Pro:
Ein akzeptabler Song (\"Prince Charming\")
Kontra:
Klangbreiqualität aller übrigen Songs
Empfehlung:
Nein
Einer meiner Vorgänger schrieb, dass diejenigen, die bereits das Vorgänger-Album "Load" nicht mochten, auch "Reload" nicht mögen würden.
Aber auch diejenigen, die "Load" mochten, würden nicht notwendigerweise "Reload" mögen - oder so ähnlich. Dieser Einschätzung kann ich mich uneingeschränkt anschließen. Leider.
Zunächst einmal: Ich gehöre eigentlich NICHT zu denjenigen, die besonders auf Heavy Metal "stehen", gehöre keinem Motorradclub an, finde Headbanging, Lederkluft und lange Haare nicht automatisch besonders cool etc. Zu Metallica bin ich gestoßen über das "St. Anger"- Album, das ich jedoch für PHANTASTISCH halte, da es mir am authentischten von allen mir bekannten Alben Metallicas scheint. Wut, Verzweiflung, Auflehnung, Hadern mit dem eigenen Schicksal, Kampf gegen Midlife-Crisis und Selbsthass, Rohheit, Ungekünsteltheit, gesunde Aggression, dies sind Stichworte, die mir zu St. Anger einfallen. St. Anger ist Musik für (erwachsene?) Leute in der Krise.
Nach St. Anger kaufte ich mir das Black Album, auf dem mir der morbide Charme von "Enter Sandman" und die (höchst kommerziell wirksame) Rebellenballade "Nothing Else Matters" gefiel.
Dann kam "Load", das von vielen eingefleischten Fans, wenn ich es richtig verstehe, nicht gemocht wird, u.a. deswegen, weil die Band sich die Haare kurz schor und die Musik nicht mehr so richtig nach Heavy Metal klang... Na und??? Wer will denn schon 15 Jahre die gleiche Musik und das gleiche Outfit pflegen? Nur wer sich verändert, bleibt sich treu. "Load" beschreitet eindeutig neue Wege, aber "The House Jack Built" und vor allem "Thorn Within" sind geniale Songs mit intensiver Ausdruckskraft, die eben nicht auf allen Sendern gedudelt wurden, aber dennoch nichts an emotionaler Wucht vermissen lassen. Insgesamt ein gutes, kraftvolles Album.
Nun zu "Reload". In der Hoffnung, dass die negativen Kritiken in erster Linie von eingleisig eingefahrenen Metal-Fans verfasst wurden, die sich mit dem neuen Image und dem Erwachsengewordensein der Band nicht abfinden können oder wollen, habe ich mir nun "Reload" erworben. Aber, wie schon an der Namensfindung eigentlich erkennbar, stellt "Reload" mehr oder weniger einen schwachen Abklatsch des Load-Albums dar. Die Songs SIND in der Tat im Vergleich mit "Load" eher mittelmäßig, ja geradezu lieblos heruntergedudelt.
"The Unforgiven II" ist OK, aber wer "The Unforgiven" des "Load"-Albums kennt, bedarf eigentlich nicht mehr dieser (sehr ähnlich klingenden) Nachfolgeversion. Es ist in der Tat wie mit Hollywood-Filmen, die in endlosen Fortsetzungen immer größere Qualitätsverluste erfahren. Die Songs haben sensationsheischende und assoziationsreiche Namen wie "Devil's Dance", "Bad Seed" (Nick Cave lässt grüßen) oder "Fixxxer", die hohe Erwartungen auslösen, die aber dann nicht erfüllt werden.
Während ich dieses schreibe, höre ich Track 7 ("Carpe Diem Baby") und eigentlich höre ich nur einen Klangbrei (Verzeihung James, Lars, Kirk, Jason), dem James Hetfield verzeifelt irgendeinen Sinn abzuringen scheint, leider klingt das ganze nicht sehr überzeugend.
Das einzige Highlight des Albums ist für mich "Prince Charming", es erreicht allerdings nicht die Größe von Songs wie "Enter Sandman" oder "Thorn Within" zum Beispiel, aber es hat einen ähnlich morbid klingenden, selbstironisch anmutenden Touch, sprich, der Traumprinz als "Devil in Disguise", erinnert ein wenig an "Lullabye" von "The Cure", berührt unbewusste Ängste, dass der angebetete Prinz (Prince Charming) in Wirklichkeit ein Monster ist, hat mit Schlaf, Traum und Verderben zu tun ("So wake up sleepy one..."), erinnert ein wenig an Jim Morrison von The Doors (Crystal Ship - "Before you slip into unconsciousness...") usw., aber all das ist eher ERAHNT als wirklich da.
Kurz gesagt, "Reload" hat weder für eingefleischte Romantiker, die auf "Enter Sandman" z.B. anspringen, noch für gitarrensound-besessene Metal Fanatiker viel zu bieten. Insgesamt (leider) ein eher mittelmäßiges Album von Metallica. Also: Warten wir auf das nächste Album... weiterlesen schließen
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