25th Hour (DVD) Testbericht

25th-hour-dvd
ab 7,96
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  durchschnittlich
  • Anspruch:  sehr anspruchsvoll
  • Romantik:  durchschnittlich
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Spannung:  spannend

Erfahrungsbericht von w.gruentjens

Am Abgrund

4
  • Action:  durchschnittlich
  • Anspruch:  anspruchsvoll
  • Romantik:  niedrig
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Spannung:  durchschnittlich
  • Altersgruppe:  ab 12 Jahren
  • Meinung bezieht sich auf:  Kino-Version

Pro:

Der Film gewinnt in der zweiten Hälfte an Niveau und Spannung, ...

Kontra:

...wenn man die erste Hälfte mit nervigen Dialogen überstanden hat.

Empfehlung:

Ja

Es st schon erstaunlich, dass es das gibt: Einen Film, der zuerst langweilt, dann durch Quasseln- mit Musik unterlegt - nervt, der dann zu interessieren beginnt, der dann Problematik und Action erreicht, der immer tiefer an Probleme geht, der in den Stilmitteln von oberflächlich scheinend bis expressionistisch voranschreitet: Einen Film, in dem fast nichts passiert – äußerlich – und doch so viel.

INHALT

Es geht um die letzten 25 Stunden, die der Drogendealer Monty Brogan (Edward Norton) noch vor sich hat, ehe er für sieben Jahre in den Knast wandern muss, wo er mit seinem guten und oberschichtigen Aussehen mit Verachtung und Vergewaltigung rechnen muss.

Ihm zur Seite stehen seine alten Freunde Slaughtery (Barry Pepper), ein Börsenmakler, der sich ganz cool findet, und Jacob (Philip Seymour Hoffman), ein Lehrer, der immer wieder Zusammenstöße mit einer Schülerin hat, die er im Grunde seines Herzens zu attraktiv findet, deren Leistungen er aber vielleicht zu streng bewertet.

Hinzu kommt noch sein Vater (Brain Cox), ein ehemaliger Trinker, aber ein gütiger Mensch, und die Drogenmafia, für die er gearbeitet hatte. Auffällig und toll ist auch seine Freundin Naturelle (Rosario Dawson).

Diese Personen werden nun nach und nach vorgestellt, geraten in Beziehungen zueinander, reden viel miteinander. Hierbei herrscht eine eher depressive Stimmung. Dass hinter dem oberflächlichen Gequassele noch etwas anderes steht, wird durch die unpassende Musik schon verdeutlicht – allerdings dauert es einige Minuten, bis man merkt, dass es sich hier nicht um Ungeschicklichkeit, sondern um ein Stilmittel handelt, das die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf tiefere Probleme lenken soll.

Im zweiten Teil des Films treffen diese dann auf einer Party ein, die von der Drogenmafia als Abschiedsgeschenk eingerichtet wurde, und nun steigert sich die Problematik, bis schließlich der Lehrer die Schülerin küsst – und so für eine Sekunde Lust seinen Job aufs Spiel setzt – und bis schließlich aufgeklärt wird, wer den Drogendealer Monty an die Polizei verraten hat.

Kurz vor der Fahrt zum Gefängnis provoziert er dann seinen Freund dazu, ihn zu verprügeln, damit er im Gefängnis bessere Überlebenschancen hat. Und während der Fahrt zum Gefängnis träumt er dann den Traum, der aber ein Traum bleibt: Er flieht, findet einen Job, holt später seine Freundin Naturelle nach, zeugt viele Kinder, erzählt denen dann im Alter seine wahre Geschichte – aber es bleibt ein Traum, denn die Fahrt ins Gefängnis geht wirklich weiter.


QUALITÄT

Der Film beginnt wie viele schlechte Filme, mit Gequassele und Musik. Doch was ist das? Die Musik passt überhaupt nicht zu den Dialogen und Szenen. Was soll damit gesagt werden?
Erst im Verlauf des Films kommt man darauf, dass dies ein Hinweis darauf ist, dass wir uns noch an der Oberfläche des Geschehens befinden. Allmählich kommen Rückblenden, welche die Vorgeschichte erhellen und die Charaktere beleuchten, dann stoßen die vorkommenden Personen immer mehr aufeinander, die Erkenntnis eines verpfuschten Lebens, Probleme und Konflikte zwischen den Personen, und schließlich münden die Konflikte in der Provokation zum Verprügeln.

An dieser Stelle, an der tiefsten und problematischsten Stelle des Films, sind die Stilmittel auch völlig verändert: Die Bilder werden in Zeitlupe gezeigt, und die dazu gehörenden Geräusche hört man überhaupt nicht, sondern nur Vogelgezwitscher. Diese Eskalation in den Stilmitteln und in der Tiefe des Geschehens – von der Oberfläche bis in die Tiefe – ist für mich eines der Hauptqualitätsmerkmale des Films, der damit nicht nur immer besser wird, sondern auch den Zuschauer in immer problematischere Ebenen führt.

Interessant ist auch die Übertragung auf die Stadt New York:

So wie der Protagonist vor einem Problem steht, so sieht er aus dem Fenster seines Freundes auf Ground Zero, auf das Problem von New York. Und wenn er in dem Spiegel vor der Toilette liest \"Fuck you\", so beschimpft er zwar alle möglichen Aspekte von New York, muss aber dann doch erkennen, dass er mit seinen Problemen Ähnlichkeiten mit New York hat.

Die Regie des umstrittenen Spike Lee ist sehr geschickt, ja fast genial, wenn man einmal gemerkt hat, welche scheinbaren Ungeschicklichkeiten sich als Stilmittel entpuppen. Die Kameraführung ist sehr dicht an den Charakteren, die Beleuchtung sehr ausdrucksvoll, fast expressionistisch, und die Schauspieler machen ihre Sache nicht nur gut, sondern ausgezeichnet. Die verschiedenen Charaktere – der Drogendealer, seine Freunde, der Börsenmakler und der Lehrer, sind deutlich unterschieden, ohne überzogen zu sein. Seine Freundin Naturelle ist hinreißend schön und sexy; das silberne Kleid, das sie auf der Abschiedsparty trägt, ist eine Wucht (schöner als nackt), und auch der Vater und die vielleicht etwas überzogene Schülerin haben mir gut gefallen.


FAZIT

Als ich dachte, einen eher oberflächlich-langweiligen Film zu sehen, schien der Film meine Meinung zunächst zu bestätigen; im weiteren Verlauf entpuppte er sich allerdings als ein Film, der immer tiefer in menschliche Abgründe und Probleme steigt.

Wer es verträgt, einen Film zu sehen, der wie ein schlechter Film anfängt und sich dann ungeheuer steigert, wer es genießt, einen Film zu sehen, der denn schließlich eher anspruchsvoll, künstlerisch und bedrückend als unterhaltsam ist, der ist mit diesem Film nicht schlecht beraten.

Wer aber leichte Kost und oberflächliche Unterhaltung sucht, der ist hier auf dem Holzwege.

Weil der Film zu lange mit Dialogen nervt, gibt es nur 4 Sterne.

28 Bewertungen