Pro:
Hugh Grant, Kamera, Bildeffekte
Kontra:
Sozialkritische Zwischentöne, kein gängiges Erzählmuster
Empfehlung:
Nein
Seitdem der smarte Brite Hugh Grant in der Erfolgskomödie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ den unterkühlten Charmeur spielte, liegen ihm praktisch die weiblichen Film-Fans zu Füßen. Den Erfolg von Streifen wie „Notting Hill“, „Mickey blue eyes“ oder „Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück“ konnte noch nicht einmal die Schmach verhindern, als er Mitte der 90er ausgerechnet in den prüden USA mit offenem Hosenstall, in einer äußerst kompromittierenden Lage ertappt wurde.
Selbst die (nicht nur) von vielen Medien mächtig aufgeblasene Angelegenheit, schadete dem Ansehen des Schauspielers nicht im geringsten und auch seine damalige Dauerfreundin Elisabeth Hurley schien ihm diesen Ausrutscher zu vergeben.
Bei der gleichnamigen Verfilmung des Bestsellers von Nick Hornby (High Fidelity) gibt Grant diesem Klischee des frauenaufreißenden Tunichtguts, dem man so manches verzeiht und der den lieben Gott schon mal einen guten Mann sein lässt, kräftig Zucker.
Filmhandlung
Für den 38 Jährigen Will (Hugh Grant) hat sich die leidige Frage nach einem beruflichen Werdegang schon früh erledigt, seitdem die Tantiemen des „One Hit Wonders“ seines Vaters in schöner Regelmäßigkeit auf sein Konto wandern. Der Lebenskünstler widmet sich nur noch den wirklich wichtigen Dingen des Lebens: Welche CDs fehlen mir noch in meiner Sammlung, was gibt es heute im Fernsehen, welche interessanten Seiten im Internet gilt es zu durchstöbern, oder wie kriege ich die nächste Frauenbekanntschaft ins Bettchen.
Dazu ist nämlich dem smarten Will kein Trick und keine Lüge zu schade, doch wenn es ans Eingemachte geht und die Frauen versuchen sich an ihn zu klammern, macht er einen Rückzieher. Eines Tages macht Will die Bekanntschaft von Marcus (Nicholas Hoult) einem seltsamen Jungen, der mit seiner noch seltsameren Mutter (Toni Collette) die auch noch selbstmordgefährdet ist zusammenlebt. Der aufgeweckte Junge durchschaut den Hochstapler sofort und versucht Will mittels einer kleinen Erpressung vergeblich mit seiner Mutter zu verkuppeln.
Im Laufe der Zeit entwickelt sich aber zwischen Will und Marcus eine ungewöhnliche Freundschaft, die von Will dazu genutzt wird, noch effektiver mit den für ihn in Frage kommenden Damen ins Gespräch zu kommen. Er gibt Markus als Sohn aus und dieser spielt dieses Spiel mit, damit er der tristen Atmosphäre zu Hause mit seiner Mutter für eine Weile entfliehen kann. Auch erteilt Will seinem Ersatzsohn praktische Hilfe in allen Lebenslagen, zumindest so wie er sie versteht. Doch ein CD-Player und schicke Sportschuhe scheinen bei weitem nicht die Lösung zu sein, auf die der in der Schule allerlei Hänseleien ausgelieferte Junge wartet. Auch Marcus Mutter wehrt sich gegen den - in ihren Augen - verantwortungslosen Will. Denn sie spürt, dass ihr Sohn ihr immer mehr zu entgleiten droht.
Da macht Will die Bekanntschaft von der alleinerziehenden Rachel (Rachel Weisz) und verliebt sich sofort in sie. Um für seine Angebetete attraktiver zu wirken, gibt er Marcus nochmals als seinen Sohn aus. Doch schnell merkt Will, dass sein gedankenloses Handeln in der Vergangenheit ihn mit Siebenmeilenstiefeln einzuholen beginnt...
Kritik
Chris und Paul Weitz (American Pie) zeichnen sich als Initiatoren für diese Kino-Komödie verantwortlich. Doch anders als bei ihrem Teenie-Hit kamen die Brüder weitgehend ohne überzogene sexuelle Anspielungen, oder oberflächliche „Genital-Lacher“ aus. Sie versuchten der Romanvorlage weittestgehendst gerecht zu werden und sich hauptsächlich auf die Beziehung und Entwicklung zwischen den Hauptdarstellern Marcus und Will zu konzentrieren. Ein Fehler in meinen Augen. Denn so war für mich nach zirka einer recht amüsanten Viertelstunde erst mal Schluss mit lustig.
Anstatt langsam in gewohnter Weise auf eine Liebesromanze hinzuarbeiten, versucht der Streifen einfach zu sehr die Probleme der Protagonisten all zu deutlich in den Vordergrund zu stellen, sodass die ohne Frage witzigen Abschnitte die der Film auch hat, einfach nicht immer richtig rüberkommen.
Die guten Ansätze des Streifens - die skurrilen Begebenheiten und situationskomischen Momente, die vor allem ziemlich gut von Grant vermittelt werden und einen als Zuschauer in eine ausgelassene Stimmung versetzen, werden durch ein unnötiges tiefschürfendes Nachforschen nach einer gewissen Moral oftmals zu Nichte gemacht.
An der technischen Seite des Films gibt es so gut wie nichts zu bemängeln. Die Regisseure inszenieren weitgehend flott und die Bilder werden durch Spielereien wie „Wischeffekte“ in dem eine Szene die Nachfolgende sozusagen aus dem Bild schiebt, oder ein forcieren der Filmgeschwindigkeit, wie es etwa in modernen Musikvideos angewandt wird, sehr schön publikumswirksam aufgepeppt. Zwar gerade noch an der Grenze zur Übertreibung, aber fürs Auge sicher ein Leckerbissen.
Wie schon angedeutet spielt Hugh Grant den Schwerenöter sehr überzeugend, und es war wohl auch nicht gerade von Nachteil, dass gewisse Parallelen zu seinem eigenen Leben nicht von der Hand zu weisen sind. So rettet meiner Meinung nach „der Schönling vom Dienst“ diese nicht ganz stimmige Komödie, vor einem noch weiteren Absacken in die Mittelmäßigkeit.
DVD
Der Silberling von Universal leistet sich im Bereich von Bild und Ton keine größeren Schwächen. Ein klasse Bild, dass durch seine kontrastreichen farbenfrohen Aufnahmen überzeugt ist eine Augenweide und der Ton – obwohl Genre bedingt nicht all zu gefordert, kommt dennoch astrein über die Lautsprecher.
Beim Zusatzmaterial sieht es da schon etwas ernüchternder aus. Nur der Audiokommentar des Regie-Duos, konnte mich annähernd überzeugen. Alle anderen Features fanden bei mir weniger Anklang. Wobei ich mich vor allem das 20 Minütige MTV-Interview von Badly Drawn Boy beziehe. Der Musiker der sich für den Soundtrack verantwortlich zeigte wird hier in der typischen MTV-Art vorgestellt, doch das Ganze will aber einfach nicht so richtig zum Film auf der Scheibe passen. Das viel zu knappe Making of (ca.11 Minuten) in dem unterschiedliche Filmemacher des Streifens noch kurz zu Wort kommen, rettet da auch nicht mehr sehr viel.
Die Extras im Einzelnen
Audiokommentar:
Der Kommentar von Paul und Chris Weitz lässt noch einmal in unterhaltender Art den Film Revue passieren. Nicht all zu tiefgründig, aber immerhin verschiedene Aspekte des Filmemachens ansprechend, geben sie einen kurzweiligen Überblick über die
damaligen Dreharbeiten.
Making of:
Eigentlich ein guter Ansatz um die Beteiligten des Films zu Wort kommen zu lassen, nur leider viel zu kurz ist dieser Menüpunkt dann
geraten.
Interview mit Badly Drawn Boy:
Wie schon angedeutet war dieses MTV-Gezappel für mich ein Dorn im Auge, vielleicht haben einige Fans des Musikers ihre Freude an dieser Vorstellung, für mich war das Zuschauen fast schon eine richtiggehende Qual.
Des weiteren sind die weniger Interessanten Punkte Trailershow, Informationen zu Cast und Crew, und noch ein DVD-ROM Teil anzuwählen.
Alle Zusatzmaterialien sind optional mit deutschen Untertiteln erhältlich.
Fazit
Die technische Seite der DVD ist einigermaßen überzeugend, Bild und Ton sind für eine aktuelle Produktion ausreichend bis gut. Die Extras haben aber bis auf den guten Audiokommentar der Regisseure, den Namen kaum verdient.
Was in einer Buchvorlage funktioniert, muss noch lange nicht bei einer Film-Umsetzung der Weisheit letzter Schluss sein. Dies ist jedenfalls meine zusammenfassende Meinung diese Film-Komödie betreffend, auch wenn es einige Leute wohl doch anders gesehen haben. Denn die Mehrzahl der Kritiken hatte diesen Streifen wohl deutlich positiver gesehen als ich, dies kann ich aber ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen.
Mir jedenfalls haben die sozialkritischen Zwischentöne des Films, den Spaß beim Anschauen allerdings ein wenig vergällt und ums Mal vorsichtig auszudrücken. Diese Mutter-Sohn Kombination die noch aus der Hippiezeit übrig geblieben schien, hielt ich in dieser Form für weniger gelungen.
Wie ich finde hätten sich die Filmemacher für eine viel klarere Linie entscheiden müssen. Für eine Komödie oder für einen Problem-Film. Beides zusammen hinterlässt bei mir nämlich keinen sehr guten Eindruck.
(c) winterspiegel für Ciao & Yopi weiterlesen schließen
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