Adaptation (Komödie) Testbericht

Adaptation-komoedie
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Erfahrungsbericht von Bjoern.Becher

Tod dem Mainstream! Es lebe die Schizophrenie!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

“Imagine me and you, I do
I think about you day and night
It\'s only right
To think about the girl you love
And hold her tight
So happy together”



Es war im Jahr 1999 als ein bis dato unbekannter Drehbuchautor einen Film schuf, der mich als er im Jahr 2000 in die deutschen Kinos kam, vollends begeisterte und bis heute noch sehr oft begeistert hat. Der Film hieß „Being John Malkovich“ und der Drehbuchautor Charlie Kaufman.
Doch damals als der Film „Being John Malkovich“ noch im Dreh war, bekam Charlie Kaufmann schon einen neuen Auftrag. Er sollte das Buch „The Orchid Thief“ („Der Orchideendieb“) von Susan Orlean adaptieren, also das Drehbuch zu einem Kinofilm schreiben. Doch Kaufman verzweifelte bei der Arbeit immer mehr, er schaffte es einfach nicht das Buch für die Kinoleinwand umzusetzen. Doch er hatte schon einen Vorschuss bekommen, also musste er seine Arbeit fortführen und da kam ihm eine geniale Idee. Aus dieser genialen Idee entstand Adaptation (im deutschen „Adaption“), die sehr freie Verfilmung des Buches „The Orchied Thief“.

I N H A L T
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Charlie Kaufman (Nicolas Cage) ist ein Drehbuchautor mit Minderwertigkeitskomplexen. Er hält sich für fett, kahlköpfig und hässlich. Außerdem ist er schüchtern bis zum geht nicht mehr. So liebt er z.B. die hübsche Amelia (Cara Seymour) geht schon seit 8 Monaten mir ihr aus, aber traut es sich nicht sie zu küssen, obwohl er merkt, dass sie ihn auch liebt. Nur in seiner Phantasie hat er richtig Erfolg bei den Frauen, da verführen sie ihn. Doch in Wirklichkeit liegt er nur nackt auf seinem Bett und holt sich einen runter.
Aber er hat auch ein ganz anderes Problem. Er, der als neuer Drehbuchautoren-Star gilt, hat einen Auftrag angenommen: Er soll ein Drehbuch zu dem Buch „The Orchid Thief“ schreiben und dies will ihm einfach nicht in einer vernünftigen Form gelingen.
Dazu hat sich auch noch sein nerviger Zwillingsbruder Donald (ebenfalls Nicolas Cage), der so ganz anders ist als Charlie, bei ihm einquartiert: Donald ist selbstbewusst und kann mit Frauen umgehen und Donald himmelt seinen Bruder an: Denn Donald will auch ein großer Drehbuchautor werden und geht so Charlie mit seinen Fragen und Anmerkungen auf die Nerven.
Und während Charlie immer mehr an dem Buch der Autorin Susan Orlean (Meryl Streep) über den Orchideendieb John Laroche (Chris Cooper) verzweifelt, arbeitet Donald an seiner eigenen Geschichte über einen Polizisten, der einen Mörder jagt, der eine Frau als Geisel hat und alle 3 Personen sind eine Person.
Und Donalds absurdes Drehbuch wird plötzlich ein Erfolg und so kommt auch Charlie auf eine absurde Idee. Er schreibt sich selbst in das Drehbuch!

FILM IM FILM IM FILM IM...
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Selten verließ ich in letzter Zeit ein Kino so begeistert und hätte mir den Film am liebsten gleich noch einmal angeschaut: Adaptation ist genial!!!

Regisseur Spike Jonze und Drehbuchautor Charlie Kaufman erzählen äußerlich einen Film über die Entstehung eines Films, desselben Films, also ein Film im Film im Film... Fast symptomatisch dabei Charlie Kaufman in sein Diktiergerät spricht, dass Charlie Kaufman jetzt in sein Diktiergerät spricht, dass Charlie Kaufman jetzt in sein Diktiergerät spricht...

Doch das ist nur die äußerliche Handlung von Adaptation. Adaptation ist vielmehr auch ein Gegenstück zum Mainstream-Kinos, eine Verballhornung von diesem: Adaptation ist Anti-Mainstream, Charlie Kaufman ist Anti-Mainstream und im Gegenüber wird die Person des Robert McKee gestellt als Personalisierung des Mainstream-Kinos.

Robert McKee (der übrigens brillant von Brian Cox gespielt wird) galt in Hollywood als Drehbuch-Guru, der seinen „Jüngern“ erzählt hat, wie man ein Drehbuch schreibt. Einer seiner Jünger ist in diesem Film Donald Kaufman und nach dessen Drehbucherfolg entschließt sich auch Charlie Kaufman ein Robert McKee-Seminar zu besuchen!

Dort wird ihm dann vorgepredigt, dass man niemals eine Stimme aus dem Off benutzt, um die Gedanken des Protagonisten dem Publikum zugänglich zu machen. Ein guter Drehbuchautor schafft das auch so! In zahlreichen Szenen des Films, hört der Zuschauer, dass was Charlie Kaufman denkt, gesagt von einer Stimme aus dem Off.

Aber die Verballhornung von Hollywood geht noch weiter. Die ersten 2/3 des Films, irrt der Film etwas vor sich her (was jetzt nicht als negative Kritik verstanden werden sollte), er ist typisch Hollywood-untypisch, es passiert überhaupt nichts, was den platten Popcorn-Kinogänger begeistern können wird, aber dann explodiert der Film auf eine völlig unerwartete Art und Weise: „Du musst am Ende des Films etwas für den Zuschauer unerwartetes präsentieren, dann sind alle Fehler von davor egal. Dann wird der Film ein Erfolg!“ Das sagt McKee zu Charlie Kaufman und was macht Charlie Kaufman?

Er macht genau das! Sex, Drogen und Gewalt sind die 3 Grundpfeiler des Hollywood-Erfolgsstreifens und plötzlich im letzten Drittel des Films, feuert Kaufman alles, was er an Sex, Drogen und Gewalt zu bieten hat heraus. Völlig übertrieben, platziert er die Elemente in dem Film, völlig unerwartet, man hört ihn fast förmlich sagen: Sieh her, liebes Hollywood, über eine Stunde habe ich dem Zuschauer ein großartiges Kunstwerk geboten und nun stopfe ich in dieses Kunstwerk, alles was Deiner Meinung nach in einen guten Film reingehört und siehst Du, Ich kann das und der Film ist trotzdem noch ein Kunstwerk!

Ja, ein Kunstwerk ist dieser Film ein geniales Kunstwerk, von der ersten bis zur letzten Sekunde.

SCHIZOPHREN
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In diesem Ende bringt lässt er denn Donald Kaufman ins Drehbuch einfließen, den Donald Kaufman, der es mit Hollywood-mässigem Schwachsinn, mit Thriller-Plattitüden schafft Millionär zu werden. So steht er auch im offiziellen Cast zu „Adaptation“ „written by Charlie and Donald Kaufman“, dabei gibt es diesen Donald Kaufman gar nicht. Charlie Kaufman hat keinen Zwillingsbruder, aber ich hatte den Eindruck Charlie Kaufman sieht sich selbst als Schizophren an und hat aus sich für den Film 2 Ichs erschaffen, seine schüchterne und mit Minderwertigkeitskomplexen belegte Seite und seine selbstbewusste Seite. Ich habe das Gefühl gehabt, dass er sich selbst zerrissen zwischen beiden Seiten fühlt, und immer austarieren muss, um einen Mittelweg zwischen beiden Seiten zu finden. Aber das geht zu weit in eine psychologische Interpretation hinein.

Bei diesem Thema muss dann natürlich den Darsteller Nicolas Cage erwähnen, der ja die beiden Kaufmans auf der Leinwand präsentieren darf. Mr. Cage gehörte bisher nicht gerade zu meinen favorisierten Darstellern und ich war ob dieser Besetzung doch recht skeptisch. Aber diese Skepsis konnte ich schon in der ersten Szene des Films als komplett unbegründet ablegen, denn Cage spielt herausragend. Dies fängt schon bei seiner Äußerlichkeit an, die Haare von Cage, dünnes lockiges Haar, sind der absolute Hammer. Aber auch schauspielerisch setzt sich diese gerade in der Rolle des Charlie Kaufman fort. Während der Donald Kaufman doch sehr Cage-Rollen-typische Züge hat, ist Charlie Kaufman ein ganz anderer Charakter, aber der „Hampelmann“ Cage spielt diesen ruhigen, sich selbst hassenden Menschen äußerst eindrucksvoll ohne irgendwelche großartigen Anzeichen von Zappelphilip!

BESSER ALS IN AMERICAN BEAUTY? - GEHT NICHT!!!
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Aber er ist nicht der Star des Films. Der Film hat zahlreiche verschiedene Handlungsebenen (nebenbei wird auch die ganze Geschichte der Welt erzählt über die Entstehung, die Dinosaurier, Darwin und die Geburt von Charlie Kaufman bis heute) und auf zwei anderen Handlungseben, zu denen immer wieder urplötzlich gesprungen wird, zeigen Meryl Streep und Chris Cooper großes schauspielerisches Talent.

Wenn mir vor wenigen Tagen noch jemand gesagt hätte, das Chris Cooper jemals seine schauspielerische Leistung aus „American Beauty“ wiederholen kann, dann hätte ich ihm das sicher nicht geglaubt. Cooper hat hier seine Leistung aus American Beauty nicht nur wiederholt, sondern auch überboten und die Oscarnominierung für ihn ist vollkommen gerechtfertigt. Seine hervorragende Leistung liegt natürlich nicht unwesentlich an seinem witzigen Charakter. Der Orchideendieb John Laroche ist ein lebenslustiger Kerl, der allerdings auch eine traurige Seite hat, aber einen ungeheuren Wortwitz mit in den Film bringen darf.
Ich kann sowieso allgemein jedem des Englisch mächtigen nur mal empfehlen, sich ein paar Filmzitate durchzulesen, um einen kleinen Eindruck zu bekommen. Hier der Link: http://german.imdb.com/Quotes?0268126

Aber auch die dritte wichtige Darstellerin im Bunde, zeigt eine hervorragende Leistung: Meryl Streep hat nicht umsonst für ihre Rolle in diesem Film den Golden Globe erhalten und ist wie Chris Cooper und übrigens auch Nicolas Cage für den Oscar nominiert.

Wie bekannt der Name Charlie Kaufmann mittlerweile in Amerika ist, zeigt sich noch an einer ganz besonderen weiteren Tatsache: Die ganzen Stars, die hier auflaufen haben nicht nur ihre Gage sehr weit nach unten gedrückt, nein es sind noch eine ganz Latte weiterer Stars mit von der Partie. Dadurch, dass es ein paar Szenen am Set zu den Dreharbeiten von Being John Malkovich gibt, laufen natürlich auch z.B. John Cusack, Catherine Keener und auch John Malkovich selbst im Film herum. Aber auch z.B. Gottfried John sitzt einfach mal so in einer Bar im Hintergrund und trinkt sein Bierchen.

WAHNSINNIG GENIAL ODER EINFACH NUR WAHNSINNIG?
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Ich liebe Adaptation schon jetzt und werde mir den Film sicher noch ein weiteres Mal im Kino anschauen, das muss einfach sein, da der Film so komplex und vielschichtig ist. Aber ich muss ganz klar warnen. Viele werden diesen Film sicher für wahnsinnig genial halten, viele andere werden aber gerade diese Leute einfach nur für wahnsinnig halten, denn Adaptation ist ein höchst anspruchsvoller Film und absolut null geeignet für den Popcorn-Kinogänger, der sich sein Filmchen für den gemütlichen Abend sucht. Wenn man sich Adaptation anschauen will, dann sollte man „Being John Malkovich“ gesehen haben und ebenfalls lieben, denn sonst kann das ganze schnell in eine große Enttäuschung münden.

„Adaptation bekommt von mir 10 Punkte auf meiner 10er Skala und ich bin traurig ihm nicht mehr geben zu können!

D A T E N
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Titel Deutschland: Adaption
Originaltitel: Adaptation
USA 2002, FSK 16, Laufzeit: 114 Minuten

Darsteller: Nicolas Cage (Charlie Kaufman / Donald Kaufman), Meryl Streep (Susan Orlean), Chris Cooper (John Laroche), Cara Seymour (Amelia), Tilda Swinton (Valerie), Curtis Hanson (Susan Orlean’s Ehemann), Jay Tavare (Matthew Osceola), G. Paul „Litefoot“ Davis (Russell), Roger Willie (Randy), Jim Beaver (Ranger Tony), Doug Jones (Augustus Margary), Stephen Tobolowsky (Ranger Steve Neely), Gary Farmer (Buster Baxley), Maggie Gyllenhaal (Caroline), Bob Stephenson (David), Bob Yerkes (Charles Darwin), Ron Livingston (Marty), Brian Cox (Robert McKee) und in Cameo Auftritten: Spike Jonze, Lance Acord, John Cusack, Catherine Keener, John Malkovich und Gottfried John

Regie: Spike Jonze
Produzenten: Jonathan Demme, Vincent Landay, Edward Saxon
Drehbuch: Charlie Kaufman (und Donald Kaufman) sehr frei nach dem Roman „The Orchid Thief“ von Susan Orlean
Musik: Carter Burwell
Kamera: Lance Acord
Schnitt: Eric Zumbrunnen
Kostüme: Casey Storm


W E I T E R F Ü H R E N D E I N F O R M A T I O N E N
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Internet Movie Database: http://german.imdb.com/Title?0268126

Online-Filmdatenbank: http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=21307

Offizielle deutsche Website: http://www.adaption-der-film.de/



EPILOG in eigener Sache
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Ich habe den Bericht jetzt zwar fertig geschrieben, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden. Ich halte den Bericht für schlecht, ich veröffentliche ihn aber trotzdem. Ich kann es einfach nicht besser. Ich kann die Genialität dieses Film nicht in der dem Film gebührenden Weise in Worte fassen. Ich hoffe, dass der Bericht trotzdem recht hilfreich für euch war und ich wünsche euch viel Vergnügen, wenn ihr euch diesen Film anschauen solltet.

© Björn Becher 2003

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