Pro:
Schöne Ausstellungsstücke, Kinderecke, behindertenfreundlich
Kontra:
Keine Museumsgastronomie
Empfehlung:
Ja
Der Trend zu immer mehr Ritterfesten und mittelalterlichen Märkten zeigt, daß für diese Periode unserer Geschichte immer mehr Interesse besteht. Aber gibt es auch informative Ausstellungen zu diesem Thema? Die Antwort lautet eindeutig JA. Von einer sehr guten Ausstellung in Speyer möchte ich hier berichten:
LAGE
Die Ausstellung befand sich im historischen Museum der Pfalz gleich neben dem Kaiserdom zu Speyer. Diesmal kam ich mit dem Auto und achtete nach der Abfahrt vom Autobahnkreuz Speyer vor allem auf die Türme des Doms, die mir die Richtung wiesen. Als Bahnfahrer hätte ich übrigens laut Website einen City-Shuttle-Bus vom Bahnhof nehmen können.
PARKEN
Aber diesmal kam ich ja mit dem Auto, das natürlich nicht mit in die Ausstellung durfte. Die Parkplätze waren schon von der Autobahn beginnend recht gut beschrieben und ich fand auch einen freien Platz gleich unter dem Dom. So konnte ich auf dem Weg zur Ausstellung auch einen Blick in den Dom werfen. Der offizielle Parkplatz des Museums wäre allerdings an anderer Stelle der Parkplatz "Festplatz" gewesen, der auch ausgeschildert ist.
EINTRITT
Der Eintritt betrug für mich 7 Euro. Als Eintrittskarte gab es eine sehr schön gestaltete Karte in Rot mit einer Ritterrüstung als Motiv. Der Preis erscheint vielleicht leicht überhöht, das Angebot war für mich aber okay. Bei einem anschließenden Besuch auf den Burgen Trifels bei Annweiler, Hardenburg bei Bad Dürkheim und Haut-Barr im französischen Saverne hätte ich mit der Eintrittskarte einen Euro Ermäßigung auf die dortigen Preise bekommen.
Interessant ist vielleicht auch, das man den Besuch der Ritteraustellung auch mit dem Besuch der Sealife Speyer kombinieren kann. Das Kombiticket hätte für mich 13 Euro gekostet.
GARDEROBE/FOTOGRAFIEREN
Im Eingangsbereich gab es eine bewachte Garderobe, im Halbstock darüber befanden sich absperrbare Schränke, wo ich für einen Euro Pfand meinen Rucksack und meinen Fotoapparat wegsperrte. Aus urheberrechtlichen Gründen war das Fotografieren leider zur Gänze verboten.
GASTRONOMIE
Eine eigene Gastronomie fiel mir nicht auf. Im Bereich der Garderobeschränke gab es einen Getränkeautomaten, wo man für 1,20 Euro amerikanisches Zuckerwasser oder deutschen Eistee bekam.
WC/ROLLSTÜHLE
Die Toiletten befanden sich im ersten Halbstock und waren modern eingerichtet. Es gab eine eigene Behindertentoilette. Für Rollstühle wurde in der Ausstellung sehr viel gemacht. Die Stufen waren alle mit Rampen versehen, an einer Stelle gab es auch eine Hebebühne, um den Niveauunterschied zu überbrücken.
MUSEUMSSHOP
Im Museumsshop fand ich vor allem Bücher über die ausgestellten Themen vor. So gab es allgemeine Bücher über das Ritterleben und den Burgenbau, aber auch konkrete Beschreibungen von Burgen in der unmittelbaren Umgebung. Besonders fiel mir ein großes Angebot an Spielzeugwaffen bzw. Ausrüstungsgegenstände für kleine Nachwuchsritter (hauptsächlich aus Karton und Holz) auf. Ich schlug diesmal zu und kaufte mir um 4,90 Euro einen Museumsführer über 363 Museen und Ausstellungen im Raum Rheinland-Pfalz.
AUDIOGUIDE
Bevor ich die Ausstellung betrat, mietete ich mir noch einen Audioguide um 2 Euro. Dieser war sehr leicht bedienbar und war meiner Meinung nach sein Geld wert. So erfuhr ich noch zahlreiche Zusatzinfos zu den einzelnen Schaustücken. Dabei wurde zum Teil der Text auf den Informationstafeln wiederholt. Ich könnte mir vorstellen, das der Audioguide eine gute Ergänzung für Personen wäre, die die kleine Schrift auf den Tafeln nicht gut lesen können.
AUSSTELLUNG
Die Ausstellung war zur Gänze in dunkel gehaltenen Räume untergebracht, wo die Farbe Rot dominierte. Dadurch erhielten die ausgestellten Spezialitäten eine angenehme Atmosphäre. Die geringe Beleuchtung in den Räumen war aus konservatorischen Gründen notwendig.
Was mir sofort auffiel, das die Hinweistafeln durchgängig in Deutsch und Französisch beschriftet waren. Das ist darauf zurück zu führen, das diese Ausstellung ein gemeinsames Projekt zwischen der Pfalz und dem Elsaß ist.
Die Ausstellungsstücke erschienen mir als besonders gut ausgewählt. Es war also keine wahllose Aneinanderreihung von Waffen, Helmen und Morgensternen, sondern es wurden wenige aber besonders interessante Exemplare gezeigt.
So stand ich zum Beispiel vor einem Exemplar der Nasalhelme, die dem Ritter auch die Nase schützten. Solche Helme kannte ich bisher nur von Abbildungen wie zum Beispiel auf dem berühmten Teppich von Bayeux.
Auch bei den Ritterrüstungen waren einige sehr bemerkenswerte Modelle dabei, die zum Teil in ihren Bestandteilen recht gut erklärt wurden. Gut in Erinnerung blieb mir ein Helm, den man als Schaller bezeichnete. Da ich einen Bekannten mit diesem Namen habe, war es für mich interessant zu wissen wie dieser Name im Mittelalter verwendet wurde. Ab nun heißt mein Bekannter für mich natürlich nur noch Lord Helmchen.
Eine große Attraktion der Ausstellung war für mich sicher der gepanzerte Reiter, wo auch das Pferd über eine Panzerung verfügte. Hier verweilte ich lange und sah mir die zahlreichen Details an den Rüstungen an. Ein ähnlich gepanzertes Pferde hatte ich bisher nur im Grazer Zeughaus (Österreich) gesehen. Unwillkürlich mußte ich aber auch daran denken, das so ein Pferd und sein Reiter im Grunde genommen trotzdem wehrlos waren. Die Pferde waren an den Beinen nicht geschützt, und ein gezielter Schnitt mit dem "Roßschinder" durch die Sehnen der Pferdebeine brachte unweigerlich Roß und Reiter zu Fall, wo dann beide nur mehr die Kampfkraft eines auf den Rücken gedrehten Maikäfers hatten.
Da wäre es also für so manche Ritter schon besser gewesen sich lieber hinter dicken Mauern als dickem Stahl zu verbergen. Auch zu diesem Thema gab es in der Ausstellung so einiges zu sehen. So wurden einige sehr eindrucksvolle Burgenmodelle gezeigt, von der einfachen Motte (franz. Burgentyp, der im wesentlichen aus einem riesigen Turm auf einem mit Wasser umgebenen Hügel besteht) bis zu großen Anlagen mit Bergfried, Kapelle, Pallas, Gesindegebäude und Wallanlagen.
Hier erfuhr ich so interessante Details, das Küchen wegen der Feuersgefahr gerne etwas abseits errichtet wurden, oder das man bei der einen oder anderen Burg schon Reste eines Schwitzbades festgestellt hatte.
Das man auch diese Burgen in die Knie zwingen konnte zeigten mir Modelle von Schleudergeschützen. Diese konnten tatsächlich einen Stein mit einer derartigen Wucht gegen eine Burgmauer schleudern, das diese nach einiger Zeit zusammenbrach. Wie ich aus anderen Quellen wußte, haben experimentelle Archäologen mit einem Nachbau eines solchen Geschützes in Schottland tatsächlich eine Burgmauer flachgelegt.
Nach soviel Schleuderei will der Artillerist des Mittelalters auch gut essen. Was es damals so in der Küche gab und wie so eine ausgesehen hatte, konnte ich ebenfalls in dieser Ausstellung gut erkennen.
Aber die Ritter sollten nicht nur kämpfen, fressen und saufen. Nein, ein echter Ritter mußte über ganz bestimmte Fähigkeiten verfügen, die in einem eigenen Raum aufgezählt wurden. So erfuhr ich, das er neben dem Fechten, auch das Boxen, das Schwimmen, die Falknerei, das Schach spielen (!) und die Dichtkunst beherrschen sollte. Die Dichtkunst brauchte er wohl für den Minnedienst bei den edlen Damen. Diesem Thema war ebenfalls ein eigener Raum gewidmet.
Später wurde es noch einmal waffentechnisch. So wurde eine sogenannte Loshult Büchse gezeigt, mit der man Bolzen verschoß, die durch ihre Stabilisierungsflächen schon ein wenig wie Raketen aussahen. Zumindest wußte man schon damals, wie man durch technische Vorrichtungen am Geschoß seine Flugbahn stabilisierte.
Auch die mir aus der Schule bekannten Bihänder wurden gezeigt. Das waren sehr lange Schwerter, die man nur mit beiden Händen "im Griff" hatte. Was ich nicht wußte war, daß man diese Schwerter auch "Gassenhauer" nannte, weil man damit böse Lücken durch die Aufstellung der feindlichen Lanzenträger schlug. Ich kannte ja dieses Wort eher als Synonym für einen guten Witz.
Im letzten Raum wurde noch der preußischen Burgenromantik am Rhein gedacht, wo Burgen nicht mehr zur Verteidigung, sondern nur noch als romantischer Ausdruck gebaut wurden. Allerdings wurden hier nicht alle Burgen am Rhein besprochen, sondern nur ein paar Exemplare heraus gepickt. Sehr wohl gab es aber im Laufe der Ausstellung ein Terminal, wo man eine Vielzahl von Burgen abrufen konnte.
Hinter diesem Raum gab es noch eine Diashow. Dort konnte ich mich mal in Ruhe hinsetzen und die Gesehene Revue passieren lassen. Die Show zeigte eindrucksvolle Bilder von Burgen, z.B. die Kreuzritterburgen im Nahen Osten. Auch hier wurde nicht auf die französisch sprechenden Besucher vergessen. Diese konnten die Show mit Kopfhörern verfolgen.
KINDERAUSSTELLUNG "JUMUS WIRD EIN RITTER"
In einem Tiefgeschoß, dem sogenannten jungen Museum" gab es dann noch eine Kinderausstellung zum selben Thema. Eigentlich bin ich altersmäßig schon weit von der Zielgruppe entfernt, aber ich habe es nicht bereut, mir auch diesen Teil anzusehen. Hier war für Familien eine Bastelecke eingerichtet, wo z Eltern und Kinder gemeinsam z.B. Wappen malen konnten. In anderen Bereichen waren Kleider der damaligen Damenwelt ausgestellt und es gab auch ein mittelalterliches Bett zu bestaunen. Aufgrund dessen Zustands gehe ich mal davon aus, daß die Kleinen hier Probe liegen durften.
Ganz sicher durfte man andere Dinge ausprobieren, zum Beispiel mit einem Federkiel von damals schreiben. Das sollte jeder mal probieren, es ist gar nicht so einfach. Sehr informativ war übrigens das Kapitel über Tischmanieren im Mittelalter. Damals aß man ja noch viel mit den Händen und war auch sonst beim Essen recht locker unterwegs. Allerdings gab es schon damals klare Regeln: "Schneuze dich nicht ins Tischtuch" oder "Hast du Mundgeruch, rülpse deinem Nachbarn nicht ins Gesicht". Hier merkt man schon die hohe Schule der ritterlichen Tischmanieren.....
Der letzte Raum ist sicher für Kinder ein großes Erlebnis. Hier gab es Hüpfburgen, eine Burg der Firma Playmobil, und eine Vielzahl von großen Legobausteinen zum Burgenbau. Auch fertige Burgen aus Holz zum Rumkriechen innen drinnen gab es. Die Burg aus Playmobil Elementen sah allerdings eigenartig aus. Sie war sicher von mehreren Knirpsen belagert und dann im Sturmangriff zerlegt worden. Jedenfalls sah sie mehr flach als hoch aus.
In diesem Teil des Museums galt das Fotografierverbot übrigens nicht, man kann dort also die lieben Kleinen beim Stürmen auf die Legoritterburg fotografieren.
RÖMERAUSSTELLUNG
Ich persönlich verzichtete allerdings darauf, mich selbst beim Spielen mit der Legoburg zu fotografieren und ging neugierig einen schmalen Gang entlang und stand nach Überwindung einer weiteren Treppe ... plötzlich in einer weiteren Ausstellung! Konkret platzte ich mitten in die Eröffnung der auch sehr interessanten Ausstellung "Römer in der Pfalz". Aber das ist natürlich eine andere YOPI Geschichte .....
RESÜMEE
In zwei Stunden lernte ich zwar nicht alles über das Mittelalter und die Ritter kennen, aber ich bekam eine Ahnung davon was es damals schon an ausgeklügelten Waffen, Rüstungen und Befestigungsmittel gab. Besonders eindrucksvoll fand ich die Auswahl der Waffen, die jede für sich wohl ein Gustostückerl darstellten. Deshalb halte ich den Besuch der Ausstellung für empfehlenswert, wobei sich natürlich eine Kombination mit der Sealife und dem Technischen Museum anbieten würde.
KONTAKT/ÖFFNUNGSZEITEN lt. Website
Historisches Museum der Pfalz
Domplatz
67324 Speyer
Telefon: 06232 62 02 22
E-Mail: info@museum.speyer.de
Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr
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