Pro:
Es ist ein Ort der Ruhe und der Hoffnung
Kontra:
da gibt es kein Kontra
Empfehlung:
Ja
Hallo liebe Leser!!
Hier kommt mal wieder ein Reisebericht von mir. Dieses Mal ist es ein Bericht über einen Ort, der mich sehr berührt hat. Ich möchte Euch von der Kirche neben der World Trade Center Side (so wird Ground Zero in den USA genannt) berichten.
Gehört habe ich von der Kirche schon kurz nachdem das World Trade Center damals attackiert wurde. Ich erinnere mich noch gut daran, denn ich war ich New York City gewesen und musste mit eigenen Augen mit ansehen, wie einer der Türme zusammenbrach. Als wir an jenem Abend - oder es war wohl eher schon Nacht - nach Hause kamen, wurde in den Medien berichtet, wie eine Kirche direkt neben den beiden Towern den Einsturz nahezu unbeschädigt überstanden hat.
Einhalbes Jahr später war ich wieder in New York und es verschlug mich zum ersten Mal nach Ground Zero. Ehrlich gesagt war das weniger aus Neugier, sondern eher, weil ich das Gefühl hatte, ich müsste mir das anschauen, um meine eigenen Erlebnisse verarbeiten zu können. Ground Zero selbst hat mich gar nicht so mitgenommen, aber die Bilder, die rund um diese Kirche aufgehängt waren, waren schrecklich für mich. Ich kann gar nicht beschreiben, wie das aussah, erinnert hat mich das etwas an eine Schulausstellung, bei der Malereien von Kleinen und Großen zur Schau gestellt wurden, aber das war es natürlich nicht. Ich weiß noch, dass ich mir alles nur recht flüchtig angeschaut habe und den Schauplatz schnell verlassen wollte.
Als ich zum Eingang der Kirche kam, wollte ich hinein, aber ein Sicherheitsbeamter erklärte mir, dass die Kirche nur für Helfer geöffnet sei.
Als ich letzte Woche nun wieder nach Manhattan kam, sah alles anders aus. Bei unserer Stadtrundfahrt wurden wir kurz an Ground Zero (ich nenne es wohl weiterhin so, auch wenn es eigentlich World Trade Center Side heißt) rausgelassen, und ich hab schon gesehen, dass all die gemalten Plakate und die Fotos der Vermissten nicht mehr am Zaun des Kirchengeländes hingen und irgendwie waren wir etwas traurig, dass sie verschwunden waren. Wahrscheinlich hat das Wetter die Plakate mit der Zeit zerstört, auf jeden Fall sind die dort.
Zum ersten mal sah ich, dass sich hinter dem Zaun ein kleiner Friedhof befand und als mir wieder einmal auffiel, dass die Tower nur knapp 100 entfernt gestanden haben mussten, da kam mir schon das Wort WUNDER in den Sinn. Es ist ein Wunder, dass an der Kirche oder auf dem Friedhof keinerlei Schaden vorhanden war. An diesem Tag hatten wir jedoch nicht genügend Zeit, um uns alles näher anzuschauen und so kamen wir am nächsten Tag noch einmal wieder.
Die Kirche ist recht klein und wirkt von der Hinterseite wieder ganz normal. Kommt man jedoch an die vordere Seite, sieht man bereits große Plakate, die an die Katastrophe vom 11. September erinnern und gleichzeitig die Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft der Menschen signalisieren. Wenn ich mich richtig erinnere, dann hängt ganz groß ein Plakat mit zwei Personen, die sich umarmen an der Wand (das werde ich aber nochmal kontrollieren, wenn ich meine Fotos bekomme und ggf. korrigieren). Bereits draußen sind ein paar Tafeln mit Infos über die Zeit nach dem 11.09. aufgestellt.
Die Türen der Kirche sind weit geöffnet und laden so zu einem "Rundgang" ein.
Wäre der 11. September nicht gewesen, wäre dies eine kleine, schnuckelige Kapelle mit weißen Holzbänken gewesen, aber nun ist sie mehr als nur das.
Als ich zum ersten Mal in die Kirche kam, war ich fasziniert und erschrocken zugleich. Als erstes fallen einem die gemalten Bilder in der Mitte der großen Raumes auf. Das sind schöne, bunte, sicherlich auch sehr patriotische Bilder von Kindern, Schulklassen oder auch Vereinen, die ihre Gefühle und Anteilnahme den Opfern und Helfern gegenüber Ausdruck verleihen wollten.
Am Eingang gibt es einen Tisch, auf dem VIELE Fotos und Andenken der Vermissten liegen. Er soll eine Art Altar darstellen und ich muss sagen, mich hat der Anblick all dieser Fotos abermals mitgenommen.
Erst später sah ich auch die Schaukästen und Plakate, die an den Seiten der Kirche standen und sehr interessant anzusehen waren. Da waren nicht nur Fotos, Briefe und andere Texte aus der Zeit nach dem Einsturz der Türme, sondern auch viele Utensilien, die die Bauarbeiter benötigt hatten. Unter anderem sah man Verbandsmittel, Lärm- und Staubschutzutensilien, selbst Lotion und Lippenbalsam, Süßigkeiten und Fotos von Helfern, wie sie in dieser Kirche schliefen oder aßen, Buttons von Kindern, die diese zur "Aufheiterung" oder auch Unterstützung an die Helfer angefertigt hatten.
Auf zwei Fernsehern lief ein Dokumentarfilm, den man in der Kirche käuflich erwerben konnte. Auch hier sah und hörte man Helfer, die nicht zwischen den Trümmern, sondern auch in der Kirche als Köchin, Masseur oder Sanitäter aktiv waren. Der Erlös ging an einen der WTC-Funds.
An den Säulen der Kirche waren kleine Boxen mit Taschentüchern aufgestellt, die ich auch gut gebrauchen konnte. All die Leute, die in diese Kirche kamen schienen zutiefst betroffen zu sein, aber ich denke auch, dass das wohl eine normale Reaktion ist.
Hinter der Kirche steht nun ein Glocke, die ein Geschenk der City of London ist, und zum Gedenken am 11. September geläutet wurde und sicherlich auch in den nächsten Jahren geläutet wird.
Für mich persönlich war es schon ein extremes Erlebnis. Da ich an dem Tag der Anschläge in New York war und alles hautnah erleben musste, ist es für mich immer noch eine große Überwindung mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ich finde es weniger schlimm an den Zaun der großen Baustelle zu treten und mir vorzustellen, dass da mal zwei Türmen standen, aber es bringt mich jedes Mal wieder aus der Fassung, wenn ich Fotos der Helfer oder Überlebenden sehe und ich kann mir nahezu keine Audiomitschnitte des Tages anhören ohne anzufangen zu weinen.
Als ich in diese Kirche kam, hab ich noch gedacht, dass ich endlich mal über all das hinweg wäre, aber nachdem ich gut eine Stunde damit verbracht habe mir die Schaukästen anzuschauen, Berichte durchzulesen und dann auch noch die Videomitschnitte im Hintergrund gehört habe, musste ich mich erst einmal setzen und die Katastrophe wurde mir wieder einmal bewusst.
Ich bin nicht der Meinung, dass man diese Anschläge immer wieder hochspielen sollte, aber sicherlich sollte man immer in guter Erinnerung behalten, wie viel Glück man hatte, nicht so extrem betroffen zu sein. Ich möchte hier noch einmal sagen, wie viel Hochachtung ich für die Helfer habe, die in den Tagen nach dem Anschlag zur Stelle waren. Ich habe nur einen sehr geringen Teil des Grauens gesehen, das am 11. September in New York herrschte und ich bin sicher ihr alle habt es am Fernseher (oder auch vor Ort) genauso wahrgenommen wie ich, und ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie schrecklich es direkt an dieser Stelle, in dieser Kirche gewesen sein muss.
Ich denke man sollte nicht nur aus reiner Neugierde zu dieser Kirche gehen, sondern auch um die Helfer zu ehren und sich ein eigenes Bild zu machen, was dort alles vorgefallen ist. Auch wenn ich mit einem schrecklichen Gefühl der Übelkeit und des Schwindels aus dieser Kirche hinausging, bereue ich es absolut nicht, dort hineingegangen zu sein.
Diese Kirche und die Andenken, die darin ausgestellt sind, rühren zu Tränen und erschrecken einen, aber sie geben einem auch extrem viel neuen Mut und eine Art Glücksgefühl. Auch wenn viele auf den Patriotismus der Amerikaner schimpfen, ich bin der Meinung, dass er auch extrem hilfreich sein kann.
Also, solltet ihr bald mal nach New York City kommen, dann schaut Euch die kleine Kirche neben der World-Trade-Center-Side mal etwas genauer an.
Hier noch ein paar weitere Infos:
Die St. Paul's Chapel gehört der Gemeinde der Dreieinigkeitskirche an. Leider kann ich Euch nichts genaues über diese Glaubensgemeinschaft/Religion sagen, aber ehrlich gesagt denke ich, dass das hier auch nicht mehr so eine große Rolle spielt. Wie sagt man so schön? Vor Gott sind alle gleich.
Die Kirche wurde im Jahre 1766 erbaut und stand außerhalb der Stadt auf einem einsamen Feld. Ist schon erstaunlich, wie viele Gebäude in den Jahren dazugekommen sind *g*.
Die Ausstellung, bzw. Kirchenöffnungszeiten sind Mo - Sa von 10-18 Uhr, am So. von 10 - 16 Uhr.
Gottesdienste finden laut meinem Plan sonntags um 8 Uhr und wochentags um 12:05 statt. Diese Zeiten können sich aber sicherlich ändern.
So, nun hoffe ich, dass ich Euch ein paar nützliche Infos über einen Ort geben konnte, der mir persönlich viel bedeutet. Naja viel bedeutet ist jetzt vielleicht dumm ausgedrückt, aber die Stadt New York im allgemeinen bedeutet mir viel und wenn es einen Ort in New York gibt, an den ich mich zurückziehen würde, um nachzudenken, dann wäre es wahrscheinlich diese Kirche. Wie schon berichtet, sie lässt einen weinen, aber sie gibt einem auch verdammt viel neue Hoffnung!
Wenn ihr nach New York kommt, dann geht dort hin!!!
Liebe Grüße,
Bianca weiterlesen schließen
Bewerten / Kommentar schreiben