Pro:
beats, interludes, attitude
Kontra:
teilweise etwas platt, battlereime pur !
Empfehlung:
Ja
--~>"Einleitung"<~--
Mit meinem Musik-Geschmack ist das schon so 'ne Sache: Irgendwie habe ich immer wieder auf Anhieb Vorurteile gegen bestimmte Künstler, ohne mich mal ernsthaft auf sie eingelassen zu haben, und behaupte von mir, dass ich mir sowas niemals anhören würde. Das war so bei MOR damals, als 'Bei Mir' erschien und ich echt nur dachte 'was wollen diese Spinner von mir ?'. Das war wieder so, als ich wenige Töne von Aggro Berlin Platten hörte, und ich sie schon als schlecht abgestempelt und zu den Akten gelegt hatte.
Vor einigen Wochen kam dann aber ein Kollege auf mich zu und erzählte was von wegen Bushido, voll der krasse Kerl, der die ganze Zeit nur großkotzigen Scheiß mit zugekokster Nase rappt, und das auch noch bringt ! Da wurde ich hellhörig und kaufte mir den LP, und siehe da: ich wurde wieder einmal eines besseren belehrt !
--~>"Cover"<~--
Was soll man groß sagen ? Der Bushido-Schriftzug ist der gleiche wie auf seinen Tapes, seine Fresse wird auch nicht gerade reizender, aber Gangster ist es allemal. Durchweg in gutem Stil also ein Plus fürs Cover.
--~>"Tracks"<~--
1. Electrofaust (intro)
2. Bushido (feat. Billy13)
3. Bei Nacht
4. Berlin
5. Vaterland (feat. Fler)
6. Eine Kugel reicht
7. Pitch Bitch (skit)
8. Mein Revier
9. Renn (feat. AidS)
10 Gemein wie 10
11. Streetwars (skit)
12. Tempelhof rockt (feat. Joek2)
13. Asphalt (feat. Fler)
14. Stupid White Man (feat. Sahira)
15. Zukunft (feat. Fler)
16. Dreckstück (feat. Fler)
17. Pussy
18. Vom Bordstein bis zur Skyline
19. Outro (feat. Sahira)
--~>"Highlights"<---
Ich finde, dass man als Erfahrungsberichtler nicht dazu verpflichtet ist, zu jedem Track auf einem Album seinen Senf abzulassen. Das endet erstens darin, dass man immer das gleiche schreibt, weil jeder Künstler hat so seinen Stil, und wenn man nicht auf Geigen steht, dann steht man auch beim dritten Mal nicht auf Geigen.
Außerdem gibt es Songs, zu denen ist einfach nicht viel zu sagen.
Ich mache es deshalb lieber so, dass ich Tracks, die mir besonders am Herzen liegen, als Highlights bespreche. Go:
--~>Vaterland (feat. Fler)
Der Beat ist etwas verträumt, durch eine Klaviermelodie mit einem hohen Träller. Ist Mid-Tempo würde ich sagen, kein pumpender Track aber ruffe Snare & Kicks.
Was mir besonders zusagt und sofort aufgefallen ist, ist der Chorus, bestehend aus einem Sample aus einem türkischen Song, das von DJ Ilan absolut Geil gescratcht wird. Klingt einfach nur Hammer.
Desweiteren ist cool, wie sich Bushido auf diesem Track die Reime mitten in der Zeile zuschmeißen, wenn der eine seinen Part beendet hat:
Bushido: " ich spann die Muskeln an, ihr Keckos habt jetzt Angst vor mir/ruf deine Kumpel an..."
Fler: "...doch trotzdem bleibt der Gangster hier/ich mach n' Track, und ändern tut sich nichts/"
Wertung: ****
--~>Eine Kugel reicht
Der Track beginnt, mit einem Telefonat: Bushido wird von seinem Ticker angerufen, der ihm erzählt, dass er 'das' jetzt klar gemacht habe, und dass er in 2 Stunden vorbeikommen solle.
Beim auflegen beginnt der Bass und die erste Strophe.
Der Track handelt davon, dass Bushido, kurz gesagt, seinen Dealer kalt macht, nachdem er vorm losgehen erstmal 3 Lines Koks gezogen hat. Er brauche das Geld und den Nervenkitzel, erzählt er. Der Dealer hätte heute Pech gehabt.
Der Beat rückt erstmal in den Hintergrund, da man sich auf die Story konzentriet, ist aber einer der schnelleren auf dem Album, und ziemlich pumpend, wenn man mal darauf achtet.
Die Melodie ist eigentlich kaum vorhanden denkt man, nur ein schnell pumpender Ton. Aber richtig zur Geltung kommt die Melodie nach der zweiten Strophe, wenn die Melodie sich mehrfach in der Geschwindigkeit verändert. Klingt cool.
Wertung: ****
--~> Renn (feat. AidS)
Für mich der Burner-Track des Albums.
Das Lied beginnt am Ende des vorigen Songs mit einem Telefonat eines Labelchefs, der Bushido sagt, dessen Vertrag würde gekündigt, weil er zu viele Drogen auf dem Album nehme, alle Labels beschimpfe und nicht vermarktungsfähig wäre.
Der Chorus des Tracks: "Renn, bevr du verbrennst/Wir stürmen dein Label mit 10000 Fans/und dann Bang, Bang, Karriere gebumst/wenn keiner mehr da ist bleibt mehr Platz für uns !"
Am Ende des Tracks steht dann Bushido im Büro des Labelchefs, sagt diesem, dass die 10000 Fans vor der Tür seine Securities abgeschossen hätten, und dass er nun fällig wäre.
Dann antwortet der Chef :"ich glaub ich muss...ich muss...ich muss"
"Renn, Renn, bevor du verbrennst..." in dem Moment setzt der Chorus wieder ein. Absolut cool gelöst, der Hammer.
In den Strophen ziehen Bushido und seine Kolegen Sido&Bushido von Aggro Berlin über Labels, Chefs, und Popsternchen her, durchweg mit coolem Flow auf dem etwas sonderbaren Beat, weit weg von Durchschnittshiphop. Aber sie machen den Beat trotzdem kalt.
Ich höre den Track momentan 50 Mal täglich :-)
Wertung: *****
--~>"Gemein wie 10"
Gleich nach dem Hammertrack geht es mit gleichem Niveau weiter: Der Beat ist eher easy, die Melodie mit einer E-Gitarre eingespielt, macht den Beat smooth, erinnert an MelBeats.
An diesem Track beeindruckt mich der versetzte Reim-Flow von Bushido, der immer wieder am Anfang einer Zeile eine Pause macht . Tight.
Highlight: "Ich fick die Fans, wie 50 Cent" *lol*
Wertung: ****
--~>"Stupid White Man"
Ein Track gegen George Bush, der auch mit dem Titel gemeint ist. Der Beat absolut düster, Apokalypse-Stimmung. Aber das Thema Bush wurde schon von vielen Rapgroups behandelt (legendär ist Blumentopf's "Danke Bush" !) und andere haben die Aufgabe meiner Meinung nach besser gelöst. Bushido versucht bei diesem schwierigen Thema zu sehr, seine Gangster-Attitude aufrecht zu erhalten, und verliert dabei etwas den Realitätsbezug und die Zielstrebigkeit in seinem Text. Aber immerhin: Bushido kümmert sich nicht nur um Drogen & Sex und Faker flexen !
Was mich allerdings, nach diesem Versuch von Bushido, etwas seiner Innenwelt zu zeigen, und auch zuzugeben, dass er mal Angst hat, und das vieles scheiße läuft, etwas enttäuschend fand und immer wieder finde, ist der Verfall am Anfang des nächsten Lieds, das sofort wieder mit 'Nutte ich fick dich' usw. beginnt. Das ist dann jedes mal wieder der 'Ach ja, ich bin ja bei Bushido zu Besuch'-Effekt.
Wertung: ***
--~>"Dreckstück"
Der Track beginnt mit einer Aufzeichnung auf dem AB. Ein Mädel schimpft vom Handy oder aus der Telefonzelle aufs übelste vor sich hin.
Dann beginnt der eindrucksvollste Track des Albums, die Abrechnung von Bushido mit seiner (imaginären ?) Ex. Er trifft Fler, der ihm rät zu ihr zu fahren und den Streit zu klären, sie stehen vor der Tür und sehen ein unbekanntes Auto, sie stürmen türeintretend hinein und sehen...klar.
Wie das Gangster dann halt machen werden beide aktiven Bettbenutzer so richtig in die Mangel genommen.
Soviel zum Inhalt, tschuldigung wenn ich das ins Lächerliche ziehe.
In Wirklichkeit ist der Beat absolut genial, langsam aber bass-lastig, und der Text durchweg top, Bushido verlässt nicht einmal seine Linie.
Wertung: *****
--~>"Skits & Outro"<~--
Es gibt auf dem Album zwei Skits, die lediglich instrumental sind, und das gleiche trifft auch fürs Outro zu.
Alle drei sind strange, so etwas wie Versuche für Beats, die dann abgebrochen wurden, aber absolut cool nach mehrmaligem hören. Einfach mal tasten.
--~>"Fazit"<~--
Bushido zieht seine Linie durch, und er macht das gut. Er schafft es, auf 16 Raptracks immer wieder neue Beleidigungen für Gegner zu finden, ohne sich auch nur einmal zu wiederholen. Die Tracks, die ich nicht erwähnt habe, sind übrigens Tracks auf denen es einfach nur darum geht Gegner zu masakrieren, ohne Story oder besonderes.
Bushido schafft es, sich jedem Beat anzupassen und diesen auseinanderzunehmen mit seinen Punchlines. Er bringt die Attitude des Gangsters, der jedem, der es braucht, die Zunge aus dem Hals reißen wird, wirklich authentisch rüber. Gegen wirken andere, die man vorher schon als hart empfand, wie kleine Muschis (Beispiel: MOR exklusive Savas)
Wer Battleraps nicht mag oder dann nicht mehr schlafen kann, der sollte sich lieber etwas anderes anhören, aber Bushido ist der Kerl, der immoment in Deutschland wirklich als Gangster-Rapper ohne jeden Zweifel zu bezeichnen ist.
Das Album hat ein cooles Konzept, indem immer wieder Tracks mit AB-Aufnahmen anfangen oder enden, die auch sehr gut zu den Songs passen und damit verknüpft sind.
Die Beats sind alle ähnlich, aber immer wieder neu schön. Das sie alle zu langsam sind oder so kann ich nicht behaupten.
Das Album ist absolut zum durchhören geeignet, ich muss bei keinem Track skippen, alle sind zu genießen. Das kommt auch nicht alle Tage vor.
Gebt euch dieses Album, es wird ein Meilenstein des deutschen Battle-Raps sein ! weiterlesen schließen
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