Pro:
Bonusmaterial
Sound
Action
Kontra:
Geschichtsklitterung
Viel geklaut bei "Das Boot"
Sachliche und logische Fehler zuhauf
Empfehlung:
Ja
Es ist wieder mal Zeit für einen U-Boot Film, dachten sich Dino und Martha de Laurentiis wohl, als sie sich 2000 eine recht hochkarätige Besetzung zusammentrommelten, WK2-Kriegsfilme hatten grade Konjunktur zu dieser Zeit ("Saving Private Ryan", "Der schmale Grat" etc.) doch "U-571" floppte dennoch an der Kinokasse. Schon kurze Zeit später brandete die zweite Welle der Vermarktung über den von der Kritik heftig geschundenen Bootskörper. Die Doppel-DVD aus dem Hause Highlight Video wird kurioserweise jedoch noch immer für um die 25 Euro feilgeboten, während die abgespeckte Single-Disk mittlerweile den Ramsch-Level locker erreicht hat.
_Vorgeschichte & historischer Kontext_
1942 – Deutsche U-Boot-Rudel im Atlantik zwingen die Briten Konvois einzurichten, wobei sie auch auf kanadische und amerikanische Hilfe zurückgreifen. Kopfschmerzen bereitet ihnen, dass sie den deutschen Marine-Code, der mittels einer schreibmaschinenähnlichen Apparatur, genannt "Enigma" verschlüsselt wird, nicht knacken können und somit auch nicht in der Lage sind, die U-Boot Bewegungen spitz zu kriegen. Deutsche Kommandanten sind vom OKM dazu angehalten, Chiffrier-Maschine und Codebücher unverzüglich zu vernichten, sollte ein U-Boot eventuell aufgebracht werden. Die britische Admiralität versucht natürlich a) ein intaktes U-Boot in die Hände zu bekommen (zu Studienzwecken bezüglich der Leistungsfähigkeit) und b) eine Enigma UND die dazugehörigen Codebücher zu ergattern -ohne diese ist eine Enigma nämlich trotzdem wertlos
_Zur Story_
U-571 hat durch alliierte Wasserbomben erhebliche Gefechtsschäden davongetragen. Der Kaleun funkt zum Oberkommando und bittet um Hilfe, da er aus eigener Kraft nicht mehr weiterfahren kann. Alle Mechaniker sind beim Angriff ums Leben gekommen und der verzweifelte Reparaturversuch mit Bordmitteln scheitert kläglich. Das OKM setzt ein Versorgungs-U-Boot mit Ersatzteilen und Personal in Marsch, das dem Havaristen mitten im Atlantik zur Hilfe eilen soll. Der Funkspruch wird jedoch von der amerikanischen Marine-Abwehr abgefangen. Dort glaubt man an die ultimative Gelegenheit an eine intakte "Enigma" zu kommen. Vorausgesetzt man schafft es mittels eines als deutsches U-Boot getarnten, eigenen Boots vor dem eigentlichen Versorgungsschiff dort aufzutauchen und unter Vorgabe, die Reparaturmannschaft zu sein, das beschädigte U-Boot zu kapern.
In aller Eile bastelt man ein grade verfügbares Uralt (einem deutschen sehr ähnlichem) U-Boot um, in der Hoffnung, dass diese blöd oder blind sind. Zudem wird die Crew von U-Boot S-33 zu unfreiwilligen Kommando-Truppen umfunktioniert. Sehr zum Leidwesen von Skipper Dahlgren und seinem 1. Offizier Tyler. Die S-33 schafft es tatsächlich vor dem echten Versorgungs-U-Boot zur Stelle zu sein und sich als dieses auszugeben. Um die Illusion der vermeintlich deutschen Reparatur-Crew perfekt zu machen, sollen zwei deutschsprachige Amerikaner - Navy-Abwehrmann Hirsch und Bordfunker Wentz - später die Wortführerschaft übernehmen. Logischerweise steckt man die gesamte Entermannschaft in deutsche Marineuniformen. Fast wäre der Bluff gelungen, doch die Deutschen riechen Lunte und es kommt zum Handgemenge.
Die Amis können die Überhand gewinnen. Enigma und Codebücher werden geborgen und Sprengsätze in U-571 deponiert damit man keine Spuren hinterlässt und das herannahende, Versorgungsboot davon ausgeht, dass U-571 doch schwerer beschädigt wurde und dadurch sank. Die deutsche Mannschaft wird derweil auf die S-33 evakuiert. Erstens kommt's anders und zweitens als man denkt. Das Versorgungs-U-Boot erscheint überpünktlich und vor allem unbemerkt auf dem Plan, peilt die Lage korrekt, Es versenkt den gefakten Ami-Schlitten mit Mann und Maus. Tyler und die Entercrew sehen von U-571 aus hilflos zu. Die sitzen auf dem deutschen Havaristen fest und sehen nur die Chance sich selbst und die Mission zu retten, indem sie das ihnen fremde und unvertraute Boot bis in alliiert kontrollierte Gewässer steuern, natürlich möglichst ohne vorher abzusaufen. Die Verfolgungsjagd beginnt.
_Eindrücke_
Die Tricks haben sich seit "Das Boot" natürlich weiterentwickelt, das sieht man dem Film auch an. Für die Außenaufnahmen hat man zwei schwimmfähige U-Boote in 1:1 Originalgröße praktisch komplett nachgebaut – ein Aufwand der sich optisch durchaus lohnt. Überhaupt sind mehr Unterwasserszenen speziell bei Torpedo- oder Wasserbombenaktionen, als im großen Vorbild zu sehen. Allerdings sind die Parallelen zu Petersens Kult-Werk oftmals allzu deutlich. Man hat gleich mehrere Deja Vús und fühlt sich an den Kult-Klassiker erinnert, so ähnlich sind manche Szenen. Auf Explosionen wurde unter und über Wasser besonders viel Wert gelegt. Vermutlich um den Zuschauer zu betäuben und davon abzulenken, wie wenig eigene Ideen man aufbringen konnte.
Der Film klaut also mächtig bei "Das Boot" und ist zudem in vielerlei Hinsicht fehlerbehaftet und unrealistisch. Das bezieht sich nicht nur auf den historischen Hintergrund. In der Realität gelang es den Allierten bis zum Ende des Krieges zwar die eine oder andere Enigma zu erobern, jedoch erst sehr spät erst mit gültigen/vollständigen Codes, weshalb die Dechiffrierung der U-Bootbewegung den gesamten WK2 über allenfalls nur unvollständig möglich war. Das erste U-Boot, dessen Enigma erbeutet wurde war übrigens U-110, welches vor Großbritannien havariert von den Briten geentert wurde. Also keine Amerikaner und kein U-571. Alles frei erfunden - es entsteht jedoch der Eindruck, als wäre es historische Wahrheit. Das allein ist nicht ganz unbedenklich. Es kommen aber noch ein paar Böcke hinzu - ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Eine zusammengewürfelte, amerikanische Crew übernimmt ein feindliches, ihnen vollkommen unvertrautes U-Boot und kann damit nicht nur exakt und beinahe sofort auf Tiefe gehen, sondern ein anderes deutsches U-Boot (wohlgemerkt mit qualifizierter Mannschaft) nach nur 10 Minuten hektisch-hilflosem Umgucken und raschem Übersetzen der deutschen Beschriftungen an den Armaturen durch zwei deutschsprachige Amerikaner, in Stücke blasen. Das Ganze auch noch getaucht und obendrein nach Gehör. Unrealistisch hoch 10. Allein wie will man die Tiefe des Gegners ermitteln bei Ortungsgeräten, die rein auf horizontale Ortung ausgelegt sind? Unterwassergefechte zwischen U-Booten waren nie ein Thema in WK2. Die nötigen technischen Voraussetzungen hatte man auch erst viel später. Ein "Lucky Blow" wäre denkbar aber wie der Rest der kruden Geschichte arg herbei gedichtet..
Darüber hinaus ist das besagte Versorgungs-U-Boot augenscheinlich ebenfalls ein sittsam bekanntes Type VII-C wie U-571. Auch das ist höchst unwahrscheinlich. Die spezielle Art Boot, um auf hoher See Kampf U-Boote neu zu bestücken, zu betanken und zu reparieren waren sehr wuchtige, spärlich bewaffnete Type XI oder XX, die extra nur für diesen Zweck gebaut und von den deutschen U-Leuten salopp "Milchkühe" getauft wurden, aber sicher keine Typ VII-Cs. Da haben die Macher danebengehauen um die Situation zu dramatisieren. Es gibt zwar mindestens einen dokumentierten Fall, wo ein Kampf U-Boot einem anderen mit Ersatzteilen und Torpedos ausgeholfen hat (Suren: "Nasses Eichenlaub", Ullstein), das dürfte aber die absolute Ausnahme gewesen sein. Eine gewagt-abenteuerliche und halsbrecherische Aktion obendrein.
Im Film ist eben alles machbar. Der amerikanische Mechaniker repariert in Rekordzeit den defekten Diesel und auch ansonsten klappt mit der Bedienung des Bootes, trotz einiger Fragezeichen auf den Gesichtern angesichts der unvertrauten Technik, recht gut: Horchposten, Anblasen und Trimmen – später sogar das ganz automatische und korrekte Sichern der Deckkanone nach dem Feuern mit geübt und vertraut wirkenden Handgriffen. Unglaubwürdig. Die Briten haben (in der Realität) bei der Eroberung von U-110 monatelang im Dock gebraucht das Konzept der hoch entwickelten deutschen U-Technik herauszufinden. Die Protagonisten auf U-571 brauchen manchmal nur Minuten und schlimmstenfalls ein paar Stunden, obwohl sie vorgeblich NULL Plan haben, was wie und wo funktioniert. Unter zusätzlichem Gefechtsstress wohlgemerkt. Glaubhaft ist anders.
Das deutsche Aufklärungsflugzeug (soll wohl ne ME 109 darstellen) dazu zwei Dinge: Erstens krankte die deutsche Atlantik-Operation generell an mangelnder Luftaufklärung, was heißt, dass die Wahrscheinlichkeit einem deutschen Aufklärer mitten im Atlantik zu begegnen faktisch fast Null war. Zweitens schon gar kein Kurzstrecken-Einmann-Jäger, der im Tiefflug patroulliert – wo bitte soll der denn auch gestartet sein und wo wollte er hernach wieder landen? Wenn überhaupt sind soweit außerhalb lediglich 4-motorige Langstrecken-Aufklärer des Typs FW-200 "Condor" eingesetzt worden und die flogen sehr hoch und zudem – wie erwähnt – recht selten in diesem Gebiet. Nicht zuletzt deswegen, da sie eben wegen jener mangelnder Reichweite von Einmann-Jägern ohne Jagdschutz unterwegs gewesen wären.
Das wirft auch die Frage auf, was überhaupt ein einzelner deutscher Zerstörer ohne Begleitfahrzeuge in einem Gebiet der Western Approaches macht, wo es von stark gesicherten alliierten Konvois nur so wimmeln dürfte? Lebensmüde? Urlaub? Wieder mal Besoffen, oder was? Fakt ist: Kein deutscher Zerstörer (ohne jegliche Ausnahme) hätte sich ohne begleitenden Kampf-Verband allein in dieses Gebiet gewagt, er wäre von den dort massenhaft anzutreffenden alliierten Korvetten und Zerstörern oder gar schweren britischen Schlachtschiffen im Nu auseinander gepflückt worden ohne auch nur einen einzigen Schuss abgeben zu können. Argumentiert man nun mit einem "versprengten" Zerstörer, so würde dieser - aus oben angeführten Gründen - sicher nicht auf eigene Faust Jagd auf ein U-Boot machen. Sicheres Todesurteil und demzufolge Quatsch mit Soße.
Bleiben wir beim deutschen Zerstörer (was auch immer der da auch zu suchen hat). Bei der Verfolgung von U-571 ist ein deutliches und charakteristisches "Begg-Pinnng!" zu hören. Cineasten wissen spätestens seit Prochnow und Konsorten, oder auch dank "Jagd auf Roter Oktober": Aha! Ein Aktiv-Sonar! Hochdramatisch und sicherlich auch saugefährlich für das arme gejagte U-Boot. Stimmt. Aber nicht bei einer deutschen Marine-Einheit. Deutschland hatte bis zum Ende des Krieges nämlich kein funktionstüchtiges Aktiv-, sondern nur ein sehr unterentwickeltes Passiv-Sonar, im Gegensatz zum britischen "ASDIC", und nur dieses konnte auch "Pingen", deswegen heißt es schließlich ja auch "aktiv". Wieder ein dicker Griff ins Bordklo.
Last but not Least reißen es auch die relativ hochkarätige Besetzung, bestehend u.a. aus Mathew McConaughey, Bill Paxton, Harvey Keitel und auch Jon Bon Jovi trotz aller Bemühungen den grottig zusammengeschusterten und geklauten Plot nicht mehr aus dem unterhaltungstechnischen Flachwasser. Sie haben genug damit zu tun ihre ihnen angedienten oft unlogisch agierenden Rollenstereotype mit wenigstens etwas Würde und Leben zu füllen. Immer gelingt das allerdings auch nicht so recht. Was Wunder. Das unausgegorene Skript trieft zu sehr vor logischen Fehlern, tonnenweise pathetisch-schwülstiger Floskeln, krankhaftem und vor allem überzogenem Heldentum, sodass man als Schauspieler wohl nicht viel mehr tun kann, als Schadensbegrenzung zu betreiben.
_DVD und Bonusmaterial_
Wer auch immer den Text auf der Rückseite der Hülle verbrochen hat, hat auf jeden Fall eines nicht: nämlich den Film gesehen. Die Inhaltsangabe auf den Cover ist sachlich falsch und hat mit dem Gezeigten soviel zu tun, wie der Sägefisch mit Hobeln. Lustig ist, dass auch im O-Ton am Anfang an Bord von U-571 Deutsch gesprochen wird, was aber für die deutschen Fassung noch mal nachsynchronisiert wurde und nun etwas anders klingt. Klang ist ein gutes Stichwort. Der ist überdurchschnittlich gut abgemischt und wurde demzufolge auch oscar-prämiert. Das Bild leistet sich auch keine Schwächen, ist aber im Gegensatz zum Ton nicht herausragend, sondern guter Durchschnitt.
Das Bonusmaterial der SE ist erstaunlich reichhaltig und informativ. Zudem ist es nett animiert und übersichtlich gegliedert. Nicht nur U-Boot Freaks kriegen hier mit technischen Daten und (tatsächlich mal korrekten) historischen Gegebenheiten ein echtes Schmankerl geboten. Interessant sind auch das Making Of und die Reportage über den Nachbau der beiden 1:1 Modelle der U-Boote U-571 und S-33. der Rest ist wider Mal Bonus-Einheitsbrei mit dem üblichen Interviews, wie toll doch die Dreharbeiten waren und wie lieb sich doch alle hatten. Gähn.
_Fazit_
U-571 kann man sich vielleicht ein-, maximal zweimal ansehen. Wer auf knallige Action steht, kommt auf seine Kosten. Tricktechnisch ist der Film keine Offenbarung aber wenigstens recht akzeptabel umgesetzt. Anspruch oder historische Wahrheiten sollte man hier bitte nicht erwarten und auch besser erst gar nicht suchen, da findet man bloß noch mehr haarsträubende Halb- und Unwahrheiten. Das Bonusmaterial der Special Edition ist sehenswert und überraschenderweise im Gegensatz zum bestenfalls mittelmäßigen Film auch historisch akkurat. Ob man nur dafür allerdings tiefer in die Tasche greifen sollte, steht auf einem anderen Blatt.
_Die DVD-Daten auf einen Blick:_
OT: "U-571"
USA 2001
Genre: Abenteuer, Kriegsfilm
Universal, 2002
2 DVD Special Edition, Regionalcode 2 – FSK 16
Laufzeit: ca. 110 Min Hauptfilm (DVD 1) etwa 120 Min Bonusmaterial (DVD2)
Bildformat: 16: 9 Widescreen (1 : 2,35)
Tonformat: DD5.1 und 2.0 (D und E), DTS (nur D)
Regie:Jonathan Mostow
Produzent: Dino & Martha deLaurentiis
Musik: Richard Marvin
Darsteller u.a: Matthew McConaughey (Cmdr. Tyler), Harvey Keitel (Chief Klough), Bill Paxton (Capt. Dahlgren), Jon Bon Jovi (Lt.Cmdr Emmet), Jake Weber (Hirsch), Thomas Kretschmann Kpt.Lt. Wassner), Jake Noseworthy (Wentz)
Bonusmaterial (DVD2)
Making Of U-571
Interviews mit Regisseur, Produzent und Hauptdarstellern
Interviews mit Zeitzeugen / U-Bootfahrern
Infos zum 1:1 Nachbau der beiden Film U-Boote
Infos zu den Schauspielern / Produktion & Regie
Geschichtliches Hintergrundmaterial (Wochenschauen WK2)
Geschichte der deutschen U-Boote
ROM-Teil mit Extras für PCs
Kinotrailer (USA, GB und D) weiterlesen schließen
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