Pro:
Modulares System / Stabil / Wahlfreiheit beim Design / Schöne Optik / Funktionell
Kontra:
Verarbeitung durchwachsen / Montage - Anleitung taugt allenfalls zum Hintern abwischen, wiewohl das Papier hierfür etwas hart escheint.
Empfehlung:
Ja
Wie der eine oder andere an der stark eingeschränkten Aktivität Merkwürdens im letzten halben Jahr vielleicht bemerkt haben wird, übten Königs den Exodus im kleinen Stil. Mit umgekehrten Vorzeichen - hatten die altvorderen Pharaonen damals die unpopulären Hebräer noch aus dem Land gescheucht (woraus ein geschäftstüchtiger PR-Agent namens Moses später eine Topseller-Story machte) so wich diesmal der Tross der Herrscherfamilie. Aus wesentlich banaleren Gründen: Der alte Palast war zu klein geworden - Pharao und Pharaonin, inklusive der 5 göttlichen Perserlinge, das war auf Dauer zu viel für den alten Dachgeschosstempel.
Die Frage: "Was nehmen wir mit und was überantworten wir dem Sperrmüll?" erwies sich als rhetorisch: "Alter Schwede. Raus mit dem ollen Mist!", dachten sich Königs (übrigens sehr zur Freude der wühlfreudigen Nachbarschaft, bestehend aus mannigfaltiger Nationalität). Wozu haben wir schließlich gleich zwei IKEAs im unmittelbarer Schlagdistanz?Also Kreditkarte ölen und ab dafür. Aber: Sekt oder Selters - Essen oder Duisburg?
Manche Fragen sind dann doch nicht so leicht zu beantworten, wie die nach dem Verbleib der nicht mehr benötigten Einrichtung. Ebenso wenig ließ sich auf die Schnelle klären, wie die neue Wohnzimmereinrichtung beschaffen sein solle. Da der Duisburger IKEA-Markt erst vor wenigen Wochen eröffnete, wurde beschlossen sich vor Ort mal berieseln und inspirieren zu lassen. Den Essener Markt durchwandelt Merkwürden, trotz aller Bemühungen der hiesigen Mitarbeiter die Ausstellung immer wieder frech umzugestalten, mit grade zu erschreckend traumwandlerischer Sicherheit. Von Inspiration kann dort keine Rede mehr sein
Dennoch brauchten Königs gute 2 Tage intensiven Hin-und-Her-Überlegens, sowie - messens und ziellosem Herumwanderns in gestalterischer Ödnis, um sich einig zu werden, dass das gelobte Land nicht von Milch und Honig, sondern fürderhin von Stahl und Birke dominiert werde.
JOURNALIST heißt das Regal-/Schrank-System der Wahl, welches sich modular-individuell gestalten und gegebenenfalls auch erweitern lässt. Wenn bleistiftsweise etwaiger Familienzuwachs wieder den Wechsel nebst Vergrößerung der Tempelanlage notwendig machen sollte. Das war uns wichtig. Zukunftssicherheit und ein System, für dass es wahrscheinlich auch in einem oder 2 Jahren noch Komponenten nachzukaufen sind (kann man nie genau wissen, aber wenigstens gut raten), welches sich auch problemlos (mehrfach) ab-, um- und wieder aufbauen lässt, und danach sogar auch noch bestimmungsgemäß verwendbar ist.
Bei IKEA ist Haltbarkeit ja nicht unbedingt immer an der Tagesordnung, wenigstens im Budget-Bereich nicht. Die qualitativ hochwertigeren Möbel der Schweden sind da anders, kosten aber auch entsprechend mehr als die oft beworbenen Aktionsartikel.
Wobei "Schweden" ja auch nicht immer stimmt, laut den (zum Teil äußerst dämlich im Sichtbereich angebrachten) Kontrollaufklebern sind die Bauteile fast ausschließlich "Made in China". Die Ikeaindianer kloppen da nur noch ihr berühmtes Label drauf. Natürlich darf die größte skandinavische Grausamkeit auch bei diesem Produkt nicht fehlen: Der mitgelieferte 4 mm Inbus-Schlüssel. Das bedeutet? Genau! Man schraubt das Ding logischerdingens in Eigenregie zusammen. Wie immer. Kennt man(n). Weiß man(n). Hasst man(n) - zuweilen. Doch das ist jetzt ein Vorgriff, kümmern wir uns erstmal generell um das Corpus Journalisti.
Das System
Im Prinzip handelt es sich um ein Regalsystem, das auf ein pulverbeschichtetes Stahlgerüst aufbaut. Dessen Träger-/Seitenelemente sind in 205 und in 90 cm Höhe verfügbar. Die weiteren passenden Elemente sind dann wahlfrei, entweder man entscheidet sich für einfache Regalböden oder für Schränke, die integriert werden. Zur Auswahl stehen hierbei Vitrine, Schubladen-Schrank, Schrank mit Türen und ein Hochschrank - jeweils in Buchenachbildung, Birkenachbildung oder weiß foliert.
Bei den Regalböden hat man die Möglichkeit sich zwischen Stahl und den drei anderen Varianten zu entscheiden, jedenfalls wenn es um die 80 cm-Böden geht. Die 120er gibt es ausschließlich in Stahl, die 50er hingegen nur in den 3 folierten (MDF-)Varianten.
Zudem bekommt man noch eine TV-Bank (alternativ als Couchtisch verwendbar), Rollcontainer (alternativ als Hocker verwendbar) und diversen Kleinkram. Etwa 2 Metallbügel nebst Glasplatte, die zusammen ein "Media-Rack" ergeben. Dieses wird entweder unter die TV-Bank, oder unter einen 120er Metallboden geschraubt - dahinein gehören später DVD-Player, Receiver etc. Es passen je 2 Media-Racks unter einen Boden, respektive unter die TV-Bank.
Zur Erhöhung der Stabilität des Aufbaus sind Stützkreuze vorgesehen. Als optionale Effektbeleuchtung setzt man nicht auf eine eigens für JOURNALIST entwickelte Serie, sondern empfiehlt die Lampen des MAGIKER-Systems zu verwenden. Die Schränke haben zudem Kabeldurchführungen in der Rückwand serienmäßig. Die einzelnen Elemente lassen einen breiten Spielraum für eigene Ideen und Kombinationsmöglichkeiten.
Preislich gesehen ist das JOURNALIST eher im oberen Drittel angesiedelt. Das billigste Teil ist das Stützkreuz für 2 Euro, das obere Ende der Skala markiert der Hochschrank mit 99 Euro - zuzüglich eines Seitenteils, das kostet nochmal 18 Euro (205 cm). Dazwischen tummeln sich die Regalböden von 10 € (Stahl, 80 cm) angefangen und die Schränke/Vitrine um 70 Laschen (Je nachdem welchen Schrank man nimmt). Das TV-Rack kommt (ohne Rollfächer/Hocker) auf 75 Ocken.
Was ein derart individuell zusammengestelltes Gesamtkunstwerk kostet, lässt sich nicht pauschal beantworten, das ist ganz unterschiedlich. In unserem Fall lagen wir bei einer kompletten Wohnwand (für die Tonnen unserer gemeinsam zusammengetragenen Bücher nebst Home-Cinema-Anlage) plus einem kleineren, separaten Regal für einige meiner Spinnen-Terrarien, bei knapp 700 Euro. Kein Pappenstiel, aber dafür ein schön homogen eingerichtetes Wohnzimmer. So was in der Art wollte ich schon immer.
Na denn: Skøl-Mahlzeit!
Bekanntlich haben die Götter vor Allem den Schweiß gesetzt. Auch die Skandinavischen. Besonders die. Man kennt das Prozedere ja: Karton öffnen, groben Überblick verschaffen, Die Tüte mit den losen Teilen/Schrauben suchen (hoffentlich alle vollzählig) und nach der unverzichtbaren Aufbauanleitung tauchen.
Diese empfiehlt für die meisten Bauteile eine Person zum Aufbau, dennoch sind 2 zusätzlich helfende Hände stets willkommen. Insbesondere bei Montage des Hochschranks bricht man sich sonst vielleicht einen Zacken aus der Krone und eventuell gar Teile der Seitenwand ab.
Weiterhin werden laut Anweisung benötigt: 1 Kreuzschlitzschraubendreher, 1 Schlitzschraubendreher und der berühmte 4mm Innensechskant-Winkelschlüssel (vulgo: Inbus). Diesen bezeichnet IKEA in seiner Plakat-Werbung als "Schlüssel zum Erfolg". Alter Schwede, nee, heb wi lacht. Von einem Hammer steht da nix, Besitz und Benutzung eines solchen wird aber von führenden Pharaonen dringendst empfohlen.
Was den Winkelschlüssel angeht könnte man in Tränen ausbrechen, betrachtet man die Qualität des verwendeten Stahls. Feld, Wald und Wiese. Bestenfalls. Also wech mit dem labbrigen Dingens und auch zur Hölle mit IKEAs restlichen Empfehlungen.
Man braucht zum Beispiel den angegebenen Schlitzschraubendreher überhaupt nicht (damit sollen die Exenterbolzen gespannt werden, doch das geht ebenso gut mit dem mittleren Kreuzschlitz). Apropos. Zusätzlich zu diesem Standardwerkzeug empfehle ich die Verwendung eines Akkuschraubers mit Kreuzschlitz-Bit und einem 4 mm Sechskant-Bit wärmstens. Besonders wenn man - wie wir - viele Einzelkomponenten zusammen pröppeln muss, ist das eine echte Arbeitserleichterung.
Angeblich (laut Zeichnung) lassen sich die Befestigungen/Schwalbenschwanz-Führungen der Schränke mit der Hand eindrücken. Ätschibätsch - Pustekuchen! Nimmst du fett krasse Hammer, Lan! Manchmal hilft eben doch nur brutales Zack-auffe-Zwölf. Generell ist der Aufbau keine Alchemie und keine Hexerei, doch birgt sie einige Klippen. Zumindest bei unseren Seitenteilen waren fast sämtliche äußeren Befestigungsgewinde qualitativ nicht so doll.
Ohne die Power des Drill-O-Maten wären einige der Zylinderschrauben wohl gar nicht rein gegangen. Doch auch trotz regem Akkuschrauber-Einsatz hab ich mir 2 Blasen eingehandelt. Ohne Knochenschmalz geht's wirklich nicht. Komisch, die Inneren ließen sich mit der Hand easy fast bis Anschlag einschrauben. Doch Obacht! Zu fest angeknallt neigen die etwas schwach dimensionierten Schrauben zum Abreißen. Auch ein späteres Verschieben des Konstrukts sollte vorsichtig geschehen. Die auftretenden Scherkräfte haben den gleichen Effekt: Knick-Knack-Kaputt.
Steht die Einmeterzwanzich-mal-Zwometerfünnef-Grundkonstruktion samt Stützkreuz aber einmal, ist die erste Etappe geschafft. Glühstrumpf! An dieses Zentralelement in Stahlbauweise werden alle anderen Elemente angedockt - zumindest gilt das für die Version, die wir uns entschlossen aufzubauen. Hierbei steht zwischen den Tragpfeilern die TV-Bank auf der dann der - irgendwie logisch - Fernseher beheimatet sein wird. Unter den ersten Stahlboden werden noch flugs 2 Media-Racks geschraubt - hier residieren später DVD-Player, DVB-T Receiver und der Center-Speaker.
Dabei offenbart sich aber auch gleich eine erste Schwäche der Konstruktion: Mein AV-Receiver ist a) zu hoch (15,5 cm), Innenmaß Rack beträgt aber genau 15 cm. b) zu tief (38 cm), das Rack (wie das Regal insgesamt) hat aber nur eine Tiefe von 34 cm. Somit steht der AV-Receiver nun 4 cm über und das auf einem der Schränke. Ins Rack passt er ja leider nicht. Dumm gelaufen.
Schränke und Vitrine werden im Regal fertiggestellt und nicht etwa extern zusammengesetzt und dann erst eingehängt. Das funktioniert ganz gut und hat man einen Schrank einmal auf- bzw. EINgebaut und das Prinzip verstanden, sind alle anderen genauso fix zusammen gepuzzelt. Egal ob Vitrine, Schubladenschrank oder Schrank mit Klapptüren. Sie alle folgen dem gleichen System mit leichten Abweichungen. Am aufwändigsten ist der Schubladenschrank zu montieren, die anderen beiden Schrankvarianten tun sich nicht viel, wobei die Vitrine eben nur Glastüren mit etwas fummelig anzubringenden Scharnieren zu bieten hat.
Der Hochschrank folgt zwar im Grunde genau dem gleichen Schema, allerdings stößt man hier auf Schwierigkeiten - insbesondere was das Einsetzen seiner fast 2 Meter langen Rückwand angeht. Die Designer gehen irrigerweise davon aus, dass man ihn separat für sich allein montiert. Liegend. Das ist in der Theorie ja ganz nett gedacht, dürfte in der Praxis aber eher die Ausnahme sein.
Normal wird der Hochschrank (wie seine kleinen Kameraden auch) an das Zentralelement angedockt - sprich: Der ganze Klumpatsch steht bereits. Tätääää. Aber keine Sorge, mit einem Helfer, Geschick und Hirnschmalz kann, oder besser: MUSS, man von der Montage-Reihenfolge abweichen und die Rückwand VOR der zweiten Seitenwand einsetzen. Oder man baut den Hochschrank wirklich als erstes (dann, wie angegeben, zunächst liegend) auf und erst darauf das Zentralelement. Nur: das sollte man vorher wissen. Planung ist beim Journalist alles.
Fazit
Lange Rede, Kurzer Sinn: Hat man den zum Teil fummeligen Aufbau hinter sich gebracht, wird man für seine Mühen mit einem stabilen und hübsch anzusehenden, modernen Regalsystem belohnt. Ob man daraus nun eine Wohnwand mit Fernsehbank, ein reines Bücherregal, Side- oder Highboard bastelt, bleibt jedem selbst überlassen. Dank seiner modularen, durchdachten Struktur ist das Journalist für eine Menge Anwendungsfelder geeignet. Zudem hat man die Wahl zwischen mehreren Dekoren, Bauhöhen (und -breiten), sowie diversen Schrankvariationen. Somit ist die Zielgruppe breit gefächert. Die Verarbeitung ist nicht überragend, geht jedoch für den Preis noch in Ordnung.
So Long
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