Aktive Sterbehilfe Testbericht

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Erfahrungsbericht von Anubis71

Leben um jeden Preis?

Pro:

Es wäre sehr human

Kontra:

es kann auch missbruach betrieben werden

Empfehlung:

Nein

Zunächst einmal muss ich vorausschicken, dass ich mich mit diesem Thema schon recht oft auseinandergesetzt habe, denn ich haben zehn Jahre nebenberuflich beim Rettungsdienst gearbeitet habe. Dort habe ich auch unter anderem sechs Jahre ärztlichen Notfalldienst gemacht, dass heißt, mich mit einem Arzt 12 Stunden am Stück um die medizinischen Belange von Menschen gekümmert, wenn die Arztpraxen geschlossen waren. Dabei habe ich auch immer wieder schwere Notfälle betreut und mir auch schon Gedanken zu dem Thema machen müssen.

Ein äußerst schwieriges Thema wie ich zugeben muss. Aber ich denke man sollte sich ein Deutschland noch einmal eingehend auf politischer Ebene mit dem Thema auseinander setzen. Aktive Sterbehilfe, also Euthanasie (griech. Schöner Tod) steht in Deutschland unter Strafe. Ein wenig anders sehen das die Niederlande. Dort ist seit dem 01.04.2002 ein Gesetz in Kraft getreten, welches den Ärzten, unter Einhaltung gewisser strenger Bedingungen, erlaubt, dem Patienten, wenn dieser schwer und unheilbar krank ist, auf Wunsch der Patienten, das Sterben zu erleichtern.

Die Diskussion um aktive Sterbehilfe entfachte in Deutschland 1984 der Mediziner Julius Hackethal. Dieser hatte einer schwerstkranken Krebspatientin Zyankali besorgt, mit welchem sich die Frau selbst das Leben nehmen konnte, was sie auch tat. Die Presse hat Hackethal daraufhin in der Luft zerrissen. Aber ich denke das war ein erster Schritt in die richtige Richtung, denn die Diskussion um Sterbehilfe flammte auf und wurde heiß debattiert.

Die Medizin bietet heute sehr viele Möglichkeiten der Therapie, aber ich denke man schießt dabei auch immer wieder über das Ziel hinaus, wenn man versucht, ein Leben auf biegen und brechen zu erhalten. Was macht es denn für einen Sinn, ein alten, kranken und schwachen Menschen, man kann schon sagen mit aller Gewalt am Leben zu erhalten und ihn mit Medikamenten voll stopft, nur um sein Leben auf ein Maximum hinaus zu zögern? Ich denke es kann nicht Sinn und Zweck der Medizin sein, dies zu erreichen. Medizin rettet menschliches Leben, aber die Maßnahmen sollten doch bitte mit dem nötigen Maß und Ziel eingesetzt werden. Ich finde es sollte nicht immer alles getan werden, was denn möglich ist, sondern das was nötig uns sinnvoll ist. Und wenn es eben keinen Sinn mehr macht, dann sollte man einem Menschen die Würde lassen friedlich zu sterben und nicht zu verrecken, nur weil man das eben medizinisch noch erreichen kann. In diesem Moment, hat die Medizin nicht mehr die Funktion Leben zu erhalten, sondern nur das Leiden zu verlängern. Ich denke dass muss nicht sein.

Ein Beispiel aus der Praxis:

Ich wurde zusammen mit meinem Arzt, mit dem ich zusammen Schicht hatte zu einem Mann gerufen, Alter weit über 80 Jahre. Er war einfach umgefallen und das war es dann auch. Wir haben trotzdem eine Reanimation (=Wiederbelebung eingeleitet). Seine Angehörigen standen um uns herum zu baten uns Verzweifelt doch alles zu tun, was denn machbar wäre, er (der Patient) habe doch noch soviel vor. Soviel vor? Mit mitte 80??? Ein wenig entgeistert schaute ich die Angehörigen an. „Was denn? Abitur auf dem zweiten Bildungsweg oder was?“ fragte ich dann ein wenig barsch. Zugegeben, das war ein wenig (oder auch sehr) grob, aber wenn man in der Situation steht, sieht man das in dem Moment nicht so ganz. Ich bat die Angehörigen, dann höflich, aber sehr bestimmend bitte draußen zu warten und die Tür zuzumachen. Nach zehn erfolglosen Minuten haben wir die Reanimation dann eingestellt. Ich entschuldigte mich für mein Verhalten von vorher und überraschenderweise hatten die Angehörigen auch Verständnis und entschuldigten sich ihrerseits für ihr Verhalten. Das fand ich echt beeindruckend, aber ich hätte das auch so verstanden. Was will uns diese Geschichte sagen? Nun ganz einfach. Ich denke ein Problem bei der Sterbehilfe sind eben auch die Angehörigen welche ein Familienmitglied nicht gehen lassen wollen, weil es eben immer da sein soll. Aber das geht eben nicht und Lieben heißt auch loslassen können, auch wenn das sehr schwer fällt.

Noch ein Beispiel aus der Praxis:
Ich kam mit einem studierten Mediziner zu einer Patientin in einem Seniorenheim, denn die diensthabende Schwester hatte uns gerufen. Die Patientin war über 80 und lag mit Schnappatmung im Bett. Dies war ein sicheres Zeichen, das die Frau im sterben lag. Sicher war allerdings nicht, wann sie denn sterben würde. Es könnte ein paar Stunden dauern, aber auch ein paar Tage, aber mehr auch nicht. Mein Doc gab der Frau eine Spritze mit einem stärkenden Präparat. Ich dachte bei mir, was denn das solle, wenn die Frau sowieso im sterben liegt und hielt das für Unfug, aber ich habe das nicht zu entscheiden. Im Schwesternzimmer füllten wir dann in aller Ruhe die notwendigen Dokumente aus und ließen uns dabei sehr viel Zeit, zumindest der Doc. Dann gingen wir noch einmal zu der Frau, um nach dem Rechten zu sehen. Aber sie war mittlerweile eingeschlafen. Für immer. Ich wunderte mich ein wenig, aber ich fragte nach, was denn das Medikament für ein Wirkung haben solle. Die Antwort: Es kann den Patienten stärken, aber es kann auch das Gegenteil bewirken, wenn ein Mensch sehr schwach ist. Meine Kinnlade knallte auf den Boden. Das war Sterbehilfe! Das war Unrecht! Stop! War es denn Unrecht? Die Frau war auf die Spritze dann eingeschlafen und hatte ihren Frieden gefunden, was definitiv nur noch eine Frage von kurzer Dauer gewesen wäre. Für mich stellte sich die Frage: War dieser Mediziner Held oder Schurke? Ich habe meine Antwort gefunden. Wie seht ihr denn das?

Ich finde man sollte über die Sterbehilfe wirklich noch einmal nachdenken und nicht gleich mit der Keule kommen von wegen Leben um jeden Preis. Der Preis wird vom Betroffenen gezahlt und von niemand anderem. Die Entscheidung sollte beim Patienten liegen, denn wenn man todkrank ist und keine Aussicht auf Heilung hat, dann sollte man dem Menschen die Würde eines friedlichen Abschieds lassen und ihn nicht mit Leben strafen. Keiner kann sagen, was in einem Menschen vorgeht und wie viel Schmerzen er denn wirklich hat und ich finde es ist Frevel, wenn man sich anmaßt dies beurteilen zu wollen.

Leben ist gefährlich, denn es endet immer tödlich. Es bleibt nur die Frage, wie das Ende aussieht.

22 Bewertungen, 5 Kommentare

  • Doppellhelix

    28.05.2002, 01:19 Uhr von Doppellhelix
    Bewertung: sehr hilfreich

    Puh, da hast du aber ein schwieriges und umfangreiches Thema angeschnitten. Leider lässt du aber einige wichtige Fakten ausser Acht. Oh Mann, ich wollte das zwar nie, aber ich werde in nächster Zeit auch mal so nen Artikel anfertigen, weil das hi

  • Peter16jh

    30.04.2002, 13:19 Uhr von Peter16jh
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein Bericht aus dme Fernsehen wo eine shcwerkranke Frau um aktive Sterbehilfe gebeten hat, hat mich doch soweit erschüttert, das sich nochmals über das Thema nachgedacht habe und es müsste straffrei erlaubt werden, wenn sich die Person nciht

  • anonym

    29.04.2002, 16:34 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Der Zweck heiligt alle Mittel. Zumindest in der heutigen Medizin. Gruß, nosianai

  • Stoewi

    22.04.2002, 16:28 Uhr von Stoewi
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich glaube mit meiner geringen Erfahrung kann ich nicht soviel dazu sagen. Gruß, Stoewi

  • mystery_delusion

    22.04.2002, 16:14 Uhr von mystery_delusion
    Bewertung: sehr hilfreich

    kann Dir nur zustimmen. Gruß Mysty