Adams, Douglas / Carwardine, Mark Die Letzten ihrer Art Testbericht

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Erfahrungsbericht von Stepnwolf

Per Anhalter rund um den Globus

Pro:

wissenswerte Infos über bedrohte Tierarten; Douglas Adams lockerer Schreibstil; kein reines Sachbuch

Kontra:

man muß mit der Schreibweise eines Douglas Adams klarkommen; keine reines Sachbuch

Empfehlung:

Ja

>>> DOUGLAS ADAMS & MARK CARWARDINE - DIE LETZTEN IHRER ART <<<



Ich möchte diesen Bericht mit einer Geschichte beginnen, die am Ende dieses Buches steht und auf eindrucksvolle Art und Weise beschreibt, worum es im Buch \"Die letzten ihrer Art\" geht ...


Es geht um eine uralte Stadt- es ist unwichtig, wo sie war oder wie sie hieß-, eine blühende, gedeihende Stadt, die inmitten einer großen Ebene lag. Eines Sommers, als die Stadtmenschen eifrig mit dem Weiterblühen- und gedeihen beschäftigt waren, tauchte eine seltsame alte Bettlerin vor den Toren auf, die 12 Bücher bei sich trug und den Stadtmenschen zum Verkauf anbot. Sie sagte, die Bücher enthielten alles Wissen und alle Weisheit der Welt und daß sie sie der Stadt für einen Sack voll Gold überlassen wolle.
Das hielten die Stadtmenschen für ein ziemlich ulkiges Angebot. Sie antworteten ihr, sie habe offensichtlich überhaupt keinen Begriff vom Wert des Goldes und solle im Interesse aller am besten wieder verschwinden. Das wolle sie gern tun, aber zuerst werde sie die Hälfte der Bücher vor den Augen der Stadtmenschen vernichten. Sie errichtete einen kleinen Scheiterhaufen, verbrannte 6 der Bücher, die alles Wissen und alle Weisheit der Welt enthielten, vor aller Augen und ging dann ihrer Wege.

Der Winter, ein strenger Winter, kam und ging, aber die Stadt schaffte es hindurchzuflorieren, und im nächsten Sommer kehrte die alte Frau zurück.
\"Oh, du schon wieder\" sagten die Stadtmenschen. \"Wie geht’s denn so voran mit Wissen und Weisheit?\" \"6 Bücher\" sagte sie \"es sind nur noch 6 übrig. Die Hälfte allen Wissens und aller Weisheit dieser Welt. Ich biete sie euch noch einmal zum Verkauf an.\"
\"Ach ja?\" giggelten die Stadtmenschen. \"Nur hat sich der Preis geändert.\" – \"Wundert uns nicht.\" – \"Zwei Säcke voll Gold.\" – \"Wie?\"
\"Zwei Säcke voll Gold für die 6 verbliebenen Bücher des Wissens und der Weisheit. Schlagt ein oder laßt es bleiben.\"
\"Uns will scheinen\" sagten die Stadtmenschen \"daß es mit deiner eigenen Weisheit und deinem Wissen nicht weit her sein kann, da du sonst begreifen müßtest, daß man auf einem von Angebot und Nachfrage regulierten Markt nicht einfach rumgehen und einen ohnehin schon unerhörten Preis noch vervierfachen kann. Sollte das die Art Wissen und Weisheit sein, mit der du hausieren gehst, kannst du sie, offen gesagt, behalten – und zwar zu jedem Preis.\"
\"Wollt ihr sie haben oder nicht?\" – \"Nein.\" – \"Ich werde euch um eine wenig Feuerholz bemühen müssen.\"
Sie errichtete einen weiteren Scheiterhaufen, verbrannte 3 der verbliebenen Bücher und machte sich erneut über die Ebene davon.
In jener Nacht stahlen sich ein paar neugierige Stadtmenschen nach draußen und stocherten in der Asche, um zu sehen, ob die eine oder andere Seite zu retten sei, aber das Feuer hatte alles gründlich verbrannt und die alte Frau hatte die Glut geschürt. Es war nichts mehr da.

Ein weiterer harter Winter forderte seinen Tribut an die Stadt und bescherte ihr kleinere Probleme mit Hungersnöten und Krankheiten, aber die Geschäfte gingen gut, und so waren alle wieder in leidlich guter Verfassung, als der folgende Sommer kam und die alte Frau erneut auftauchte.
\"Bist früh dran dieses Jahr.\" – \"Hab nicht mehr viel zu tragen\", erwiderte die alte Frau und zeigte ihnen die 3 Bücher, die sie noch bei sich hatte. \"Ein Viertel allen Wissens und aller Weisheit dieser Welt. Wollt ihr es haben?\" – \"Wie ist der Preis?\" – \"Vier Säcke voll Gold.\" – \"Du bist völlig verrückt, alte Frau. Von allem anderen mal abgesehen, stecken wir wirtschaftlich gesehen, gerade ein bißchen in der Klemme. Säcke voll Gold kommen überhaupt nicht in Frage.\" – \"Feuerholz bitte.\"
\"Jetzt warte doch mal\", sagten die Stadtmenschen \"davon hat doch niemand was. Wir haben uns die Sache durch den Kopf gehen lassen und einen kleinen Ausschuß gebildet, der sich deine Bücher einmal ansehen soll. Laß sie uns ein paar Monate zur Beurteilung hier, laß uns sehen, ob sie irgendeinen Wert für uns haben, dann können wir dir nächstes Jahr, wenn du wiederkommst, vielleicht ein vernünftiges Angebot machen. Über Säcke voll Gold allerdings lassen wir nicht mit uns reden.\"
Die alte Frau schüttelte den Kopf. \"Nein\", sagte sie. \"Bringt mir Feuerholz.\" – \"Das wird dich was kosten.\"
\"Dann eben nicht\" sagte die Frau und zuckte die Achseln. \"Die Bücher werden auch so brennen.\"
Und mit diesen Worten machte sie sich daran, zwei der Bücher in Stücke zu reißen, die schnell in Flammen aufgingen. Rasch verschwand sie über die Ebene und überließ die Stadtmenschen ein weiteres Jahr ihrem Schicksal.

Im späten Frühling war sie zurück.
\"Nur noch dieses eine Buch ist übrig\" sagte sie und legte es vor sich auf den Boden. \"Und diesmal hab ich mir mein eigenes Feuerholz mitgebracht.\" – \"Wieviel?\" fragten die Stadtmenschen. – \"Sechzehn Säcke voll Gold.\" – \"Wir hatten nur acht eingeplant.\" – \"Wie ihr wollt.\" – \"Warte hier!\"
Die Stadtmenschen berieten sich und kehrten ein halbe Stunde später zurück. \"Sechzehn Säcke ist alles was wir noch haben\" flehten sie. \"Die Zeiten sind hart. Du mußt uns irgend etwas lassen.\"
Die alte Frau summte bloß vor sich hin und begann, das Brennmaterial aufzuhäufen.
\"Na gut.\" Riefen sie schließlich, öffneten die Tore der Stadt und führten zwei Ochsenkarren hinaus, beide mit acht Säcken voll Gold beladen. \"Aber dann hat es gefälligst auch gut zu sein.\" – \"Danke. Das ist es. Und ihr hättet den Rest sehen sollen.\" sagte die alte Frau.

Sie führte die beiden Ochsenkarren über die Ebene mit sich und überließ es den Stadtmenschen, so gut wie möglich mit dem einen verbliebenen Zwölftel allen Wissens und aller Weisheit, die es auf der Welt gegeben hatte, zu überleben... (Seite 257-260)



Auch wer den Sinn vielleicht nicht sofort verstanden hat; das ist nicht schlimm. Denn auch Douglas Adams, einer der Verfasser dieses Werkes, verstand sie erst nachdem er \"Die letzten ihrer Art\" aus nächster Nähe gesehen hatte, zusammen mit Mark Carwardine, dem zweiten Verfasser dieses Buches.

Aber worum geht es eigentlich? Doch sicher nicht um den Inhalt dieses zwölften und letzten Buches, oder?


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ZUM BUCH
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Der Untertitel lautet: \"Eine Reise zu den aussterbenden Tieren unserer Erde\" und damit dürfte klar sein, worum es geht. Wir folgen Douglas Adams und Mark Carwardine zu den Aye-Aye (einer Lemurenart) auf Madagaskar, zu den Drachenechsen von Komodo, den weißen Nashörnern auf dem Schwarzen Kontinent, zu den Kakapos auf South Island (Neuseeland), zum Baiji (dem Yangtse-Delphin) in China und dem Rodrigues-Flederhund auf Mauritius...
Und jetzt kommt der Aufschrei. O nein, ein Sachbuch! Trockener Lesestoff über Tiere, deren Namen man weder richtig schreiben, geschweige denn überhaupt schon mal gehört hat, weil sie eben so selten sind. Aber ich kann alle beruhigen, denn der Name Douglas Adams deutet nicht im geringsten auf öde Infos in einem öden Buch hin...

Vielmehr schafft er es durch seine lockere Art des Schreibens, sogar jemanden wie mich für ein derartiges Thema wie Expedition zu den aussterbenden Arten dieser Welt zu begeistern. Einer der Hauptgründe ist seine bildliche Erzählung und das nicht nur auf die Tiere bezogen, über die berichtet wird. Denn nicht das es schon schwer genug wäre, z.B. einen Kakapo überhaupt zu Gesicht zu bekommen, haben Douglas Adams und Mark Carwardine zusätzlich mit ganz anderen Sachen zu kämpfen.
Den Behörden in den Ländern und deren Eigenarten, dem mitunter exotischen Essen und den damit verbundenen Problemen oder auch der Kontakt mit den Tierschützern und Helfern vor Ort (bei denen sich das Klischee, irgendwie etwas anders zu sein als der normale Spezies Mensch, dann doch immer wieder bestätigt).
Er schildert diese Begebenheiten auf humorvolle Art und Weise und man hat das Gefühl selbst mit dabei zu sein, wenn er über die Gefahr des Fliegens mit Hubschraubern oder Flugzeugen, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen, berichtet. Und ganz \"nebenbei\" bringt er uns dabei die Tiere, um die es eigentlich geht, mit seiner (in Bezug auf sein zoologisches Wissen) naiven Darstellung näher. Wir sind für einen kurzen Moment Teil des Buches und können z.B. den Kakapo direkt vor uns sehen, nur durch die Art der Adams‘schen Beschreibung. Das macht dieses Buch über solch ein Thema so einzigartig.

Um diesem Buch trotz allem noch den wissenschaftlichen Touch zu geben, das es auch hat, bedarf es eines erfahrenen und wissenden Begleiter, dessen Rolle es ist, Douglas Adams die Tiere auch näher zu bringen. Diesen Part übernimmt der Biologe Mark Carwardine. Und so erfährt Douglas Adams, und mit ihm auch wir als Leser, was diese Tiere so einzigartig macht, ihre Lebensweise, ihre Eigenarten, ihr Bestand und ihr Chancen.
Bereichert durch dieses Wissen flechtet er alle Infos gekonnt ein, ohne dabei jemals langweilig zu wirken und bringt uns dazu ein \"Aha, das habe ich ja gar nicht gewußt.\" hervorzurufen.
Diese ungewöhnliche Liaison zwischen Mark Carwardine und Douglas Adams entstand aus reinem Zufall und wurde literarisch gesehen zum Glücksfall:

\"Das hier ist ganz und gar nicht, was ich erwartet hatte. 1985 hatte man mich aufgrund einer Art journalistischen Versehens mit Mark Carwardine nach Madagaskar geschickt, um dort nach einer so gut wie ausgestorbenen Lemurenart zu suchen, dem sogenannten Aye-Aye. Wir drei waren uns vorher nie begegnet. Ich kannte Mark nicht, und ein Aye-Aye hatte- kein Wunder- auch seit Jahren niemand zu Gesicht bekommen. Die Idee uns alle so überstürzt ins gleiche Boot zu werfen, stammte von der Magazinbeilage des Observer. Mark ist ein ungemein erfahrener und bewanderter Zoologe, der damals für den World Wildlife Fund arbeitete und dessen Aufgabe im wesentlichen darin bestand, von allem eine Ahnung zu haben. Meine Aufgabe- eine, für die ich absolut qualifiziert bin- bestand darin, ein ungemein nichtwissender Zoologe zu sein, für den alles wie aus heiterem Himmel zu kommen hatte. Das Aye-Aye hingegen mußte nur tun, was die Aye-Ayes seit Millionen von Jahren tun- auf einem Baum sitzen und sich verstecken.\" (Seite 9)

Die späteren Reisen fanden erst 1988 statt und zwar im Auftrag des BBC, die eine Serie über die aussterbenden Tiere produzierte und für die beide ein Jahr lang quer durch die Welt reisten, um eben jene Arten zu finden, zu fotografieren und zu filmen...

Wer also wissen will warum Douglas Adams die Drachenechsen gänzlich unsympatisch findet; warum er anscheinend eine Abneigung gegen deutsche Studenten im tiefsten Urwald hat; weshalb Richard Clayderman so viele Platten verkauft und was überhaupt ein Kakapo ist, sollte sich \"Die letzten ihrer Art\" zulegen.
Für diejenigen, die sich wirklich nur für die Tiere interessieren, ist das Buch allemal empfehlenswert, da es eine Fülle an Informationen, in einfach verständlicher Art geschrieben, bietet.


Und spätestens nach dem Lesen wird klar, was uns die Geschichte vom Anfang sagen will. Nämlich das mit jeder Art, sei es Tier oder Pflanze, die ausstirbt ein Teil unseres Planeten ausstirbt. Das wir als oberste Stufe der Nahrungskette einen nicht gerade unwesentlichen Teil dazu beigetragen haben und noch immer beitragen, brauche ich wohl nicht besonders hervorheben.

Und leider gibt es nur wenige Menschen, die bemerken, das jede ausgestorbene Art unwiderruflich verloren ist, dagegen etwas tun, dabei allzuoft aber nicht die ausreichenden finanziellen Mittel besitzen, um erfolgreich zu sein...

... und dadurch wieder (symbolisch) ein Buch mehr den Flammen geweiht ist.


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DIE AUTOREN
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DOUGLAS ADAMS wurde 1952 in Cambridge, England, geboren. Dort besuchte er auch die Universität und versuchte sich im Umfeld der alternativen Comedyszene um Monty Python, allerdings ohne Erfolg. 1977 gelang es ihm schließlich sein Konzept für eine mehrteilige Science-Fiction-Hörfunkserie bei der BBC unterzubringen. Das war sein Durchbruch, denn \"Per Anhalter durch die Galaxis\" wurde ein voller Erfolg in nahezu allen Medien: als Radio- und Fernsehserie, als Buch, als Schallplatte und sogar als Computerspiel. Dem sollten 4 weitere Bände, die sich um die Abenteuer des Arthur Dent drehten, folgen. 1984 bekam er als jüngster Autor den \"Golden Pan\" verliehen. Er starb völlig überraschend am 12.05.2001, mit gerade einmal 49 Jahren, an einem Herzinfarkt. (Infos unter www.douglasadams.com)

MARK CARWARDINE wurde 1959 in England geboren. Er ist Zoologe, Fotograf und Buchautor. Seine über 40 Bücher behandeln die Themen Expeditionsreisen, Tier- und Pflanzenwelt und Umweltschutz. Als Mitarbeiter vom World Wildlife Fund und später dem BBC, bereist er die ganze Welt, um über die Fauna und Flora zu berichten, wie auch über die Tierarten in den Regionen. Er fotografiert und dokumentiert seit nunmehr über 20 Jahren und ist vor allem durch seine Wal- und Delphinbeobachtungen und Dokumentationen bekannt und geschätzt. In Folge dessen unterstützt er verschiedene Umweltschutzprojekte, wie den \"World Land Trust\" oder \"The Whale and Dolphin Conservation Society\". (Infos unter www.markcarwardine.com)


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FAKTEN
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TITEL
\"Die letzten ihrer Art\" (\"Last chance to see...\")

AUTOREN
Douglas Adams und Mark Carwardine

VERLAG
Heyne-Verlag (ISBN 3-453-06115-2)

PREIS
8,95 Euro


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FAZIT
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Der Science-Fiction Kultautor Douglas Adams auf Abwegen! Nicht die erfundenen Lebewesen und Welten, sondern die wirklichen Lebewesen auf unserer Welt sind Hauptdarsteller in diesem Buch. Adams nimmt uns mit auf die Reise zu den bedrohten und fast ausgestorbenen Tieren dieser Erde, begleitet und beraten vom Biologen Mark Carwardine. Er schreibt auf unbefangene Art und Weise (ganz wie es sich für ihn gehört) von so uns fremden Tieren, wie dem Aye-Aye oder dem Kakapo und bringt uns dazu, über diese Tiere und ihr Schicksal nachzudenken.
Das Buch als reines Sachbuch zu bezeichnen ist unmöglich, da es so wohl noch niemand geschafft hat, auch eher uninteressierten Menschen derart einfach und verständlich und dabei immer informativ das Thema bedrohte Tierarten näher zu bringen. Wer sich nur ein wenig für so etwas interessiert, dem sei das Buch ans Herz gelegt. Und wer sich bisher überhaupt nicht dafür interessiert hat, sollte das Buch erst recht lesen...



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NACHWORT
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\"Das Tolle daran, die einzige zwischen richtig und falsch unterscheidende Art zu sein, ist, daß wir uns immer genau die Regeln ausdenken können, die uns gerade in den Kram passen.\" (Adams über uns Menschen - auf Seite 66)

\"Noch sind wir zwar keine gefährdete Art, aber es ist nicht so, daß wir nicht oft genug versucht hätten, eine zu werden.\" (Adams noch einmal über uns Menschen – auf Seite 89)

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