Nosferatu - Phantom der Nacht (DVD) Testberichte
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Pro & Kontra
Vorteile
- Klaus Kinski, Isabelle Adjani
Nachteile / Kritik
- zu konstruiert, zu bemüht, zu hölzern
Tests und Erfahrungsberichte
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Vom Kauen und Schmatzen der Toten in den Gräbern
21.11.2006, 17:13 Uhr von
Fantomiss
Wozu war der Mensch auf der Welt? Zum Sterben. Und was hieß das? Rumhängen und warten.3Pro:
Klaus Kinski, Isabelle Adjani
Kontra:
zu konstruiert, zu bemüht, zu hölzern
Empfehlung:
Ja
Was macht man, wenn man endlich einen Film gesehen hat, den man schon so lange sehen wollte...und der einen dann enttäuscht? Man schreibt sich seinen Kummer von der Seele, offenbart sein Innerstes und läßt die werten Leser tief in die gläserne Seele blicken.
~~~* Nosferatu - Phantom der Nacht *~~~
Die Geschichte dürfte den meisten hinreichend bekannt sein, dennoch möchte ich auf eine Zusammenfassung nicht verzichten. Allerdings möchte ich gleich vorab all diejenigen warnen, die den Film ebenso wenig kennen wie sein berühmtes Vorbild "Nosferatu. Eine Sinfonie des Grauens" von F. Murnau von 1922, da ich es für meine Sicht der Dinge für unverzichtbar halte, den Schluß zu verraten. Enter at your own risk....
~~~ Die Geschichte ~~~
Das junge Paar Jonathan (übrigens in der deutschen Ausspracheweise, nicht der englischen) und Lucy lebt im malerischen Wismar. Die schöne Lucy wird jedoch seit einiger Zeit von grauenhaften Alpträumen heimgesucht, und als ihr geliebter Jonathan von seinem Chef, dem ziemlich verrückt scheinenden Renfield, von jetzt auf gleich nach Transsylvanien geschickt wird, um dort ein Immobiliengeschäft mit dem geheimnisvollen Grafen Dracula unter Dach und Fach zu bringen, fühlt sie sich noch mehr bestätigt, dass etwas Grauenvolles geschehen wird. Doch der brave Jonathan gibt seine Lucy bei der befreundeten Mina ab und reist pflichtbewußt ins fremde Land, um in der Einöde kurz vor seinem Reiseziel in einem kleinen Gasthof haltzumachen. Dort fällt ihm ein merkwürdiges Buch in die Hände. Über Vampire und Menschensauger, vom Kauen und Schmatzen der Toten in den Gräbern ist da die Rede, doch auch als ihn die füllige Wirtin mit Weihwasser besprengt und ihm ein Kettchen mit einem Kreuz um den Hals hängt glaubt der junge Mann lediglich an Aberglaube. Dieser Aberglaube der Bewohner des Landstriches machen es ihm aber am nächsten Morgen unmöglich, eine Kutsche oder auch nur ein Pferd für die letzte Etappe zum Schloß des Grafen zu bekommen, und so macht er sich eben zu Fuß auf den Weg. Unterwegs wird er schließlich nach Einbruch der Dunkelheit von einer geheimnisvollen Kutsche mitgenommen, die ihn zum Schloß bringt. Selbiges wirkt eher wie eine Ruine und der seltsame Graf scheint der einzige Bewohner zu sein. Jonathan wird verköstigt, während Dracula ihm gierig zusieht, und als sein Gast sich in den Finger schneidet kann er nicht mehr an sich halten und leckt ihm das frische Blut von der kleinen Wunde. Doch auch dies scheint Jonathan noch nicht sehr zu beunruhigen, und bald kann er auch das Geschäft abschließen, weswegen er gekommen ist.
Es geschehen aber immer mehr seltsame Dinge, des Nachts beobachtet er aus seinem Turmzimmer, wie der Graf sargförmige Kisten auf eine Kutsche lädt und davonfährt, während der arme, inzwischen auch von nächtlichen Besuchen des Grafen arg geschwächte, Jonathan hilflos eingesperrt zurückbleibt. Der Gedanke an seine Lucy hält ihn jedoch am Leben, und seine Flucht gelingt. Während der Graf per Schiff nach Wismar reist wählt er den Landweg...
Die Schiffsreise verläuft natürlich für die Besatzung tödlich, nach und nach verschwinden die Matrosen, und schließlich läuft ein Geisterschiff nach Wismar ein, an Bord nur noch der Kapitän, tot, der sich selbst ans Steuer gebunden hat - und tausende Ratten. Sie bringen die Pest in die Stadt und die Menschen sterben wie die Fliegen. Dracula selbst gelingt es unbemerkt, bei Nacht das Schiff zu verlassen und seine Kisten mit der verdorbenen Erde aus seiner Heimat in sein Haus, das eher einer Bauruine gleicht, zu bringen.
Lucy indessen ist natürlich krank vor Sorge um ihren geliebten Mann, doch als er endlich zurückkehrt, blass, krank und gezeichnet ist es für ihn bereits zu spät. Apathisch sitzt er fortan in einer Ecke auf einem Stuhl, geistig verwirrt und schwach. Auch der greise Dr. Van Helsing kann sich keinen Reim auf die Sache machen, zumal ihn die Pestepidemie maßlos überfordert. Dennoch hört er nicht auf Lucy, die das Tagebuch ihres Mannes gelesen hat und den Grund für all das Übel zu kennen glaubt. Selbst als ihre Freundin Mina eines Morgens ausgesaugt aufgefunden wird, zweifeln alle an Lucys Verstand. So beschließt die tapfere Frau, die Sache selbst in die Hand zu nehmen...
~~~ Meine Worte ~~~
Soviel also zur vermutlich bekannten Handlung. Kommen wir zum Unerfreulicheren. Werner Herzog wird mich vermutlich dafür hassen, doch ich kann seinem Film, den er als wegweisend für das Genre bezeichnet hat, nicht so recht viel abgewinnen. Gewiss, die
*** Besetzung ***
ist großartig, daran läßt sich nicht rütteln. Klaus Kinski, der Unvergleichliche, gibt den Grafen Dracula, und ich kann nicht leugnen, er spielt ihn hervorragend. Leicht verschroben, mit unglaublichem Mienenspiel, strahlt er trotz seines wenig attraktiven Äußeren, mit Glatze und langen spitzen Fingernägeln, doch eine gewisse Erotik aus, wie man sich das von einem Vampir wünscht, auch wenn er da etwa den sinnlichen Gestalten einer Anne Rice nicht vergleichbar ist. Gleichzeitig hat seine Figur bisweilen etwas (unbeabsichtigt?) Komisches. Allein wegen Kinski als Graf Dracula wollte ich diesen Film unbedingt sehen, und in dieser Beziehung hat er mich nicht enttäuscht.
Auch Isabelle Adjani als Lucy ist eine Augenweide. Das blasse Gesicht, die dunklen Augen erinnern an Stummfilmschauspielerinnen längst vergangener Zeiten, ihre Gestalt hat etwas Ätherisches und unschuldig Erotisches gleichermaßen. Aufopferungsvoll kümmert sie sich um ihren Ehemann, der nach seiner Rückkehr nicht wiederzuerkennen ist. Ophelienhaft wirkt sie auf ihrem Bett voll Rosenblättern, als sie sich Dracula hingibt, sich für ihre Stadt opfert und das Monster den ersten Hahnenschrei vergessen läßt.
Bruno Ganz schließlich ist Jonathan, der pflichtbewußte junge Mann, dem eben jenes Pflichtgefühl zum Verhängnis wird. Doch mit Bruno Ganz hatte ich im Film die meisten Probleme. Gewiß, sein Spiel ist hervorragend, seine Wandlung vom spröden Jüngling zum todkranken und gezeichneten Mann zum Vampir vermag zu überzeugen, dennoch werde ich die ganze Zeit das Gefühl nicht los, dass sein Spiel für eine Theaterbühne passender wäre. Es wirkt bisweilen etwas unnatürlich und überzeichnet, sein Pflichtgefühl zu ergeben, sein neues vampirisches Wesen zu kindisch boshaft im Vergleich zu Kinskis Erhabenheit.
Überhaupt fühle ich mich besonders zu Beginn unpassend an alte tschechische Märchenfilme erinnert. Was nicht heißen soll, dass ich etwas egen tschechische Märchenfilme hätte, im Gegenteil, aber das hier ist nunmal kein Kinderfilm.
Die Kulissen wirken konstruiert, wenn auch detailreich. So erinnere ich mich noch grinsend an Draculas Uhr, aus der kein Kuckuck sondern ein kleiner Sensenmann hervorkommt. Aber sie wirken einfach nicht - wie soll ich sagen? - natürlich.
Ein ähnliches Gefühl überkommt mich, wenn ich an eine Szene auf dem Wismarer Marktplatz (im Film heißt die Stadt Wismar, ist jedoch nicht identisch mit dem tatsächlichen Wismar, und Drehort war Delft) zurückdenke. Das Vieh läuft frei herum, überall wimmeln Ratten und die Leute tummeln sich in einem verzweifelten Reigen im Angesicht des Todes. Die verzweifelte Lucy versucht das Rathaus zu erreichen um die Stadtoberen auf die Ursache der Seuche aufmerksam zu machen, muss jedoch erfahren, dass bereits alle an der Pest gestorben sind. Ihr Weg führt sie dann vorbei an einer Tafel auf dem freien Platz vor einem Haus. Menschen sitzen und essen, der Tisch ist reich gedeckt mit allerlei Speisen, und sie erklären, dass sie alle an der Pest erkrankt sind, Todgeweihte, die das Leben in den letzten Zügen genießen. Ein Schnitt offenbart ein anderes, schreckliches Bild: Die Tafel ist verlassen, die Menschen sind fort, tot, und die Ratten machen sich über die Reste her. Wie ein Gemälde wirkt diese Einstellung, wie ein grauenhaftes Vanitas-Stilleben, ein Memento Mori. Gedenke, dass du sterben mußt.
Dieses Bild mag überaus passend sein, dennoch wirkt es auf mich in seiner Art merkwürdig fehl am Platz, konstruiert. Der Film gerät immer mehr zum Kunstprodukt, bemüht kunstvoll und mit künstlerischem Anspruch, der Bilder liefert, die erschlagen. Ich möchte dabei sagen, der Zuschauer würde den Anspruch schon bemerken, er muss nicht immer wieder zu brutal darauf hingewiesen werden. Es ist einfach zuviel des Guten.
Und da fallen dann auch die Mängel in der Dramaturgie unangenehm auf, die sich zum Ende immer mehr häufen. Mina wird ausgesaugt aufgefunden, doch ihretwegen hat der Vampir den Hahnenschrei nicht versäumt und ist rechtzeitig in sein Versteck zurückgekehrt. Der Sinn ihres Todes bleibt jedoch verborgen. Ebenso entzieht es sich, wie ich finde, jeder Logik, wenn der greise und etwas tatterige Dr. Van Helsing, der bei Stoker ja den heldenhaften Vampirkenner und -Töter darstellt, zwar zunächst alle Anzeichen einer Heimsuchung durch einen Vampir mit einer zitternden Handbewegung wegwischt, in Anbetracht des von Sonnenlicht getöteten Dracula jedoch sofort weiß, was zu tun ist und dem Geschöpf einen Pfahl durchs Herz treibt. Und die Pointe schließlich ist nicht mehr recht nachzuvollziehen. Vor ihrem Opfertod hatte Lucy, belehrt durch das Buch, das ihr Mann von seiner Reise mitgebracht hat, Hostienkrümel um den Stuhl gestreut, auf dem ihr debiler Mann vor sich hinvegetierte, ob, um Dracula davon abzuhalten, ihrem Mann etwas zu Leide zu tun oder um ihren Mann selbst zu bannen, sei dahingestellt. Nach Draculas und Lucys Tod erscheint Jonathan verwandelt, dem Hausmädchen gebietet er, die Krümel wegzufegen, und das Kreuz reißt er sich angewidert vom Hals und schleudert es zu Boden. In seinem Mund blitzen die Vampirzähne (hier sind es übrigens wie bei Murnau die Schneidezähne, nicht die Eckzähne, was Dracula wie Jonathan etwas Hasenzahniges verleiht), dennoch kann er das Kreuz berühren und die Sonne ertragen, ohne sofort zu Staub zu zerfallen. Und so reitet er durch den hellen Tag, um die Seuche weiter zu verbreiten und Lucys Opfertod grausam vergeblich zu machen. Aber wie macht er das? Es bleibt mir ein Rätsel...
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Herzog hat in seinem Film wieder die Namen aus Stokers Romanvorlage verwendet. Murnau konnte dies aus rechtlichen Gründen nicht tun. Dennoch gibt es einen markanten Unterschied: Bei Stoker ist es Mina, die mit Jonathan verheiratet ist. Ihre Freundin Lucy dagegen verfällt dem Grafen und wird nach kurzem Siechtum selbst zur Vampirin, während Mina versucht, zusammen mit der mutigen Männerriege bestehend aus Dr. Van Helsing, Jonathan Harker sowie den drei ehemals in Lucy Verliebten Dr. Seward, Quincy Morris und Arthur Holmwood, den finsteren Grafen zu vernichten. Herzog verzichtet wie zuvor schon Murnau auf diese drei Männer, die in der Vorlage Lucy den Hof machten, sein Van Helsing verkommt zum verknöcherten Greis, der an der Aufklärung um jeden Preis festzuhalten versucht und erst im Angesicht des toten Grafen das Richtige zu tun weiß. Mina wird zu Lucy, die Eigenschaften beider Frauen in sich vereint. Zum einen ist sie die liebende und treue Gattin, zum anderen ist sie die sinnliche Frau, die sich selbstopfernd dem Vampir hingibt.
Überhaupt ist diese Szene, das muss ich bei aller Kritik gestehen, wunderbar gelungen.
Lucy liegt auf ihrem Bett, umgeben von Rosenblüten, in einem zarten Nachtgewand, als hätte sie sich für ihren Liebhaber bereit gemacht. Dracula betritt den Raum, betrachtet die Schöne, schiebt ihr Gewand empor, entblößt ihren Schoß, ehe er seinen Mund auf ihren Hals legt. Seine Hand umfasst ihre Brust als seine Zähne sich in das weiße Fleisch senken. Als er von ihr abläßt umfängt sie ihn mit zarten Armen, zieht ihn erneut zu sich herab, und er versinkt in ihr, in ihrer Hingabe.
Der erste Hahnenschrei kündigt den Sonnenaufgang an, und Dracula schreckt auf. Eine Frau reinen Herzens hat ihn vergessen lassen, er tritt zum Fenster, wo ihn die jungen Sonnenstrahlen treffen. Während Nosferatus Tod bei Murnau recht unspektakulär vonstatten ging - im nächsten Moment ist der Vampir schon zu einem Häuflein Asche verbrannt - läßt Herzog Kinski lange sterben. Er windet sich, jammert, stöhnt, um schließlich merkwürdig erstarrt auf dem Boden vor Lucys Bett liegenzubleiben.
~~~ Ein Fazit? ~~~
Was also ist nun dieser Film Werner Herzogs? Ist er ein Tonfilm-Remake des Murnau-Klassikers? Wenngleich auch in diesem Film nicht viel gesprochen wird. Er lebt eher von seinen Bildern, und teilweise fühle ich mich an Caspar David Friedrich erinnert, an dessen Szenen einsamer Menschen vor konstruierten Landschaften. Doch konstruiert ist ein gutes Stichwort: Auf mich wirkt dieser Film konstruiert, überzeichnet, dabei manchmal unfreiwillig komisch. Gleichsam kommt er einfach nicht an Murnau heran, was Spannung, das Unheimliche, Grauenvolle, Diabolische angeht. Nein, Herzog, er möge mir das verzeihen, hat in meinen Augen übertrieben und dabei zuviel des Guten erreicht. Dadurch animieren manche Szenen eher zum Schmunzeln denn zum Fürchten, und auch die Musik wirkt immer wieder unpassend, da sie zu passend sein sollte. Und immer wieder wirkt der Film auf mich wie ein verfilmtes Theaterstück, das den Sprung auf die Leinwand, in das andere Medium, nicht geschafft hat. Als hätte Herzog zu viel gewollt. Und was am Ende dabei herausgekommen ist, erscheint eher wie eine Persiflage auf sein großartiges Vorbild.
Ich will damit nicht sagen, dass der Film gänzlich mißlungen ist. Allein Kinski und Isabelle Adjani sind ein Anschauen wert. Und wem all die Bemühtheit nicht negativ aufstößt, wird diesen Film vermutlich vergöttern. Bei mir bleibt ein fahler Nachgeschmack.
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Empfehlen möchte ich ihn wegen Klaus Kinski und Isabelle Adjani, ebenso, weil er ein Klassiker des Genres und doch irgendwie sehenswert ist. Dennoch vermag ich nicht mehr als 3 Sterne für dieses "Meisterwerk" zu vergeben.... weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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Mondlicht1957, 28.10.2007, 02:47 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Ein sehr informativer, interessant geschriebener Bericht Liebe Grüße
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anonym, 20.03.2007, 21:10 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Liebe Grüße :o)
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Der blaue Klaus
Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Nein
Der Stummfilm "Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens" aus dem Jahre 1922 gilt zurecht als Klassiker des Genres. 57 Jahre später machte sich Werner Herzog in einem Anflug von Selbstüberschätzung daran, ein Remake dieses Streifens in Angriff zu nehmen.
Da ich sie eigentlich als bekannt voraussetzen kann die Handlung nur im Telegrammstil: Immobilienmarkler reist zu Grafen nach Transylvanien in dessen Schloß. Graf entpuppt sich als Vampir und kauft altes Haus in Großstadt. Draci verliebt sich aufgrund Medaillon in Angetraute des Marklers und eilt zu seinem neuen Besitz. Markler reist schwer angeschlagen hinterher. Böser Vampir bringt neben seinem Lieblingssarg noch ein paar pestversuchte Ratten mit zu neuem Domizil. Lediglich das Ende bringt etwas Abwechslung.
Bei der Wahl der Schauplätze legte man großes Augenmerk auf Authenzität. Die Landschaften und auch die Straßenzüge sind gut gewählt. Das Manko des Films ist es, dass man bei der Wahl der Darsteller nicht so viel Sorgfalt walten ließ.
Klaus Kinski in der Rolle des Nosferatu ist natürlich über jeden Zweifel erhaben. Gehört er doch zu der kleinen Riege von Ausnahmedarstellern, die schon allein durch ihre Präsenz den jeweiligen Streifen aufwerten. Er spielt seinen Grafen hingebungsvoll und überzeugend - brillant seine Fingergestik, wohl auch bedingt durch die extrem langen Fingernägel. Sein Make-Up ist treffend auf ihn abgestimmt; mit Glatze und "Spock"-mäßigen Ohren wird er seiner Rolle als "Herr der Ratten" gerecht. Dazu passen auch die Fangzähne, die an den mittleren Schneidezähnen und nicht wie üblich mehr seitlich befestigt sind. Aber das war eine Vorgabe aus dem Vorbild.
Dass man in gemeinsamen Szenen mit Kinski einen schweren Stand hat, dürfte klar sein. Deshalb verstehe ich nicht, wie man jemanden wie Bruno Ganz die zweite tragende Rolle als Jonathan Harker geben konnte. Selbst wenn man viel Wohlwollen aufbringt und einen "Kinski-ist-auch-da"-Bonus vergibt, kann man seine Leistung nur als Totalausfall deklarieren. Nuschelnd tapst er durch die Dekoration und hat immer fast denselben Blick drauf, ob der sich nun vom Grafen bedroht sieht oder sich von seiner Holden verabschiedet.
Damit wären wir auch schon bei der zweiten großen Enttäuschung: die Französin Isabelle Adjani ist eine Schauspielerin von internationalem Format. Hier beschränkt sie sich ausschließlich darauf, putzig auszusehen und verzweifelt-melancholisch in die Gegend zu stieren. Vielleicht war Madmoiselle (richtig geschrieben?) auch nicht so recht glücklich mit den wirklich hirnverbrannten Dialogen, die man ihr zumutete aufzusagen.
Nennenswert höchstens noch der Darsteller des verrückten Renfield, der als Einzigster außer Kinski überzeugen kann. Aber so gut, dass ich jetzt extra seinen Namen raussuche, war er auch nicht. Über den Rest der Sprechrollen hüllen wir einen höflichen Mantel des Schweigens. Bei den Statisten legte man Wert auf "Typen", soll heißen, echt wirkende Einwohner der unwirtlichen Gegend. Irgendwie scheint es Herzog nicht so dolle mit der Schauspielerführung zu haben, denn man hat stets den Eindruck, dass die Laienschauspieler nicht so recht wußten, was sie machen sollten - also machten sie fast gar nix außer mehr oder weniger dekorativ in der Gegend rumzustehen und hilflos dreinzublicken.
Wert legte man auf darauf, möglichst viel "Atmosphäre" durch Beleuchtung und Schattenspiele zu erzeugen. Zwar erhielt das bleiche Make-Up Kinskis dadurch einen Blaustich, aber das ist nicht weiter störend. Zugutehalten kann man dem Film, dass die Szenen, in denen keine Dialoge vorkommen, durchaus gelungen sind. Sei es nun Landschaftstotale in den Karpaten oder in der pestverseuchten Stadt. Dem Komponist Popol Vuh kann man auch professionelles Bemühen bescheinigen. Immerhin schafft er mit seinen Klängen etwas Gruselstimmung, obwohl die Idee mit den gregorianischen Männerchor sieben Jahre zuvor bei "Die Nacht der reitenden Leichen" bedeutend besser umgesetzt worden ist.
Wenn es Herzog darauf angelegt hat, dem Zuschauer nahezubringen, dass eine übermächtige Bedrohung die Sinne lähmt und man nur schwer reagieren kann und ein hypnotisches lähmendes Entsetzen mit sich bringt, dann kann man das Unternehmen als gelungen bezeichnen. Nicht umsonst beginnt jeder Hypnotiseur mit "Sie werden müde... sehr sehr müde..."
Unterm Strich bleibt ein zähes Filmchen, welches so vor sich hin plätschert. Es ist schade um Kinskis Leistung, dass sein zweiter Auftritt in einem Vampirfilm (nach "Nachts, wenn Dracula erwacht" von 1969 - dort als Renfield) nicht durch ein entsprechendes Umfeld richtig zur Geltung kommt. Es gibt noch eine Fortsetzung "Nosferatu in Venedig", welche 1987 in Italien entstand. Obwohl auch nicht gerade ein Meisterwerk hat dieses jedoch gegen Herzogs Werk die Fledermausnase vorn. Wer also Vorbehalte gegen den "Neuen deutschen Film" hat, sieht diese hier leider voll bestätigt. weiterlesen schließen
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