Pro:
kein Muss aber wirklich sehenswert: Wallensteins Palast
Kontra:
eben nicht der Kaiserpalast namens Hradschin
Empfehlung:
Ja
Valdstejnsky Palac, - Wallensteins Palast zu Prag heißt sie eigentlich, die zu machtvoll geratene Prunkresidenz des prächtigen und glänzenden Fürsten Böhmens zur Zeit dieses Abschnitts des Christlich-Böhmischen Mittelalters. An Ausdehnung, Prunk und Image fast gleich großmächtig wie der Hradschin, die Hofburg, wie die Österreichischen Kaiser gesagt hätten, zu deren Füßen der Palast oder dieses riesige Palais in der Mitte der Prager Kleinseite Mala Strana, liegt, dem Adelsbezirk des Königlich-Böhmischen Prags.
Schillers Wallenstein, geschrieben nach dem historischen machtvollen Vorbild des Herzogs Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, Fürst von Friedland, Kaiserlicher Generalissimus und erfolgreichster General des Kaiserlichen Mittelalterlichen Europas und des (so genannten) 30-jährigen Krieges von 1618 bis 1648, trifft in vielem was diese einzigartig brillante Ausnahmepersönlichkeit ihrer Zeit angeht, voll die Wahrheit.
Geboren 1583, ermordet 1634 in Eger (Cheb), Westböhmen, nachdem dieser böhmische Mohr seine Schuldigkeit getan und das katholische Kaiserreich vor den Schweden gerettet hatte.
Doch wie war es dazu gekommen? Sein Leben und seine Palast machen es uns vol verständlich. Aufgewachsen im nordböhmischen deutsch-tschechischen gehobenen Umfeld erkannte er früh die Möglichkeiten wirtschaftlicher Tätigkeit und des Einsatzes von finanziellen Mitteln, so heiratete er eine Reiche Frau, und schuf sich damit, unter optimaler Ausnutzung seiner Möglichkeiten, eine einzigartige wirtschaftliche Machtbasis, wie sie Böhmen und das Reich bis dahin nicht gekannt hatten. Als das Katholische Reich am Ende schien stellte er eine eigene Armee auf, er kleidete, rüstete aus und ernährte und bezahlte seine Soldaten, quasi die erste eigene Privatarmee der Geschichte, - eine Truppe, die zur Zeit seiner größten Erfolge bis in die 300,000 eigene Soldaten ging, so wurde die militärische Ebene zur zweiten Säule seiner stetig wachsenden Macht. Faktisch war er der mächtigste Mann in Europa, mächtiger als der eigentlich doch längst von ihm abhängige Kaiser in Wien.
Das ging gut, solange er, taktisch geschickt, den bescheidenen Gefolgsmann spielte, je erkennbarer seine Macht jedoch wurde, um so gefährlicher wurde seine Position. De Facto war er der neue König Böhmens, - was den Interessen des Wiener Kaiserhauses entgegenstand, nachdem er die Nichte des mächtigen Prager Erzbischofs geheiratet hatte, dachte er es sei an der Zeit die Kaiserliche Macht, nicht zuletzt in der Prager Form des Hradschins, der Prager Hofburg, herausfordern zu können.
Haus um Haus unterhalb der Kaiserburg kaufte er auf, riss er ein, errichtete, Stein und Stein einen ungeahnt weitläufigen Palast von mehr als 30,306 m². In den Jahren 1623 – 1929 schuf er einen im Kern schlicht und zweckmäßig gehaltenen Baukomplex mit vier großen Höfen, Stallungen für über 300 Pferde (Reitergeneral) und einer eigenen Reitschule zur Ausbildung seiner Offiziere im eigenen Hause. Klobig, massiv, übermächtig (und das war das für den Kaiser schlimme Wort) lag das auf dem Grund und Boden ehemals 26 verschiedener Adelspaläste die er aufgekauft hatte. Hier errichtete er das erste Monumentalgebäude des Frühbarocks in Böhmen, das nicht kirchlicher, sondern privater, profaner Nutzung war. Eine klare, unverkennbare sachliche wie optische Herausforderung des Kaiserhofes oberhalb, dem er auch damit zu sagen schien: Hier ist die neuzeitliche und wirtschaftliche, aber auch politische Macht Böhmens, - an Optik und Ausdehnung stand dieser Palast wohl kaum noch hinter dem Kaiserpalast zurück.
Wie Kaiser solche Probleme zu lösen pflegen lernten wir bei Schiller, Kaisers ließen den Macht bewussten und ehrgeizigen Böhmischen Fürsten im Stillen der Burg Eger in Westböhmen ermorden. Damit endete, kaum Begonnen, auch die politische Residenzfunktion dieses riesigen Palastes, vier Jahre später war der 30-jährige Krieg vorüber, die Welt war wieder im Lot und das Leben ging weiter.
Weiter ging es auch für das heute noch eindrucksvollste, nahezu unendlich ausgedehnte Palastgelände, - kommt man z.B. von der Seite der U-Bahnstation herauf, so steht man vor dem äußeren Palastgarten, wendet man sich rechter Hand, endlang der Palastmauer, auf der suche nach dem offiziellen Eingang, so kann man ganz schön laufen, sagen wir so zwischen 300 und 400 Schritte, je nach Größe des Fußes der schreitet, ehe man das Hauptportal erreicht, da gewinnt man schon einen guten Eindruck der Größe dieses Komplexes.
Von den ehemals überreichen Inventarstücken des Palastes hat nicht mehr allzu viel überlebt, doch noch heute beeindruckt die zweigeschossige Nordfassade mit den drei mächtigen Steinportalen mit dem Madonnenbildnis eines der integrierten ehemaligen Fürstensitze. Der linke Trakt des Baus birgt den so genannten Rittersaal, den Festsaal des Hauses, beachtlich und im typischen Waldenstein-Stil das Deckengemälde mit Waldstein, als Kriegsgott Mars verherrlicht. Es folgen der ledersaal, der Spiegelsaal und das Arbeitszimmer des Fürsten, ebenfalls allesamt mit ähnlich mythologischen Deckengemälden aus dem 17. Jahrhundert. Auch die ursprünglichen Stuckarbeiten und Malereien schmücken noch heute die Ovidius-Gallerie, die den Audienzsaal mit der Kapelle verbinden, hier, in der Sala Terrena (wurde auch 1859 erstmals Schillers großartiges Werk über das Leben des Fürsten uraufgeführt.
Im angrenzenden kleinen Salon gibt es das bekannte Fresco mit der Sage vom Goldenen Vlies und als auf ewig präpariertes Ausstellungsstück das Lieblingspferd der Fürsten, das bei der Schlacht von Lützen unter ihm weggeschossen und getötet wurde.
Bayerische Fans sollten sich merken, dass das Palais 1845 wieder zu Ehren kam als Ort der Feier der Verlobung der Bayerischen Prinzessin (Sissi) mit dem Österreichischen Kaiser Josef I., heute wird das Palais vom Tschechischen Kultusministerium genutzt, zu Verwaltungszwecken, und nur der Teil der ehemaligen Reitschule, d.h. der zur U-Bahn hin, der seit vielen Jahren als ein Teil der Prager Nationalgalerie genutzt und dieser als Ausstellungsraum dient.
Zu meinen liebsten Gemälden gehört, da musste ich immer an Nomen est Omen denken, das aus dem Jahre 1630 Stammende große Wandgemälde von Johann Schlemüller in der Wenzelkapelle (Waldenstein hieß mit seinem tschechischen Vornamen Wenzel) das die Ermordung des heiligen Wenzels zeigt, - vier Jahre nach der Fertigstellung war auch der neue Wenzel tot. So hat er erreicht einen Palast zu schaffen, der seinesgleichen sucht, und das in einer für ihn als einzigartiges Energiebündel rekordverdächtigen Zeit die niemand selbst heute für möglich halten würde, doch wenn man berücksichtigt, dass er in den letzten fünf Jahren ab Fertigstellung auch noch Europaweite Kriege führen und gewinnen musste, dann dürfte er an seinem Palast zwar die Freude des psychologischen Erfolges, kaum aber allzu viel Ruhe und Genuss gehabt haben.
Da haben wir es besser, - wir haben die Zeit, die uns dieses einzigartige Kleinod wert ist, - 5 Minuten zum vorbeigehen, oder einige Stunden, das kann und muss jeder selbst entscheiden, - wie viel Zeit ihm Wallensteins Erbe heute wert ist.
Jedenfalls sollte jeder Besucher Prags, der von unten zu dem Hradschin aufsteigt wenigstens einen Blick auf dieses für einige Jahre der Geschichte wichtigste Machtzentrum des mittelalterlichen Europa werfen. weiterlesen schließen
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