Pro:
ungewöhnliche Geschichte, gute DarstellerInnen
Kontra:
man muss bereit sein, sich auf den Film einzulassen
Empfehlung:
Ja
Hallo Zielgruppe!
Mit der Reihe „Biss zum ...“ hat die Schriftstellerin Stephenie Meyer eine erfolgreiche Renaissance der Vampir-Romane in die Wege geleitet bzw. den Vampir-Roman wieder massentauglich gemacht (ich weiß von mindestens 3 Arbeitskolleginnen, die sich gerade mit der Lektüre von „Biss zum Morgengrauen“ ihre Freizeit vergnüglicher gestalten). Daher gelangt jetzt – rechtzeitig zur kalten und dunklen Jahreszeit – die Verfilmung dieses Romans in unseren Kinos. Von einigen hartgesottenen Fans des Vampir-Genres werden die Stephenie Meyer Romane aber eher als buchstäblich blutarme Leichtkost belächelt. Und für genau die Leute kommt jetzt auch ein passender Film in die Kinos. Mehr dazu in diesem Bericht.
### INHALT ###
~~~ zur Abwechslung heute mal die „Biss zum Aperitif“ - Kurzversion ~~~
Der 12-jährige Oskar ist an seiner Schule Einzelgänger, der von seinen stärkeren Klassenkameraden ständig schikaniert und drangsaliert wird. Zusammen mit seiner alleinerziehenden Mutter lebt er in einem Häuserblock in einem Stockholmer Vorort. Wenn er allein ist, gibt er sich mit einem Jagdmesser Rachephantasien hin. Eines Tages trifft er auf dem Spielplatz vor dem Haus die etwa gleichaltrige Eli, die gerade erst in der Nachbarschaft neu eingezogen ist. Sie wirkt blass und ernst und riecht ein wenig seltsam. Dafür scheint ihr die Kälte nichts auszumachen, denn oft ist sie barfuß und nur mit Schlafanzug bekleidet unterwegs. Zwischen beiden entwickelt sich eine zarte Freundschaft und Eli gibt Oskar das nötige Selbstbewusstsein, um auch mal im wirklichen Leben zurückzuschlagen. Aber da er Eli immer nur nachts trifft und sie offenbar auch nicht zur Schule geht, ahnt Oskar allmählich, dass Eli kein normales Mädchen ist. Und als er hinter ihr dunkles Geheimnis kommt, ist eher fasziniert als abgestoßen...
~~~ und nun die „Biss zum letzten Tropfen“ - Langversion ~~~
Oskar ist 12 Jahre alt und lebt mit seiner alleinerziehenden geschiedenen Mutter in einem Wohnblock in einem Stockholmer Vorort. An seiner Schule ist Oskar Einzelgänger und Außenseiter, der von einigen seiner Mitschüler ständig drangsaliert und schikaniert wird. Wenn er einsam und allein ist – was ziemlich oft passiert - , gibt er sich mir seinem Jagdmesser Rachephantasien hin und probt eifrig, wie er sich gegen seine Mitschüler wehren kann. Eines Abends beobachtet Oskar, wie in die benachbarte Wohnung ein Mann mit einem etwa gleichaltrigen Mädchen einzieht. Kurze Zeit später trifft er dieses Mädchen auf dem Spielplatz. Ihr Name ist Eli und sie macht einen sehr blassen und ernsten Eindruck, außerdem riecht sie etwas merkwürdig, aber dafür scheint ihr die Kälte nichts auszumachen.
Man kommt miteinander ins Gespräch und fortan treffen sich die beiden öfter. Aber immer nur nachts und sie ist dabei meist barfuss und nur bekleidet mit einem Schlafanzug. Eli bestärkt Oskar darin, sich gegenüber seinen Drangsalierern zur Wehr zu setzen und nach einigen Gesprächen ist Oskar tatsächlich in der Lage zurückzuschlagen. Zeitgleich mit Elis Ankunft in der Siedlung häufen sich merkwürdige Vorfälle: Menschen verschwinden und werden später kopfüber an einem Baum aufgehangen oder in einem zugefrorenen Teich ausgeblutet aufgefunden. Schließlich wird eine Frau in den Hals gebissen und verbrennt, als sie im Krankenhaus mit Sonnenstrahlen in Berührung kommt. Es dauert ein wenig, aber allmählich kommt Oskar dahinter, dass der Mann, der mit Eli eingezogen ist, nicht ihr wirklicher Vater ist und Eli kein normales Mädchen, sondern eine Vampirin und der Mann ihr das lebensnotwendige Blut organisiert.
Allerdings passieren ihm bei der Nahrungssuche für Eli immer häufiger Fehler und als er fast erwischt wird, opfert er sich für Eli auf. Von nun an steht Eli alleine da. Obwohl Oskar weiß, dass Eli töten muss, um zu überleben, bringt er es nicht über's Herz, sie im Stich zu lassen. Zwischen beiden ist nicht nur eine tiefe Freundschaft entstanden, sondern es bahnt sich auch so etwas wie eine zarte Romanze an. Da Oskar ohnehin von Horrorgeschichten fasziniert ist, wird ihm auch die Tragik bewusst, die hinter Eli steckt, die zu bluten anfängt, wenn sie ohne Einladung eine fremde Wohnung betritt. Auf der einen Seite ist Eli in Wahrheit viel älter als Oskar, auf der anderen Seite ist sie für immer gefangen im Körper einer 12-jährigen mit all den widersprüchlichen und verwirrenden Gefühlen einer Heranwachsenden. Trotzdem ist Eli gezwungen, Oskar zu verlassen, da ihr Aufenthalt in dem Viertel zu gefährlich geworden ist. Als Oskar dann aber in einen feigen Hinterhalt gerät, hilft sie ihm in seiner Not auf ihre ganz eigene Art....
### MEINE MEINUNG ###
Vordergründig betrachtet könnte man meinen, es handelt sich um eine Art Vampirfilm für Kinder. Im Endeffekt ist diese Betrachtung aber viel zu kurz gegriffen, denn der Film ist sicher um einiges vielschichtiger und man würde ihm Unrecht tun, ihn in irgendeiner vermeintlich passenden Schublade unterzubringen – denn es gibt keine. Einerseits hat der Film ein paar echte Grusel- sowie Schockelemente und fließt für einen Kinder- oder Jugendfilm eine Menge Blut. Andererseits werden viele Probleme abgehandelt, die man sonst eher aus Coming-of-age- oder Jugendfilmen kennt: Außenseitertum, erste Annäherung an das andere Geschlecht, aufkommende Liebesgefühle und ähnliches. Dazu kommen noch Existenzängste eines Lebewesens, dass in seiner Art gänzlich einzigartig ist und zum Überleben darauf angewiesen ist, dass andere ihr Leben lassen. Trotzdem erleben wir hier kein Sozial- oder Jugenddrama, auch wenn einiges danach klingt.
An dieser Stelle könnte man denken, der Film weiß nicht so recht, wofür er sich entscheiden soll und eiert unentschlossen zwischen den Genres hin und her, aber selbst das stimmt nicht: Der Film fasziniert einen von der ersten bis zur letzten Minute, weil er einerseits das Leben von Oskar bedrückend realistisch darstellt: Er ist Außenseiter an seiner Schule, einige Mitschüler drangsalieren ihn und sein Leben fühlt sich für ihn ziemlich mies und tragisch an. Dann kommt das fantastische Element in Form eines kleinen Vampirmädchens, dem auf seine Weise eine gewisse Tragik innewohnt und die – wenn auch auf ungewöhnliche Weise – selber eine Art Außenseiterin ist. Durch sie bekommt Oskar in seinem Leben neue Impulse vermittelt und lernt, dass er sein Schicksal selber mitbestimmen kann, wenn er es nur will. Im Gegenzug bekommt Eli erstmals in ihrem Leben ein Gefühl wie Akzeptanz, Freundschaft und sogar Zuneigung vermittelt, dass sie so in dieser Form bislang noch nie erfahren hat.
An dieser Stelle muss man auch die DarstellerInnen loben, die ihre Figuren mit großer Glaubwürdigkeit ausstatten und mit großer Eindringlichkeit und Intensität spielen. Die Bildsprache ist meist in kalten und klaren Bildern, die eher nüchtern und sachlich und nicht aufgesetzt oder durchgestylt wirken. Die Bilder wirken nur selten bedrohlich und wenn, dann ist dies Mittel zum Zweck, um auch eine angemessene Atmosphäre rüberzubringen. Die Geschichte schafft es, das Publikum in ihren Bann zu ziehen und die dramaturgische Wucht entfaltet sich auf eher subtile und sehr dosierte Weise. Der Film reißt einen zwar nicht aus dem Sessel, dafür hat man eher das Gefühl, aus dem Sessel nicht rauszukommen, weil es einen daran fesselt.
### FAZIT ###
Auch wenn dieser Film möglicherweise nicht annähernd die Zuschauermengen ins Kino locken dürfte wie „Biss zum Morgengrauen“, verdient hätte er es allemal! „So finster die Nacht“ ist sicherlich kein Mainstream, dafür ist er viel zu gut. Man muss nur bereit sein, sich darauf einzulassen und man wird hinterher sicher nicht enttäuscht sein, denn dieser Film ist auf jeden Fall ein echter Geheimtipp. Von daher kann ich einen Besuch in jedem Fall empfehlen!
### ABSPANN ###
Spielfilm, S 2008, 114 Min., FSK 12
Regie: Tomas Alfredsson
Buch: John Ajvide Lindquist
Kamera: Hoyte van Hoytema
Musik: Johan Söderquist
~ Oskar – Kare Hedebrandt
~ Eli – Lina Leandersson
~ Hakan – Per Ragnar
~ Virginia – Ika Nord
~ Oskars Mutter Yvonne – Karin Bergquist
~ Erik – Henrik Dahl
~ Gösta – Karl Robert Lindgren
~ Jocke – Mikael Rahm
~ Lacke – Peter Carlberg
u.v.a. weiterlesen schließen
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