Pro:
vielfältige taktische Möglichkeiten, immer wieder anderer Spielverlauf, tolles Spielmaterial
Kontra:
allenfalls die relativ lange Spieldauer
Empfehlung:
Ja
Hallo Zielgruppe!
Bei “Die Säulen der Erde” werden die allermeisten von Euch wahrscheinlich erst einmal den gleichnamigen Bestseller von Ken Follet denken und bestimmt haben etliche von Euch das Buch möglicherweise auch gelesen oder zumindest die Fernseh-Verfilmung gesehen. Leider gehöre ich nicht dazu. Nur die allerwenigsten von Euch werden womöglich das Brettspiel kennen, das vom gleichnamigen Bestseller inspiriert wurde. Eigentlich schade, denn man muss das Buch nicht kennen, um sich möglicherweise für das Spiel begeistern zu können. Was ich von dem Spiel halte, dazu mehr in diesem Bericht
### DAS SPIELZIEL ###
Es geht darum, dass sich die teilnehmenden SpielerInnen in der Rolle von erfahrenen Baumeistern versuchen, um sich am Bau der schönsten Kathedrale Englands im 12. Jahrhundert zu beteiligen. Die SpielerInnen versuchen im Spielablauf, neue und vor allem aber von Runde zu Runde immer fähigere Handwerker für sich zu gewinnen, sich Baustoffe zu verschaffen, einflussreiche Persönlichkeiten für sich einzuspannen und schlussendlich natürlich möglichst viele Siegpunkte zu sammeln, denn – wie sollte es anders sein - der Spieler bzw. die Spielerin, der bzw. die zum Schluss die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt selbstredend das Spiel.
### DER SPIELABLAUF ###
Der Ablauf des Spiels ist in insgesamt 6 Spielrunden untergliedert. Jedes Mal, wenn eine Spielrunde beendet ist, wird ein Bauteil der Kathedrale auf dem Spielplan errichtet. Zum Schluss ist die Kathedrale mit ihren sechs Bauteilen dann vollständig. Das Spiel beginnt, wenn die umfangreichen Spielvorbereitungen abgeschlossen sind. Auf die Einzelheiten dabei möchte ich an dieser Stelle aber nicht eingehen, da das den Umfang dieses Berichts ein wenig zu sehr ausdehnen würde. Im wesentlichen geht es darum, dass jede(r) MitspielerIn seinen Grundstock an Arbeiter-Figuren, Handwerkern und Goldstücken bekommt, die Spielkarten gemischt werden und auf dem Spielplan alles an seine vorgesehene Postion gelegt wird. Jede der 6 Spielrunden ist in jeweils 3 Phasen unterteilt, die es dann Schritt für Schritt abzuhaken gilt.
Phase 1: Baustoffkarten und Handwerker auswählen
In dieser Phase haben die Spieler mehrere Optionen: Sie können mit Einsatz ihrer Arbeiter-Figuren abwechselnd versuchen, entweder neue Handwerker für sich zu gewinnen oder Baustoffkarten zu nehmen. Die Handwerker gibt es nicht für lau, sondern kosten Goldstücke. Diese hat man aber nicht als Münzen vor sich liegen, sondern werden mit einem Markierungsstein auf einer Goldskala auf dem Spielplan angezeigt, so dass alle MitspielerInnen genau sehen können, wer über wie viele finanzielle Mittel verfügt. Dabei ist zu beachten, dass keiner über mehr als 30 Goldstücke verfügen kann, denn mehr sind auf dieser Skala nicht vorgesehen. Für die Baustoffkarten benötigt man besagte Arbeiter-Figuren, mit deren Hilfe man später die Baustoffe wie Holz, Sand oder Steine heranschaffen kann.
Phase 2: Baumeister einsetzen
Von jeder Spielerfarbe gibt es 3 Baumeisterfiguren, die während dieser Phase nach dem Zufallsprinzip aus einem dunklen Stoffsäckchen gezogen werden. Der betreffende Spieler bekommt dann die Möglichkeit, den gezogenen Baumeister auf dem Spielplan für eine Aktion einzusetzen. Dies geht aber nicht einfach so, sondern ist mit Kosten verbunden, die im Verlaufe dieser Phase günstiger werden. Die Kehrseite davon ist dann aber, dass die Auswahl an Einsatzmöglichkeiten zunehmend geringer wird, weil die Felder dann ja schon von anderen Spielern besetzt sein können. Man muss also abwägen, ob man lieber mit etwas höherem Kostenaufwand vorgeht, um so mit Sicherheit an die Felder zu kommen, die man gerne nutzen möchte, oder aber ob man die Kosten so niedrig wie möglich hält, dafür dann allerdings im Gegenzug riskiert, nicht die Aktion ausführen zu können, die man am liebsten für sich in Anspruch nehmen möchte.
Wenn der eigene Baumeister relativ früh gezogen wird, hat man sogar die Möglichkeit, zu passen, ihn in das Säckchen zurück zu legen und ihn an späterer Stelle einzusetzen, weil das kostengünstiger ist bzw. man einfach nicht über die nötigen finanziellen Ressourcen verfügt. Die Baumeister setzt man auf Felder des Spielplans, die dann in der dritten Phase nacheinander abgearbeitet werden. Man kann aber auch schon die Figur zum Beispiel beim Bischofssitz einsetzen, um vor möglichen negativen Ereignissen geschützt zu sein, oder man setzt ihn bei der Priorei ein, um zusätzliche Siegpunkte zu erlangen, oder man setzt ihn bei der Burg von Shiring ein, um in der nächsten Runde 2 zusätzliche Arbeiter zu bekommen (die in neutraler, grauer Farbe gehalten sind) u.v.m.
Phase 3: Spielplan-Aktionen ausführen
Das ist vom Prinzip her die einfachste Phase, denn hier werden nun die Schritte 1 - 14 des Spielplans einzeln nacheinander abgearbeitet. Praktischerweise sind diese Stationen der Einfachheit halber sehr übersichtlich im Uhrzeigersinn auf dem Spielplan angeordnet, so dass sich diese Phase, obwohl sie sich relativ umfangreich gestaltet, nach einer kurzen Einspielzeit schnell routiniert abspulen lässt. Überraschenderweise kommt dabei aber zum Glück keine Langeweile auf, denn nun kann ja jeder die Aktionen durchführen, auf die er bzw. sie hingearbeitet hat.
In der Phase 3 gibt es aber auch noch eine Besonderheit: Gleich zu Beginn tritt ein Ereignis ein, welches positiv oder auch negativ behaftet sein kann. An dieser Stelle kommt nun besagter Bischofssitz zum Tragen, denn wenn man seinen Baumeister hier eingesetzt hat, bleibt man von einem eventuellen negativen Ereignis verschont. Es kann aber auch durchaus mal ein positives Ereignis eintreten, in diesem Fall ist der Bischofssitz ohne Belang, denn positive Ereignisse treten für alle ein und vor ihnen kann sich niemand „schützen“!
Ansonsten werden in dieser Phase größtenteils die Aktionen durchgeführt, die mit den Baumeister-Figuren der zweiten Phase ausgewählt wurden. So kann man z.B. beim Kingsbridge Baustoffmarkt (nicht zu verwechseln mit der englischen Baumarktkette Kingfisher) eine Figur einsetzen, um nun in dieser Phase zusätzliche Baustoffe zu kaufen oder überschüssige zu verkaufen. In dieser Phase werden außerdem Steuerabgaben an den König fällig. Diese können sich aber auch vermeiden lassen, indem man einen seiner Baumeister am Königshof platziert.
Das kann mitunter sogar recht lukrativ sein, denn der Spieler, der seinen Baumeister zuerst auf den Königshof gestellt hat, erhält als Bonus noch den ziemlich wertvollen Baustoff Metall, den man sonst nicht so ohne weiteres bekommen kann und der für den Einsatz einiger Handwerker von Bedeutung ist. Wenn sich diese Phase dem Ende zuneigt, hat man nun die Möglichkeit, mit dem Einsatz der vorhandenen bzw. hinzu gewonnenen Handwerker und dem ergatterten Baumaterial am Bau der Kathedrale mitzuwirken, was nichts anderes bedeutet, als Siegpunkte zu sammeln, worauf ja nun mal das Hauptaugenmerk dieses Spiels gerichtet ist ;-)))
### MEINE MEINUNG ###
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass einem in den 3 genannten Phasen zahlreiche Möglichkeiten offenstehen und man vielerlei Entscheidungen mit den unterschiedlichsten Auswirkungen treffen kann. Zu Beginn fühlt man sich meist ein wenig überfordert, denn man ist sich nie so richtig sicher, was man nun am Besten machen sollte. Es ist wie so oft bei Worker-Placement-Spielen, dass man eigentlich viel zu wenig Figuren für zu viele mögliche Aktionen hat, die man gerne durchführen möchte. Doch spätestens bei einer der nächsten Partien lernt man, mit dieser Herausforderung umzugehen und schnell kommt das Gefühl auf, dass man bei “Die Säulen der Erde” nicht nur die stimmige Atmosphäre, sondern auch das Spiel als solches hervorragend findet und danach hat man einfach nur noch Spaß daran.
Die Spielanleitung umfasst 8 Seiten, die in ihrer Größe der Packung entsprechen. Der Umfang könnte auf den einen oder anderen Spieler anfänglich womöglich ein wenig abschreckend wirken, doch der Aufwand beim ersten Spiel lohnt sich absolut. Obwohl man es zu Beginn eigentlich gar nicht erwartet, ist der tatsächliche Ablauf des Spiels entgegen der ersten Vermutung relativ eingängig. Auch, wenn dieses Spiel zu einem späteren Zeitpunkt mal an neue Spieler weiter erklärt wird, ist das dann in aller Regel ziemlich unproblematisch, denn im Grunde genommen handelt es sich hierbei um ein ganz klassisches Worker-Placement-Spiel und wenn man sich mit diesem Grundprizip auskennt, fällt das Spiel-Verständnis um so leichter. Nur wenn man sich die Regeln das allererste Mal durchliest, gestaltet sich der Einstieg vielleicht ein wenig mühsam. Aber durch die eingängige Grafik wird alles auch sehr gut verständlich gemacht, insofern lohnt sich der Aufwand definitiv!
Der Spielmechanismus ist recht ausgewogen und durchdacht. Man kann bei jedem neuen Durchgang eine neue Strategie ausprobieren, da es bei diesem Spiel vielfältige Möglichkeiten gibt, um zum Erfolg zu gelangen. Wir haben in unseren Spiele-Runden die Erfahrung gemacht, dass eine Taktik, die bei einem Spiel erfolgreich war, beim nächsten Mal floppen kann und umgekehrt. So bleibt es auch nach etlichen Runden immer wieder spannend und es wird so schnell nicht langweilig; zumindest kann ich das für unsere bisherigen Spiele-Runden so behaupten. Überraschend ist die Tatsache, dass das Spiel sogar noch zu zweit sehr gut funktioniert und sehr viel Spaß macht, denn häufig wirkt 2er-Besetzung bei solchen Spielen ein wenig aufgesetzt oder langweilig, weil viele taktische Elemente oder bestimmte Winkelzüge nicht in vollem Umfang zum Tragen kommen. In diesem Fall läuft es aber erstaunlicherweise auch zu zweit sehr flüssig.
Die Spieldauer wird natürlich beim ersten Spiel eher Richtung vier Stunden gehen (wenn nicht sogar mehr – je nachdem, wieviele MitspielerInnen beteiligt sind), doch später kann es sich auch schon mal eher bei etwas mehr als drei Stunden einpendeln. Am liebsten würde ich an dieser Stelle noch unglaublich viele Dinge zu diesem Spiel schreiben, doch das ist eigentlich gar nicht nötig. Meine Empfehlung lautet hier ganz klar: Am besten selber einfach ausprobieren und sich nicht von den anfangs umfangreich und kompliziert erscheinenden Regeln abschrecken lassen. Im Endeffekt spielt es sich im Nachhinein wesentlich einfacher als man es ursprünglich erwartet.
### DAS SPIELMATERIAL ###
In der altbekannten, quadratischen Kosmos-Box ist folgendes Material enthalten:
- Spielplan
- 12 Baumeister-Figuren
- 4 große und 28 kleine Arbeiter-Figuren
- 4 graue und 1 schwarzer Arbeiter
- 82 Baustoffe, 8 Holzscheiben, Kostenstein
- 36 Handwerker-, 9 Baustoff- und 16 Vorteilskarten
- 10 Ereigniskarten
- 4 Übersichtskarten
- 1 Steuerwürfel
- 6 Kathedrale-Bauteile
- Spielanleitung
- Stoffsäckchen
Das Material ist wirklich sehr umfangreich ausgefallen, vor allem aber auch wunderschön. Die Grafik des Spielplans ist sehr stimmungsvoll, die Karten sind hübsch, die Figuren und Baustoff-Würfelchen sind aus Holz. Auch die großen Kathedrale-Bauteile sind aus Holz. Allein schon für dieses schöne Material kann ich in dieser Wertungskategorie schon mal die volle Punktzahl vergeben.
Erschienen ist das Ganze beim Kosmos-Verlag, Autoren des Spiels sind Michael Rieneck und Stefan Stadler. Kostenpunkt im einschlägigen Fachhandel meist so um die 25,- bis 30,-€. Wenn man Glück hat, bekommt man zu dem Preis die Erweiterung für 5-6 Personen gleich mit dabei. Sonst werden dafür meist so um die 10,-€ extra abverlangt. Empfohlenes Alter für MitspielerInnen ist ab 12 Jahren. Jüngere MitspielerInnen wären angesichts der vielfältigen taktischen Möglichkeiten wahrscheinlich auch leicht überfordert.
### FAZIT ###
Ich kann für dieses Spiel eine absolute Kaufempfehlung geben. Aufgrund der langen Spieldauer ist es zwar nichts für mal eben zwischendurch, aber dafür ist die Spieltiefe sehr hoch. Aufgrund des ausgewogenen und durchdachten Spielmechanismus wird das Spiel auch so schnell nicht langweilig, zumal auch die Taktik-Möglichkeiten sehr variabel sind. Dafür gibt es von mir 5 von 5 Bauarbeiter-Helmen! weiterlesen schließen
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