Pro:
ein wundervoller Ort, geschaffen von wundervollen Menschen mit wundervollen Speisen
Kontra:
Donnerstags Ruhetag
Empfehlung:
Ja
Als ich noch in Essen wohnte (genauer gesagt in der Witteringstraße da wo das Photofachlabor meines Vaters war) bin ich öfter zu Mo rübergegangen... um etwas Gutes zu essen und/oder um einen netten Plausch zu halten, so weit das, wenn der Laden voll war, überhaupt möglich war, aber Mo hat es immer möglich gemacht!
Nun, wer ist Mo?
Um das zu erklären, muß ich ein büschen aus meiner Vergangenheit plaudern, aber ich versuche, mich kurz zu fassen...
1983 begann ich bei der ESG (der evangelischen Studentengemeinde) der Uni Essen Kurse in „Deutsch für Ausländer" zu geben. Es war in meinem letzten Unterrichtsjahr, 1986, daß ich einen außergewöhnlichen Kursteilnehmer hatte: Mo.
Mo kam damals aus London, ist gebürtiger Perser, aber ansonsten ein weltoffener, multikulturell geprägter Mensch, wo er, wenn ich mich recht erinnere, ein Restaurant geführt hatte. Er war (und ist es wohl immer noch) wirklich ein ganz lieber Kerl, völlig anders, als man sich sonst die islamischen Mitbürger (wie ich auch viele im Kurs hatte), vorstellt: sehr weich, sehr sanft, nicht so hart und machohaft wie viele andere. Recht bald pflegten wir abseits des Unterrichts eine seelische Freundschaft und ich war sehr traurig, als er bald darauf dem Unterricht fernblieb.
Es geschah recht häufig, daß ich Kursteilnehmer wieder aus den Augen verlor und nicht wußte, was sie machten oder was aus ihnen geworden war, aber bei Mo stellte sich heraus, daß er sich seinen Traum erfüllen wollte: ein eigenes Restaurant!
Er hatte die Chance bekommen, sich in der Witteringstraße in einer ehemaligen Pommesbude (zugegebenermaßen etwas größeren Ausmaßes, also eher ein Grillschnellrestaurant, in dem nur vorgefertigte Speisen angeboten wurden, das sich aber nicht hatte halten konnte und deswegen nach der Pleite jahrelang lehrgestanden hatte), eben diesen seinen Traum zu erfüllen: Das Zodiac.
Da Mo‘s Deutschkenntnisse noch immer nicht die besten waren, erst recht, was Vertragsdeutsch angeht, begann nun eine für uns beide aufreibende und aufregende Zeit! Ich hab diese Anfangszeit noch gut in Erinnerung. All der ganze Behörden- und Formularkram, z.B. zur Erweiterung der Lizenz, aus frischen Zutaten Speisen herstellen zu dürfen, die damit verbundenen Gesundheitsprüfungen etc., die Gespräche mit Rechtsanwälten, die Geldbeschaffungsmaßnahmen (die mir ohne Persischkenntnisse weitestgehend unverständlich blieben, da sie über Landsleute liefen), die vielen Gespräche über die Einrichtung und Gestaltung des Restaurants, wie sie ihm vorschwebte, mit teils mir fremden, teils aber auch aus meinem Freundeskreis rekrutierten Handwerkern, unzählige Treffen auf der staubigen Baustelle, denn in dem Laden wurde alles, aber auch wirklich alles umgekrempelt, bei denen wir erschöpft und den Tränen nahe auf dem Boden hockten und mal der eine der anderen, mal die eine dem anderen Mut machte - dann später der Streß, die Sorgen, ob der Laden läuft, die Schulden und und und... Aber er hatte diesen Traum, er wollte ihn sich erfüllen - und 1987 war es soweit, er hat es geschafft, das Zodiac wurde eröffnet!
Wer das Restaurant heute betritt, kann sich kaum noch vorstellen, wie es vorher mal ausgesehen hatte, aber es wurde ja auch jedes Detail bis ins allerkleinste geplant. Und da gab es Momente, in denen ich an Mo‘s Sturheit fast verzweifelt wäre ;-)
Wenn man sich von außen dem Zodiac her näherte, entweder von der Witteringstaße oder von der Baumstraße her, fielen als erstes die riesigen Glasfronten auf, hinter denen man durch grüne Pflanzengardinen ins Innere schauen konnte. A propos schauen... Ging man durch die Eingangstür, die ebenfalls aus Glas ist, stand man in einem winzigen Vorraum und konnte gleich durch eine Durchreiche bis in die Küche schauen. Mo wollte damals, daß jeder jederzeit sehen kann, daß alle Gerichte jedes Mal frisch zubereitet werden und daß es keine Küchengeheimnisse gibt. Anfangs war dies das Reich seiner Frau Sarrin - die genau wie die Speisen, die sie zubereitete, eine Augenweide war. Ob sie heute immer noch selber kocht? Ich muß gestehen, ich weiß es nicht.
Weiter ging es in einen großen, schmalen Raum, der durch Spiegel im hinteren Teil optisch noch vergrößert wird, in dem zwölf Tische standen, für jedes Sternkreiszeichen einer. Jeder dieser Tische war eine Rarität: eine glatt polierte, dicke Baumscheibe! Diese zu beschaffen, war gar nicht so einfach...
(Zu sehen ist einer dieser Tische auf http://www.gutscheinbuch.de/Essen/kd_bilder/25.jpg)
Überhaupt, habe ich schon erwähnt, das Mo detailbesessen war? Sowohl die Zahl zwölf wie auch das Zodiac-Motiv tauchten immer wieder auf, als Deckengemälde und in der Zahl der Gerichte auf der Speisekarte.
Das Geschirr, in dem bzw. auf dem die Speisen serviert wurden, war handgetöpfert, natürlich ohne schädliche Glasuren, wie auch die Zutaten für alle Gerichte immer schon aus biologisch-dynamischem Anbau kamen.
Bei Mo hab ich auch zum ersten Mal Rapadura (Rohrohrzucker) kennengelernt, der in einem kleinen irdenen Gefäß zum Tee oder Kaffee gereicht wurde und irgendwann hat er mir auch was von dieser mir bis dahin unbekannten Köstlichkeit mitgegeben
Die erste Speisekarte, die zwölf vegetarische Gerichte enthielt, hatte eine Freundin von mir in ihrer wundervollen Handschrift gemalt, und auf marmoriertem Karton kopiert, gleich die Schreibfehler mit dupliziert ;-) Anhand der KfZ-Kennzeichen ist die ursprüngliche Herkunft der Gerichte Speisen zu erkennen: China, Frankreich, Griechenland, Italien, Iran (Mo‘s Heimat), Libanon, Marokko, Spanien, Thailand, USA... Wie mir zu Ohren gekommen ist, ist dies heute immer noch so.
Im Laufe der Zeit wurde die Speisekarte erweitert, es gibt für jeden etwas, von Vorspeisen und Suppen, über Salate, Hauptgerichte bis hin zu Desserts, wie es sich für ein richtiges Restaurant gehört. Auch was die Auswahl an Getränken angeht. In der Anfangszeit gab es kaum alkoholische Getränke, Bier nur in Flaschen, dafür jede Menge Säfte und Tees. Aber immer in Bio-Qualität.
Wie gesagt, damals bin ich oft „quer über die Straße" auf einen Sprung zu Mo, meist unangemeldet - heute sollte man doch eher einen Tisch vorbestellen - und hab mich durch die Speisekarte gefuttert. Oft hab ich aber auch da Tagesgericht gewählt, bis ich mein Lieblingsgericht gefunden hatte: Mirsa Gassemi, ein persisches Gemüsegericht, das mit braunem Vollkornreis und Basmatireis serviert wurde. Mein Lieblingsgetränk dazu war Dugh, ein persisches Yoghurtgetränk, leicht gesalzen und mit Kräutern gewürzt, das herrlich erfrischend ist. Einige Male hab ich versucht, Mo ein Tütchen seiner Kräuter abzuschwatzen, aber dieses Geheimnis wollte er nie preisgeben noch mir das Rezept für Dugh verraten.
Die Preise waren moderat, erst recht angesichts der hohen Qualität der Zutaten (wo immer möglich Demeter, ansonsten mindestens aus biologischem Anbau), allerdings durfte ich lange Zeit überhaupt nicht bezahlen, nicht einmal, wenn ich in mehr oder minder großer Begleitung ins Zodiac ging, bis wir uns, nach einem fast ernsthaften Streit, darauf einigten, daß ich die Speisen, Mo die Getränke übernahm. Oder war es umgekehrt? Jedenfalls einigten wir uns ;-)
Wie schön, daß es das Internet und google gibt, und daß das Zodiac mittlerweile weit über die Grenzen von Essen hinaus bekannt ist! So fand ich auch die Webseite vom Zodiac, der ich folgende Informationen entnommen habe:
Die Speisekarte umfaßte zum Zeitpunkt der Herstellung der Webseite:
Vorspeisen
Tagesvorspeise**(Bitte erfragen)
Sätun* (5,50 euro)
Frülingsröllchen*(6 bzw. 9 euro)
Fasole Batute* (6 euro)
Fladenbrot**(2 euro)
Kräuter Butter (1 euro)
Kombi Vorspeise**(11 euro)
Hauptgerichte:
Tagesgericht**(Bitte erfragen)
Meiskartoffeltortilla (8 euro)
Ratatuille*(9 euro)
Gefüllte Paprika* (9,50 euro)
Gemüsequiche(10 euro)
Vollkornlasagne (10 euro)
Samosas*(10 euro)
Mirsa gassemi(10 euro)
geberatener Vollkornreis **(10,50 euro)
Desserts:
Applepie
Cremcaramel
Ranginak
*:Wegane Grichte
**:Die können wegan werden.
Ähem, ich konnte mir ja ein Schmunzeln nicht verkneifen, als ich die obige Speisenauflistung sah, hat sich doch der eine oder andere Rechtschreibfehler eingeschlichen, aber das ändert nichts daran, daß ALLE Gerichte unheimlich lecker sind!
Insgesamt also ist das Zodiac ein Ort, an den ich gerne zurückdenke, ist es doch mehr als „nur" ein Restaurant. Es ist wirklich eine Stätte der Erholung für alle Sinne. Von der Einrichtung über die Speisen und Getränke, bis hin zur unaufdringlichen Hintergrundmusik, aber immer geprägt durch Mo‘s ihm eigene Freundlichkeit, die einen eher wie einen guten Freund, einen wahren Gast, umgibt denn wie einen zahlenden Kunden.
Wer lesen möchte, wie es heute im Zodiac zugeht, kann dies im Bericht von k_jacobi tun, der mir auch, nach seinem letzten Besuch dort endlich (!) das Rezept für Dugh per mail zukommen ließ:
Man nehme:
Bio-Jogurt (z.B. Demeter) mit normalem Fettgehalt
Frische Kräuter ( Pfefferminze, Nana-Minze, wilder Sellerie)
Etwas Meersalz
mixe dies alles im Mixer mixen und lasse es einen Tag ziehen
bevor es zum Verzehr im Verhältnis 1 Teil Jogurt, 2 Teile Wasser mit Mineralwasser gemischt wird.
Und wer das nächte Mal ins Zodiac essen geht, richte doch bitte einen ganz lieben Gruß von mir an Mo aus, nicht unbedingt von „LeaofRafiki", damit wird er nicht allzuviel anfangen können, aber vielleicht erinnert er sich ja an seine alte Deutschlehrerin...
ZODIAC
Witteringstr. 41
45130 Essen-Rüttenscheid
Tel. 0201-771212
www.restaurant-zodiac.de
(geöffnet Freitag bis Mittwoch 18 bis 24 Uhr; soweit ich erinnere, sind die Sanitäranlagen zwar wunderschön, aber für Rollstuhlfahrer nicht geeignet - was den Platz im zuweilen proppevollen, engen Zodiac angeht, wird aber Mo bestimmt dafür sorgen, daß kein Rollifahrer draußen bleiben muß)
Einige Jahre später hinzugekommen war direkt nebenan
Der kleine Zodiac - die andere Pizza
Witteringstr. 43
45130 Essen- Rüttenscheid
Mo - So 12 - 22 Uhr
Tel:0201 770012
Zum Abschluß das Leitmotiv des Restaurant Zodiac:
„ZODIAC soll ein Ort der Begegnung, des Gedankenaustauschs und des Friedens sein, denn ZODIAC - der Tierkreis mit seinen 12 Sternbildern - steht symbolisch für das Verbundensein aller Menschen miteinander und erinnert sie an ihre gemeinsamen Wurzel"
und ein Bild von Mo und Sarrin: http://restaurant-zodiac.de/m2.jpg
© LeaofRafiki 11.10.2003 / 07.11.2003
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ACHTUNG FAKERSCHUTZ: Ich poste meine Berichte lieber selber und unter gleichem Nick regelmäßig bei Ciao, häufig bei Yopi, nach dem Relaunch selten Dooyoo, und noch seltener auf irgendwelchen anderen Plattformen, aber dafür vielleicht auf meiner Homepage www.leaofrafiki.de *grins* weiterlesen schließen
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