Die Taube (Taschenbuch) / Patrick Süskind Testberichte
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Pro & Kontra
Vorteile
- eine skurile Geschichte
- in gute Prosa kann man alles mögliche hineininterpretieren
- Ausgezeichneter Schreibstil, das Buch zieht einen trotz der Kürze in seinen Bann
- sehr gute Prosa
Nachteile / Kritik
- man mag sie oder man mag sie nicht
- konnte ich nicht entdecken
- Keine leichte Kost
- nicht jedermann Sache
Tests und Erfahrungsberichte
-
Ein Leben gerät aus den Fugen
5Pro:
Ausgezeichneter Schreibstil, das Buch zieht einen trotz der Kürze in seinen Bann
Kontra:
Keine leichte Kost
Empfehlung:
Ja
Inhalt:
“Die Taube” beschreibt einen Ausschnitt im Leben des Jonathan Noel. Noel lebt in einem winzigen Zimmer, geht einer eintönigen Arbeit als Wachmann nach und beschränkt den Kontakt zu seinen Mitmenschen auf das Nötigste. Freunde hat er keine. Doch Jonathan Noel gibt sich damit zufrieden. Den immer gleich ablaufenden Alltag nimmt er als beruhigend wahr. Nichts wäre schlimmer für ihn, als wenn dieser geregelte Ablauf gestört würde. Eines Tages jedoch tritt genau dieser Fall ein: Als er morgens sein Zimmer verlassen will, hockt davor eine Taube. Er empfindet diesen Vorfall als ganz schrecklich, Panik überkommt ihn beim Anblick dieses Tieres. Zu allem Überfluss hat es bereits den ganzen Gang verdreckt. Noel sieht keine andere Möglichkeit, als schnell seine Sachen zu packen und sich damit an der Taube vorbeizuschleichen. Undenkbar, noch einmal in dieses Haus zurückzukehren, solange sich die Taube darin aufhält. Sein Leben wird auf einmal durch dieses Ereignis in den Grundfesten erschüttert. Nichts scheint mehr wie zuvor. Er nimmt sich ein Hotelzimmer und geht dann zur Arbeit. Doch auch dieser Arbeitstag nimmt einen abweichenden Verlauf. Ein schrecklicher Tag für Noel, der sich in einer furchtbaren Nacht im Hotelzimmer fortsetzt...
Leseprobe:
„Fast hätte er den Fuß schon über die Schwelle gesetzt gehabt, er hatte den Fuß schon gehoben, den linken, sein Bein war schon im Schritt begriffen – als er sie sah. Sie saß vor seiner Tür, keine zwanzig Zentimeter vor der Schwelle entfernt, im blassen Widerschein des Morgenlichts, das durch das Fenster kam. Sie hockte mit roten, kralligen Füßen auf den ochsenblutroten Fliesen des Ganges, in bleigrauem, glatten Gefieder: die Taube.
Sie hatte den Kopf zur Seite gelegt und glotzte Jonathan mit ihrem linken Auge an. Dieses Auge, eine kleine, kreisrunde Scheibe, braun mit schwarzem Mittelpunkt, war fürchterlich anzusehen. Es saß wie ein aufgenähter Knopf am Kopfgefieder, wimpernlos, brauenlos, ganz nackt, ganz schamlos nach außen gewendet und ungeheuer offen; zugleich aber war da etwas zurückhaltend Verschlagenes in dem Auge; und zugleich wieder schien es weder offen noch verschlagen, sondern einfach leblos zu sein wie die Linse einer Kamera, die alles äußere Licht verschluckt und nichts von ihrem Inneren zurückstrahlen lässt.“
Der Autor:
Geboren wurde Patrick Süskind 1949 am Starnberger See.
Die Taube ist sein erster Roman. Bekannt geworden ist der Autor vor allem aufgrund seines Welterfolges „Das Parfum“. Von ihm stammt auch das Theaterstück „Der Kontrabass“. Außerdem wirkte er an einigen Drehbüchern, unter anderem zu dem Kinofilm „Rossini - oder die Frage wer mit wem schlief“ mit.
Meine Meinung:
Süskinds Schreibstil finde ich hervorragend. Geschliffene Satzkonstruktionen und lebendige, breite Wortwahl kennzeichnen diesen Roman. Die Hauptperson wird in ihren Gedanken und Handlungen genau beschrieben, so dass es mir nicht schwerfiel, mich in sie hineinzuversetzen.
Die Handlung ist etwas deprimierend. Wer leichte Kost erwartet, wird enttäuscht sein. Auch an Spannung im klassischem Sinn hat „Die Taube“ wenig zu bieten. Aber das hat Süskind vermutlich mit dieser Geschichte auch gar nicht bezweckt. Vielmehr wirkt sie beklemmend, lässt einen schaudern aufgrund der Abgründe, in die sich Noel gedanklich hinab begibt. Die Geschichte lebt von der Schilderung seiner tiefen Ängsten und Zweifel - man gewinnt einen Einblick in dessen unruhiges Seelenleben und ahnt, dass dies alles schon lange in Noel geschlummert hat und die Taube nur der Auslöser dafür war. Es passiert zwar nichts wirklich Spektakuläres, aber aus der Sicht Noels reicht die banale Begegnung mit einer Taube, um sein Innerstes tief aufzuwühlen und sein Leben in Frage zu stellen. Dies wird so glaubhaft geschildert, dass man förmlich in Noels Gedankenwelt hineingezogen wird und trotz geringer Ereignisdichte immer weiter lesen möchte.
Fazit: Meisterhaft!
Verlag Diogenes
99 Seiten
6,90 € weiterlesen schließen -
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Wenn eine Taube keinen Frieden bringt
Pro:
sehr gute Prosa
Kontra:
nicht jedermann Sache
Empfehlung:
Ja
Hallo liebe Gemeinde!
Heute will ich ein Buch vorstellen. Es ist mir ganz zufällig in die Hände gefallen. Der Name von Autor Patrick Süskind hat fast jeder gehört, aber es handelt nicht um "Parfum" sondern um eine andere Geschichte "Taube".
Aussehen:
Ich habe ein Buch mit einem anderen Cover, vielleicht, liegt es daran, dass dieses Buch in einem anderen Verlag erschienen ist. Auf dem Cover von meinem Buch ist eine Auge und eine Feder von einer Taube auf dem hellen grauen Hintergrund zu sehen . Da steht auch den Namen Patrick Süskind "Taube" vom Autor des Weltbestsellers "Das Parfum".
Es ist eine gebundene Ausgabe, hat 96 Seiten und wurde im Jahre 1987 , als Lizenzausgabe für die Bertelsmann Club GmbH verlegt.
Buch-Nr. 05428 8
Preis:ca.6,90€
Autor:
Patrick Süskind wurde 1949 in Ambach am Starnberger See geboren.
Er besuchte die Grundschule und das Gymansium, studierte Geschichte in München und Aix-en-Provence und schloß mit einer Arbeit über George bernard Shaws politisches und soziales Engagement ab. Seit dem Abitur schreibt er Kurzgeschichten und übernahm zwischendurch auch redaktionalle Arbeiten. Seinen Lebensunterhalt verdiente er laut eigener Aussage "unteranderem in der Ablage der Vertrags- und Patentabteilung des Hauses "Siemens", in der Tanzbar "zum fliegenden Holländer" in Berg am See und als freiberuflicher Teschtennistrainigspartner". Hauptsächlich aber durch erfolgreiche Drehbücher.
1984 erschien "Der Kontrabaß", ein geistreich-witziger einaktiger Monolog, der inzwischen auf deutschen Bühnen zu den meistgespielten Stücken zählt und auch in London und Paris aufgeführt wurde.
"Das Parfum- Die Geschichte eines Mörders" war ursprunglich als Kurzgeschichte konzipiert, wuchs dann aber unversehens zu etwas Größerem, das den Autor von Paris nach Aix und Grasse geführt hat und auf die Suche nach der "Großen Nase".
Der geradezu gigantische Erfolg des "Parfums" hat auch den Namen seines Erzählers weltweit bekannt gemacht. Der allerdings legt keinen Wert auf Popularität. Patrick Süskind tritt selten in der Öffentlickeit auf, nie im Fernsehen, und gibt grundsätzlich keine Interviews. Er lebt in München und Paris.
Inhalt:
Worum geht es eigentlich in diesem Buch? Die Geschichte ist einfach. Ein Mann Namens Jonathan Noel ist schon Mitte fünfzig, als die Geschichte anfängt. Er ist ein Kriegskind. Er hat keine Eltern und wurde von seinem Onkel erzogen, er ist daran gewöhnt dem Onkel zu gehörchen. Er ist auf dem Land aufgewachsen und wollte ein Landsarbeiter werden, aber der Onkel verlangt, dass er zur Militär geht. Er macht es. Nach dem Dienst wird von ihm verlangt, dass er ein Mädchen heiratet, das es nie gesehen hat. Er macht es wieder in der Hoffnung etwas Stabilität in sein Leben zu bringen. Aber das Mädchen bekommt in vier Monaten ein Kind und brennt mit einem Obsthändler durch. Jonathan wird zum Dorfnarren. Nachdem er festgestellt hat, dass auf Menschen kein Verlass ist, verließt er sein Dorf und geht nach Paris, wo er Glück hat und findet gleich die Arbeit und eine Bleibe. Er wird als Wachmann bei einer Bank angestellt und findet ein kleines Zimmer in einem großen Haus. Das Zimmer ist klein, hat keine Küche, nicht einmal eigenes Klo, aber dafür ist es ein Ort, wo er sich sicher und wohl fühlt. Mit der Zeit könnte er sich, was anderes besseres leisten, aber er will nicht, er verschönert das Zimmer, macht es zu seiner Geliebten und Vertrauten. Es ist einzige, was er hat. Er lebt ohne großeren Erreignissen seit 30 Jahren im Zimmer.Tag ein, Tag aus. Alles hat einen sicheren Ablauf und er erwartet vom Leben nichts mehr. In ein paar Monaten will er die letzte Rate zahlen und sein Zimmer gehört ihm nur ihm für immer und ewig. Es scheint ihm, dass er eine sichere Existenz geschafft hat.
Aber es ist nur scheinbar.Es passiert unerwartetes. Eines Morgens muss er aufs Klo, er muss sein Zimmer verlassen, auf dem Flur sitzt eine Taube, ganz einfache stinknormale Taube,jemand von seinen Mitbewohnern hat vergessen das Fenster zuzumachen. Für ihn ist sie aber etwas bedröhliches und fatalisches. Er dreht durch. Er kann nicht aus dem Zimmer, er ekelt sich, stellt sich vor, wie die Tauben sich vermehren und sein Zimmer füllen. Er kann es nicht ertragen. Er packt sein Koffer, mummt sich in Wintermantel und Handschuhe, zieht Stiefel an und das bei der Hitze und alles um einer Taube vorbei zu laufen. Er ist bereit sein Leben aufzugeben.
Der lange Tag beginnt. Er rennt aus dem Haus, mietet ein Zimmer im Hotel, sein Tagesablauf ist anders, er verpasst zum ersten Mal in seinem Dienstleben als Wachmann die Limousine von Bankdirektor und macht das Tor nicht auf. So viel Gefühle und Emotionen hat er nicht einmal im ganzen Leben erlebt. Er hat Angst, Zweifel plagt ihn. Ausgerechnet an diesem Tag trifft er einen Straßenbewohner, den er vom Sehen kennt, und er zweifelt an der Richtigkeit seines Leben und noch dazu zerreist er seine Hose. Er hält kaum sein Dienst, aber hält durch, die Macht der Gewöhntheit hilft ihm. An diesem Tag geht er zum ersten Mal seit 30 Jahren in Paris nicht nach Hause, sondern in ein fremdes Hotel, nimmt zu sich ein letztes Mahl und denkt "Morgen bringe ich mich um , ich habe nichts und niemanden, was mich am Leben hält ".
In der Nacht kommt ein Gewitter und es bringt eine Befreiung für Natur und Jonathan, nach dem schwülen Tag und drückender Hitze kommt wieder Friesche rein und mit ihr eine neue Hoffnung. Er steht auf, packt sein Koffer und geht nach Hause, er ist bereit zu kämpfen.
Angekommen, sieht er, dass der Flur leer und aufgeräumt ist, die Taube ist weg, einfach weg.
Ich habe nur kurz geschildert worum es geht, aber um alle diese Worte zu geniessen, in die diese Geschichte umhüllt ist, müssen sie das Buch selber lesen.
Fazit:
Eine sehr ungewöhnliche Geschichte, erzählt von einem Tag im Leben von einem ganz normalen Mann. Aber für mich war die Taube ein Symbol von etwas ungewöhnlichem und unerwartetem, was unser Leben generell geändert kann. Diese Geschichte zeigt wie unser Leben zerbrechlich ist, und manchmal von einer Kleinigkeit zertört werden kann. Die hat mich auch traurig gestimmt, aber trotzdem eine Hoffnung gegeben, es gibt immer ein Ausweg und eine Lösung. Man darf zweifeln, aber man darf nicht aufgeben. Dieses Buch ist keine leichte Kost, aber faszinierend. Man fühlt mit dem Jonathan Noel mit, alle seine Ängste, Zweifel und Wut, fühlt sich auch von der Taube bedroht und es ist irgendwie klar, dass die Situation verrückt und ganz einfach lösbar ist, aber man fühlt sich in die Geschichte hineingezogen.
Es ist eine sehr gute Prose. Ich empfehle das Buch zu lesen und wünsche viel Spaß beim Lesen. weiterlesen schließen -
Die Logik des Wahnsinns
Pro:
in gute Prosa kann man alles mögliche hineininterpretieren
Kontra:
konnte ich nicht entdecken
Empfehlung:
Ja
Aufgrund einer furchtbar schlechten Schullektüre, die mir zufällig in die Hände geraten war, interessiere ich mich seit einiger Zeit für die Literatur mit der unsere armen Kinder gequält werden. Das die Taube auch Schulliteratur ist habe ich erst bei der Recherche zum Buch erfahren. Süskinds Werk ist das erste Buch das meine volle Zustimmung findet.
Handlungsanriss
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Jonathan Noel hasst „ Ereignisse“. Als Ereignis bezeichnet Jonathan alles was seine äußere Lebensordnung bedroht. Er liebt die Monotonie und geordnete Strukturen und vermeidet alles was diese Strukturen stören könnte. So hat der 50jährige Jonathan es fertig gebracht 20 Jahre in völliger Ereignislosigkeit zu verbringen.
Sein Bedürfnis nach monotoner Ruhe, kommt nicht von ungefähr. Als der kleine Jonathan an einem Tag im Juli 1942 heimkommt ist seine Mutter verschwunden. Sie sei verreist erklärt der Vater dem Jungen. Die Nachbarn aber erzählen, man habe sie fortgeschafft, in den Osten, in ein Lager aus dem niemand mehr zurückkommt. Jonathan begreift nichts von diesem Ereignis und ist tief verstört. Ein paar Tage später ist auch der Vater verschwunden und Jonathan wird in den Süden zu einem Onkel gebracht der ihn auf einem Bauernhof bis zum Ende des Krieges versteckt hält.
Anfang der fünfziger Jahre wird er von seinem Onkel dazu genötigt sich zum Militärdienst zu melden. Den Großteil der Jahre in Indochina verbringt er mit einem Fußschuss, einem Beinschuss und der Amöbenruhr im Lazarett. Auch die, vom Onkel angeordnete, Ehe bringt nicht die erhoffte Ruhe. Seine Frau brennt schließlich mit einem tunesischen Obsthändler aus Marseille durch.
Aus diesen Vorkommnissen zieht Jonathan Noel den Schluss, dass auf die Menschen kein Verlass ist und dass man nur in Frieden leben kann, wenn man sie sich vom Leibe hält.
In Paris gelingt es ihm endlich den ersehnten Zustand herzustellen. In seinem 7,5 qm großen Zimmerchen fühlt er sich so geborgen wie eine Muschel in ihrer Schale. Im Laufe der Jahre hat er dieses Zimmer immer weiter verschönert, so hat er hinter dem Waschbecken eine schöne rote Lacktapete angebracht. Oder das Bücherregal am Kopfende des Bettes, auf dem nicht weniger als 17 Bücher stehen. Unter anderem ein dreibändiges medizinisches Taschenwörterbuch und das „ Brevier für das Wach- und Schutzpersonal mit besonderer Berücksichtigung der Vorschriften für den Gebrauch der Dienstpistole“. Er liebt dieses Zimmer so sehr das er es sogar seiner Vermieterin abgekauft hat. Noch eine Rate ist zu bezahlen dann wird es ihm endgültig gehören. Sein Beruf als Wachmann bei einer Bank kommt seinen Bedürfnissen in höchstem Maße entgegen. Seine Aufgabe besteht seit zwanzig Jahren darin, 8 Stunden, in würdevoller Haltung, vor dem Portal stehend zu verharren oder allenfalls gemessenen Schrittes auf der untersten der drei Marmorstufen auf und ab zu patrouillieren.
Der Freitagmorgen im August des Jahres 1984, beginnt wie jeder andere Tag in der Rue de Sèrves. Jonathan hat Pantoffeln und Bademantel angezogen, um wie jeden Morgen vor dem Rasieren das Etagenklo aufzusuchen. Wie auch sonst lauscht er zuerst ob sich jemand auf dem Gang befindet, denn er liebt es nicht, Mitbewohnern zu begegnen, am allerwenigsten auf dem Weg zur Toilette. Die Vorstellung vor der Toilette mit einem anderen Mieter zusammenzutreffen ist geradezu peinigend grässlich. Ein einziges Mal war im das vor 15 Jahren passiert. Er denkt heute noch mit Schaudern an den Verlust der Anonymität, den er dabei empfunden hat, zurück. Danach konnte er solch eine furchtbare Situation, gottlob durch sein vorsorgliches Lauschen vermeiden.
Nachdem er sich nun solcherart versichert hat das niemand im Gang ist, öffnet er die Toilettentür. Das was er dort vorfindet erschüttert ihn in den Grundfesten seiner Seele. Der entsetzliche Anblick raubt ihm fast den Verstand und er bleibt an der Tür, für Sekunden, wie zu einer Salzsäule erstarrt stehen. Diese Erstarrung weicht dem blanken Entsetzen und seine Haare sträuben sich vor Schreck. Da vor ihm auf den Fliesen des Ganges sitzt: Eine Taube.
Erzählstil
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Auffallend ist der leicht barocke Stil des auktorialen Erzählers der eigentlich gar nicht mehr zeitgemäß erscheint. Er erinnert mich an Werke die vor 1900 erschienen, wie z.B. von Robert L. Stevenson der diese Perspektive auf die Spitze getrieben hat. Warum der Autor diese Form gewählt hat entzieht sich, momentan, meinem analytischen Denken. Emotional gesehen fügt sich diese Erzählweise aber der Geschichte.
Ein Zitat: @@ Er sei zu Tode erschrocken gewesen – so hätte er diesen Moment wohl im nachhinein beschrieben, aber es wäre nicht richtig gewesen, denn der Schreck kam erst später. Er war viel eher zu Tode erstaunt.@@
Diese grammatikalischen Klimmzüge findet man in der Gegenwartsliteratur ( oder im modernen Sprachgebrauch ) eher selten.
Spannung
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Man glaubt es kaum, aber ich empfand die Geschichte durchaus als spannend. Die dramatisch immer stärker werdende Verzweiflung des Protagonisten drängt dem Leser die Frage auf wo das alles hinführen wird. Sprengt er das Haus in die Luft, erwürgt er die Hausmeisterin, bringt er sich selbst um oder geht er auf die Straße und erschießt mit seiner Dienstpistole wildfremde Menschen ?
Interpretation der Erzählung
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Das scheint wohl, jedenfalls für mich, das Kennzeichen guter Prosa zu sein. Die Vielschichtigkeit dieser, scheinbar banalen Geschichte, offenbart sich durch das weite Spektrum wie eine solche Erzählung wirkt und damit verstanden und interpretiert wird.
Da gibt es eine Interpretation dass ein biederer Bürger durch den Anblick der Taube, die Anarchie und Chaos verkörpern soll in seinen Grundüberzeugungen erschüttert wird. Das erscheint mir doch zu trivial und oberflächlich.
„Als leichte Kost und doch Literatur. Als amüsante Geschichte für Zwischendurch.“ Diese Aussage geht, nehme ich an, weit an der Intension des Verfassers vorbei.
Ganz klar mache ich hier subjektive Aussagen, wer sich umfassender informieren will den verweise ich auf Suchmaschinen wie z.B. http://www.metacrawler.de/ .
Mein spontaner Eindruck war eher, das hier ein psychologischer Sachverhalt sehr eindringlich und glaubhaft dargestellt wird.
Meine Interpretation
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Der Autor wollte vielleicht einfach nur eine gute Geschichte erzählen, was ihm auch gelungen ist. Bei mir persönlich hat diese Novelle folgende Echos ausgelöst:
Wäre ich Psychologe hätte ich Jonathan sofort in der Schublade Borderline – Störung gesteckt. Durch ein Trauma aufs tiefste erschüttert erfindet die Seele eine neue Welt deren Hauptmerkmal die Reduktion ist. Die Welt wird eingeteilt in Schwarz und Weiß, in Gut und Böse. Die Abspaltung ist ein Schutzmechanismus den das traumatisierte Kind als Überlebensstrategie einsetzt. Man beachte die Informationen über die Kindheit von Jonathan. Es ist nachvollziehbar das diese Strategien im Erwachsenenalter fortwährend mit der Realität kollidieren und die Betroffenen darunter leiden. Was mitunter auch heftige aggressive Reaktionen auf scheinbar unbedeutende Dinge hervorruft.
Dem Leser erscheinen die Ereignisse vielleicht trivial aber in der Wahrnehmung von Jonathan stellen sie eine existentielle Bedrohung dar.
Man könnte fast annehmen der Autor hätte in einem Psychologiebuch geschmökert. Jonathan zeigt auch ein weiteres Hauptsymptom, nämlich Zeiten in denen er real handelt, an die er sich später aber nicht mehr erinnern kann. Wahrscheinlich ist der Verfasser aber nur ein sehr guter Beobachter.
Man sollte nicht verkennen das solche Dramen, wie hier so gekonnt präsentiert, sich in den Köpfen vieler Menschen abspielen. Wem der Auslöser der Tragödie zu unrealistisch erscheint dem kann ich versichern dass das Leben noch viel absurdere Geschichten schreibt.
So musste ich mir einmal, vor Jahren als junger Ingenieur, von einem älteren Kollegen, eine schier endlose Triade von Belehrungen und Vorwürfen anhören über die richtige Art und Weise wie man zwei Löcher in eine Milchdose stanzt. Mein Fehler war augenscheinlich das die beiden Löcher keine übereinstimmende Größe hatten. Immerhin wurde von ihm anerkennend bemerkt das die Lage der Löcher ( genau gegenüberliegend ) seine Zustimmung fand. Der Gute Mann hat sich über meine Gedankenlosigkeit beim ** Milchdosenlöcherausstanzen ** so in Rage geredet das ich die Befürchtung hatte er würde gleich platzen oder mir mit dem Lineal eines hinter die Löffel geben.
Dies soll nur einmal einen Aspekt der Geschichte herausstellen über den man nachdenken kann. Die besondere Beziehung die Jonathan zu dem stadtbekannten Penner hegt dürfte auch eine nähere Analyse wert sein. Wie schon gesagt die Vielschichtigkeit der Erzählung offenbart einen großen Interpretationsspielraum.
Der Autor ( auszugsweise übernommen von: http://www.hh.shuttle.de/hh/h10/Parfum/dwma/derautor.htm )
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Patrick Süskind wurde am 26. März 1949 in Ambach am Starnberger See geboren. Er ist als Dramatiker, Prosaschreiber, Hörspiel- und Drehbuchautor gleichermaßen bekannt. Sein Vater hieß Wilhelm Emanuel Süskind und war Schriftsteller.
Nach Abschluss des Abiturs und des Zivildienstes studierte P. Süskind von 1968 bis 1974 in München wie sein Vater Geschichte. Dieses Studium schloss er mit einem Magisterexamen ab, wobei er gleichzeitig kleine Prosastücke und Drehbücher schrieb, die aber zu der Zeit nicht veröffentlicht wurden.
Mittlerweile werden Süskind Bücher millionenfach gelesen und etliche Bücher sind verfilmt worden. Außer einer kurzen, ironisch- distanzierten Selbstbiographie ist über Patrick Süskinds Leben wenig bekannt. Er lebt zurückgezogen in München, Paris und Montolieu (Südfrankreich), meidet öffentliche Auftritte und entzieht sich dem Medienrummels des Literaturbetriebs.
Heute lebt Süskind zurückgezogen vorwiegend am Starnberger See.
Das Buch
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Titel: Die Taube
Autor: Patrik Süskind
ISBN: 3-257-21846-X
Seiten: 100 Seiten
Erscheinungsdatum: als Diogenes Taschenbuch, 1990
Erstausgabe: 1987 im Diogenes Verlag
Preis: 5,90 EURO
Fazit
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Das Buch ist deshalb gute Literatur weil es mich emotional berührt hat. Es ist deshalb gute Literatur weil ich mich nicht durch den Text durchquälen musste, die Novelle lässt sich flüssig lesen und ist durchaus spannend. Es ist deshalb gute Literatur weil es sich auf sehr vielen Ebenen interpretieren und damit verstehen lässt. Bei mir ist der Eindruck einer hervorragenden Psychostudie hängen geblieben die eine Krankheit der Seele besser beschreibt als jedes Lehrbuch.
© by Araxas / 18.07.03 weiterlesen schließen
Informationen
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