Der Pianist (VHS) Testberichte
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Pro & Kontra
Vorteile
- Klasse Film, klasse Aufmachung, tolles Bonusmaterial, gute Umsetzung / Regie des Filmes.
- gibt die Geschehnisse in Warschau zur Zeit der deutschen Besetzung sehr realistisch wieder, tatsächliche Geschehnisse, viele Extras auf der DVD
Nachteile / Kritik
- Der Film ist authentisch, grausam, nichts für schwache Nerven, die Altersfreigabe erscheint mir etwas zu niedrig. Zur Deluxe Edition selbst gibt es kein Kontra.
- sehr grausam, nervenzährend, bei Sensibilität Tränengefahr
Tests und Erfahrungsberichte
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Nicht Mozart, nicht Chopin, immer nur Krieg
5Pro:
Klasse Film, klasse Aufmachung, tolles Bonusmaterial, gute Umsetzung / Regie des Filmes.
Kontra:
Der Film ist authentisch, grausam, nichts für schwache Nerven, die Altersfreigabe erscheint mir etwas zu niedrig. Zur Deluxe Edition selbst gibt es kein Kontra.
Empfehlung:
Ja
Eigentlich wollte ich mir diesen Film eigentlich nur einmal ansehen, weil ich ihn noch nicht kannte, doch dann sah ich die fast neue Deluxe Edition dieses Filmes in meiner Videothek. Nach kurzer Überredung des Personals konnte ich diese inklusive der zugehörigen Box und der Musik-CD mitnehmen, die normalerweise nicht in den Verleih geht. Tja, im Gegenzug mußte ich versprechen, mir ganz besonders viel Mühe mit diesem Bericht zu geben. Ich hoffe, es wird mir in Anbetracht des Stoffes und der zahllosen Zusatzoptionen gelingen.
Wer die Oscarverleihung dieses Jahr gesehen hat, dem sind sicherlich die zaghaften Proteste der Schauspieler und –innen gegen den Krieg im Irak und die Skandalrede von Michael Moore, in der er Präsident Bush beschimpfte, in Erinnerung verblieben. Doch auch die fast überraschende Verleihung eines Oscar® für den besten Hauptdarsteller an Adrian Brody für seine Rolle in „Der Pianist“ war, neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen für diesen Film, medienträchtig, deshalb möchte ich in erster Linie untersuchen, ob der Film überhaupt so sehenswert ist, wie er durch diese Überhäufung von Oscars® wirkt. Doch auch mit den Vorzügen dieser Deluxe Edition möchte ich mich genauer befassen. Zunächst eine grobe Übersicht über die Einzelteile, so daß alle, die den Film noch nicht kennen, trotz einer intensiven Betrachtung des Inhaltes, sich die Spannung erhalten können.
1. Die Deluxe Edition
2. Der Hauptfilm
2.1. Der Inhalt
2.2. Die wichtigsten Rollen
2.3. Die Crew hinter der Kamera
2.4. Die Features von Film & DVD
3. Das Bonusmaterial
4. Die Musik-CD
5. Meine Wertung des Filmes und der Aufmachung
Allein optisch sieht diese Deluxe Edition schon nach einem kleinen Juwel aus, passend zum Thema hält sich die Farbgebung dezent zurück, schwarz-weiß und beige. Doch was ist in dieser Box ?
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1. Die Deluxe Edition:
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Im äußeren Pappschuber befindet sich ein weiterer Pappschuber, der aufklappbar ist und neben den Auflistungen der zahlreichen Auszeichnungen für diesen Film auch drei CD-Fächer beinhaltet. Bei genauerem Betrachten sind eine DVD mit dem Hauptfilm, eine DVD mit zahlreichem Bonusmaterial und eine Musik-CD mit dem Filmsoundtrack enthalten. Der Preis dieser Deluxe Edition beträgt 34,21 Euro bei amazon.de (ist die Special Edition bei denen), doch auf der Verpackung steht dennoch Deluxe Edition !
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2. Der Hauptfilm:
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Titel: Der Pianist
Titel USA: The Pianist
Länge: ca. 143 Minuten
Genre: Drama
Land: Frankreich, Deutschland, Polen, Großbritannien
Jahr: 2002
FSK: 12 Jahre
Die Altersfreigabe hat mich erstaunt, den Film halte ich persönlich für FSK 16, dazu ist er einfach zu grausam.
Nachdem ich den Hauptfilm gesehen habe, möchte ich Euch den Inhalt nun mitteilen, alle die also den Film, der auf einer authentischen Geschichte beruht, selbst noch sehen wollen, den nächsten Punkt bitte nicht (!) lesen.
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2.1. Der Inhalt:
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Wladyslaw Szpilman (Adrien Brody) ist ein gefeierter Konzertpianist und spielt gerade für den polnischen Rundfunk, als der Krieg ausbricht. Die Nazis marschieren in Polen ein und es beginnt für ihn und seine Familie ein Leidensweg, wie ihn sehr viele Juden hatten, doch nur ganz wenige werden überleben.
Szpilman und seine Familie werden zusammen mit etwa hunderttausend anderen Juden in das Warschauer Ghetto verfrachtet, wo alle beengt ihr Dasein fristen müssen, hungerleidend, mißhandelt von Nazis und polnischen Polizisten / Aufsehern. Im polnischen Untergrund und mittels guter Kontakte, denn er ist ein Star, gelingt es Wladyslaw, für seine gesamte Familie die dringend erforderlichen Arbeitsgenehmigungen zu besorgen, so daß sie eine Arbeit hatten, um den beginnenden Deportationen in die sogenannten Arbeits- bzw. Konzentrationslager vorerst zu entkommen. Eines Tages dringt eine Truppe von Nazis in das Haus gegenüber ein, wo alle Bewohner aufstehen sollten, jedoch ein älterer Mann im Rollstuhl sitzend nicht den Aufforderungen nachkommen konnte. Die nachfolgenden Ereignisse sind schockierend, doch es wird nicht der letzte Schock bleiben, denn die Soldaten heben den Mann mitsamt Rollstuhl an das Fenster und werfen ihn aus dem 3. Stock.
Doch kurze Zeit später kommt auch für Wladyslaw und seine Familie der Tag der Wahrheit, die Nazis lassen alle Juden antreten, einige Personen müssen vortreten, wer sich weigerte oder nur Fragen stellte, wurde erschossen, die gesamten Juden wurden verschleppt und in einem riesigen Lager gefangengehalten, bis alle von hier in Züge verladen wurden. Brutal besonders, daß polnische, meist jüdische Aufseher / Polizisten alles niederknüppeln oder erschießen, was nicht in die Wagons paßt oder Widerstand leistet, auch die gesamte Familie von Wladyslaw wird in einen Wagon verfrachtet. Nur Wladyslaw selbst wird von einem polnischen und jüdischen Oberaufseher, der ihn aus der Menge zieht, weil er ihn erkennt, gerettet, er kann nur sich selbst in Sicherheit bringen. Der Rückweg ins Ghetto schockiert ebenfalls, denn es ist menschenleer, überall liegen Sachen auf den Straßen, alles zerstört und viele Tote Juden überall. Er flüchtet sich in das Café, wo er immer Klavier gespielt hatte. Hier trifft er auf einen Mann, der sich hier verschanzt hatte.
Die wenigen Überlebenden des Ghettos werden in einem Arbeitslager eingesetzt und müssen u.a. zerstörte Gebäude wieder aufbauen, doch hier kommt es wieder zu brutalen Szenen, die ebenso schockierend sind, einige Arbeiter müssen vortreten und sich hinlegen, sie werden sinnlos mit Kopfschüssen aus nächster Nähe hingerichtet. Da zumindest der Lageraufseher ein wenig Mitleid hatte, konnten sich die restlichen Juden ein wenig selbst versorgen, wobei sich einige zu einer Gruppe von Untergrundkämpfern formieren. So erhält auch Wladyslaw die Chance, aus dem Ghetto zu entkommen, weitere Polen, die dem Untergrund angehören verstecken ihn in einer extra angemieteten Wohnung, doch von hier muß er dann wieder abrupt flüchten, als er ein Küchenregal mit den gesamten Tellern bei der verzweifelten Nahrungssuche herunterreißt.
Nun wendet er sich an die Personen, der ihm zuvor gegebene Notfalladresse, die ihn direkt im deutschen Viertel neben einer Polizeiwache und gegenüber einem Krankenhaus unterbringen, doch es ist unweit des Ghettos. Da er wenig Versorgung erhält, erkrankt er an Gelbsucht, doch seine Bekannten und Fluchthelfer finden ihn noch rechtzeitig, organisieren einen Arzt und können ihm das Leben retten bzw. der Arzt ihn heilen.
Wieder genesen, schaut er aus dem Fenster und muß hilflos mit ansehen, wie sich die noch im Ghetto wohnenden Zwangsarbeiter und Juden auflehnen, eine wilde Schlacht beginnt, bei der fast alle Juden im Ghetto getötet werden. Doch schon kurze Zeit später formiert sich weiterer Widerstand, als der polnische Untergrund und jüdische Aufständische das Krankenhaus und die Polizei nebenan angreifen. Aber es kommt aber noch schlimmer, auch aus dem Haus, wo er sich versteckt, wird geschossen. Panzer ziehen auf und beschießen das Haus, es gelingt ihm mit Mühe und Not zu flüchten, bevor dieses restlos auseinanderbricht und gestürmt wird.
Er verbringt die nächste Zeit in den Ruinen des gegenüberliegenden Krankenhauses, doch schon kurze später beginnen die Nazis damit, die gesamten Häuser bzw. Ruinen abzufackeln, damit kein Widerständler lebend das Viertel verläßt. Er kann gerade noch mit letzter Kraft flüchten, wobei er sich bei der Flucht noch leicht verletzt. Er versteckt sich in einer Ruine, die allerdings nach kurzer Zeit ein Quartier der Nazis wird, so kommt es, daß er entdeckt wird, der deutsche Offizier (Hauptmann) Wilm Hosenfeld (Thomas Kretschmann) steht vor ihm. Ausgefragt, was er da mache und wer er sei, erzählt Wladyslaw, daß er Pianist sei, er muß vorspielen, völlig voller Angst und durchgefroren, spielt er, als wenn er zum letzten Mal in seinem Leben spielen wird. Eine ergreifende Spannung, denn ich wußte ja nicht, was nun geschieht, doch dann läßt der Hauptmann ihn leben, er bringt ihm sogar Nahrung.
Wenig später sind in der Ferne Kampfhandlungen zu hören, die Deutschen ziehen ab, der Hauptmann geht ein letztes Mal hoch zu Wladyslaw, er verabschiedet sich von ihm, denn die Russen sind bereits in der Nähe. Gegen die Kälte läßt er Wladyslaw seinen Armeemantel da, eine sehr menschliche Szene, wie ich finde. Dann sind die Russen da, das Umfeld besteht nur noch aus zerbombten Ruinen, doch der frierende Wladyslaw hat noch den Armeemantel der Nazis an, er wird von den Russen beschossen, doch kann sich dann ergeben.
Szenenwechsel, es ist ein Kriegsgefangenenlager der Russen zu sehen, ein Pole beschimpft die Nazis im Vorbeigehen und erzählt, daß er Musiker war, Hauptmann Wilm Hosenfeld kann kurz mit dem Polen reden, es ist ein guter Freund von Wladyslaw Szpilman, der später zu dieser Stelle geht und dann nach dem Deutschen forscht. Aber Wilm Hosenfeld starb 1952 im russischen Gefangenenlager, wie zu erfahren ist. Wladyslaw nahm seine Pianistentätigkeit nach dem Krieg wieder auf und wurde ein riesig gefeierter Pianist der Nachkriegszeit, der mit 88 Jahren am 06. Juni 2000 in Warschau verstarb, wie dem Abspann des Filmes entnommen.
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2.2. Die wichtigsten Rollen:
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Wladyslaw Szpilman: Der Pianist wird von Adrien Brody („Der Schmale Grat“) gespielt, wer die Einleitung gelesen hat, wird wissen, daß er 2003 dafür einen Oskar bekam. Der Charakter Szpilman ist Jude, deshalb ist er zunächst ausgegrenzt und von der Gesellschaft gemieden, später im Ghetto, auf dem Weg in die Gaskammer, dann im Arbeitslager und zuletzt ständig auf der Flucht. Ein Leidensweg, den ich keinem Menschen wünschen möchte, leider ist fast die gesamte Handlung wahr und authentisch.
Der deutsche Offizier, Hauptmann Wilm Hosenfeld, wird von Thomas Kretschmann gespielt, im Grunde genommen eher kurz, aber eindrucksvoll zu sehen. Kretschmann wurde bekannt durch Filmrollen wie „Stalingrad“, „Die Bartholomäusnacht“ und „Die Männer Vom K3“ – Folge: „Der Vollmondmörder“.
Frank Finlay (Der Vater), Maureen Lipman (Die Mutter), Ed Stoppard (Henryk), Julia Rayner (Regina), Jessica Kate Meyer (Halina), Emilia Fox (Dorota), Ruth Platt (Janina)
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2.3. Die Crew hinter der Kamera:
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Regisseur: Roman Polanski („Bitter Moon“, „Chinatown“)
Produzenten: Roman Polanski, Robert Benmussa, Alain Sarde
Drehbuch: Ronald Harwood
Filmmusik: Wojciech Kilar
Kamera: Pawel Edelman
Ausstattung: Allan Starski
Schnitt: Hervé de Luze
Kostüme: Anna Sheppard
Regisseur Roman Polanski gelang ein authentisches und gleichzeitig schockierendes Meisterwerk, was sich zumeist sehr am Drehbuch orientierte und den geschichtlichen Ereignissen, die in einer riesigen Recherche zusammengetragen wurden. Doch da Polanski selbst Erfahrungen aus dem Ghetto (Krakau) hatte, seine Kindheitserinnerungen sind wieder hochgekommen, gelang es ihm, Szenen zu schaffen, die in diesem Film völlig echt, grausam und düster daherkommen. Auch einige sensationelle Ideen basieren aus diesen Erfahrungen. Großteile des Ghettos wurden in Warschau wieder aufgebaut. Ein sehr persönlicher Film eines großartigen Regisseurs, der sich mit diesem Film selbst noch übertroffen hat.
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2.4. Die Features von Film & DVD:
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Das einzelne Ansehen der 24 Kapitel versteht sich fast von selbst, ist es doch bei nahezu allen DVD’s möglich.
Die Tonauswahl besteht aus:
- Deutsch dts 5.1
- Deutsch Dolby Digital 5.1
- Englisch Dolby Digital 5.1
Als Untertitel sind zuschaltbar:
- Deutsch für Hörgeschädigte
- Englisch
Bild: 1,85:1 (16:9 anamorph codiert)
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3. Das Bonusmaterial:
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Sollte irgendwer sich wundern, damit meine ich alle zusätzlichen Features der 2. DVD, die ich nachfolgend aufführen möchte, es sind enthalten:
- Dokumentation
- Filmografien
- Trailer
- Fotogalerie
- Postergalerie
Die Dokumentation besteht aus einem ca. 40 Minuten andauernden Blick hinter die Kulissen, Roman Polanski erzählt über die Veränderungen, die er gegenüber dem Buch gemacht hat, warum er sie gemacht hat, über eigene Erlebnisse des Holocaust und auch die Schauspieler, insbesondere Adrien Brody schildern ihre Gedanken zu bestimmten Szenen. Zudem kommt auch die für die Kostüme verantwortliche Anna Sheppard zu Wort. Auch das Warschauer Ghetto wird gezeigt, in Archivaufnahmen, mit Hintergrundmaterial der realen Vorgänge.
In den Filmografien sind von Roman Polanski, Adrien Brody und Thomas Kretschmann die einzelnen Filme aufgelistet, in denen sie in ihrer Karriere mitgewirkt haben, einige mir bis dahin unbekannte Details konnte ich dabei erfahren.
Als Trailer sind zwei verschiedene Trailer zu sehen, der Trailer für Deutschland und der Trailer für Frankreich („Le Pianiste“). Der deutsche Trailer wirkt dabei wesentlich gewaltiger und erschütternder, weil er viel mehr Szenen und Greueltaten zeigt, als das französische Gegenstück.
In der Fotogalerie sind 48 Bilder aus dem Film und den Drehtagen anzuschauen.
Als Postergalerie gibt es noch drei verschiedene Poster zum Film zu sehen.
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4. Die Musik-CD:
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Auf der Musik-CD sind 3 Tracks aus dem Film zu hören, dieses sind:
1. „Wladyslaw Szpilman. The Original Recordings Of The Pianist“:
- Robert Schumann: Fantasie C-Dur op. 17 – langsam getragen
2. „The Pianist – Soundtrack“:
- Frédéric Chopin: Andante Spinato G-Dur, tranquillo
- Frédéric Chopin: Grande Polonaise Es-Dur, molto allegro
Sicherlich nur für Klassikfans sind diese Sachen ein Begriff, da ich sehr gerne Klassik höre, aber keine Ahnung von den gesamten Bezeichnungen habe, weil mich nur das Ergebnis, also das, was ich höre, interessiert, bitte ich mir Erklärungen der einzelnen Details zur Musik bzw. hier Klaviermusik nachzusehen. Zumindest gefällt mir aber diese mit knapp 25 Minuten recht kurz geratene CD bzw. die Musik, passend zum Film, dazu nebenbei unheimlich entspannend.
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5. Meine Wertung des Filmes und der Aufmachung:
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Ich war geschockt, sprachlos und war für etwa 10 Minuten nicht ansprechbar, nachdem ich den Film gesehen hatte. Aber der Film selbst lebt zumeist auch nur von den Bildern, der Handlung und nicht von langen Dialogen, Hauptdarsteller Adrien Brody hatte nicht viel Text zu lernen, doch das Grauen bedarf keiner Worte, das als Zuschauer Erlebte kann man eh kaum in Worte fassen. Die Bilder sprechen für sich, die bei mir bewirkten Gefühle sind irgendwo zwischen Haßgefühlen gegenüber den Nazis, Trauer und Mitleid mit den Opfern, vor allem mit dem Hauptdarsteller und dessen Familie, zudem Frust, weil man sich irgendwie hilflos die Handlung ansehen muß, ohne etwas unternehmen zu können. Brody verdient den Oscar® für seine Spielweise, nicht für die Dialoge, dennoch überzeugt er mich voll, auch seine Künste am Klavier, Brody spielt selbst, sind gut, so daß er für mich die richtige Wahl war.
Besonders imposant ist die Tatsache, daß Polanski hier einen Spagat wagt, denn er zeigt nicht nur die Sichtweise, böser Nazi, armer Jude, armer Pole, sondern auch, obwohl selbst viel Leid in seinem Leben erfahren, zeigt er, daß es in beiden Lagern gute und böse Menschen gegeben hat. Es ist also nicht so typisch, wie es Hollywood-Produktionen zumeist machen, Fingerzeig und Darstellung des bösen Nazis, doch Polanski-Filme sind immer keine Produktionen des normalen Hollywoods, dazu ist der Zuschauer mehr in der Handlung, als nur dabei.
Ein beeindruckender und nachdenklich stimmender Film in einer sehr liebvollen Ausgabe bzw. Aufmachung, mit vielem Bonusmaterial zwischen Firlefanz (Poster- und Fotogalerie) und großartigem Beiwerk (Dokumentation und Musik-CD), somit fast ein Muß für meine Filmsammlung. Bevor ich jedoch auf die Suche nach diesem Teil gehen werde, möchte ich diesem Film eine Empfehlung aussprechen und 5 Sterne vergeben, auch die Deluxe Edition kann ich ohne Einschränkungen empfehlen und auch die vollen 5 Sterne behalten.
Bildmäßig besticht dieses Meisterwerk außerordentlich, trotz grauer und trister Bilder bzw. Farben, einfach passend zur Handlung. Tonmäßig sind mir keinerlei Mängel aufgefallen, so daß auch die technische Seite eindeutig erfüllt wurde, auffällig ist noch, daß wenn man den Film in der Originalsprache (Englisch) anschaut, einige Szenen und Dialoge in Deutsch geführt werden, u.a. das Gespräch zwischen dem Freund von Wladyslaw Szpilman und dem gefangenen Hauptmann Wilm Hosenfeld.
Nachdenklich bedanke ich mich für Lesungen, Bewertungen und Kommentare, Sven (Zoobremia)
P.S.: Ich bedaure außerordentlich die Länge dieses Berichtes, doch denke ich, wer hier bei yopi umfassende Informationen zum Film oder der Deluxe Edition bekommen möchte, der wird hier hoffentlich alles finden. Sollten dennoch wichtige Details fehlen, so erbitte ich mir dieses mittels Kommentar oder in meinem Gästebuch mitzuteilen. © by Zoobremia 2003 weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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anonym, 14.12.2006, 00:54 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Liebe Grüße Edith und Claus
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Ein Film, der mir den Atem raubte
08.07.2003, 00:13 Uhr von
DieEine
34 Jahre bin ich alt, Klappe aufreißen ist eines meiner Lieblingshobbys.So richtig viel über mich...Pro:
hervorragende Darsteller, schonungslose Darstellung
Kontra:
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Empfehlung:
Ja
Vor kurzem habe ich mir mal wieder einen ernsten Film angeguckt. Ich hatte schon des längeren vor, mir "Der Pianist" anzusehen, aber damals kein Kino gefunden, in dem der Film läuft. Im Nachhinein bin ich glücklich darüber, denn den Film auf Video zu sehen, war wirklich besser für mich, aber dazu später mehr. Jetzt erstmal etwas zum Inhalt des Films.
Die Story:
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Wladyslaw Szpilman ist Pianist beim Warschauer Rundfunk. Er und seine Familie sind wohlhabend und glücklich bis Hitler 1939 Polen den Krieg erklärt und das Land bald darauf kapiltuliert. Die Juden bekamen des Hass der Nazis sofort zu spüren. Das Vermögen der Szpilmans wurde konfisziert und sie mussten ins Wahrschauer Ghetto, wo sie auf kleinstem Raum leben mussten und nicht viel Geld zum Überleben hatten. Einen Job als von den Nazis eingesetzter Aufseher im Ghetto lehnt Szpilmann ab, er spielt in einem heruntergekommenen Café Klavier und leistet somit einen kleinen Teil zur Ernährung der Familie. 1942 wird das Warhschauer Ghetto geräumt und die Juden werden in Konzentrationslager gebracht. Wladyslaw Szpilman wird von einem polnischen Kollaborateur vor der Deportation gerettet und damit beginnt sein langer Leidensweg. Er wird von den Nazis zu harten Arbeiten gezwungen und hilft einer Untergrundorganisation beim Schmuggeln von Waffen. Schließlich gelingt ihm auch die Flucht aus diesem Teil Warschaus und er lebt jahrelang in Angst entdeckt und getötet zu werden. Immer wieder ist er auf die Hilfe fremder Leute angewiesen und ist nicht nur einmal dem Tod näher als dem Leben. Die Musik, die er ab und zu hört, gibt ihm immer wieder Kraft.
Kurz vor Ende des Krieges, findet er Unterschlupf in einer alten, Villa, die sich aber als Hauptquartier der Nazis herausstellt und eines Abends wird Szpilman von einem Offizier entdeckt, der ihn auffordert für ihn Klavier zu spielen.
Meine Meinung:
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An mehreren Stellen musste ich den Film anhalten und tief Luft holen, denn die bedrückend realistische Darstellung der Juden im Warschauer Ghetto hat mir echt die Kehle zugeschnürt. Deshalb bin ich auch froh, dass ich den Film nicht im Kino gesehen habe, denn 143 Minuten an einem Stück hätte ich nicht ausgehalten oder ich hätte Heulkrämpfe bekommen.
Regisseur Roman Polanski zeigt in diesem Film ganz schonungslos Szenen der öffentlichen Hinrichtung und sterbende Menschen. In diesem Fall kann man sich kein besseres Gefühl mit dem Gedanken "ist ja nur ein Film" verschaffen, weil es eben nicht nur ein Film ist, sondern teilweise erschreckend nah an Originalaufnahmen aus dieser Zeit heran kommt, was auch daran liegt, dass Polanski bei der Arbeit an "Der Pianist" seine Kindheitserinnerungen aus dem Krakauer Ghetto mit einbringen konnte.
Manko des Films, wenn man bei einem solchen Film von Manko sprechen kann, ist die Tatsache, dass der deutsche Offizier, der Szpilman im Hauptquartier entdeckt, etwas zu kurz kommt. Ich meine, in der Pressebeschreibung und in einigen Berichten über den Film, wird immer von diesem Offizier geschrieben, aber die Rolle ist denkbar klein. Lediglich in den letzten 20 Minuten des Films kommt er vor und er trifft Szpilman auch nicht wirklich oft, aber er hilft ihm, weil der Krieg ohnehin schon verloren ist und weil er ein so großes Talent nicht töten kann. Meiner Meinung nach, hätte man die Rolle noch ein wenig vertiefen können, aber man hat mehr Wert auf die Darstellung des bösen Deutschen anstatt der wenigen guten zu dieser Zeit gelegt.
In manchen Pausen, die ich während des Films einlegen musste, habe ich auch darüber nachgedacht, ob wir wirklich noch Filme wie "Der Pianist" brauchen und ob die filmische Darstellung der Nazi-Verbrechen wirklich immer noch nötig ist und letzte Woche beim Geburtstagskaffee unseres Nachbarn bin ich dann zu dem Entschluss gekommen, dass wir sehr wohl solche Filme brauchen, um an die Schrecken unserer Geschichte erinnert werden und dass so etwas nie wieder passieren darf.
Rassismus ist einfach immer noch in den Köpfen der Menschen und hat sich dort vermutlich für immer festgesetzt. Während des Kaffeetrinkens wetterte unser Nachbar gegen Türken und Russen und hat mich damit sehr erschüttert.
Rassismus ist leider immer noch in den Köpfen vieler Menschen fest verankert und vermutlich wird ein Roman Polanski mit seinem Film wie auch Steven Spielberg mit "Schindlers Liste" nicht die Welt verbessern, aber wenn auch nur einer zum Überdenken seines eigenen Standpunktes angeregt wird, dann ist doch schon ein kleiner Schritt getan und ich denke, dass "Der Pianist" das auf jeden Fall gelingen wird.
Schade ist nur, dass der Film nicht die Publicity in Deutschland bekam, die er verdient hätte. Lediglich mit dem Oscar-Gewinn von Polanski als Regisseur und Adrien Brody als Hauptdarsteller wurde die Werbetrommel ein wenig gerührt.
Vielleicht fühlt sich aber der ein oder andere durch meinen Bericht animiert, sich den Film mal anzusehen, auch wenn er manchmal sehr hart ist, es lohnt sich. weiterlesen schließen -
[Holocaust… ]
12.02.2003, 14:24 Uhr von
der_dominator
schreibe nebenbei auch noch für ciao.de und yopi wurde mir von einem freund empfohlen, bin ja mal...Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Ja
… kommt aus dem griechischen, und bedeutet es eigentlich Brandopfer im Sinne des „geopfert werdens“, entwickelte sich das Wort Mitte der Achtziger Jahre, nicht ganz unumstritten, als geläufiger Begriff für die Beseitigung der Juden während des zweiten Weltkrieges.
# Der Gang zum Bücherregal
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[historisches - von Blitzkriegen und Judenfragen ]
Wir schreiben das Jahr 1939 und mit dem Einfall der deutschen Wehrmacht in Polen am 1. September desselben Jahres beginnt der zweite Weltkrieg. Binnen weniger Wochen geben sich die Polen geschlagen und das Land wird zwischen den Sowjets und eben den deutschen Truppen geteilt.
Wie auch in Deutschland kommt es daraufhin zu speziellen Verordnungen für Juden, die, von einem Tag auf den anderen, nicht auf Bänken im Park sitzen oder keine Gaststätten mehr besuchen dürfen. So auch in Warschau, wo man 1940, wie in allen größeren gefallenen Städten Polens, nach und nach, Ghettos am Rande der Stadt errichtet um die Polen dort zu schikanieren und zu schänden, vorwiegend aber um sie erst einmal „unter Kontrolle“ zu haben…
[literarisches - Wladyslaw Szpilman ]
Die Geschichte um den Pianisten Wladyslaw Szpilman (lebte von 1911 bis 2000) beruht auf einer wahren Begebenheit und wurde bereits vor dem „Filmdreh“ veröffentlicht. Dennoch ist es nicht der Roman der als Vorlage für den Film dient; es ist vielmehr die bewegende Geschichte Szpilmans, die eine „Verfilmung“ rechtfertigt. Leseratten, die lieber etwas in der Hand, als vor Augen haben sollten bei jedem Buchhändler fündig werden.
[filmisches - Roman Polanski und sein Schaffen ]
Roman Polanski, auch wenn es einfallslos erscheint es fällt schwer nicht mit seinem Geburtsdatum zu beginnen, erblickte am 18. August 1933 das Licht der Welt, wohlgemerkt in Paris, ehe es seine Eltern zurück nach Krakau zieht. Ein verhängnisvoller Fehler, denn Hitlers Mannen verschleppen seine Eltern in ein Konzentrationslager nahe ihrer Heimatstadt und während Romans Mutter stirbt, überlebt er den Krieg bei verschiedenen polnischen Pflegefamilien. An Film und Fernsehen stets interessiert, macht Polanski erstmals 1962 auf sich aufmerksam wo er mit „Messer im Wasser“ sein Kinodebüt feiert. Es folgten u.a. „Rosmaries Baby“ und Chinatown, seine wohl bekanntesten Filme. Aber auch als Schauspieler macht sich der gebürtige Franzose einen Namen und so ergattert er eine Reihe von Rollen, vornehmlich aber in, zumindest mir, unbekannten Filmen wie „Blood for Dracula“. Sein Schaffen zeichnet sich, neben unzähligen weiterer Auszeichnungen, durch fünf Oskarnominierungen aus, vier davon immerhin als „beste Regie“ (Rosmarys Baby, Chinatown, Pirates und Tress) - gewinnen konnte er die begehrte Trophäe aber nie.
# Der Gang durch Warschau
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[inhaltliches - darf ich vorstellen: Wladyslaw Szpilman noch mal… ]
Wladyslaw Szpilman (Adrien Brody) ist Musiker, genauer gesagt Pianist, und arbeitet bei einem Warschauer Radiosender, wo er zum erfreuen der Zuhörer, zu meist Chopinklassiker spielt und dadurch einen gewissen Bekanntheitsgrad erhält.
Das ganze wäre, abgesehen von seinem außerordentlichen Talent, nicht weiter erwähnenswert, wäre er nicht jüdischer Abstammung. Ging es ihm, mit seiner Familie, in einer recht komfortabel ausgestatteten Wohnung lebend, recht gut, so bemerken sie, eben so die restlichen jüdischen Bewohner Warschaus schnell, das die Kapitulation Polens nicht ohne Folge für sie bleibt. Schnell ergreifen die deutschen Truppen Maßnahmen um jüdische Bürger zu schikanieren. Die von da an zu tragende Armbinde, versehen mit einem Davidsstern, die schnell als eine Art „Brandmarkung“ erkannt wird, ist dabei nur eine der schrecklichen Sanktionen. Gerade der älteste in Szpilman’s Familie, sein Vater (Frank Finlay) bekommt dieses zu Spüren, als ihm, auf dem Bürgersteig gehend, durch ein paar kurze Schläge klar gemacht wird, das für „Juden“ lediglich die Gosse da ist.
Der Familie Szpilman’s geht es zunehmend schlechter, und nach und nach muss man das komplette Familienmobilar, das Piano inklusive, verkaufen um etwas zum essen zu haben. Es folgt die Verlegung der „Juden“ in ein Ghetto am Rande der Stadt, wo sich schnell Hunger und Gewalt seitens der Aufsichtsführenden Deutschen breit macht. Um der Familie den Hungertod zu ersparen, arbeitet Szpilman in einem schäbigen Café aber auch seine Anstellung dort verhindert nicht, das 1942 die ersten Transporte in Konzentrationslager außerhalb Warschaus stattfinden. Als einziger in seiner Familie, und nur aufgrund seiner „Bekanntheit“ entgeht Wladyslaw diesen Transporten, schlägt sich von da an als Arbeiter durch und nimmt, rein zufällig, Kontakt zu polnischen Untergrundkämpfern auf, für die er Waffen schmuggelt.
Am eigentlichen Aufstand beteiligt er sich nicht. Von Bekannten in vermeintliche Sicherheit gebracht, beobachtet Szpilman das ganze von seinem Fenster aus, sieht wie der Aufstand niedergeschlagen wird, ehe er entdeckt wird und erneut fliehen muss. Die Adresse eines vermeintlichen Freundes „in der Tasche“ macht er sich auf den weg durch die nächtlichen Straßen Warschaus, ehe er den „Freund“ und damit neue Hoffnung auf Überleben findet.
Man verfrachtet ihn erneut in eine Wohnung, diesmal auf der deutschen Seite der Stadt und somit in der Höhle des Löwen, doch auch dort kann er, von Hunger und Angst gequält, nicht lange bleiben. Grund hierfür ist ein zweiter Widerstandskampf, den die Deutschen mit Panzergewalt niederschlagen wobei Szpilmans Wohnung zerstört wird und er erneut fliehen muss. Schutz findet er, wie das Leben so spielt, in der Baracke der Schutzpolizei, ehe diese durch Flammenwerfer gesäubert wird und der stark geschwächte Szpilman, mittlerweile mit Bart, sich erneut auf die Suche nach einem geeigneten Versteck machen muss. Er findet es in einem Verfallenen Haus, ehe er, auf der Suche nach etwas essbaren, von einem deutschen Offizier entdeckt und, nicht wie zunächst befürchtet getötet, sondern ans Klavier gesetzt wird. Vom Spiel des jungen Juden begeistert, bringt der Offizier (Thomas Kretschman) ihm immer wieder Nahrung und so überlebt er die wenigen Wochen ehe die deutschen Truppen ab-, und die Sowjetischen anmarschieren. Jene deutschen Truppen werden gefangen genommen, seinen „Retter“ kann Szpilman aber nicht mehr retten…
[faktisches - alles was man wissen kann… ]
Darsteller: Adrien Brody (Wladyslaw Szpilman), Thomas Kretschmann (Der deutsche Offizier), Frank Finlay (Der Vater), Maureen Lipman (Die Mutter), Julia Rayner (Regina), Ed Stoppard (Henryk), Jessica Kate Meyer (Halina), Ruth Platt (Janina), Emilia Fox (Dorota)
Stab: Roman Polanski (Regie/Produzent), Wojciech Kilar (Musik), Ronald Harwood (Drehbuch), Pawel Edelman (Kamera), Anna Sheppard (Kostüme)
Polanskis „der Pianist“ kam, ausgezeichnet mit der goldenen Palme (Cannes), im letzten Jahr, genauer gesagt am 24. Oktober 2002 in die deutschen Kinos. Der Film, eine Gemeinschaftsproduktion zwischen Polen, Frankreich, Großbritannien und Deutschland, hat eine Gesamtspiellänge von 148 Minuten und ist ab 12 freigegeben, was im Großen und Ganzen in Ordnung geht.
# Der Gang ins Kino
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[definiertes - eine Frage des Genre ]
Wer meinen Bericht zu „Anatomie 2“ gelesen hat, der weis das in einen „Horror-Thriller“ ein bisserl Horror und mindestens ebenso viel „Thrill“ gehört. Doch genau diese Aussage bereitet mir nun Schwierigkeiten, denn so recht einordnen kann ich „den Pianisten“ nicht. Vielleicht wäre es einfach in als „historischen Film“ zu bezeichnen denn Geschichte steckt eine ganze Menge in den gut zweieinhalb Stunden. Doch das ganze trifft es leider nicht ganz auf den Kopf. Also sollte ich nach „Genretypischen Eigenschaften“ suchen um vielleicht hier eine Antwort zu finden. Lustig? Action? Spannend? Dramatisch? Plötzlich ist es mir nicht mehr wichtig ob in einem Actionfilm Action oder in einem Drama all zu viel Dramatik steckt - gut muss er sein, das ist die Hauptsache. Fragt mich also jemand nach dem Genre, so antworte ich: „der Pianist ist ein guter Fim“.
[subjektives - meine Meinung ]
Da saß ich nun, in den Kinosessel gepresst und meinen Kopf voller Gedanken über das was ich gerade erlebt hatte. Wer mir entgegnet „einen Film kann man doch nicht erleben“, den muss ich korrigieren, wenn auch nur mit einem Wörtchen - „doch“.
Es sind oftmals die übertriebenen Darstellungen, die einem Film an Dramaturgie gewinnen lassen, ihn dabei aber oft unglaubwürdig wirken lassen. Polanski verzichtet, und bleibt dabei historisch stets korrekt, auf ein „aufblasen“ der eigentlichen Handlung. „Der Pianist“ ist kein Held, wie er einem typischen Hollywood entsprungen sein könnte, er ist ein Verlierertyp und gerade das macht ihn sympathisch während er flieht, während er leidet, während er hungert. „Mittendrin statt nur dabei“ heißt die Divise, denn, tief in den Kinosessel gepresst, leidet der Zuschauer permanent mit dem armen Juden, als sei er ein Freund, ein Bekannter, ein Nachbar. Dabei sind es vor allem die Bilder mit denen Polanski die Angst beim Kinobesucher schürt. Die Angst entdeckt zu werden ist allgegenwärtig und hier und da kaum erträglich. Langsam aber stetig baut der erfahrene Regisseur Spannung auf, die sich erst in den letzten Minuten auf- und den Betrachter so erlöst.
Dabei sind es aber nicht nur die beeindruckenden, weil authentischen, Bilder des Warschauer Ghettos die den Zuschauer von der ersten Minute an zu fesseln wissen. Im Gegenteil, Bilder von Kopfschüssen und sinnlosem Töten, ebenso wie Hohn und Willkür seitens der Deutschen schüren Gefühle in den Köpfen der Menschen. Wut - vielleicht; Unverständnis - mit Sicherheit; vor allem ist es aber ein seltsames Mitgefühl das sich entwickelt, weil es sich in einem Menschen entwickeln muss, möchte er sich als ein solcher bezeichnen. Kopfschütteln und entsetzte Äußerungen inklusive.
Film ist Kunst. Nicht oft; leider selten, doch an dieser Stelle geistert das Wort „Gesamtkunstwerk“ durch meinen Kopf. Auf der einen Seite stehen wunderschön ausgewählte Pianoklassiker und ein überragend agierender Adrien Brody. Auf der anderen Seite ein glaubhaftes, weil wahres Ambiente. Doch nichts von all dem sticht hervor. Es ist das „Ganze“ was beeindruckt. Es sind nicht etwa die Details, die den Film sehenswert machen, aber ohne sie wäre er es nicht.
Soll ich Polanskis aktuellen, und die Bezeichnung wirkt dabei unwürdig und plump, „Streifen“ mit nur einem Wort beschreiben, so wäre es nun Zeit für eine Reihe von Superlativen, doch dies entspräche dem Film und ich denke auch der Intention des Regisseurs nicht. Er zeigt das Leben im Getto so, wie er es wohl erlebt hat und lässt uns so teilhaben an einer schrecklichen, vor allem aber an einem Teil unserer Geschichte.
Das „der Pianist“ bereits im letzten Herbst bei uns in den Lichtspielhäusern anlief, war mir unbekannt als ich die Kinokarte am Schalter, Sonntagabend gewohnt Menschenleer, löste. Warum ist nur eine Frage die mir seit dem durch den Kopf schwirrt, denn was Polanski da auf Zelluloid gebannt hat ist kurz um ein Meisterwerk.
# Fazit
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[vergleichbares - Filme über den Holocaust ]
„Das kennen wir doch schon.“ „Was interessiert mich das?“ Filme über unsere Vergangenheit genießen nicht gerade Seltenheitswert und doch ist es gefährlich diese miteinander zu vergleichen und als „gleich“ abzutun. So erschienen in den letzten Jahren mit „Schindlers Liste“ und „das Leben ist schön“ noch zwei weitere Filme die sich speziell mit den Geschehnissen des Holocausts befassen, beide jedoch auf ihre Art und Weise; und beide Oskar prämiert. Meine Überschrift „vergleichbares“ ist somit hinfällig, denn „der Pianist“ ist nicht etwa schlechter oder besser, wichtiger oder unwichtiger, vielmehr ist er anders und wichtig. Dies sind die anderen beiden allerdings auch. Ich möchte an dieser Stelle davor warnen, zu verallgemeinern, denn besser oder schlechter ist oft Betrachtungsweise. So nimmt die „Nachbereitung“, das in sich aufnehmen und verarbeiten, einen großen Teil der „Zeit nach dem Film“ ein, denn all zu schnell lässt wohl keines der schrecklichen Geschehnisse den Betrachter los.
[empfehlenswertes? ]
Ja. Einen Moment überlegte ich nur dieses eine Wort stehen zu lassen, der Schlichtheit wegen und weil es mehr kaum zu sagen gibt. Polanski beeindruckt und ergreift mich, lässt mich leiden, hoffen und bangen; nur sterben lässt er mich nicht und schreibt sich so den Slogan auf die Fahne der selbst in der dunkelsten Stunde Hoffnung zu geben scheint. „Sieh immer das Gute daran“. Ich möchte es versuchen. Szpilman sah es, hunderttausende sahen es nicht…
© der_dominator - Mitte Februar 2003 weiterlesen schließen -
Kalter Angstschweiß vs. kalte Wut...
Pro:
-
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
Warschau 1939: Mit dem Einmarsch der Deutschen in Polen beginnt auch für den gefeierten polnisch-jüdischen Pianisten Wladyslaw Szpilman (Adrien Brody) die Zeit des Leids. Nachdem er der Todesfalle des Warschauer Ghettos nur mit viel Glück und dank der Hilfe des polnischen Untergrunds entkommen konnte, geistert er allein und voller Angst durch die entvölkerte Metropole. Schließlich rettet ihm ausgerechnet ein deutscher NS-Offizier (Thomas Kretschmann) das Leben. Basierend auf der Bestseller-Autobiographie "Das wunderbare Überleben" des im Jahr 2000 verstorbenen Konzertpianisten und Komponisten Wladyslaw Szpilman, erzählt "Der Pianist" eine ergreifende, wahre Geschichte aus dem dunkelsten Kapitel deutscher Vergangenheit. Roman Polanski, der mit einer deutsch-polnischen Crew in Warschau und Berlin drehte, verarbeitet hier aber auch eine frühe Episode seiner eigenen Lebensgeschichte: Er selbst entging als Kind nur knapp dem Konzentrationslager, seine Mutter starb in Auschwitz. "Der Pianist" wurde mit der Goldenen Palme als Bester Film der diesjährigen Filmfestspiele von Cannes ausgezeichnet.
1945 schrieb Wladyslaw Szpilman sein Roman "Das wunderbare Überleben". Ein Buch, das zwar als Roman angelegt war, aber vielmehr die Bezeichnung "Protokoll der Ereignisse zwischen 1939 und 1945" verdient hätte. Denn dieses Werk ist keine Literatur, keine Verarbeitung der Geschehnisse, es ist ein Buch voller Erinnerungen, die noch unter dem Schock des Erlebten stehen und daher frei von Emotionen sind.
Genau an diesem Punkt setzt Roman Polanskis neuester Streifen an. Er erschuf einen Film, der in dieser Art schon 1945/46 entstehen hätte können. Polanski beschrieb die Vorlage als ein, "unglaubliches, manchmal sogar zur kaltschnäuzig wirkenden Objektivität" neigendes Buch. Dem wollte Polanski, dessen eigene Biographie, der Szpilmans ähnelt, in Handlung und Stil treu bleiben. Und man muss feststellen, dass ihm dies nahtlos geglückt ist.
"Der Pianist" ist ein Film geworden, der von dieser Direktheit des Erlebten lebt. Ein Film der dem Zuschauer die Grausamkeiten, die in der Umgebung der Hauptfigur stattfinden, vorhält, und zwar ständig. Eine Ghettoodyssee ohnegleichen, die uns von der ersten Minute an trifft, als wären wir Teil dessen was auf der Leinwand geschieht. Als würden auch wir von Situation zu Situation weiterhasten, ohne auch nur die geringste Möglichkeit zu erhalten, über das Geschehene nachzudenken, es zu reflektieren und endlich in Wut umschlagen zu lassen. Eine Wut, die dem ersten Schock folgen müsste, der man sich aber nicht hingeben kann, denn hinter jeder Ecke lauert sie wieder, diese Angst entdeckt zu werden. Polanski erlaubt es dem Zuschauer nicht sich emotional an dem Film zu beteiligen. Erst als der Abspann schon läuft und Chopin ein letztes Mal erklingt, dürfen wir uns unseren Gefühlen hingeben, die dominiert sind von Mitgefühl, Schmerz und Trauer. Er will verhindern sich hinter Erklärungsversuchen zu verstecken und vom Thema abzulenken. Wir sollen damit konfrontiert werden, nicht darüber nachdenken, wir sollen mit unseren eigenen Körpern spüren, was es bedeutet Überlebensängsten ausgesetzt zu sein. Dies schafft er nicht durch besondere künstlerische Umsetzung, also durch eine nachträgliche Verfremdung des Geschehenen, wie so viele Filme vor ihm, es gelingt ihm durch die Distanz, die der Film allen Erklärungsmustern gegenüber hält.
Gerade dadurch schafft es Polanski in "Der Pianist" sich endlich wieder einmal dem eigentlichen Thema zu nähern und nicht dessen filmische Umsetzung.
Zentrum dieses einzigartigen Meisterwerkes ist der Hauptdarsteller Adrien Brody, der als schüchterner jüdischer Radiopianist durch die Zeit stolpert. Er tut dies ohne mimische Kraftakte und mit einer symphatischen Hilflosigkeit, die einem aber zeitweilig so irritiert, dass man ihn aufrütteln möchte, damit er doch endlich begreift, welche Stunde es geschlagen hat. Doch Szpilman taumelt weiter voller eigener Passivität und vom Glück verfolgt durch das Warschauer Ghetto. Dabei erkennt man nicht nur in seinem, auch in den Gesichtern seiner Zeitgenossen, die Angst, die Scham und den immer kleiner werdenden Überlebenswillen, die sie alle die unvorstellbaren Leiden ertragen ließ.
Die stärksten Momente hat der Film in den Szenen, in denen Szpilman, während er sich selbst versteckt, erlebt, wie anderen Leid angetan wird, oder die Gequälten aufstehen und sich zu wehren beginnen. Er erlebt den Aufstand im Warschauer Ghetto aus einer Wohnung, direkt an der Ghettomauer mit und man sieht von ihnen nur die Gewehrläufe aus den zerstörten Häusern ragen. Oder als Warschau kurz vor der Befreiung steht und Szpilman erlebt, wie Partisanen das Gestapo-Hauptquartier zu stürmen versuchen. Alles Dinge, die man in Geschichtsbüchern nachlesen kann, und die durch diesen Film ein Bild, wenn auch eine ungewöhnliche Perspektive erhalten.
"Der Pianist" ist zweifelsohne der außergewöhnlichste, weil konventionellste Film über dieses sensible Thema und wenn ich auch bisher immer der Meinung war, dass man den Holocaust nicht verfilmen kann, so musste ich mich hier eines besseren belehren lassen. Ein einzigartiges, anstrengendes Meisterwerk, bei dem sich der Zuschauer beim erklingen von Chopins Nocture in cis-moll glücklich schätzen kann sich auf der richtigen Seite der Leinwand zu befinden. weiterlesen schließen -
Wieder mal ein Film über die Judenverfolgung..........?
Pro:
-
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
"Der Pianist"
Regie: Roman Polanski
Drama
Frankreich 2002
Länge 148 Minuten
Darsteller : Adrien Brody, Thomas Kretschmann, Maureen Lipmann, Ed Stoppard und viele andere
Zur Story :
Polen im Jahr 1939. Für die jüdische Familie Szpilman beginnt eine Zeit des Horrors mit dem Einmarsch deutscher Truppen in das Land. Aus Angst vor Übergriffen, Enteignungen und Vertreibung durch die SS und anderen deutschen militärischen Elementen ist die Familie bereit Polen zu verlassen. Doch dann hören sie, daß auch England in den Krieg gegen Deutschland eingetreten sind und hoffen nun das der Irrsinn bald ein Ende haben wird! Und so entschließt sich die Familie doch in Polen zu bleiben und zu warten!
Doch dies entwickelt sich zu einer tödlichen Annahme der, das Leben jedes einzelnen Familienmitglied kosten wird! Als einziger kann der musikbegabte Sohn Wladyslaw ( Adrien Brody ) entkommen. Auf der Flucht findet er in einer verlassenen Villa ein Klavier, und würde am liebsten losspielen. Doch er hat Angst entdeckt zu werden!
Doch dann wird er von einem deutschen Offizier ( Thomas Kretschmann ) entdeckt..........
Das fand ich gut :
Was soll ich sagen? Ein Film wie ein Mahnmal gegen den Holocaust. Polanski zeigt ungeschminkt und die schrecklichen Taten aus dieser Zeit.
Der Film ging mir unheimlich unter die Haut. Besonders, da man ja weis welche Ausmaße die Judenverfolgung noch in den nachfolgenden Jahren annehmen wird!
Zurück zum Film, als der Familie sich zum dableiben entschied mußte ich ganz schön schlucken. Besonders traurig wird es wenn man sich vorstellt, es würde einem selbst passieren. Da läuft es einen kalt den Rücken herunter.
Das fand ich schlecht :
Bei solchen Filmen kann man eigentlich nichts schlecht finden. Die Frage wäre vielmehr ist der Film gelungen oder nicht? Aber ich muß sagen, der Film ist gelungen. Und gerade deswegen verwehre ich mich gegen Kritik, da der Regisseur selbst die Hölle des Warschauer Ghettos erlebte! Er und sein Vater überlebten diese schlimme Zeit, Romans Mutter starb in Auschwitz!
Solche Menschen gehört mein Respekt und Anerkennung. Besonders wenn sie etwas erzählen von der unsere heutige Jugend höchstens was im Fernsehen sieht und vielleicht im Geschichtsunterricht „mitbekommt“!!!
Fazit :
Ein Film der unter die Haut geht, ein Film den man unbedingt gesehen haben muß!!!!!!!!!!!!!! weiterlesen schließen -
Die Tränen kommen später ...
Pro:
-
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
Die Tränen kommen später ...
Es gibt keinen endgültigen Film über die „Endlösung der Judenfrage“. Weder „Schindlers Liste“ noch Roman Polanskis neuer Film über das Schicksal des polnischen Pianisten Wladyslaw Szpilman (1911-2000), noch Benignis „Das Leben ist schön“ ändern daran etwas. Das Endgültige, was in uns ist, ist die Hoffnung, der Wunsch, die Erwartung. Kein Buch, kein Film, kein Aufsatz, kein Gedicht können diese dunkle Distanz, dieses schwarze Loch überwinden, das zwischen der Erfahrung und uns besteht. Filme über den Holocaust – welchen Pfaden und welcher Dramaturgie sie auch immer folgen mögen – sind der schrecklichste Beweis für diese Ferne des Grauens, eine zeitliche, eine räumliche, vor allem existenzielle Ferne und Unnahbarkeit, die weder im Dokumentarischen, noch im Fiktiven überwunden werden kann. Der Verstand versagt im Angesicht des vernichtenden Verstandes der Barbarei.
Inhalt
Der Pianist Wladyslaw Szpilman (Adrien Brody) lebt mit seiner Familie, Vater, Mutter, Brüdern, Schwestern im Warschau der 30er Jahre, als die deutschen Truppen, die SS, die Schlächter in die polnische Hauptstadt 1939 einmarschieren. Szpilman spielt im Radio Chopins Nocturne in cis-Moll, als heftige Gefechte in der Stadt ihn unterbrochen. Der Sender wird ebenfalls beschossen. Wie alle anderen Juden wird auch die Familie Szpilman in das Ghetto gezwungen. Eine hohe Mauer trennt das Ghetto vom Rest der Stadt. Nur Wladyslaws Bruder Henryk (Ed Stoppard) ahnt, was auf sie und alle anderen zukommt, während die Schwester Halina (Jessica Kate Meyer) noch daran glaubt, es mache Sinn, den Teil des Geldes der Familie, der den von den Deutschen verordneten zulässigen Betrag übersteigt, in einem Blumentopf und in der Geige des Vaters zu verstecken. Es gibt für die 360.000 jüdischen Einwohner – von denen 20 die Vernichtungslager überleben werden – keine Chance, dem ihnen von den Nazis gewiesenen Weg zu entkommen.
Die Nazis spielen mit den auserkorenen Feinden. Was für sie vorübergehende Vernutzung von Arbeitskraft, erscheint ihren Opfern als Schimmer der Hoffnung. Doch der Besitz von Arbeitspapieren im Ghetto ist nur ein vorübergehender Aufschub für den bald folgenden Abtransport in Güterwaggons nach Treblinka oder Auschwitz. Wladyslaw wird durch einen ihm bekannten jüdischen Aufseher von seiner Familie getrennt und kann dem Transport in die Vernichtung entkommen. Mit Hilfe einer polnischen Freundin und ihres Mannes kann er in einer leer stehenden Wohnung unterkommen. Für ihn beginnt eine Zeit der Einsamkeit, des Versteckens, der Flucht – bis er kurz vor Ende des Krieges in der zerbombten Stadt von dem deutschen Offizier Wilm Hosenfeld (Thomas Kretschmann) in den Trümmern eines Hauses entdeckt, aber nicht ermordet wird. Hosenfeld bringt ihm Essen und als er und die anderen Wehrmachtsangehörigen die Stadt verlassen müssen, weil die sowjetischen Truppen sich nähern, seinen Soldatenmantel ...
Inszenierung
Roman Polanski, der selbst mit seinem Vater dem Krakauer Ghetto entkam, aber seine Mutter in Auschwitz verlor, hat einen Film gedreht, der sich weitab von einer ansonsten fast surrealen Dramaturgie in seinen bisherigen Filmen eines scheinbar dramatisch-dokumentarischen Stils bedient. „Der Pianist“ folgt den klassischen Regeln des Dramas. Ein „Held“ bewegt sich durch die Wirren und Risiken, Gefahren und existenziellen Bedrohungen seiner Zeit. Aber damit erfasst man Polanskis Inszenierung nur unzureichend. Pawel Edelman (Kamera) und Allan Starski (Bauten) gestalteten vor allem einen Raum für dieses Drama, der bis in die Details eine Raumerfahrung ermöglicht, die überwältigend „schön“, zugleich kalt und unnahbar wirkt. Diese Art der Inszenierung ist eine ganz andere als etwa Benignis Verbindung von Komik und Schrecken. Sie rührt während des Sehens auf eine erschreckende Weise nicht an. Auch ich (1) vergoss während der über 148 Minuten erst Tränen, als Szpilman nach 1945 in der Schlussszene wiederum Chopins Nocturne in einem Konzertsaal spielte – eine Situation der existenziellen Sicherheit und der befreienden Musik, eine ganz andere Raumerfahrung, ein Raum der Verbundenheit über Musik und damit über eine Möglichkeit dessen, was Zuneigung bedeutet.
Es ist diese Diskrepanz im Pathetischen, die Polanskis Film auszeichnet, die Dopplung des Pathetischen in die Kälte der Bilder des Grauens und in die Situation „danach“. Polanski zeigt den Schrecken in einer oberflächlich unpathetischen Inszenierung. Der Raum ist zunehmend erfüllt von der Brutalität der SS einerseits und der Hilflosigkeit, der Angst der Eingepferchten andererseits. Polanski zeigt dies mit einer Nüchternheit, geradezu Selbstverständlichkeit, die einem die Sprache verschlägt. Er setzt nicht auf das Mitgefühl, die Emotion überhaupt, oder auf Vitalität. Man hört kaum ein Schreien, Geräusche spielen eine untergeordnete Rolle, ebenso die Musik, außer zu Anfang und Schluss des Films.
Die Menschen durchwandern die Hölle, sie werden auf dem Boden liegend von einem SS-Mann mit der Pistole erschossen. Eine Frau, die es wagt, eine Frage zu stellen, erhält einen Kopfschuss. Niemand weint, zeigt Rührung, alles ist von Angst erfüllt, und doch ruhig, fast gelassen.
Der Kälte der Bilder entspricht nur die Wut, die Wut über das, was dort vor sich geht. Als die wenigen überlebenden Juden und etliche Polen einen Aufstand wagen, steht Szpilman am Fenster seines Verstecks, einer Wohnung, die direkt neben dem Ghetto liegt, beobachtet still, und doch innerlich aufgewühlt, was dort vor sich geht. Man hofft, obwohl man weiß, dass der Aufstand gescheitert ist. Man freut sich über jeden toten deutschen Soldaten. Ebenso als kurz vor Einmarsch der sowjetischen Truppen polnische Widerstandskämpfer in die Straße kommen, in der Szpilman nun – direkt gegenüber einem Lazarett der Wehrmacht – versteckt ist. Etliche deutsche Soldaten sterben – und es hat mich gefreut. Ich empfand Genugtuung.
Genugtuung z.B. auch für einen anderen Vorgang, als Szpilman aus der Ghettomauer einen kleinen Jungen herauszuzerren versucht und auf der anderen Seite, unsichtbar für uns dessen Verfolger auf ihn einprügeln, bis er tot ist. Szpilman zieht die Leiche zu sich herüber.
Wladyslaw Szpilman wirkt wie einer, der sich seinem Schicksal hingibt, nicht indem er sein Leben aufgibt, sondern sich auf die sich ständig verändernden Bedingungen der Verfolgung einstellt. Ebenso seine Helfer, die Sängerin und ihr Mann, der polnische Mann, der ihn versteckt. Alle scheinen sich eingestellt zu haben, unter diesen Bedingungen ihr Leben weiterführen zu müssen. Was Polanski hier inszeniert, hat etwas von einer erschreckend anderen Normalität, der Normalität der Illegalität, Verfolgung, existenziellen Bedrohung, einer Normalität, auf die sich die Verfolgten einlassen (müssen), aber eben ohne die pathetische Anklage, die den Zuschauer des Films in den Bann ziehen würde. Was hier in den Bann zieht, störend, verstörend, auf Dauer, nach dem Film, fast irrsinnig, das ist dieses Leben in einer Situation der chronischen Lebensgefahr. Immer deutlicher geht es in „Der Pianist“ nur noch um Szpilman, sein Durch-Kämpfen, seine Flucht, sein Leben. Immer weniger sieht man andere, außer hier und da seine Verfolger. Am Schluss steht er in einer (technisch betrachtet: digital überarbeiteten) Trümmerlandschaft, allein, als wenn er der einzige Überlebende eines Atombombenangriffs wäre. Schutt, Asche, Trümmer; es ist alles zerfallen, nur noch Szpilman, der letzte Überlebende einer Menschheit, die sich selbst vernichtet hat?
Polanski reißt den Betrachter des Jahres 2002 sehr schnell wieder aus dieser Fiktion. Szpilman hört Stimmen. Und wenn er Stimmen hört, reagiert er wie automatisch – flüchten, verstecken, er hat Hunger, er sucht, er versteckt sich wieder, er schaut durch die Schlitze und zwischen den eingerissenen Häusern hindurch, er findet eine Konserve, hat aber kein Werkzeug, um sie zu öffnen. Er klemmt sie sich unter den Arm, beschützt sie wie den letzten Rest dessen, was ihn am Leben halten kann. Szpilman ist jetzt nicht nur Wladyslaw Szpilman, er steht jetzt für den Rest an Hoffnung, an Menschsein, an Leben, an lebenswertem Leben in dem zerstörten Warschau. Er hat Glück, als ihn der deutsche Offizier (2) am Leben lässt, ihm zu Essen gibt, ihn nicht verrät. Das Glück ebnet ihm den Weg. Es ist ebenso willkürlich, dass Szpilman auf Hosenfeld trifft wie alles andere, was die Jahre zuvor seit 1939 geschehen ist. Diese Welt ist unberechenbar, der Erzählstil, den Polanski benutzt, dem angepasst. Es ist diese merkwürdige Erzählung im Sinne von Aufzählung, die ihm wohl nötig erschien, weil das Unberechenbare, das Willkürliche nicht mehr als aufgezählt werden kann. Es entbehrt einer inneren Logik und alle Versuche, etwas Ursächliches, eine Kausalkette in es hineinzubringen, scheitern, bleiben äußerlich, wirken aufgesetzt.
„Der Pianist“ ist nicht konsumierbar im Sinne einer maßgeschneiderten Produktion à la Hollywood. Polanski lehnt derartiges ab. Und seine Worte mögen das verständlich machen: „So weit ich zurückdenken kann, ist in meinem Leben die Grenze zwischen Phantasie und Wirklichkeit hoffnungslos verwischt gewesen.“ Jetzt, mit fast 70, widmet er sich dem Anfang dieser Verwischung – in einer Fiktion, einem filmischen Alptraum, der u.a. das hinterlässt, was ich gerade beim Schreiben noch immer empfinde: die Eiseskälte, die Wut und eine Art existenzielle Hoffnung, am Schluss des Films überwältigend durch die Musik Wladyslaw Szpilmans dargetan.
Er hat fast alle seiner Peiniger, die Schinder und Mörder seiner Eltern und der Millionen anderen überlebt. 2000 ist er gestorben.
Adrien Brody kommt diesem Mann, der sich durchschlägt, der leidet, aber ohne das falsche (?) Pathos, das „nur“ auf das Publikum abstellt, sehr nahe, so nahe, dass er gegen den Raum des Schreckens steht und doch zugleich in ihm ist. Er steht für den letzten „Rettungsanker“ einer Menschheit, die das auch alles irgendwie zugelassen hat.
Fazit
Es gibt kein „Dazwischen“ der Emotionen in Polanskis Film. Man steht mit Szpilman in diesem unerträglichen und doch unvermeidlichen Raum. Das „Dazwischen“ ist andererseits trotzdem vorhanden: die Diskrepanz zwischen dem, was Wladyslaw Szpilman erlebt hat und wir nicht. Auch „Der Pianist“ ist der (wiederholte und immer wiederholte notwendige) Versuch, die Geschichte des Holocaust „in unsere Kultur einzuschreiben“ (Georg Seeßlen), ein Versuch, der immer wieder scheitert und immer wieder scheitern muss, weil er das Menschliche gegen die Zeichen des Terrors, des Willkürlichen, des Unfassbaren, Ungreifbaren setzt und setzen muss. Filme über den Holocaust lehren uns, wenn wir es wollen, und wir sollten es unbedingt wollen, von den Grenzen des Kinos, der Bilder, die wir uns auch außerhalb der Welt des Films machen. (3). Filme sind in der Lage, Mythen zu kreieren, Mythen auch über den Holocaust, die sich tief in unser Verständnis historischer Prozesse einnisten und Bilder produzieren können, die sich für bare Münze nehmen (lassen). „Der Pianist“ steht jedenfalls nicht in einer solchen Tradition.
(1) Vgl. Simone Mahrenholz über den Film im Tagesspiegel „Flucht in die Hölle“:
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/23.10.2002/270109.asp
(2) Zur Person von Wilhelm Adalbert Hosenfeld, der 1952 in einem sowjetischen Lager ums Leben kam, vgl. „Die Welt“: „Spielen Sie was“:
http://www.welt.de/daten/2002/10/24/1024kfi364174.htx
(3) In dieser Hinsicht empfehle ich die Lektüre der Besprechung des Films durch Georg Seeßlen in der „Zeit“ sowie seinen Aufsatz „Echt ist uns nicht echt genug“ in der „taz“:
http://www.taz.de/pt/2002/10/24/a145.nf
Der Pianist
(The Pianist)
Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Polen 2002, 148 Minuten
Regie: Roman Polanski
Drehbuch: Ronald Harwood, nach dem Buch von Wladyslaw Szpilman „Das wunderbare Überleben“
Musik: Wojciech Kilar
Kamera: Pawel Edelman
Schnitt: Hervé de Luze
Spezialeffekte: –
Hauptdarsteller: Adrien Brody (Wladyslaw Szpilman), Daniel Caltagirone (Majorek), Thomas Kretschmann (Wilm Hosenfeld), Frank Finlay (Vater), Maureen Lipman (Mutter), Emilia Fox (Dorota), Ed Stoppard (Henryk), Julia Rayner (Regina), Jessica Kate Meyer (Halina), Ruth Platt (Janina), Katarzyna Figura (Kittie), Nina Franoszek (polnische Frau), Valentine Pelka (Michal), Popeck (Rubinstein), Ronan Vibert (Bogucki), Zbigniew Zamachowski, Michal Zebrowski
Offizielle Homepage: http://http://www.thepianist-themovie.com/
Internet Movie Database: http://us.imdb.com/Title?0253474
Weitere Filmkritik(en):
„Kinnopios Movie Reviews“ (Michael J. Eiff):
http://my.execpc.com/~kinnopio/reviews/2002/pianist.htm
„Die Zeit (Georg Seeßlen): Die Seele im System. Roman Polanskis „Der Pianist“ oder: Wie schön darf ein Film über den Holocaust sein?
http://www.zeit.de/2002/44/Kultur/print_200255_pianist.html
© Ulrich Behrens 2002 für
www.ciao.com
www.yopi.de
www.dooyoo.de weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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XXLALF, 07.07.2010, 10:17 Uhr
Bewertung: besonders wertvoll
super bericht, dessen film ich mir auch schon so oft vorgenommen habe, dass ich ihn mir demnächst auf dvd ansehen werde. nur läuft mir die zeit momentan sprichwörtlich davon. mich mit dem 3. reich zu beschäftigen bin ich gerade dabei, wobei "der pianist" eigentlich darauffolgend passen würde. bw und ganz liebe grüße
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