Pro:
Man kann den Zeitpunkt des Todes selbst wählen, die Todesart bestimmen und eventuelle Leiden abkürzen.
Kontra:
Der letzte Schritt wird oft zu leichtfertig begangen, die Hinterbliebenen sind arm dran.
Empfehlung:
Nein
1.)Einleitung
2.)Selbstmord? JA!
3.)Selbstmord? NEIN!
4.)Fazit
1.)Einleitung:
Selbstmord ist eines der größten Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Fast jeder kennt jemanden, der sich das Leben genommen hat und ebenso wird jeder auch schon selbst daran gedacht haben, wenn irgendwelche Probleme übermächtig erschienen und keine Lösung in Sicht war. Manche von uns werden vielleicht sogar die ersten Suizid-Versuche hinter sich haben, die allerdings wahrscheinlich mehr Hilfeschreie als tatsächlich ernstzunehmende Versuche waren. Bei den Jugendlichen in Deutschland ist Selbstmord die häufigste Todesursache, was alleine schon zu denken geben sollte. Allerdings spielt hier sicherlich die Labilität der jungen Menschen eine erhebliche Rolle, ebenso wie die manchmal verklärte, mystische Sichtweise des Todes. Unter den Jugendlichen nehmen sich übrigens wesentlich mehr junge Mädchen das Leben als ihre männlichen Artgenossen. Ab Mitte 20 verändert sich dieses Bild ins Gegenteil; nun sind es meist die Männer, die den Anforderungen von Beruf und Familie nicht mehr gewachsen sind, finanzielle Probleme haben und sich deshalb in den vermeintlich leichten Ausweg des Freitods stürzen.
2.)Selbstmord? JA!
Ein vernünftiger Mensch denkt sich nun: „Wie kann man einen Selbstmord nur bejahen? Schwachsinn, es gibt immer eine Lösung!“. Für die meisten Probleme des Alltags mag das sicherlich zutreffen, doch leider gibt es auch tatsächlich unlösbare Probleme bei denen man tatsächlich einen Selbstmord in Betracht ziehen sollte bzw. wo ich das nicht für verwerflich halten würde.
Ein solcher Grund wäre für mich beispielsweise die Eröffnung meines Arztes, daß ich unheilbar an Krebs erkrankt wäre. Nachdem ich schon zwei Freund durch diese Krankheit verloren und sie auf ihrem Sterbeweg begleitet habe, weiß ich genau, daß ich so nicht verrecken will. Ein Tod im Krankenhaus, angeschlossen an Schläuche und Maschinen, erfüllt von Schmerzen oder im gnädigen Delirium ist für mich so ziemlich die schlimmste Vorstellung, die ich habe. In diesem Fall würde ich die Möglichkeit eines angenehmen Todes an meinem Lieblingsplatz am Neckar vorziehen und selber die notwendigen Konsequenzen ziehen.
Wer sich für den Freitod entschieden hat, sollte diesen möglichst so durchführen, daß keine anderen Menschen gefährdet werden. Das Hinterlassen eines Abschiedsbriefes ist zwar fair, kann jedoch bei den Hinterbliebenen auch zu Vorwürfen führen. Man sollte es sich daher genau überlegen, ob und was man schreibt.
*Hier stand ursprünglich ein längerer Absatz über die verschiedenen Todesarten, ihre Ausführung und ihre Bewertung durch mich. Dies haben einige User bei Ciao als bedenklich eingeschätzt, weshalb ich diese Passage wieder entnommen habe. Auf Wunsch erhalten sie jedoch volljährige Personen per Mail.*
Es gibt viele Wege zum Sterben, doch keiner ist wirklich leicht. „Selbstmord ist nur Flucht vor Problemen“ habe ich schon oft gehört, doch stimmt das auch? Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß es enorm viel Überwindung kostet, den ersten Schritt in Richtung Tod zu machen. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich schon an Selbstmord gedacht habe (meistens mehrfach täglich), doch außer den Gedankenspielen kommt nicht viel dabei heraus. Tatsächliche, halbherzige Versuche habe ich erst dreimal unternommen, wie Ihr lesen könnt, leider ohne Erfolg. Beim nächsten Mal wird es allerdings nicht beim Versuch bleiben. Allerdings liegt dieser Tag wohl noch in weiter Ferne!
Trotzdem hänge ich nicht gerade am Leben. Weshalb, fragt Ihr? Tja, wenn ich das wüßte..... Mir ist irgendwann vor vielen Jahren die Lebensfreude abhanden gekommen. Ich bin einfach das, was man im wahrsten Sinne des Wortes als Lebensmüde bezeichnen könnte. Mir fehlt eine Aufgabe im Leben, die mich erfüllt und mir fehlt die Energie, um mich aufzumachen und eine Aufgabe zu suchen. Es gibt wenig, was mir Freude bereitet und wenn dann mal etwas gut aussieht, gibt es garantiert Probleme. Das Leben langweilt mich, da es kaum Höhen oder Tiefen hat. Meine Emotionen sind weitgehend tot, ich kann mich nur selten wirklich freuen und noch seltener weinen, auch wenn ich es manchmal gerne täte. Alles ist einfach langweilig. Ich will einfach schlafen.
3.)Selbstmord? NEIN!
Alleine schon der Gedanke an Selbstmord verbietet sich für einen gesunden Menschen. Allerdings ist die geistige Fähigkeit zum Selbstmord auch etwas, was uns von den Tieren unterscheidet. Freiwillig würde kein Tier aus dem Leben scheiden (auch nicht die Lemminge, doch das ist eine andere Geschichte), da der Arterhaltungszwang viel zu groß ist. Bei einem Teil der Menschen scheint diese natürliche Sperre im Laufe der Evolution verschwunden zu sein.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß Selbstmord in den meisten Fällen Schwachsinn ist, da das Leben tatsächlich weitergeht und dieser Spruch nicht nur eine Floskel ist. Daher wären Probleme für mich auch kein Grund, mir das Leben zu nehmen. Manchmal erscheinen die Probleme übermächtig und die Gefühlswelt weiß nicht mehr ein noch aus. In dieser Situation versuche ich trotzdem, einen kühlen Kopf zu bewahren und setze mir für Selbstmorgedanken einen Termin, der mindestens drei Wochen in der Zukunft liegt. Sollte das Problem zu diesem Zeitpunkt noch bestehen, kann ich mein Vorhaben noch immer wahr machen. In der Regel haben Probleme (auch Liebeskummer u.ä.) jedoch bereits nach wenigen Wochen so an Brisanz verloren, daß man sich deshalb wirklich nicht mehr umbringen möchte.
Finanzielle Probleme wären für mich auch kein Grund für Selbstmord. Leben kann man auch ohne Geld, oftmals sogar glücklicher und zufriedener als zuvor. Und nachdem es mittlerweile auch einen „Privat-Konkurs“ gibt, sollte dieser Punkt wirklich kein Grund mehr sein.
Beziehungsprobleme führen oft in eine Krise, aus der man meint, sich mit Selbstmord retten zu können und dem ehemaligen Partner so quasi posthum noch eine auswischen zu können. Doch lohnt sich das? In mittlerweile 36 Lebensjahren habe ich gelernt, daß es keinen Partner gibt, der unersetzlich wäre. Manchmal hängt man einer Liebe noch ein paar Monate hinterher, doch irgendwann kommt auch wieder ein neues Glück, auch wenn man das im Augenblick des Verlustes nicht wahrhaben will.
Der Hauptgrund für einen Selbstmord sind jedoch in aller Regel weder Beziehungs- noch Geldprobleme, sondern einfach das Fehlen eines Gesprächspartners, der einen versteht und versucht zu trösten. Solltet Ihr einmal depressiven Gedanken verfallen sein, so empfehle ich einen Anruf bei der Telefonseelsorge (kostenlos; evangelisch: 0800/111 0 111; katholisch 0800/111 0 222) oder das Aufsuchen eines Chats. Dort habe ich z.B. gestern einen Teil meiner derzeitigen Seelennöte gelassen.
Kurzzeitig gegen Selbstmordgedanken kann auch ein vorsätzlicher Vollrausch helfen. Dieser löst die Probleme zwar nicht, vertagt jedoch das Problem. Jeder Tag hilft, Probleme kleiner erscheinen zu lassen und eine drohende Selbstmordgefahr zu mindern.
Einen wesentlichen Punkt gegen Selbstmord sollte sich jeder potentielle Selbstmörder jedoch in den Kopf rufen: Er selber hat es bei Erfolg zwar hinter sich, doch er belastet damit seine Hinterbliebenen mit Schuldkomplexen. Diese werden sich nämlich verzweifelt fragen, weshalb sie von den Ambitionen des Selbstmörders nichts mitbekommen haben. Weshalb er nicht mit ihnen geredet hat. Und auf diese Fragen werden sie keine Antwort mehr bekommen.... Wer also noch Angehörige oder Freunde hat, sollte sich gut überlegen, ob er seinen Lieben seinen eigenen Tod wirklich antun will.
4.)Fazit:
Suizid ist eine der wirklich freien Entscheidungen, die der Mensch treffen kann. Zwar wird er vom Gesetz unter Strafe gestellt, doch bei einem erfolgreichen Versuch spielt das keine Rolle mehr. Allerdings sollte man immer bedenken, was man mit einer solchen Tat in seinem sozialen Umfeld anrichtet. Und man sollte gut überlegen, ob ein akutes Problem es wirklich wert ist, sich deshalb umzubringen. Wenn man den Schritt erst mal gegangen ist, gibt es keine Umkehr mehr.
Dieser Bericht ist meinen verstorbenen Freunden gewidmet:
Heike Sch. sprang 1990 von der Aichtalbrücke
Armando W. gab sich 1992 in Stuttgart den Goldenen Schuß
Jürgen M. starb 1995 an einer Überdosierung von Schlaftabletten
Falk Sch. nahm sich 2002 mittels Tabletten und einer Injektion das Leben
All diese Menschen standen mir einst sehr nahe. Zum Zeitpunkt ihres Todes hatte ich sie allerdings weitgehend aus den Augen verloren. Allerdings wünschte ich mir trotzdem, sie hätten vor ihrer Tat nochmals kurz mit mir gesprochen.
Carpe Noctem, Euer Jabber weiterlesen schließen
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