Pro:
Bislang bombensicher
Kontra:
Default-Einstellung zu lax
Empfehlung:
Ja
Nicht nur diesseits des Bildschirms wird Fett angesetzt, auch Programme können beizeiten adipös werden. Der Ruf immer mehr bequemer Bunti-Klicki-User nach immer mehr Features hat schon so manches Stück Software unnötig aufgebläht und mit Rotz überfrachtet, den entweder keiner wirklich braucht oder welcher dermaßen ungebührlich viel Ressourcen frisst, sodass ein eigentlich nützliches Tool - wie es beispielsweise Norton System Works früher einmal war - plötzlich zu einer Gefahr für die Systemintegrität wird und den Kasten ausbremst, weil es sich buchstäblich überall reinschmiert. Nun es gab und gibt es freilich gute Alternativen.
Vorgeplänkel
Seit 2005 war die G DATA Internet Security Suite auf dem Tempelrechner für die Sicherheit zuständig. Erst kostenpflichtig, danach dank des Arbeitgebers der Göttergattin für lau. Allerdings war das Update-Prozedere recht umständlich und erforderte jedes Mal einen Start der AOL-Software. Das wäre sicherlich zu verschmerzen gewesen, auch wenn es Merkwürdens persönliche, vollkommen unerhebliche Meinung ist, dass AOL der kommerziell wohl erfolgreichste Virus überhaupt ist, der je auf die Menschheit losgelassen wurde. Das darf ich allerdings nicht laut gegenüber der Regierungschefin sagen, sonst gibt's wieder 'n paar im Nacken.
Nach dem Aufkauf durch Alice/Hansenet sind die Virenupdates zwar weiterhin kostenlos, doch G DATA wird offiziell nicht mehr supportet. Hansenet bietet stattdessen McAffee als optionales Sicherheitspaket an. Irgendwie hakt seither die Update-Funktion für das G DATA via AOL und fast schon regelmäßige Verbindungsabbrüche zum Server strapazieren die Geduld. Ob Absicht dahinter steckt oder nicht, ist gleichgültig - den kompletten McAffee Kladderadatsch würden wir auch kostenlos bekommen. Nur: ich will den fetten Trümmer nicht. Mir war das G DATA Paket mittlerweile schon zu lahm, sperrig und auch zu zickig geworden. Was aber immer zufrieden stellte, war aber dessen Herzstück: Die KAV-Engine.
Die Russen sind da!
Damit haben wir auch endlich den Bogen geschlagen. Eben jenes KAV ist nämlich nichts anderes als das Kürzel für "Kaspersky Anti-Virus". Natascha Kaspersky hat sich mit dem von ihr entwickelten Virensuchprogramm einen so guten Namen gemacht, dass es für die diplomierte, Moskauer Physikerin und Mathematikern irgendwann Zeit wurde sich auf eigene Beine zu stellen und den Schatten von G DATA zu verlassen. Mittlerweile haben die Kaspersky Labs ihren Firmensitz in England und vertreiben ihre Virenschutz- bzw. Firewall-Lösung als Einzelanwendungen oder gleich als komplette Suite namens Kaspersky Internet Security (kurz KIS) derzeit als Version 7.0 in mehreren Sprachen. Wahlweise auf CD oder als Download.
Zu kaufen gibt es das Paket entweder als Einzel-, Zweier-, oder Dreier-Lizenz im gut sortierten Fach- sowie Onlinehandel zu Preisen zwischen etwa 30 und 70 Euro für ein Jahr. Das hängt stark vom Anbieter und der gewünschten Linzenzart ab. Wer den Zwischenhandel umgehen möchte, kann direkt auf der deutschen Website der Kaspersky Labs einkaufen und sich die komplette Software (inkl. Handbuch im PDF-Format) ggf. gleich runter laden. Das ist nicht zwingend günstiger, als im Fachhandel. So kostet dort die Zweier-Lizenz, wie wir sie benötigen, da die KIS auf Desktop und Notebook eingesetzt werden soll, knapp 50 Euro - manch Discounter verlangt rund 40 dafür. Auf eine CD muss man bei Direktbestellung nicht verzichten, man kann eine personalisierte Recovery-CD ordern, die aber extra berechnet wird.
Das nur etwa 29 MB große Daten-Paket ist auch als eine für einen Monat voll funktionstüchtige Trial-Version lauffähig, danach wird das KIS dann kostenpflichtig und muss registriert werden. Wofür auch immer man sich entscheidet, die Installation ist weitgehend identisch zwischen Download und CD-Variante. Nur, dass man bei Onlinebestellung den obligatorischen Aktivierungsschlüssel via Mail bekommt. Vor der Installation sollten andere Anti-Virenprogramme und Firewalls tunlichst deinstalliert werden (bzw. die bordeigene von Windows abgeschaltet). Anti-Virenprogramme neigen untereinander zu einer gewissen Stutenbissigkeit. Der Assistent überprüft das System aber vorher auch noch einmal und mault, falls ihm etwas nicht passt. Ansonsten läuft die Installation so ab, wie Installationen nun mal ablaufen: weitgehend automatisch.
Eine Internetverbindung ist bereits während der Installation notwendig, der Wizard gleicht nach Eingabe des Aktivierungsschlüssels die persönlichen Daten des Lizenznehmers mit dem Kaspersky-Server ab und erteilt - sofern er diesen als korrekt erkennt - dem Betrieb des Programms seinen Segen. Ein weiterer Schlüssel wird generiert und ist zukünftig unter dem Punkt "Aktivierung" einzusehen. Das ist insofern wichtig für Mehrplatzversionen, wie die unsere, denn dieser Schlüssel wird auch für alle weitere Installationen auf anderen Rechnern verwendet. Er ist an den Lizenznehmer gebunden. Es ist empfehlenswert entweder die *.key-Datei aus dem Kaspersky-Stammverzeichnis an einen sicheren Ort zu kopieren oder sich später eine Recovery-CD vom Programm erstellen zu lassen. So gibt es keine Scherereien mit dem Support, wenn der Rechner mal crasht und der Schlüssel verloren geht.
Deutsches Welle Russland - In Farbe... und BUNT!
Man spricht natürlich ungebrochenes Deutsch im Kasperskyle-Theater. Nach dem ersten Programmstart macht die Kopfzeile des Hauptfensters aber erstmal einen auf Roter Platz. Mit dieser Farbe signalisiert das KIS, dass etwas nicht stimmt. Keine Panik. Ist doch die Datenbank noch so leer wie eine von der Russen-Mafia gestrippte Edelkarosse. Zeit ein kräftiges "Völker hört die Signale" zu intonieren und darauf zu warten, dass sich der sibirische Türsteher neue Instruktionen aus Moskau holt. Das geschieht dank etlicher Spionagesatelliten innerhalb weniger Minuten. Zudem hat der elektronische KGB die Zimmer auf der Festplatte noch nicht auf Wanzen untersucht und wittert darob gar üblen Landesverrat. Zuerst ist nach der Staatsindoktrination aber das Wodka-Glas beiseite zu stellen und der Kolchosen-Rechner neu zu starten. Spassiba!
Siehe da. Die Kopfzeile zeigt nun das gesunde Gelb der Gesichter von glücklichen und verbündeten Nachbarn aus der Volksrepublik China. Schon besser, doch der KGB pocht immer noch darauf den Computer initial auf links zu krempeln. Spione sind schließlich überall - sicher ist sicher. Während der Schnüffeldienst seinem Job gründlich - aber flott - nachkommt und jedes Datenbit fünfmal rumdreht, bedroht und einschüchtert, ist erste Gelegenheit sich vorsichtig ein wenig umzusehen. Auf der rechten Seite befinden sich diverse Kategorien, in denen man an den Innereien des kaspischen Bluthundes herumwühlen kann. Kann. Nicht Muss. Die moderate Grundeinstellung ist bereits recht bomben- und was noch viel wichtiger ist: idiotensicher. Der gute und obrigkeitshörige Staatsbürger braucht nicht viel mehr als das. Falls doch lassen sich die groben Einstellungen von Anti-Spam, Anti-Virus, Popup- sowie Banner-Blocker, und Firewall per verständlich markierten Schiebereglern anpassen.
Während die Polizeitruppe noch lautstark marodierend über die Festplatten tobt - und dabei immer wieder dienstbeflissen Rapport über geschätzte Restdauer und diverse Ereignisse erstattet - kommt die Probe aufs Exempel, wie es mit der Zensur von Post aus dem Westen aussieht. Als Thunderbird die Verbindung zu den diversen Mailservern aufbaut, drängelt sich ein naseweises Fenster dazwischen und präsentiert zunächst nur die Kopfzeilen aller Mails. Jetzt soll man entscheiden, welche davon vom Server geholt werden dürfen und welche nicht. Damit lernt das Programm schon gleich einige Filterregeln. Da Thunderbird aber bereits selbst über einen von uns über Jahre sehr gut trainierten SPAM-Algorithmus verfügt, ist dieser neue dienstbare Geist zunächst einmal überflüssig. Er wird kurzerhand per Checkbox ohne Komplikationen deaktiviert. Der voreingestellte Virenscan von Mails (SMTP, POP3, IMAP) bleibt von dieser Einstellung übrigens unbeeinflusst.
Mittlerweile hat das Sicherheitskomitee alle Bytes von Murmansk bis zum Hindukusch drangsaliert und auf Parteilinie gebracht. Zwischenzeitlich vermeldet der breitschultrige Wächter, dass er einem imperialistischen Backdoor-Angriff ein entschiedenes "Njet, Towarisch!" entgegen geschleudert hat. Der Oberste Sowjet scheint's zufrieden mit der Arbeit des Kollektivs und vermeldet in großen Prawda-Lettern: "Ihr Computer ist sicher". Gleichzeitig wechselt das Fenster auf ein beruhigendes Grün, welches wohlig an die Signalleuchtenfarbe abschussbereiter, nuklearbestückter SS-20 Raketensilos erinnert. Für die 2 Festplatten mit insgesamt 200 GB Kapazität, sowie dem Hauptspeicher, hat das Durchsuchungskommando etwa 85 Minuten gebraucht und die eigene Vorausberechnung damit um rund 15 Minuten überschritten. Die alten 5-Jahres-Pläne waren da wesentlich ungenauer.
Geheimdiensttätigkeit
Während bzw. nach der Erstinstallation macht das KIS noch Wind, ansonsten agiert es - wie es sich für einen Profi-Schnüffler gehört - eher im Verborgenen. Heimlich, still und leise lauert die Software im Speicher, um beim kleinsten verdächtigen Zucken einer Datei ein Auge drauf zu werfen und bei Bedarf mit den Gummiknüppel zu zücken. Dabei belastet seine permanente Arbeit die Ressourcen nicht über Gebühr, gleiches gilt auch für die Firewall. Unauffällig hat sie ein elektronisches Ohr am Datenstrom und riegelt die Kiste ab wie einen russischen Atombunker, falls ihr da (meist) aus dem pösen Internet etwas quer kommt. Alle Programmteile lassen sich selbstredend modifizieren, wobei die groben Stufen oft ausreichen, die Feinheiten kann man als versierter Netzwerker via erweiterter Einstellungen auch noch etwas feintunen.
Bemerkenswert ist, dass die Grundeinstellung nur auf "minimale Sicherheit" eingestellt ist, mittlere bis hohe wäre aber grade für allzu sorglose User wesentlich praxisnäher. Dann fragt die Firewall nämlich für jedes Programm nach, ob es darf, was es da grade vor hat. Der unbedarfte Nutzer staunt, wer da alles plappert. Schlimm sind generell die Microsoftprogramme, doch auch REAL®-Player und Acrobat®-Reader gehören zu den Labertaschen und wollen ständig mit ihren Herrchen in Kontakt bleiben - natürlich nur zum Wohle des Anwenders, damit dieser immer die aktuellste Version zur Verfügung hat. Dass dabei zum Teil auch Nutzungsdaten, sog. MRU-Lists (von: Most Recently Used) wie z.B. mit dem Windows Media Player abgespielte Musik-Tracks u.a. versandt werden, verstecken die Firmen ganz gern ganz hinten im Kleingedruckten der Lizenzbestimmungen.
Dem kann und sollte man einen Riegel vorschieben, sofern man nicht als vollkommen gläserner User nackich inne Erbsen dastehen will. Das KIS ist mit seiner Stealth-Technologie hier ein probates Mittel und natürlich wirkt der feurige Schutzwall in erster Linie gegen den täglichen Netz-Wahnsinn: Hacker-Angriffe in allen möglichen Spielarten. Vom gemeinen Trojaner bis zum Phishing ist die Bandbreite bekanntlich groß. Sollte wieder Erwarten doch etwas durchsickern steht die permanent mitlaufende Viren-Heuristik als nächstes Layer auch schon Gewehr bei Fuß, eventuelle Eindringlinge unschädlich zu machen, bevor sie Schaden anrichten können. Einen kompletten Virenscan empfiehlt Kaspersky mindestens wöchentlich durchzuziehen. Es lässt sich per Scheduler simpel einstellen, wann's denn genehm ist. KIS checkt per Default stündlich automatisch auf aktuelle Updates der Engines und frische Signaturen - sofern Netzverbindung besteht und der User dies erlaubt hat.
Fazitowitsch
Einst ein Underdog und eher unbemerkt unter der Haube von G DATA werkelnd, kann Kaspersky Labs beinahe auf Anhieb diverse Testsiege einheimsen und sich somit in der Liga der renommierten Sicherheitsprogramme etablieren. Zurecht. Hohe Sicherheit mit geringem Ressourcenhunger findet man heute leider nur noch selten. Bis auf die, meiner Meinung nach, zu lasche Grundeinstellung der Firewall-Sicherheitssstufe, uneingeschränkt empfehlenswert. Dabei bietet das KIS 7.0 dem nicht so versierten Anwender eine hilfreiche Hand und gestattet dem Könner - bei aller Einfachheit - komplexe Filterregeln und Einstellungen selbst vorzunehmen. Der Preis hierfür fällt fair aus, doch lohnt ein Vergleich diverser Anbieter, der schnell bis zu 20 Euro/Jahr einsparen kann.
So Long
Genosse Pharao
*) Na Sdarowje (Mein Dank ans gemeine Wesen), Nastrowje oder - je nach Schreibweise - auch Nastarovje: Hier zumeist bekannt als russisches Pendant zu "Prost!", heißt aber wörtlich "Gesundheit". Ein Wunsch dem sich jeder Computerbenutzer was Virenbefall angeht sicher gerne anschließt. weiterlesen schließen
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