Veranstaltungen Testberichte
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Pro & Kontra
Vorteile
- Super gute Live-Musik mit den angesagten Bands für "Lau"
- Große Musikvielfalt
- gute Musik schönes Wetter ist gemeldet Wein ;-)
- Leider nicht vorhanden
Nachteile / Kritik
- die Abzocker bzw. Möchtegern-abzocker nehmen leider zu
- nichts
- wenn man zuviel Wein trinkt, könnte die Sache böse ausgehen ;-)
- Peinlicher Auftritt , Irritierendes Outfit , schlechter Song
Tests und Erfahrungsberichte
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"Kein bisschen Spaß darf sein..."
01.03.2002, 14:22 Uhr von
Magistix
Der Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung (Wilhelm Busch) Wer ist dieser Kleing...3Pro:
Ein bisschen Spaß durfte sein...
Kontra:
...aber nicht gewinnen!
Empfehlung:
Nein
Niemand guckt ja Werbesendungen, niemand schaut Talkshows, niemand findet Luder toll und natürlich findet JEDER den Vorentscheid zum europäischen Schlager-Grandprix grauenhaft. Dieser liebevoll unenglisch betitelte musikalische Wettstreit findet einmal jährlich statt. Es messen sich laut Ausschreibung die besten Nachwuchsmusiker und wünschen sich doch alle eins: Bestes europäisches (Schlager-)Lied zu sein.
Einst auch als Schlager-Parade mit europäischem Charakter gestartet, kamen bald schon furienhafte Superstars auf die Bühne, die – wie kann es anders sein – natürlich aus Deutschland kommen mussten. Ich weiß nicht, woher dieser zweifelhafte Zwang nach nationalen Erfolgen stammt, aber er nervt mich. Spielt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft erfolgreich, so sind „wir“ Weltmeister. Verlieren die „Jungs“ sind sie bis auf die Knochen blamiert. „Wir“ sind da ja nicht mit Schuld dran.
Ganz in dieser Identifikationskrise verankert, war denn auch der nationale Vorentscheid vor nicht allzu langer Zeit von knapp 5 Jahren kurz vor der Vergessenheit gewesen, als ein haariger Zottelbär die Bühne betrat. Nach Nicole, die für „uns“ den Titel holte, Wicky Leandros oder auch Ireen Sheer, tauchte aus der jahrelangen Bedeutungslosigkeit wieder ein Star aus Deutschland auf. Unübersehbar, leicht bierbäuchig und überaus liebenswert. Mit Guildo Horn kam wieder frischer Wind in den Grand Prix – zumindest aus patriotischer, deutscher Sicht. War auch die ganze Bild-Nation gespalten, ob ein so haariger und offensichtlich auch noch humorvoller Typ die sterilen und überbürokratisierten Deutschen vertreten konnte, wurde er von den plötzlich mitgerissenen jungen und dadurch auch noch weniger verbiederten Deutschen mit überwältigender Mehrheit gewählt.
Guildo Horn eroberte mit seinem Lied „Guildo hat Euch lieb“ die Charts und die Herzen jener Jungen, die sich einen Spaß daraus machten, den Schlager in seiner neuen Art und Weise aufleben zu lassen. Mit dem leicht selbst veralbernden Text und der einprägsamen Melodie aus der Feder des Blödelbarden Stefan Raab (unter dem Pseudonym „Alf Igel“), betrat Guildo denn auch für „uns“ / allerdings sind „wir“ nur noch die Hälfte der Nation gewesen / die Bühne. Er trat an und wurde doch respektabel angenommen, eroberte gar die ein oder andere Sympathie für die Deutschen im Ausland und verteilte reichlich Nussecken.
Er sorgte dafür, dass wir eben nicht mehr als die humorlosen Weißwurstler im Schweinedarm angesehen wurden, sondern als durchaus nette und für einen Spaß zu habende Nation. Europa staunte und belohnte mit einer, für damalige Verhältnisse, guten Bewertung des Liedes den engagierten Schlager-Barden.
Ein Jahr später wurde aus dem Duell des durch Guildos Erfolg beleidigten Schlager-König Ralph Siegel und dem Komiker Stefan Raab (alias Alf Igel) weiterer Stoff gesponnen. Die Geschichte ging weiter und Stefan Raab trat mit seinem absolut veralbernden und albernen, wieder nicht ernst zu nehmenden Popsong „Wadde Hadde Dudde Da“ auf. Auch er gewann den nationalen Vorentscheid, worauf der Herr Siegel nie wieder teilnehmen wollte.
Mir wär’s egal gewesen, wenn ich ehrlich bin, denn so fuhr Stefan Raab mit seiner Popnummer in Kindersprache zum Gran Prix und heizte dort ordentlich ein. Er war keine Lachnummer, wie viele behaupteten, sondern zeigte einmal mehr, dass „wir“ Deutschen (es waren wieder einige weniger) Humor verstehen und uns nicht so furchtbar ernst nehmen. Wie schon im Jahr zuvor stand die Musik und der Spaß im Vordergrund und nicht eine „ernste Botschaft“ oder die „Rettung des deutschen Schlagers“, der vor den Exoten offensichtlich schon begraben war.
Europa war entzückt und man konnte meinen, Deutschland habe ein neues Image im Ausland erhalten, wäre da nicht das gekommen, was seit Stefan und Alf Igels Abtritt passierte....
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.:| Musik ist wenn man Laute macht, Gitarren kracht, ... |:.
In der Folge nämlich war eine erfreuliche, eine interessante und eine traurige Fortsetzung des Geschehens zu beobachten. Zum Einen trauten sich wieder mehr junge Bands an den Start für Deutschland. Die nationalen Vorentscheide wurden von neuen Ideen, frischen Bands und endlich wieder jungen Leuten bevölkert. „Surpriz“ gewann, der Komponist war Ralph Siegel. Das war schade, waren doch endlich nicht mehr 0815-Schlager im Vorentscheid, sondern echt gute Lieder. Und außerdem sehr unterhaltsame Bands, wie die Gruppe Knorkator, die kräftigst das Bühneninventar zerstörte und deren Musik in Richtung Gothic und Hardrock ging.
Die Jahre vergingen und doch wurde Jahr für Jahr klar, dass die Kommerzialisierung seit Raab ihren Höhepunkt erreicht hatte. Anrufe mussten fortan für die Abstimmung bezahlen (die Telekom verdient kräftig mit!), Musikfirmen schickten junge Bands dorthin, die nicht einmal singen konnten, aber gut aussahen und so vielleicht vermarktet werden konnten – One-Hit-Wonder sagt der Brite dazu!
Und dann – endlich - am Freitag dem 22.02.2002 war es wieder mal so weit. Deutschland suchte sein „Lied für Tallin“ in der nationalen Vorentscheidung zum Grand Prix d’Eurovision de la Chanson. Regeln waren klar – Deutscher Komponist, Sprache europäisch, Interpret egal. Und wieder einmal kam es zum Showlaufen der unterhaltsamen und doch bizarren Art.
Der Chanson ist nicht mehr Chanson, Bands mit Jazz, Soul, R&B, Pop, Rock, Punk und/oder auch der gute alte Schlager dürfen an den Start – nominiert von den großen Musikunternehmen, die über die Zulassung entscheiden... Frisch mit dabei war eine Disco-Hymne und endlich wieder - ein bisschen Spaß muss sein – Comedy-Unterhaltung.
Insgesamt drei Stunden und 15 Interpreten lang lachte ich, hörte ich zu und amüsierte mich über das, was sich Musiker nennt. Dafür ist nämlich der Vorentscheid überaus geeignet. Exoten und Idioten inklusive, gestaltet sich mein Fernsehabend so eigentlich sehr schön.
So begann es denn mit den ersten Starterinnen. Die uns allen bekannten „Weather Girls“ trauten sich in ihrem Wildecker-Herzbuben-Outfit trotz 100kg Übergewicht auf die Bühne und präsentierten gemeinsam mit den „Disco Brothers“ eine nette, kleine Disco-Nummer. Schön anzuhören unter dem Titel „Get up, Stand up“, faszinierte mich vor Allem, wie man so viel Stoff n rosa und hellgrün auf die Bühne lassen durfte und konnte...
Es folgte eine neue, junge Band, die im kurzen Vorspann zum Kirchenchor avancierte. Da sagten sie, sie wären gläubig und Jesus sei ihr bester Freund. Was folgte war ein rein kommerzieller Hit, der so klang wie von den Popmaschinen A-Teens, SClub7 oder auch Smajona. Unter dem Namen „Hold on“ erhoffte ich mir dann auch ein sinngleiches Anhalten des Singsangs und ging derweil auf Toilette.
Die dritte Nummer war dann eigentlich schon ne Qual, konnte ich doch unmöglich schon wieder den Stuhlgang antreten. Auch wenn ein gewisser Nino de Angelo davon röhrte „Wenn Du lachst“, verging mir jegliche, zum Lächeln hingehende Gesichtsbewegung zu einem starren Krampfen. Sah bestimmt nicht gut aus und wurde durch den Schlagerbeiträge des in Rente gehörenden Sängers nicht besser.
Nummer 4 eine reine Lachnummer. Unity 2 sangen „You never walk alone“. Was den Fussballern und den Fans des FC ein Begriff ist, war hier eine echte Qual. Wenngleich der das Lied keine Rückschlüsse auf das Original beinhaltet, so war es doch eine ziemlich schräge Weise, die die eher unbegabte Sängerin von sich gab. Das Lied war langsam und langweilig, hier und da schief gesungen...
Dann endlich kam Freude auf. Wieder ein Beitrag, der mich hoffen ließ, das Deutschland nicht im „Ernstsein“ verkommen würde und in die Tradition des monotonen Schlagergleichklangs zurückfallen könnte. Die hessische Komödientruppe „Mundstuhl“ mit ihrem Lied „Fleisch“ gefiel mir bestens. Mit geringer musikalischer Begleitung intonierten sie ein perfektes Duett, dass stimmlich erstaunlich harmonierte. Die Beiden, die sonst nur sprechend auftreten konnten besser singen, als das gemeine Hauptfeld der Mitkonkurrenten. Der Text war ironisch bis dorthinaus und die Stimme á la Max Rabe gefielen. Der Stil wird irgendwo zwischen Jazz und Reggea gewesen sein, erinnerte aber stark an die guten 20-er, woe die Sänger (Comedian Harmonists) noch durch Inhalt und Klang überzeugten.
Ich war entzückt und umso empörter als die Bohlen-Besetzungscouch Nummer 6 auftrat. Isabel heißt das frisch herbeigezauberte Wesen, dass eine moderne Talkinvariante von Bohlens Stimmproblem eines Kastraten darbot. Schiefe Töne, Disharmonien und miese musikalische Begleitung – ein Wunder, dass sie zugelassen wurde... Da verkam der Liedtitel „Will my heart survive?“ schon zur Androhung der totalen inneren Zerstörung.
Die siebte Interpretin war-Linda Carriere, die mit ihrem Soulstück „Higher ground“ durchaus gefiel. Der Rapper im Hintergrund war mies, musste aber dabei sein, wurde sie doch von dem Bibel-Rapper (-sänger) Xavier Naidoo ins Rennen geschickt. War ganz nett und wird sicherlich noch längere Zeit in den Charts auftauchen.
Und dann wurds lustig. Die superjunge Punk-Band SPN-X bot mit „Bravo Punk“ die Reinkarnation deutschen Punks auf der Schlagerbühne. Was einst Knorkator vormachten, versuchten sie auch - nur ohne Zertrümmerung des Inventars. Sie hüpften über die Bühne schrieen die Liedtexte und waren ziemlich „cool“, um es in der Sprache der Pisa-Generation auszudrücken.
Nummer 9 dann „Zarah“ mit der schwerwiegenden Frage nach dem Sein oder nicht Sein. “ To be or not to be“ würde ich ohne Weiteres mit NEIN beantworten. Mittelmaß, hundert Mal gesehen, kopiert und noch mal auf die Bühne gezerrt, konnte mich diese Nummer nicht mitreißen...
Die 10 war ein Albtraum und Berhard Brink und Ireen Sheer können glücklich sein, dass ich kein Rechtsschutz-Versicherter bin– wenn dem so gewesen wäre, hätte ihr Titel „Es ist niemals zu spät“ (für eine Klage wegen akustischer Nötigung) ganz andere Dimensionen bekommen. Schrecklicher „moderner Schlager“ (also der, wo dann der Discopop mit eingespielt wird) und ein Text der ja noch so schrecklich betroffen machte, da er ja an den 11. September erinnerte – MIES dieses Thema noch ein weiteres Mal auszunutzen
Die Kelly Family an Nummer elf hat mich dann aber überrascht. Eine wunderbar gesungene, leicht melancholische Weise mit dem Namen „I wanna be loved“. Die Dicke Maite Kelly sang und die Gruppe hielt es lange aus, ehe es zum finalen Höhepunkt kam. Mir hats gefallen und verwundert, dass es am Ende nicht für weiter vorne gereicht hatte...
Die Zwölften, die „Tuesdays“ brachten „Du bist der Weg“ auf die Bühne und ließen mich ans Bett denken und daran, dass ich mich auch schlafen legen könnte... Einheitsbrei und noch dazu hier und da schief!
Nummer 13 – der spätere Siegertitel – war dann die blinde Sängerin Corinna May, die vom selbst ernannten Schlager-Guru Ralph Siegel genötigt worden war, noch einmal teilzunehmen. Ihr schrieb er einen netten Text und ein grässliches Lied zu dem die Disco-Pop-Untermalung einfach nicht passen wollte. In „I can’t live without music“ machte sie sich in meinen Augen zum „hässlichen Entlein“ der Nation, stolperte hilflos über die Bühne un d versuchte wie in der Disco zu tanzen – sah schrecklich aus und mir bleibt der Gedanke, sie habe aus Mitleid gewonnen – das Lied war nicht der Renner sondern Durchschnitt – selbst für Schlagertitel noch.
Nummer 14 enttäuscht: „Natalie“ kann auch nicht singen und so sage ich trotz ihrer bitte „Don’t say goodbye“ tschüss auf Nimmerwiedersehen. Eintönig, schief aber immerhin eigentlich ne ausbaufähige Stimme....
Und dann zum Abschluss noch „Joy Fleming“ in Begleitung des „Jambalaya Gospel-Chor“. Mit ihrem wirklich gelungenen Titel „Joy to the world“ war sie wirklich die Einzige, die Stimmgewalt, Talent und ein wirklich gelungenes Lied (neben dem wahrscheinlich zu komödiantischen Stück „Fleisch“) mitbrachte. Das Lied machte Spaß und erinnerte an die amerikanischen Gospel. Ein bisschen Reggea, ein bisschen Soul – die Frau ist einfach gut und weiß es. Sie wäre eine richtige und gute Entscheidung gewesen und mit Sicherheit auch diejenige mit den größten Erfolgsaussichten. Das Lied macht Spaß und erinnerte mich an den letztjährigen Siegertitel – so positiv, so bewegt, so charismatisch!
Mit der Nummer wäre Deutschland wieder der Durchbruch gelungen und „wir“ (bei Corinna May sind’s sicher mehr Alte aber weitaus weniger Junge) wären auch europaweit wieder als Gutgelaunte anerkannt worden. Aber nein, eine blinde Frau (nichts dagegen, aber sie hatte nen Mitleidsbonus, da könnt ihr mir erzählen, was ihr wollt) die zum vierten Mal zum Vorentscheid antrat muss nun nach Tallin fahren um ihr mittelmäßiges Lied zu spielen und im hintersten Teilnehmerfeld zu landen – so geht’s doch auch, um Farin Urlaub (Sänger der Ärzte) zu zitieren.
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.:| Fazit: Kein bisschen Spaß darf sein.... |:.
Wieder einmal hat Deutschland bewiesen, dass es keinen Spaß versteht. Eine so fröhliche Nummer wie Joy to th World hat einfach keine korrekte Botschaft für die Dauerpessimisten aus dem Preußenreich. Wir bajuwarischen Hinterwäldler müssen scheinbar auch nach außen hin mit nachdenklichen Tönen und freudlosen Klängen auftreten, damit „wir“ uns nicht verlieren... weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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owesen, 01.03.2002, 14:34 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Auch hier klasse Berichte von Dir ! *g* Gruß, sönke (owi13)
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