Pro:
Bremsen, Motor, Getriebe, Fahrverhalten
Kontra:
Eingeschränkte Alltagstauglichkeit
Empfehlung:
Ja
Porsche Boxster S
Ich kann mir vorstellen wie wieder einige Kommentare lauten werden. "Das ist ja keine Langzeiterfahrung die Du das wiedergibst." Richtig, soviel sei vorab gesagt. Nur wo steht denn geschrieben dass es sich um eine Langzeiterfahrung handeln muss ? Es soll das wiedergegeben werden, was man an persönlichen Erfahrungen gemacht hat. Und dies möchte ich gerne und im Detail tun.
Insgesamt bin ich mit dem BoxterS bereits 650 km gefahren.
Einleitung
Über den Sinn und Unsinn eines solchen Autos zu debattieren ist müssig. Doch geb ich ganz offen zu, dass diese Sünde seinen Reiz hat. Der Boxster S übt gerade im offenen Zustand einen unwiderstehlichen Reiz aus. Bulliger, dynamischer, interessanter als die Urversion des Boxsters. Von vorne kaum von einem 911 zu unterscheiden und dann wunderschön geschwungen. Gut, Geschmackssache.
Jedenfalls machte mich der Händler zusätzlich neugierig als er mir versicherte, das der Boxster S der eigentliche Porsche sei. Fahraktiver als der 911er solle er sein.
Raum
Der Boxter ist ein reiner Zweisitzer. Nun bin ich mit 184cm nicht gerade klein geraten. Zumindest aber bin ich schlank. Und ganz ehrlich: Bei 185cm und bis hin zur mässiger Körperfülle sitzt man gut. Alle Formate darüber können es getrost sein lassen.
Hat man erst einmal im sehr tiefen Boxter Platz genommen fühlt man sich eigentlich ganz wohl. Die Sitze elektrisch verstellbar passen. Allerdings vermisse ich eine verstellbare Schenkelauflage. Die Rundumsicht ist mehr als dürftig. Im Auto sieht der Boxster aus als sei er nahezu unendlich breit. Da wo bei den meisten Autos der Motorraum ist befindet sich ein Raum. Kofferraum wäre übertrieben. Eher Raum für ein Schminktäschen. Der Boxster hat einen Mittelmotor der direkt hinter den Sitzen sitzt. Trotzdem lassen sich die Sitze auch für Langbeinige weit genug zurückstellen.
Zum Kopf ist auch bei geschlossenem Verdeck ausreichend Platz.
5 von 10 Punkten
Bedienung
Die Sitzverstellung erfolgt elektrisch (zumindest im Testfahrzeug) und funktioniert einfach und intuitiv. Per Memorytaste lassen sich Spiegel- u. Sitzposition in der gewählten Einstellung speichern.
Die Hebel am Lenkrad lassen sich einfach und logisch bedienen. Bis auf den Hebel für das Tempomat sind diese auf gut zu erreichen.
Eine tolle Konstruktion ist das elektrische Verdeck. Den grossen Knopf mit der Aufschrift "Press" drücken, einen Hebel nach unten ziehen und dann einfach zwischen den Sitzen hinter der Handbremse den Knopf gezogen halten. Bis zu 50 km/h Fahrtgeschwindigkeit öffnet und schliesst das Verdeck zuverlässig in kurzer Zeit.
Die Kopfstützten der Sitze sind ausreichend lang und ganz ehrlich: Man fühlt sich gleich heimisch.
Alles ist da wo man es erwartet. Keine Hebel, Knöpfe oder sonstige Schalter wirken überlagert oder schwer zu bedienen.
Telefon, Navigations, alles lässt sich einfach und nach kurzer Einarbeitung intuitiv bedienen.
Eine Ausnahme: Porsche hat den Zündschlüssel links. Sah wohl ein wenig blöd aus wenn mich jemand nach dem Zündschloss recht hat suchen lassen.
9 von 10 Punkten
Verarbeitung:
Die Verarbeitung wirkt solide und tatsächlich klappert und knirscht es auch in offenem Zustand nirgends. Ein Auto wie aus einem Guss. Allerdings empfehle ich die Ledervollausstattung auch für Amaturenbrett und Türen. Denn der Serienlook von Porsche erinnert eher an Hyundai als an eine Nobelmarke. Beim Cheyenne aber noch mehr als beim Boxster. Der Testwagen war in Leder Vollausstattung.
Ebenso robust wirkt die Dachkonstruktion selbst. Sowohl beim Öffnen und beim Schliessen gibt es keinerlei merkwürdige Geräusche.
9 von 10 Punkten
Motor / Fahrleistungen:
280 PS aus 3.179ccm und 6 Zylindern sollen für 268km/h und 5,5 Sekunden von 0-100 km/h reichen. Soviel zur Theorie.
In der Praxis spielt sich das Szenario eines reinrassigen Sportwagens ab.
Der Motor dreht willig hoch und der Boxster S entwickelt dabei einen einzigartigen Sound. Einmal kurz Zwischengas im Tunnel gegeben und man spürt das brachiale Geräusch, die akustische Orgie. Wie langweilig erscheint dagegen selbst der Sound der BMW Turbine. Und wie öde wirkt dagegen ein Audi oder Mercedes Sound.
Die Beschleunigung selbst ist ebenfalls gewaltig. Theoretisch ist der 1. Gang bis ca. 80 km/h drehbar. Der Drehwille der Maschine beeindruckt. Man wird in den Sitz gepresst und das bis so 230 km/h. Erst dann lässt die Beschleunigung nach und man merkt das eigentlich keiner mehr folgen kann.
Trotz allem gibt sich der Boxster bis 3000 U/min recht zahm. So lässt sich auch gemütlich dahinbummeln. Drehmoment steht jederzeit genug zur Verfügung. In der Theroie sieht das so aus dass 320 Nm konstant bei 4.700 - 6.000 U/min zur Verfügung stehen.
Ehrlich gesagt haben mich kurze Beschleunigungsetappen wesentlich mehr gereizt als lange schnell und geradeaus zu fahren.
Kleine Bemerkung: Liebe Mercedes, BMW oder Audi Fahrer. Der Porsche ist lauter, viel lauter als Eure Weichspülwagen. Der Porsche brüllt wenn er mal richtig loslegt. Auch weil der Motor direkt hinter den Ohren sitzt.
Leistung ist im Überfluss vorhanden.
10 von 10 Punkten
Getriebe
6 knackige Gänge. Die Pedale gehen alle anfangs etwas schwer. Zumindest wenn man von einer Limousine umsteigt hat man das Gefühl zunächst einmal ins Fitnessstudio zu müssen. Allerdings gewöhnt man sich dann doch recht schnell daran.
Das Getriebe dagegen passt auf Anhieb. Die Schaltwege sind kurz und extrem exakt. Kein Hakeln vermiesst das Schalten, kein reinwürgen der Gänge oder Ähnliches. Schalten ist sehr schnell möglich und macht so viel Spass.
Die Gänge sind optimal übersetzt und passen zur giftigen Art der Motorcharakteristik. Hier gibt es nichts zu bemängeln.
10 von 10 Punkten
Fahrverhalten
Das Testahrzeug war mit dem sogenannten elektronischem PASM Fahrwerk ausgestattet. Dazu das sogenannte Sport Chrono Paket.
Ich möchte als Erstes auf die letztgenannte Variante eingehen. Zusätzlich zum einstellbaren Sportmodus gibt es hier ein Anzeige für Rundenzeiten. Und wer den Sportmodus eingestellt hat wird auch nach kürzester Zeit feststellen das man in dieser Einstellung nichts auf der öffentlichen Strasse zu suchen hat. Der Boxster wird in dieser Abstimmung extrem hart, liegt dabei bei glattem Asphalt extrem lange neutral auf der Strasse. Sobald es aber etwas huckelig wird und Strassenschäden oder Gullis den Weg kreuzen ruckelt es mächtig.
Wesentlich besser der normale Modus. Der Boxster ist immer noch hart gefedert, bietet aber einen gewissen Komfort. Hier unterscheidet sich der Boxster vom 911 der komfortabler wirkt.
Das Fahrverhalten ist lange neutral. Wie ein Gokart lässt sich der Boxster durch die Kurven jagen. Die Lenkung ist sehr direkt und bietet sehr guten Fahrbahnkontakt. Klingt alles nach sehr viel lob, aber ehrlich gesagt hab ich noch keine fahraktivere Variante kennengelernt.
Allerdings sollte sich der ungeübte Fahrer verkneifen die elektronischen Hilfen abzuschalten. Das ist auch garnicht nötig. So erlaubt es die Elektronik einen hohen Grenzbereich auszuloten bevor man eher unsanft eingebremst wird. Hier wird nicht sanft geholfen, hier wird das Auto auf Spur gebracht, basta ! Sind die Strassen nass ist es schon fast fahrlässig auf die elektrische Hilfe zu verzichten.
Ansonten hat der Boxster einen wie gesagt sehr hohen Grenzbereich. Man muss schon sehr provozieren um das Heck zum Ausbrechen zu bringen. Etwa in München auf die Ludwigstrasse einbiegen und dabei im 2. Gang richtig Gas geben. Bricht das Heck aus ist Erfahrung nötig. Während beim BMW das Heck meist sanft seine Grenzen ankündigt bricht der Boxster S schlagartig aus. Da er sich wie ein Gokart verhällt hab ich mich ähnlich wie bei meinen alten Gokart Fahrten verhalten und konnte den Boxster ohne Probleme wieder einfangen. Wenn man das draufhat stellt das plötzliche Ausbrechen kein Problem dar.
7 von 10 Punkten
Bremsen:
In der Presse werden Porsche Bremsen fast immer gelobt.
In der Praxis sehen die roten Bremssättel und die grossen Scheiben nicht nur schön aus sondern sind auch extrem wirksam. Selbst von 250 km/h heruntergebremst lassen sie sich sehr gut dosieren und packen wenn nötig so richtig kräftig zu. Von Fading auch nach mehreren Bremsversuchen keine Spur.
Der Bremsweg scheint mir extrem kurz.
Wichtig auch, dass sich die Bremsen bei Nässe gut dosieren lassen.
10 von 10 Punkten
Komfort:
Wie bereits erwähnt ist der Komfort im Sportmodus nicht vorhanden.
Insgesamt ist der Boxster recht laut, das Motorgeräusch jedoch ein Ohrenschmaus. Nur möchte man das wirklich über 500km so haben ?
Die Federung im Normalzustand schluckt zumindest relativ gut. Und vor allem gleichmässig. Weder lange noch kurze Bodenwellen machen hier einen Unterschied.
Man kann das Auto auch schön schaltfaul über die Landstrasse fahren.
Die Sitze passen und sind auch länger komfortabel.
Klimaanlage spricht schnell an.
Das Windschot ist mässig wirksam. Es zieht noch immer auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten gut.
Positiv ist das auch bei hohen Geschwindigkeiten im geschlossenen Zustand keine übermässigen Windgeräusche durch das Verdeck entstehen.
Toll auch das der Wagen trotz 18 Zoll Rädern nicht jeder Spurrille nachrollt. Ganz im Gegensatz zum von mir gefahrenen 5er BMW.
2 von 5 Punkten
Sonstiges
Tja wat gibbet noch zu sagen ?
Die Rundumsicht ist bescheiden. Einparksensoren sollte man sich leisten. Denn weder vorne noch hinten ist das Ende einzuschätzen.
Die Frontscheibe ist nicht ganz so klein wie z.B. bei manchen Alfas. So hat man nach vorne gute Sicht.
Die Scheibenwischer dagegen wirken ein wenig so als wäre es eine Beleidigung das Auto bei Regen zu fahren. Etwas windig und auch nicht sehr grosszügig dimensioniert.
Selbst im kalten Zustand nimmt der Porsche zügig gas an, läuft rund und wird schnell warm.
Die BI-Xenon Scheinwerfer geben sehr gutes Licht auch nach rechts in den Wald hinein.
3 von 5 Punkten
Preis / Verbrauch
Der Verbrauch hat mich überrascht. Mit einem 523i Automatik von BMW betrug der Durchschnittsverbrauch trotz mässiger Fahrweise selten unter 12 Liter. Lt. BMW normal. Mit dem Boxster S verbrauchte ich allerdings auch nicht mehr. Und das bei sehr zügiger Fahrweise. Der Verbrauch geht meiner Meinung in Ordnung. Er lässt sich durchaus auch mit 10 Litern fahren.
Das Testfahrzeug war mit Komplettleder, Navi, Telefon, Sportfahrwerk usw.... nahezu komplett ausgestattet und kostet so ca. 75.000 Euro. Das ist viel Holz. Ein 911er kostet in gleicher Ausstattung, nicht schneller und deutlich unsportlicher ca. 110.000 Euro.
Doch wer sich so ein Auto leistet muss sich fast schon noch eine Limousine leisten. Denn wo soll sonst das Gepäck hin.
3 von 5 Punkten
Fazit
Eine reine Fahrmaschine. Und zu diesem Zweck macht der Boxster S extrem viel Spass. Mehr Spass als jedes andere von mir bisher gefahrene Auto.
Für alles andere taugt der Boxster nicht. Aber dessen ist sich wohl jeder bewusst der sich einen Boxster zulegt.
68 von 85 Punkten
HINWEIS:
Da es sich um einen Sportwagen handelt habe ich die Mehrzahl der Punkte in den Bereichen Motor, Getriebe, Fahrverhalten, Bremsen gegeben.
TIPP:
Wer sich den Boxster S zulegt sollte dringend eine Werksabholung vereinbaren. Lohnt sich !
PS
Als Modelljahr kann ich hier leider nur 2003 angeben. Es handelt sich aber um das aktuelle Model des Jahres 2005 ! weiterlesen schließen
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