jva-shop.de Testbericht

Beim Herumstöbern im Netz, neudeutsch ‚surfen’, ist ja nicht so, dass ich diese Ausdrücke nicht kenne, nur ich benutze sie äußerst ungern, bin ich auf einen Laden gestoßen, der unter

www.jva-shop.de

firmiert. Und bei ‚surfen’ hab’ ich eigentlich die Assoziation der ‚Beach Boys’, die ich nun mal sehr gerne höre. Vor allem als der überlebende Wilson-Bruder auf dem runden Geburtstag von Themse-Elly, auch bekannt als Lisbeth von der großen Hallig, Lesern der bunten Presse auch als Elizabeth II von England und der umliegenden Gemeinden ein Begriff, mit der Frage herauskam: „Hey, Lady, do you want some vibes?“, in die Tasten griff und ‚Good Vibrations’ rausließ.
Übrigens nicht nur nach meinem Geschmack der beste Pop-Song aller Zeiten. Denn wenn weltweit 1.000 Musik-Kritiker eine Liste der besten Lieder aller Zeiten aufstellen sollen und tausendmal ‚Good Vibrations’ unter den ersten zehn ist, dann ist er es: Der beste Pop-Song aller Zeiten!!

Gleichzeitig – also zum Herumstöbern – erschien im örtlichen Meinungsmacher ein Artikel von Michael Schwager über diesen Laden, bei dem ich ganz herzlich für einige Formulierungen bedanke.

jva-shop.de ist der Online-Laden der niedersächsischen Justizvollzugsanstalten und besteht seit nahezu zehn Jahren.
Nun wissen die Tapferen unter meinen Lesern, dass ich eigentlich etwas gegen Läden im Netz habe, denn im Zweifelsfall habe ich da niemanden zum Würgen.
Außerdem erinnere ich mich gerne an eine Inschrift auf einer Londoner Mauer, die ich 1966 gesehen habe: ‚Support your local dealer!’ Das habe ich verinnerlicht und kaufe lieber bei Tante Emma als bei einer Kette, die mich für blöd hält und dies durch einen Comedian bestätigen lässt.
Der Unterschied zwischen einem Comedian und einem Kabarettisten??
Der Kabarettist tritt auf wegen des Geldes, der Comedian wegen dem Geld.
Und die Duden-Redaktion fordert nun mal den Genitiv nach ‚wegen’.

Die Seite hatte bisher ca. 700.000 Besucher und macht einen Umsatz von ungefähr 400.000 Euro pro Jahr. Allerdings geht es nicht nur um das Geschäft. Produktion bei gesiebter Luft soll auch einen erzieherischen Wert haben. Es soll so etwas wie eine Arbeitstherapie geben, nicht zu verwechseln mit KZ’s aus nationalsozialistischer Zeit oder den Gulags aus sowjetischer.
Denn es ist auch eine Beschäftigungstherapie und die Möglichkeit für die Weggeschlossenen ein Salär von ca. 30 Euro zu verdienen, was wiederum den Umsatz des Knast-Kioskes erhöht. Und wie ich € 6,25 für die Arbeit eines Tages bezeichnen soll, das lasse ich lieber, denn wenn ich mit meiner subjektiven und damit völlig unmaßgeblichen Meinung dafür herauskomme, damit mache ich mich bestimmt strafbar und das kann nicht der Sinn eines solchen Berichtes sein.
Jeder Strafgefangene ist per Gesetz zur Arbeit verpflichtet, aber niemand wird angeblich dazu gezwungen.
Angeblich werden die Häftlinge durch die Arbeit auf ein Leben in Freiheit vorbereitet.
Wie gesetzliche Vorschriften in einer JVA umgangen werden, darüber an anderer Stelle.

Nehmen wir das Beispiel eines Häftlings in einer Blaumann-Hose und einem Metallica-T-Shirt, der seit ca. sieben Monaten dabei ist und noch etwa vier Jahre vor der Brust hat. Er sitzt wegen eines Drogendeliktes., ist eigentlich gelernter Maurer und arbeitet nun mit Holz.
Eine Weltkarte ist auf einem klappbaren Tisch eines Bistros vorgezeichnet und mit einem Brandmalkolben werden die Umrisse der eingezeichneten Weltkarte in den Tisch eingebrannt.
Käufer von JVA-Produkten haben den ungeheuren Vorteil, dass Sonderwünsche erfüllt werden, wenn denn die Vorlagen geliefert werden.
Im erwähnten Beispiel kann natürlich auch das Emblem eines Schützenvereins oder eine Stadtflagge in den Bistro-Tisch gebrannt werden.
65% der Gefangenen beteiligen sich an diesen Maßnahmen, bei denen es keinen Zeitdruck geben soll, dennoch muss ein gewisses Pensum erfüllt werden und seit den Zeiten von Hans Fallada, der in einigen Romanen die Schicksale von Häftlingen beschrieb, hat sich höchstens das Pensum geändert.
Vielleicht auch die Intention, denn in sogenannten Unternehmerbetrieben werden Sortier- und Verpackungsarbeiten der heimischen Unternehmen durchgeführt und angeblich darauf geachtet, dass Handwerksbetrieben der Region keine Aufträge weggenommen werden.

JVA-Leiter Roland Schauer: „ Wir fangen Auftragsspitzen ab und vermarkten unsere Leistungen sehr defensiv.“
Herr Schauer erinnert mich übrigens an meinen Lieblingsberuf, den ich nie ausgeübt habe: ‚Regenschauer’!! Ich weiß, ein sehr kontemplativer Beruf, vielleicht ähnlich dem des ‚Bewegungsmelders’.
Über andere Berufe wie ‚Büstenhalter’ oder ‚Damenschlüpfer’, über die vor allem die Mädels der schon öfter erwähnten anarchistischen Kommune ‚Judengasse’ in Tübingen nachsannen, auch an anderer Stelle.

Über das „Schmuckk(n)ästchen“ in der Lingener Kaiserstr. Verkauft die JVA das, was hinter ihren Mauern hergestellt wird.
Es ist ein Laden vor der ehemaligen Direktorenvilla und ein Freigänger ist dort für Sauberkeit und den Kontakt mit etwaigen Kunden zuständig. Die Holzwekstatt vermarktet einen kleinen Teil ihrer Produktion über www.jva-shop.de und das komplette Sortiment der angeschlossenen Gärtnerei in Lingen-Damaschke, die vor allem Kamelien produziert,wird hier veräußert.

Wer sehen möchte wie sich die Gittertore vor dem niedersächsischen Landeswappen öffnen – übrigens eine neckische Animation -, der braucht diese Seite nur aufzurufen und schon hat er die gesamte Vielfalt der Produktion aus den Knästen im Angebot.
Ob es nun Aktengurte, Spielzeug, Grills oder Gefangenen-Kunst ist, die übrigens zum Einheitspreis von 100 Euro abgegeben wird.
Allerdings werden auch Produkte verkauft, die bei den Herstellern wohl einige manchmal Negativ-Erinnerungen hervorrufen: Richter- und Anwaltsroben.

Auch an diesen Läden ging die Fußball-WM nicht vorüber. Wurde doch der Grill ‚Oldenburg’, benannt nach der Hersteller-JVA Renner und ‚Produkt des Monats’.
Eine Fußball-Variante mit schwarz-rot-goldenem Gestell und einem Edelstahl-Rost mit seitlich angesetzten Griffen in der Form von Fußballtoren. Die Spielfeldmarkierungen sind auf dem Flachstahl aufgeschweißt.

Das Projekt www.jva-shop.de startete im Jahre 2001 mit achtzehn Produkten, heute sind es ca. hundertzwanzig.
Mit gut 43.000 Euro Umsatz wurde begonnen und 2009 waren es fast 369.000 Euro, die hauptsächlich mit Privatkunden – fast 80% - erzielt wurden.

Ein ‚Tourist’ hat sich an den Zaun der alten Villa in Lingen locken lassen und bestaunt die ausgestellten Gartenmöbel bis hin zum Starenkasten. Er wird nicht abgeschreckt durch die dicken Gefängnismauern und die überdimensionalen Rollen aus Stacheldraht darauf.
Er schaut sich das Schaukelpferd, den beleuchteten Hampelmann und den hölzernen Kaufmannsladen an und bedauert, dass gerade kein Kindergeburtstag ansteht.
„Tolle Sachen hier, sehr viel interessanter als in einem Laden“ findet er, der bei passender Gelegenheit sicher noch mal hierher kommen wird: „Das ist eine sehr gute Sache. Finde ich unterstützungswert!“

Dem habe ich nichts hinzuzufügen und vergebe leichten Herzens alle zur Verfügung stehenden Sterne.

Und auch diesmal weise ich darauf hin, dass dieser Artikel auch auf anderen Plattformen, auch unter dem Namen des mir ehelich anvertrauten Weibs – cunda - erscheinen wird. Ebenfalls – auszugsweise und umformuliert - in etlichen Tageszeitungen,.
Anderslautende Meinungen werden – wie üblich – respektiert, jedoch weitgehend ignoriert.

topfmops bedankt sich fürs Lesen und Bewerten, freut sich auf viele, lesenswerte Kommentare und hofft, Euch eine kleine Anregung gegeben zu haben.