Pro:
Spannung, Ideenreichtum, Schreibstil
Kontra:
kleine Schwächen siehe Bericht
Empfehlung:
Ja
Hallo meine Lieben,
ich erzähle euch heute von einem Buch, das ich kürzlich gelesen habe und von dem ihr ziemlich sicher schon gehört habt. Es handelt sich um
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****GIER!****
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von Ulrich Behrens, der uns treuen Plattformmitgliedern unter Posdole bekannt ist.
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****WIE KAM ICH DAZU?****
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Nachdem Posdole und Sunflower76 seit vielen Jahren auf diversen Verbraucherplattformen eine treue Freundschaft verbindet, las ich vor einiger Zeit seinen ersten Krimalroman „Krieg!“ und war überrascht und fasziniert von der Art und Weise, wie Ulrich seine Themen aufarbeitete.
Bereits lange vor der eigentlichen Veröffentlichung wusste ich, dass er bereits an einem neuen Roman arbeitete und daher wartete ich gespannt auf das Erscheinen. Das wiederum ist nun schon einige Zeit her, doch es kam einerseits durch Bestellung, die ich schließlich bei Amazon aufgegeben habe, zu Verzögerungen, da eine Lieferung nach Österreich ganze sechs Wochen in Anspruch nahm, und dann kam ich auch nicht gleich zum Lesen, weil ich beruflich ziemlich eingespannt war.
Jetzt aber habe ich das Buch verschlungen und daher will ich es euch nicht länger vorenthalten.
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****VORAB INFOS****
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Erschienen ist der Kriminalroman "Gier!" im Books on Demand Verlag mit der ISBN 978-3844815566 und das Erscheinungsdatum ist mit 6. Februar 2012 angegeben, es befindet sich laut Amazon derzeit noch in der 1. Auflage.
Die Seitenzahl beträgt 312.
Die Widmung dieses Mal ist „für Inga“.
Auf der letzten Seite gibt es noch zwei Hinweise auf Behrens ersten beiden Werke nämlich „Geschichte im Film – Film in der Geschichte“ und „Krieg!“, die ebenfalls bei Books on Demand erschienen sind.
Das Buch, das ein Softcover hat, kostet im Handel € 19,90, ist aber auch als Kindle Version für knapp € 16,-- zu erhalten.
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****KLAPPTEXT****
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„Am Rheinufer erwacht ein Mann und hat sein Gedächtnis verloren. Auf der Suche nach seiner Identität wird ihm bewusst, dass er ein geschickter Taschendieb ist. War das etwa sein früheres Leben? Dann wird er gejagt - aber nicht von der Polizei….
In Hamburg müssen Tom Haller und seine Kollegen von der Mordkommission den Mord an einer Frau aufklären. Es bleibt nicht bei diesem einen Mord. Sämtliche Spuren führen zunächst ins Nichts…
Was hat der Mann vom Rhein mit den Morden zu tun?“
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****INHALT****
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Hier sind sie wieder, die Leute der Hamburger Kripo mit Tom Haller, Dinah von Ungern und dem gesamten Kollegenteam, das wir bereits von Fall Rosskopf kennen.
Alles beginnt mit einem Mann am Rheinufer, wie der Klapptext schon sagt, der aufwacht und nicht mehr weiß, wer er ist oder was ihn hierher geführt hat. Er, der sich fortan Müller nennt, begibt sich auf die Suche nach sich selbst und wird dadurch nur von seinen Gefühlen, die er ja glaubt, gar nicht zu haben, geleitet. Sein Bauchgefühl sagt ihm, dass er sich besser nicht an die Polizei wenden soll und dass er nicht lange an einem Ort bleiben kann. Sein Geschick lässt ihn vermuten, dass er wohl ein Krimineller ist, denn er kann geschickt Leuten Dinge entwenden, hat einen guten Geschmack, findet auf seinen Recherchen jede Menge falsche Ausweise und Geld und als auch noch der Privatdetektiv, den er auf seinen Fall ansetzt, ermordet wird, wird ihm schnell klar, dass hier nichts mit rechten Dingen zugeht.
Zeitgleich werden in kurzen Abständen vier grausam hingerichtete und bestialisch verstümmelte Leichen von jungen Frauen gefunden. Auch wenn der Ablageort unterschiedlich ist, so haben die Frauen eines gemein, sie wurden nach der Ermordung gesäubert und bei dreien wurden Körperteile abgeschnitten. Nur die Leiche der Nadja Uhlmann gibt dem Team Rätsel auf.
Das ist der eigentliche Fall des Hamburger Kripoteams, doch anfangs stoßen sie nur auf Fragen und finden keine Antworten. Bis diese Antworten richtig auf den Leichen platziert wurden. Haare wurden gefunden, ein Fingerabdruck und all das führt zur Verhaftung von Fuchs, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht, der die Morde immer abstreitet, der aber so viel Dreck am Stecken hat, dass ihm niemand glaubt - auch die Hamburger Kripo nicht, bis am Tag der Verhandlung herauskommt, dass er es tatsächlich nicht wahr.
Müller hingegen kommt seiner Identität immer näher und er findet heraus, wo er wohnte. Dort angekommen allerdings wartet bereits jemand auf ihn, der versucht, ihn zu töten, wer, das weiß Müller nicht - die Polizei allerdings findet heraus, dass es sich um einen BKA Mitarbeiter handelt und fängt an, Täter in den eigenen Reihen zu suchen. Wie tief sie da graben müssen und vor allem wie viele sie schließlich finden werden, das zieht sich bis zum Schluss und macht das ganze auch sehr spannend.
Tja und dann geht es auf einmal nach Russland, zu einem der einflussreichsten Neureichen der Nation und einem engen Freund des Präsidenten. Es geht in die USA und in viele Länder Europas und es wird klar, hier geht es um eine weltweite Verschwörung in die die mächtigsten, skrupellosesten und egoistischsten Menschen aller Länder aufeinandertreffen und sie haben nur ein Ziel - Macht! Macht, der einen unglaublichen Größenwahn auslöst. Macht, die gleichzeitig Unmengen an Geld hervorzaubert und dadurch ermöglicht, sich überall einzukaufen und Freunde in den höchsten Positionen zu finden. Allerdings auch Macht, die es dem SOK-Team, das mittlerweile aus unserem Kripo-Team gegründet wurde, unmöglich macht, alle Drahtzieher, vor allem die aus Ländern wie Russland und den USA auch wirklich verhaften und für ihre Taten verantworten zu lassen.
Woher sie diese Macht nehmen und wie sie sich damit ihr wahnsinniges Imperium erarbeiten, das verrate ich euch an dieser Stelle nicht - nur so viel, es sind menschenunwürdige Machenschaften, die einem kalte Schauer über den Rücken laufen lassen.
Ebenfalls nicht beantworten werde ich euch die Frage, wie Müller zu einem angesehenen Mitglied der Polizei wurde, wie unglaublich kalt die Killer die Ermordung der Frauen gegenüberstehen und aus welchem Motiv heraus sie gehandelt haben und wie der Fall schlussendlich doch gelöst wurde. Da würde ich euch einfach zu viel von der Spannung nehmen.
Was ich euch allerdings noch verraten kann, das sind die kleinen Einblicke in das Privatleben der Ermittler. Wenn ihr den ersten Roman von Ulrich Behrens kennt, dann wisst ihr, dass Tom Haller und Dinah von Ungern ein Paar sind - das allerdings ändert sich in diesem Roman, denn es wird eine angeblich schon immer vorhandene Nähe zwischen Birgit und Tom sichtbar und Dinah räumt das Feld.
In diesem Roman bleibt kein Stein auf dem anderen, aber unter welchem Stein des Rätsels Lösung steckt, das müsst ihr schon selbst herausfinden.
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****KRITIK****
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**POSITIV**
Ulrich Behrens beschreibt die Handlungsstränge aus unterschiedlichen Blickwinkeln, nämlich nach den verschiedenen Akteuren „Ich“ allerdings ist immer Tom Haller. Faszinierend ist, dass niemand hier bei der Polizei der Superhero ist, wie das oft in einschlägigen Krimiserien der Fall ist, da gibt es diesen einen großartigen Bullen, der allem und jedem auf die Spur kommt. Hier ist es anders. Nur die Zusammenarbeit im Team und mit den Behörden vor Ort macht es möglich, die unfassbaren Machenschaften auf höchster Ebene aufzuklären. Es ist realitätsnaher und auf jeden Fall hat es eine Vorbildwirkung, denn jeder weiß, dass es im Team am besten geht und dass sich Einzelkämpfer in der Wirklichkeit um einiges schwerer tun.
Behrens erlaubt dem Team jedoch auch Fehler zu machen und vorschnell zu urteilen, so wie sie Fuchs den Mord angehängt haben ohne das große Ganze zu sehen - eben genau so wie es jedem realen Polizisten passieren kann. Das macht es dem Leser viel leichter, sich mit den Personen zu identifizieren.
Ich finde es auch sehr gut, dass wir die Morde an den Frauen nur aus der Sicht der Ermittler und nicht aus der Sicht der Mörder erleben. Behrens schafft es, hier distanziert vorzugehen, dem Leser aber dennoch zu ermöglichen, sich die Leichen samt fehlenden Brüsten, Ohren und Augen vorzustellen. Die detaillierte Beschreibung der Frauen lässt hier der Fantasie nicht viele Möglichkeiten.
Absolut gefreut habe ich mich, als Tom Haller und sein Freund Gert beschlossen, dem Saufen abzuschwören. Mich hat das im ersten Roman fürchterlich gestört und die Botschaft, dass es einem ohne das Zeugs um einiges besser geht, es aber doch Zeiten gibt, wo man sich wünscht, der Abstinenz nicht abgeschworen zu haben, fand ich sehr gut.
Wie auch beim ersten Buch habe ich mich hier immer wieder gefragt, wie man an das Schreiben eines solchen Buches herangeht. Wie schafft man es, einfach und unzusammenhängende Stränge am Schluss zu einem logischen Bild zu verknüpfen? Wie kann man bei all den Verzweigungen nicht den Überblick verlieren als Autor? Fängt man mit dem Ende an? Ulrich Behrens ist es gelungen, die Vernetzungen und Aufklärungen Schritt für Schritt aufzudecken ohne dass der Lesen damit überfordert wäre, was mich persönlich sehr beeindruckt hat.
Der Arbeitsweise der Beamten so nahe zu kommen, hat mir persönlich einen hohen Respekt für Polizisten abgerungen, vor allem auch, dass hier nicht verheimlich wird, dass manche Informationen illegal beschafft wurden, dass man die Presse zu Hilfe nimmt, ebenso wie Hacker, einfach alles, was einem dazu veranlasst, das bestmögliche Resultat zu erzielen und des Rätsels Lösung nahe zu kommen.
Am interessantesten allerdings finde ich mal wieder die zwischenmenschlichen Aspekte, die hier eine große Rolle spielen, neben Zusammenhalt, Liebe und Freundschaft geht es auch um Angst, Loyalität, Demokratie und die Öffentlichkeit. Es zeigt, wie viel Einfluss richtig eingesetzte Informationen haben, aber auch, wo man an seine Grenzen stößt. Wenn der russische Präsident nicht will, dann will er nicht und da kann auch ein kleiner SOK Beamter aus Hamburg nichts tun.
Eine überaus große Entwicklung gibt es in Behrens Schreibstil. War er im ersten Roman noch ziemlich eigentümlich und musste man sich erst daran gewöhnen, so waren die Sätze hier absolut klar, gut strukturiert, absolut nachvollziehbar und vor allem wunderbar eingesetzt. Ein Wort - ein Satz? Bei Ulrich passt das! Aber dieses Mal setzt er das nur ein, um dem Vorangegangenen wirklich Ausdruck zu verleihen.
Als Summe möchte ich hier noch einmal etwas verwenden, das ich bereits zuvor in einem Bericht ansprach: „Es hat sich mal wieder bestätigt, dass Ulrich Behrens weiß, wie man die Sprache einsetzt um möglichst tiefe Eindrücke zu hinterlassen, aber mehr noch als die Sprache seien hier die Idee und die Fantasie erwähnt, die es überhaupt erst möglich machen, einen Leser so zu fesseln. Ein guter Schreibstil kann nicht ohne Idee arbeiten und eine Idee kann nicht ohne guten Schreibstil realisiert werden. Ulrich Behrens hat beides!“
**NEGATIV**
Es gibt einige kleine Punkte, die mir beim Lesen aufgefallen sind, die aber das große Ganze, nämlich die Einmaligkeit dieses Romans, nicht wirklich stören.
Zum einen ist das die Tatsache, dass sich auch hier wieder einige Rechtschreib- und Grammatikfehler eingeschlichen haben. Als Deutsch-Nachhilfetrainerin fallen mir solche Dinge sofort beim Lesen auf. Mir ist bewusst, dass es vermutlich Tippfehler sind, die man, wenn man selbst liest, immer wieder überlesen werden, aber daher ist es wichtig, das Buch mehreren Leuten gegenlesen zu lassen, bevor es veröffentlich wird.
Zum anderen war es der häufige Hinweis auf die Rosskopf Affäre, die mich bis zum Schluss hindurch schon nervte. Ich hatte einfach das Gefühl, dass hier der Leser aufmerksam gemacht werden soll auf das andere Behrens Buch, was vielleicht bei den Menschen, die „Krieg!“ nicht kennen auch funktioniert, aber ich selbst würde den Roman lieber ohne diese ganzen Querverweise haben.
Tja und was mich als absolute Romantikerin zur Weißglut brachte, das war das Beziehungsdreieck Tom - Dinah - Birgit. Ich hätte Tom am liebsten die Augen ausgekratzt, als er sich allzu leicht von Birgit verführen ließ und meinte, er hätte in dem Augenblick nicht anders gekonnt. Er hat seine Freundin betrogen und argumentierte dabei auch noch, dass er Birgit ja damit quasi einen Gefallen getan hat, damit sie sich besser fühlte. Und dann hat er nicht einmal den Mumm, es Dinah zu erzählen, geht äußerlich zur Tagesordnung über und lässt die gute Frau alleine dahinter kommen, dass da wohl so etwas wie Liebe ist zwischen Tom und Birgit. Und was tut Dinah? Leidet wie ein Hund und kämpft nicht einmal für ihre Beziehung, die ihr doch so wichtig ist. Sie räumt das Feld klamm und heimlich und da dachte ich bei mir: „So etwas kann wohl nur ein Mann schreiben.“ Die Wirklichkeit sieht hier sicher anders aus. Wir Frauen sind bei weitem nicht so feinfühlig als dass wir der großen Liebe nicht im Weg stehen wollen nachdem man uns betrogen hat. Schön, wenn Birgit und Tom ihr Glück finden, aber so hätte es meiner Meinung nach nicht laufen dürfen.
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****FAZIT****
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Ich finde es faszinierend zu beobachten, welchen großen Entwicklungsschritt als Autor Ulrich Behrens gemacht hat. Der Schreibstil ist flüssiger, die Fehler sind bedeutend weniger, die Story eindringlicher und die Realität viel naher als in seinem ersten Werk (mir fällt auf, dass auch ich selbst immer wieder Verweise auf den ersten Kriminalroman mache, obwohl ich das bei Ulrich als nervend empfunden haben, also sorry, liebe Leser). Inhalt und Tiefe des Satzbaus sind gehaltvoller und das zeichnet einen guten Autor aus.
Behrens beschreibt in seinen Büchern die Jagd nach Gerechtigkeit und ich denke, wir als Normalsterbliche, die sich im eigenen Land sicher fühlen wollen, genau solche Leute wie Tom Haller und sein Team brauchen.
Daher volle Punkteanzahl von mir und von Herzen alles Gute für Ulrich Behrens, dass sein Buch ein Erfolg wird, denn das hat er sich redlich verdient.
Wie immer lieben Dank fürs Lesen, Bewerten und Kommentieren,
eure
Dani weiterlesen schließen
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