Pro:
beeindruckende Bilder, interessante Art der Wissensvermittlung, interessantes Thema
Kontra:
Texte wirken stellenweise kitschig, Altersfreigabe zu niedrig
Empfehlung:
Ja
Im letzten Jahr hat ein französischer Dokumentarfilm bei uns in den Kinos Furore gemacht, ebenso wie vorher schon in den USA: "Die Reise der Pinguine", ein Film über das Brutverhalten der Kaiserpinguine.
In den USA hat der Film weit über eine Million Zuschauer in die Kinos gelockt (vermutlich sind es nach dieser Meldung sogar noch deutlich mehr geworden), was ausländischen Filmen dort nur selten gelingt, und Dokumentarfilmen erst recht nicht. Auch bei uns lagen die Besucherzahlen für einen Dokumentarfilm außergewöhnlich hoch. Da kenne ich leider keine Zahlen, aber jedenfalls so höher als so manche deutsche Kinospielfilmproduktion.
Dieses ungewöhnliche Phänomen reichte mir als Grund, dass ich den Film auch unbedingt ansehen musste. Und ich wurde nicht enttäuscht.
"Die Reise der Pinguine" erzählt aus Sicht eines weiblichen und eines männlichen Kaiserpinguins (in Form einer Sprecherin und eines Sprechers) die Geschichte, wie die Kaiserpinguine am Ende des antarktischen Sommers den Eisrand verlassen und weit ins Landesinnere wandern, wo sich die Paare für eine Brutsaison finden, das Weibchen ihr Ei legt, das das Männchen gleich darauf auf seine warmen Füße nimmt, wo er es ausbrütet, während sie zum Eisrand zurückkehrt, um im Meer wieder jagen zu können. Die kleinen Kaiserpinguine schlüpfen schließlich auf den Füßen ihrer Väter, brauchen aber weiterhin deren Wärme. Zu dieser Zeit kehren die Mütter vollgefressen zurück und übernehmen nun die nächste "Schicht" der Jungenaufzucht, während nun die Väter zum Fressen ins Meer zurückkehren dürfen. Das Jungtier (von einer Kinderstimme gesprochen) wird dicker, widerstandsfähiger und unabhängiger, braucht aber über eine längere Zeit die Eltern, die sich weiterhin mit der Aufzucht abwechseln. Auch die Gefahren für den jungen Pinguin und seine Eltern werden dargestellt. Der Film endet schließlich mit der Rückkehr der Eltern und der Jungtiere am Ende des Winters zum Meer.
Die Geschichte wird verdeutlicht durch einmalige Filmaufnahmen von einer Brutkolonie in der Antarktis, die mich absolut beeindruckt haben und die sicherlich niemand ernsthaft kritisieren möchte.
Sehr viel zwiespältiger stehe ich den Sprecherstimmen, ihren Monologen und Dialogen gegenüber. Stellenweise, das muss ich gestehen, haben die teilweise suggestiven Texte mich vollständig "eingefangen". Aber es gibt auch andere Stellen, wo die Texte bei mir nicht wirken, sondern mir arg dick aufgetragen, oft sogar kitschig vorkommen, und mich von den schönen Bildern eher ablenken, manchmal sogar verärgern.
Aber egal, wie die Sprecherstimmen gerade auf mich wirken, finde ich den Film doch ausgesprochen sehenswert. Vielleicht das Beste in diesem Genre, was ich jemals gesehen habe. Ich finde es grundsätzlich auch toll, dass man einen Dokumentarfilm mit dramaturgischen Mitteln des Spielfilms, aber durchweg dokumentarischen Aufnahmen realisiert hat, auch wenn wie gesagt die Texte stellenweise auf mich doch übertrieben vermenschlicht wirkten.
In Deutschland ist der Film ohne Altersbeschränkung freigegeben. Darüber hinaus ist er auch speziell für Kinder oder Familien in Kinos und Kinderkinos gelaufen, allerdings beispielsweise im Kinderkino im Filmhaus Stuttgart, wenn ich mich recht erinnere, mit einer Altersempfehlung ab 8 Jahren. Diese Einschätzung scheint mir realistischer als die völlige Freigabe, denn erstens wird der Film mit seinen beinahe anderthalb Stunden Länge und mehr Poesie als ständiger Handlung bzw. Story für kleinere Kinder irgendwann doch langweilig, und zweitens zeigt der Film auch die vielen Gefahren, denen erwachsene Pinguine, Eier und Jungtiere ausgesetzt sind. Da sind auch mehrfach Babys zu sehen, die gerade getötet werden oder bereits tot sind. Das dürfte doch für die meisten kleineren Kinder noch eine Überforderung sein, so schön der Film ansonsten auch für sie wäre.
Die DVD-Ausstattung:
Die DVD beginnt mit einem Anti-Raubkopierer-Spot. Danach kommen Trailer, nämlich zu "Goal - The Movie" und "Dreamer - Ein Traum wird wahr". Leider kann man die Trailer nicht unterbrechen, nur schnell vorlaufen lassen. Das empfinde ich als ziemlich lästig!
Die DVD hat bei mir eine unangenehme Eigenschaft: Wenn das Menü erscheint, dann dauert es manchmal (nicht immer) etliche Sekunden, bis es auch auf Eingaben mit der Fernbedienung reagiert (wenn es dann einmal reagiert, geht es ganz normal flott, es ist nur der Start, wo es hakt).
Der Film liegt auf der DVD in französischer Originalsprachfassung und in deutscher Synchronfassung vor, wahlweise können deutsche Untertitel eingeblendet werden.
Über das Sprachenmenü sind zudem zwei Features der DVD-Sonderausstattung zu erreichen, nämlich die "Isolierte Musik & Geräuschspur" und der Audiokommentar (Beschreibung siehe "Extras").
"Extras":
"Trailer": Der Originaltrailer zum Film. Er zeigt einige der schönsten Bilder aus dem Film und ist nur mit Musik unterlegt sowie mit einigen Texttafeln. Die Texttafeln bereiten ein wenig besser auf den Ton des Films (mit Text) vor. Wer sich dagegen besonders von den Bildern und der Musik einfangen lässt und die Texte für überkandidelt hält, der sollte den Film lieber nur mit Musik- und Geräuschspur anschauen!
"Audiokommentar von Regisseur Luc Jacquet":
Der Audiokommentar ist natürlich auf Französisch, verfügt aber über deutsche Untertitel.
Der Kommentar ist vor allem (film-)fachlicher Natur, was mich in diesem Fall ehrlich gesagt enttäuscht hat. Mich interessierte eigentlich weniger, was der Regisseur sich dabei gedacht hat und wie der Dreh ablief, als vielmehr noch mehr über die Hintergründe der Doku. Das bietet der Audiokommentar aber leider gar nicht.
Zudem dürften einige der Ausführungen sehr verwirrend für diejenigen sein, die keine Vorkenntnisse darüber haben, wie Dokumentarfilme konzipiert und gedreht werden, denn obwohl man Details dazu aus dem Kommentar erfahren kann, wird doch recht viel Wissen schon vorausgesetzt.
"Isolierte Musik & Geräuschspur":
Hier kann man den Film ohne Sprecher ansehen, was vielleicht denen gefällt, die vom Filmkommentar genervt sind, aber gerne die schönen Bilder sehen wollen. Leider fallen dann natürlich auch die inhaltlichen Informationen mit, die die Kommentarspur zumindest am Rande liefert.
"Die Produktion des Films":
Dieses Feature war für mich enttäuschend: Es ist nicht etwa ein Making Of, wie man meinen könnte, sondern nur eine Art Galerie mit Bildern vom Dreh, von denen einige mit kurzen (bis kürzesten) schriftlichen Hintergrundinfos zu den Machern und ihrer Arbeit versehen sind.
"Weitere Highlights":
Hier finden sich Trailer zu jeder Menge anderer Filme, nämlich:
"Deep Blue", "Nomaden der Lüfte", "Whale Rider", "Napoleon - Abenteuer auf vier Pfoten", "Das Sams", "Guess Who", "Rennschwein Rudi Rüssel", "Grüne Tomaten", "Mikrokosmos", "Vier Hochzeiten und ein Todesfall", "French Kiss" und "Evelyn".
Wer Filme sucht, die der "Reise der Pinguine" ähneln, sollte sich die ersten beiden Trailer anschauen, außerdem noch "Mikrokosmos". Der Rest sind Spielfilmtrailer, wobei immerhin "Whale Rider" noch eine ähnliche Zielgruppe wie "Die Reise der Pinguine" ansprechen dürfte.
Insgesamt sind die Extras eher enttäuschend. Bei einer DVD, die derzeit immer noch zwischen 15 und 20 Euro kostet, finde ich diese Ausstattung eigentlich nicht akzeptabel.
Wer mehr Extras möchte, als auf dieser Einzel-DVD enthalten sind, sollte lieber zur Special Edition auf 2 DVDs greifen, die auch nicht wesentlich mehr kostet (wenig über 20 Euro).
Fazit:
Die Dokumentation ist ausgesprochen sehenswert für alle, die Interesse an Tierdokus haben. Die DVD bietet zudem die Möglichkeit, den Kommentar abzustellen, wenn er nervt. Leider ist aber die Ausstattung der Einzel-DVD schlecht bei immer noch recht hohem Preis. weiterlesen schließen
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