Pro:
gut zur Verdauung
Kontra:
vielleicht ist Averna noch etwas besser
Empfehlung:
Ja
Erst habe ich es nicht glauben können, als ich auf dieser Plattform die Suchmaschine anwarf. „Ramazzotti“ war hier bis kurzem nur als der bekannt, der weiß, wo es z.B. Musik gibt...dove c’è musica. Ich wollte hingegen wissen, wie viele Beiträge bereits über den gleichnamigen Kräuterlikör geschrieben wurden und natürlich, wie viele Cent mir eine Lesung einbringen würde. Fehlanzeige....Aber dafür gibt es ja die Möglichkeit des Produktvorschlags. Das war vor ca. 3 Monaten. Jedenfalls auf einer anderen Plattform.
Bereits heute erhielt ich die Mitteilung, dass meinem neuen Beitrag nichts mehr im Wege stände. Also wozu noch länger warten...Hat ja auch seine Vorteile aus Sicht einer Verbraucherplattform. Dem Tester und Schreiberling wird noch mehr Zeit gegeben, eingehende Erfahrungen mit dem Produkt zu sammeln....hicks. Neben mir liegen die unzähligen Flaschen, die ich während der Wartezeit geleert habe. Schmeckt mir der Ramazzotti überhaupt noch ?! Si, grazie di esistere...sagt Eros, der mich inspirieren soll.
Netterweise habe ich kürzlich noch einen Konkurrenten geschenkt bekommen. Nein, Umberto Tozzi ist es nicht, dennoch....siamo gente di mare. Vielmehr meine ich Averna, den sizilianischen Rivalen. Ein Vergleich bietet sich also an. Mailand oder Madrid? Völlig egal, Hauptsache Italien. Andy Möller hat in diesem Fall völlig recht, auch wenn Madrid immer noch nicht die Hauptstadt von Sizilien ist.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Ramazzotti und LosGatos zueinander fanden. D.h. was den Eros angeht, das liegt in der Tat schon Jahre zurück. Ich saß auf dem ungeliebten Stuhl meines Zahnarztes und eine langwierige Behandlung stand mir bevor. Mein Zahnarzt hatte damals die Idee, seinen Patienten das Leiden erträglicher zu machen, indem er ihnen einen Discman auf den Schoß gab mit einer CD ihrer Wahl. Seitdem weiß auch ich, wo es Musik gibt, nämlich bei meinem Zahnarzt. Nach Kräuterlikör war mir damals gewiss nicht zu Mute. Weder beim Zahnarzt noch überhaupt.
Als ich letztes Jahr zu Weihnachten bei meinen Eltern zu Besuch war, stellte sich nach dem üppigen Essen die Frage nach einem Verdauungstrunk. Digestif könnte man das etwas vornehmer nennen. In Ermangelung geeigneter Alternativen trank ich erstmals einen Ramazzotti. Gegen Kräuterlikör hegte ich immer gewisse Vorurteile. Muss wohl an „Jägermeister“ und dem Seelenverkäufer aus Wolfenbüttel liegen. Aber italienischen Produkten stehe ich natürlich ganz anders gegenüber. Allerdings hatte ich vor Jahren mal einen Fernet Branca getrunken, der schmeckte nach bitterer Medizin. Aber Geschmäcker ändern sich ja manchmal im Laufe der Zeit. Also wagte ich mich an Ramazzotti. Jedenfalls behielt ich diese Gewohnheit auch in den nächsten Tagen nach dem Essen bei. Und auf dem Heimweg nach München bekam ich noch eine Flasche mit auf den Weg (natürlich nicht als Marschverpflegung).
Und seitdem hat es sich bei uns eingebürgert, dass es am Wochenende, wenn wir selbst gekocht haben, zur Abrundung des Essens noch einen Kräuterlikör gibt. Einen Amaro natürlich.
Und jetzt stehen vor mir zwei gleiche Gläser, beide gleichmäßig eingeschenkt. Das linke mit Ramazzotti, das rechte mit Averna. Die Farbe ist fast gleich. Im durchscheinenden Sonnenlicht erscheint der Ramazzotti etwas heller, mit 30% hat er ja gegenüber dem Averna auch 2% weniger Alkohol. In beiden Fällen handelt es sich um uralte Familienrezepte, wobei sich die Hersteller darüber ausschweigen, welche Kräuter jeweils für das spezielle Aroma verantwortlich sind. Die Fratelli (Gebrüder) Ramazzotti lassen uns lediglich wissen, dass sie ihr Unternehmen bereits 1815 in Milano gegründet haben und dass der Ramazzotti, ein Amaro, eine Specialità della Ditta sei. Keine Spezialität von Tante Dittmeyer, einfach nur des Hauses. Angeblich handelt es sich nach Herstellerangaben auf der Flaschenrückseite „um die schönste Art, italienische Lebensfreude auszudrücken“. Ferner könne der Ramazzotti sowohl pur wie auch mit Eis oder einem Spritzer Zitrone getrunken werden. Gerührt oder geschüttelt, diese Frage stellt sich mir nie. Hätten alle Menschen dieser Erde LosGatos’ Geschmack, wären alle Barmixer arbeitslos. Beim Gedanken an Mixgetränke schüttele ich meist nur völlig ungerührt angeekelt den Kopf. Und von der Geschmacksrichtung Zitrone halte ich nun mal gar nichts. Ob Whisky oder Ramazzotti, egal, Hauptsache ...pur.
Nun habe ich also zwei Amari zur Auswahl. Ich nippe an beiden. Zwischendurch neutralisiere ich mit einem Schluck Wasser. Beide vereinen perfekt die Geschmacksrichtungen bitter und süß...amaro e dolce. Nicht zu bitter und nicht zu süß. „Ramazzotti oder Averna?” ist das vielleicht eine Glaubensfrage. Mailand oder Palermo? Nord und Süd oder Fackeln im Sturm. Der Averna schmeckt doch etwas süßer und etwas weniger bitter. Sicher hat die Sonne Siziliens noch viel mehr Kraft für ein vollkommeneres Aroma. Das braucht der Averna auch, um gegen den namhafteren Konkurrenten bestehen zu können.
Jedenfalls geht es auch in Zukunft nach dem Essen am Wochenende bei uns italienisch zu. Amaro oder Espresso? Egal, Hauptsache Italien, am besten beides. Und Averna oder Ramazzotti? Egal, ich werde nicht immer beide gleichzeitig vorrätig haben. Der Ramazzotti kostet übrigens hierzulande um die 10 EURO, Averna habe ich noch nicht selbst gekauft.
Ein langes Wochenende steht bevor, mit hoffentlich viel gutem Essen und einigen Ramazzotti. LosGatos’ Freundin kommt auch gerade nach Hause. Was wollte ich noch sagen? Ach ja, ..tu mi piaci...
Copyright LosGatos
Erstveröffentlichung 28.5.2003
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