Pro:
Tolle Inszenierung, sehr humorvoll, gute Darsteller
Kontra:
Kaum Extras auf der DVD
Empfehlung:
Ja
ZUR STORY
-----------------
Wir schreiben den Vorabend des zweiten Weltkriegs. Eine Theatergruppe im polnischen Warschau muss sich dem Druck des Naziregimes beugen. Gegen ihren Willen müssen sie ihr aktuelles Stück - eine Hitler-Satire - vom Spielplan nehmen und spontan den "Hamlet" dafür ins Programm nehmen.
Sehr zum Ärger des überaus von sich überzeugten Hauptdarstellers Joseph Tura verlässt einer der Zuschauer Abend für Abend ausgerechnet bei seinem "Sein oder Nichtsein"-Monolog die Bühne. Was er nicht weiß, der junge Flieger trifft sich heimlich mit seiner Frau, Maria Tura. Doch schon bald muss das Theater seine Pforten vollkommen schließen, die Deutschen marschieren in Polen ein und der junge Flieger Stanislaw Sobinski muss in den Krieg ziehen.
Aus den einstigen Bühnendarstellern werden Untergrundkämpfer, die im zerstörten Warschau ein herrliches Verwirrspiel anzetteln. Dank der Kostüme aus ihrer Hamlet-Satire und natürlich viel Talent dazu, in andere Rollen zu schlüpfen, nehmen sie die Figuren der weichenstellenden Nazis in Warschau ein und "inszenieren um".
Brisant wird es, als Stanislaw Sobinski eines Tag wieder vom Himmel fällt (mit Fallschirm) und vor einem Spion warnt, dem es nun das Handwerk zu legen gilt, ehe dieser die Untergrundgruppe auffliegen lässt.
DIE UMSETZUNG
-------------------------
Einfach genial! Das trifft es vermutlich ziemlich gut. Regisseur Ernst Lubitsch gelang mit dieser sozialkritischen Komödie ein Jahrhundertwurf, der sein Jahrhundert sogar überstanden hat und auch heute aktuell erscheint. Allein das Wagnis im Jahr 1942 eine Hitler-Parodie anzugehen, scheint frech, absurd und eigentlich unglaublich. Die New York Times schrieb damals über Lubitsch: "Man hat das verrückte Gefühl, Lubitsch sei wie Nero, der klimperte auch als Rom brannte."
Dennoch ist das Wagnis gelungen und keineswegs taktlos oder Scherze über das Leid der Menschen im Dritten Reich treibend.
"Sein oder Nichtsein" ist zum einen ein verrücktes Verwirrspiel, angelehnt an die klassische Verwechslungskomödie, ist aber auch Liebesgeschichte und Tragödie. Eine solche Mischung funktioniert, wenn man wie Lubitsch mit Leichtigkeit inszeniert, aber nicht mit Unernsthaftigkeit und wenn man seine Figuren, so absurd sie sein mögen, ernst nimmt.
Dass dieser Film alle Schrecken des Naziregimes erzählt, ohne sie mahnend in den Mittelpunkt der Handlung zu rücken, ist eine Wohltat.
Der Humor des Filmes ist zuweilen rabenschwarz. Aber gerade die Figur der Maria Tura besticht durch ihre Leichtigkeit und ihren Charme. Für mich gibt es in diesem Film einige richtige Dauerbrenner, sodass in meinem Freundeskreis jeder weiß, was gemeint ist, wenn jemand ausruft: "Wo haben sie die Schlüssel her?!" und sich dabei empört in die Hand schlägt.
Dennoch - für eine Komödie eher untypisch - ist der Film recht spannend und birgt einige überraschende Wendungen. Dass Lubitsch hier des Öfteren an die Grenzen der Glaubwürdigkeit gegangen ist, stört nicht - mich zumindest nicht.
Wie von einem Film aus dem Jahre 1942 nicht anders zu erwarten, ist "Sein oder Nichtsein" eine Schwarz-weiß-Produktion. Auch der Spielstil entspricht sehr der damaligen Zeit, als die Sprache noch mehr gesetzt wurde und das Spiel an sich weniger minimalistisch erschien als heute.
Sollte euch der Film allerdings in Farbe begegnen, habt ihr vermutlich die Neuverfilmung von Mel Brooks aus dem Jahr 1983 erwischt. Da ich noch keine Notwendigkeit sah, mir diese anzuschauen, kann ich nicht beurteilen, ob sich das lohnen könnte.
DIE HAUPTROLLEN
----------------------------
Maria Tura - Carole Lombard
Maria Tura ist die Frau von Joseph Tura und ein ebenso eitler Bühnenmensch. Sie steht im ständigen Wettkampf mit ihrem Mann und liebt die Anerkennung, die ihr durch andere zu Teil wird. Dennoch, gehört ihr Herz ihrem Mann, auch wenn sie es auf exzellente Weise versteht, ihre weiblichen Reize zur Rettung Warschaus einzusetzen.
Carole Lombard entdeckte ihr schauspielerisches Talent sehr früh und schloss sich bereits mit 15 Jahren einer Wandertheatergruppe an. Erst auf Umwegen kam sie schließlich zum Film und dort zur Komödie, wo sie meines Erachtens sehr gut aufgehoben war. Die oftmals überspitzte Rolle der Maria Tura scheint eigens für sie geschrieben worden zu sein und man fragt sich, welcher Mann ihrer Süße und ihrem Charme widerstehen sollte. Kein Wunder, dass diese Frau zum Dreh- und Angelpunkt wird.
Carole Lombard starb leider vor der Veröffentlichung des Filmes bei einem Flugzeugabsturz.
Joseph Tura - Jack Benny
Für mich zeigt sich Jack Benny alias Joseph Tura als Meister der Wandelbarkeit. Abgesehen von seiner eher lausigen und vibrato-schwangeren Hamletdarbietung auf der Bühne (Zitat des Stabführers über Joseph Tura als Hamlet: Was der damals mit Shakespeare gemacht hat, machen wir heute mit Polen), schlüpft Tura regelmäßig in den Körper des Feindes. Jack Benny gelingt es famos die einzelnen Figuren voneinander abzuheben und zugleich immer eine Prise Joseph Tura darinnen zu belassen.
Jack Benny spielt als Joseph Tura eine beeindruckende Mischung eines selbstverliebten, und egozentrischen Menschen, der bereit ist, sein Leben für Warschau zu opfern.
Stanislaw Sobinski - Robert Stack
Der junge Pilot Stanislaw Sobinski wird von Robert Stack dargestellt. Verglichen mit den anderen Figuren des Films würde ich Sobinski als eher eindimensional beschreiben. Er macht kaum eine Entwicklung durch. Am interessantesten an dieser Figur fand ich seine Liebe zu Maria Tura, die sich, von einer unglaublichen Naivität genährt, nicht aufhalten ließ.
Zwischen Sobinski und Joseph Tura entbrennt ein subtiler Zweikampf, der nicht nur einmal die gesamte Untergrundbewegung in Gefahr bringt.
Robert Stack spielt leider keine Paraderolle, verkörpert den jungen Piloten sowie seine Nöte und Verlangen jedoch sehr überzeugend.
Professor Siletsky - Stanley Ridges
Siletsky ist der Verräter und Überläufer, der droht Warschau an die Nazis auszuliefern. Ein hinterhältiger Gewinnertyp - deshalb Gewinner, weil er bereit ist, die Seiten jederzeit zu wechseln. Siletsky versucht Maria Tura als Spitzel anzuheuern und diese lässt sich vermeintlich darauf ein. Stanley Ridges mimt den Prototypen eines dümmlich verliebten Mannes, der sich für mächtig hält und dabei nicht bemerkt, dass ihm diese Macht längst von der Frau seines Herzens aus der Hand genommen wurde und er mehr oder weniger nur noch als Marionette fungiert.
Klischeehaft, aber durchaus überzeugend gespielt von Stanley Ridges.
DIE DVD
------------
Neben dem Film bietet die DVD so gut wie nichts. Nicht weiter erstaunlich bei einer so alten Verfilmung, bei der noch nimmer an Specials für eine DVD dachte. Dass "der alte Schinken" überhaupt auf DVD erschienen ist, zeigt jedoch, dass der Film auch heute als aktuell empfunden wird.
Die Fakten:
Bildformat: 4:3
Tonformat: mono
Sprachen: Deutsch, Englisch, Englisch mit deutschen Untertiteln
Laufzeit: ca. 93 min
Extras: Trailer, Dokumentation über Ernst Lubitsch
Freigegeben ab 12 Jahren
Erscheinungsjahr der DVD: 2000
Wegen der Extras lohnt sich der Kauf der DVD nun wahrlich nicht. Die Dokumentation empfiehlt sich nur für echte Ernst Lubitsch-Liebhaber, der Trailor ist überflüssig.
Erschienen ist der Film bei der Kinowelt Home Entertainment GmbH. Zum Glück kann man "Sein oder Nichtsein" in ziemlich vielen Onlineshops beziehen, sodass einem kein Such-und-Findespiel bevorsteht. Der Preis liegt bei etwa 14 €. weiterlesen schließen
Bewerten / Kommentar schreiben