Pro:
Schöner Film auf schöner DVD.
Kontra:
nickes.
Empfehlung:
Ja
In Pleasantville ist die Welt noch in Ordnung. Und zwar so sehr in Ordnung, wie sie es sonst nirgends je war: Pleasantville ist der Schauplatz einer gleichnamigen Fernsehserie – und in der gerät plötzlich einiges in Unordnung, als aus Zuschauern plötzlich Mitspieler werden.
David (der junge Toby Maguire) ist ein großer Fan der Fifties-Sitcom „Pleasantville“. Entsprechend groß ist die Vorfreude, als ein aufs TV aus der Schwarzweiß-Ära spezialisierter Spartensender den „Pleasantville Marathon“ ankündigt. Der lockt nicht nur mit einer Wiederholung der beliebtesten Episoden der Serie, sondern winkt auch noch mit Preisen für denjenigen Fan, der sich am besten in der „Pleasantville“-Welt auskennt.
Dummerweise hat Davids Schwester Jennifer (Reese Witherspoon) sich ausgerechnet den Abend des großen TV-Ereignisses für ein Date ausgesucht. Was nicht weiter schlimm wäre, wenn die gemeinsamen Pläne für den Abend nicht auch gemeinsamen MTV-Konsum einschlössen. Im Nullkommanichts entbrennt zwischen den beiden Geschwistern heftiger Streit darüber, wer über das abendliche TV-Programm bestimmen darf. Der Zank endet damit, dass die Fernbedienung zu Bruch geht – was ein ziemliches Malheur ist, weil sich der neumodische Fernsehapparat ohne Fernbedienung gar nicht mehr in Betrieb nehmen lässt.
Da kommt der seltsame Fernsehmechaniker (Don Knotts) wie gerufen (was man wörtlich nehmen muss, da ihn tatsächlich niemand gerufen hat). Der entpuppt sich ebenfalls als großer Pleasantville-Fan und drückt David schließlich eine neue Fernbedienung in die Hand, mit der sich nicht nur die Kanäle wechseln lassen. Als der Zank um den Impulsgeber erneut aufflammt, tut es plötzlich Blitz und Knall – und David und Jennifer sind mittenmang ins TV-Programm teleportiert. Nicht in irgendeines, sondern in eine Folge von „Pleasantville“. Da ist die Welt, wie gesagt, nicht nur schwarzweiß, sondern auch sehr heil. Die Mitglieder vom Basketballteam der örtlichen Highschool werfen völlig selbstverständlich einen Korb nach dem anderen, und die lokale Feuerwehr rückt auch nicht aus, um Brände zu bekämpfen, sondern um kleine Kätzchen vom Baum zu holen. In einer wunderbaren Szene, in der dann doch ein Baum in Brand gerät, versucht David (der jetzt den Namen des Seriencharakters Bud trägt), die Feuerwehr zum Ausrücken zu bewegen und hat erst dann Erfolg, als er „Katze“ ruft.
Was ist passiert? Der TV-Mechaniker, der prompt im Fernsehen erscheint, erklärt die Angelegenheit: Er hat schon lange nach einem noch größeren Fan der Serie gesucht, als er selbst es ist – und dem er dann einen Aufenthalt in der gemeinsamen Lieblingsserie würde spendieren können. Tja, und jetzt haben David und sein Schwesterlein eben das große Los gezogen.
Die beiden Glückskinder sind allerdings wenig erbaut und pochen auf sofortigem Teletrip in Gegenrichtung heimisches Wohnzimmer. Worauf der alte Mechaniker erst einmal einschnappt, sich schmollend aus dem Testbild trollt und auch so schnell nicht wieder auftaucht.
David und Jennifer hängen also in Pleasantville fest und müssen bis auf weiteres die Rollen von Bud und Mary Sue, den halbwüchsigen Kindern der Serienhelden, übernehmen. Während David das Leben in der heilen Fifties-Serienwelt gar nicht mal so unangenehm zu schein scheint, findet Jennifer den Trip einfach grässlich – zumindest solange, bis klar wird, dass Mary Sue das “love interest“ vom gutaussehenden Captain des Basketballteams ist. Und mit den Amouren beginnen die Verwicklungen, denn in der schwarzweißen Pleasantville-Welt enden nicht nur die Straßen im Nirgendwo, sondern auch Romanzen beschränken sich grundsätzlich auf das, was in den 50ern sendefähig ist. Im Klartext: Sex kennen die Pleasantvillagers ebenso wenig wie französische Betten. Das ändert sich jetzt – und plötzlich bekommt die Pleasantville-Welt mehr und mehr Farbe. Das gefällt freilich nicht jedem …
Gary Ross’ Film aus dem Jahre 1998 hat leider nie die große Bekanntheit erlangt, die er m.E. verdient hätte. „Pleasantville“ ist amüsant, entwickelt dabei aber durchaus Tiefgang. Auch technisch ist der Film einfach brillant: Wenn langsam die Technicolor-Farbe in die schwarzweiße Pleasantville-Welt einsickert, ist das tricktechnisch wirklich Staunen erregend gut gelöst. Dabei steht die Technik zum Glück ganz im Dienst einer gut erzählten Geschichte, in der sich Komik und Tragik fein die Waage halten: Pleasantville ist eine Komödie, aber es ist eine Komödie der leisen Töne, und eine Botschaft hat der Film auch. Meine persönliche Lieblingsszene beim kürzlichen Wiederanschauen war übrigens eine in einer Milchbar. Da läuft im Hintergrund plötzlich nicht mehr irgendwelcher 50s Chart-Rock’n Roll, sondern Dave Brubecks „Take Five“ – was zum einen den Wandel in Pleasantville wunderbar auf den Punkt bringt und zum anderen zeigt, wie ausgezeichnet das Stück als Soundtrack funktionieren kann.
Die DVD lässt keine Wünsche offen. Das Bild ist gestochen scharf – was insofern wichtig ist, als „Pleasantville“ nicht zuletzt ein visuell sehr interessanter Film ist.
Den Ton gibt’s wahlweise auf Deutsch oder im englischsprachigen Original; beide Spuren sind in Dolby 5.1 abgemischt. Die deutschen Untertitel lassen sich nicht nur ein-, sondern auch wieder ausblenden, Interessierte werden sich über den interessanten Audiokommentar von Regisseur Gary Ross freuen. Außerdem gibt’s die deutschen und amerikanischen Kinotrailer, das Making of „The Art of Pleasantville“ und das Video zu Fiona Apples Beatles-Cover „Across the Universe“ (der Videoclip ist so sehenswert, Apples Coverversion hörenswert ist: sehr!); Bio- und Filmographien runden das gut gefüllte Bonusmaterial-Paket ab.
R e s ü m e e
Ein sehenswerter Film – auf einer DVD, die keine Wünsche offen lässt und die mittlerweile schon sehr günstig zu haben ist.
Das Bonusmaterial auf einen Blick
· Dt. Untertitel ausblendbar
· Insgesamt ca. 50 Minuten Bonusmaterial
· optional Vollbild oder WS
· 50 Minuten Zusatzmaterial: Musikclip "Across The Universe"
· Making Of
· US & dt. Kinotrailer
· Bio- & Filmographien
· Interviews mit Hauptdarstellern
· Kommentar des Regisseurs
· Trailer anderer DVDs weiterlesen schließen
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