/Dr. Michael Drewniok) weiterlesen schließen
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Die Erfahrungsberichte in den einzelnen Kategorien stellen keine Meinungsäußerung der Yopi GmbH dar, sondern geben ausschließlich die Ansicht des jeweiligen Verfassers wieder. Beachten Sie weiter, dass bei Medikamenten außerdem gilt: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
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