Antirassismus und Migration Allgemein Testbericht

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Erfahrungsbericht von Indigo

Der latente positive Rassismus - kennen wir das nicht alle, irgendwie?

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Der latente positive Rassismus - kennen wir das nicht alle, irgendwie?

Dieser Beitrag will einige Aspekte andeuten, zum Nachdenken anregen und eine Diskussion provozieren.

Kennen wir das nicht alle aus unserem Alltag: "Ich habe nichts gegen Ausländer!" Derartige Sätze höre ich regelmäßig von Menschen, die für sich persönlich in Anspruch nehmen, weder ausländerfeindlich noch fremdenfeindlich zu sein. Ich habe noch nie gehört, dass jemand nichts gegen Deutsche hat, und dies auch sagt.

Es ist ja an sich unproblematisch, Menschen anhand ihrer Herkunft zu kategorisieren. Seien es Bayern, Friesen, Sachsen oder Italiener. Trotzdem stigmatisieren wir unsere Mitmenschen aus anderen Kulturen in der Regel über Sprache - Alltagssprache.

Dieses Verhalten ist auch wunderschön zu beobachten, wenn deutsche Muttersprachler mit Menschen südeuropäischer Herkunft plötzlich in gebrochenem Deutsch sprechen, weil sie glauben, so besser verstanden zu werden. Später kritisieren sie dann regelmäßig die mangelnde Sprachkompetenz der Ausländer.

Ich selbst konnte beim letzten Länderspiel zuhören, wie die Einwechslung von Gerald Asamoah kommentiert wurde. Ein farbiger Deutscher, der keine Bindung zum Spiel fand. Hätten wir gewonnen, wäre es ein deutscher Farbiger gewesen, der das Spiel gedreht hat.

Ich erlebe die Generation meiner Eltern, die mir sagt: „Wir haben nichts gegen Ausländer“, aber unsere Tochter muss nicht unbedingt einen Italiener oder Türken heiraten, die hat doch was Besseres verdient. Ein Schweizer oder Österreicher, das wäre schon wieder etwas anderes, oder?

Ich erwische mich selbst dabei, wie ich auf einen unfreundlichen und langsamen Kellner im Restaurant reagiere, wenn es ein Deutscher ist. Bei einem ausländischen Kellner halte ich mich zurück, weil ich ja nicht ausländerfeindlich wirken will. Das ist meines Erachtens positiver Rassismus.

Denken wir nur an unseren letzten Döner Kebab, die Chinapfanne, die griechische Gyros oder auch die kleine Pizza. Und wenn wir dann feststellen, dass die ausländischen Imbissbetreiber und Restaurantbesitzer einfach freundlicher sind als die Deutschen, ist das nicht auch positiver Rassismus?

In vielen Schulen wird die hohe Quote der ausländischen Kinder kritisiert. In Berlin existieren Grundschulklassen, in denen 12 Nationen vertreten sind, unter anderem auch zwei deutsche Kinder. Niemand fragt, wie viele dieser Kinder denn deutsch als Muttersprache in der dritten Generation als Ausländer perfekt beherrschen. Eltern, Lehrer und Schulträger benutzen hier sehr gern die kulturelle Identität und Herkunft als Problembestandteil. Man überlege nur, irgendjemand in Bayern würde öffentlich thematisieren, dass inzwischen pro Schulklasse fünf Preußen den Unterricht unterwandern. – Auch das ist positiver Rassismus.

Wie viele von uns buchen die preiswerte Türkeireise für 295,- Euro, reisen zwei Tage per Bus an und regen sich dann zehn Tage über die aufdringlichen Händler und Teppichverkäufer auf. Aber inzwischen gibt es ja Oasen, wo vierzehn Tage lang Eisbein mit Sauerkraut ebenso garantiert werden wie Schweineschnitzel mit Zigeunersoße. Ich wundere mich immer über die ausgesprochen freundliche Haltung der Italiener, Türken, Spanier und Portugiesen zu uns Deutschen, obwohl sie doch teilweise zwanzig Jahre hier gelebt haben.

Wie heißt doch der geliebte Schaumhügel mit Schokoladenüberzug? Negerkuss? Schokokuss? Und wie kommt es zu dieser Bezeichnung? – „Neger“ an sich ist ja schon rassistisch, oder? Ich habe im Krankenhaus erlebt, wie schwerkranke Patienten plötzlich arge Bedenken bekamen, als die schwarzafrikanische Krankenschwester zur Blutabnahme hereinkam. Hat sie jedoch ein Baby, so finden wir das in der Regel besonders niedlich, oder? – Letzteres ist ebenfalls positiver Rassismus.


Bei meinem Urlaub in Afrika, in Gambia, habe ich bei einem Wochenmarktbesuch erlebt, wie es ist, der einzige Weiße weit und breit zu sein. Auf hundert Meter Entfernung wurde ich im Marktgetümmel wiedergefunden – ganz einfach. Kleine Kinder wollten mich immer am Arm anfassen. Sie haben ausprobiert, ob die weiße Farbe wieder abgeht. Gleiches habe ich im Kindergarten hier erlebt, als das erste farbige Kind betreut wurde. Das war sehr beruhigend und erleichternd. Kinder haben weder Vorurteile noch Berührungsängste. Sie sind neugierig, interessiert und offen. Wir Erwachsenen ändern das schnell. – Leider!

Hat nicht anlässlich der Flutkatastrophe in Asien unser wohlgenährter Altkanzler Kohl in die Mikrofone der Berichterstatter gehaucht, dass er nicht abreist, sondern da bleibt, damit der Tourismus nicht völlig kaputt geht. Schließlich leben ca. 20 Thailänder von seiner Anwesenheit. Ich muss da einfach an die Touristen denken, die in Jogginghosen das Flugzeug besteigen und als Sextouristen dafür sorgen, dass das horizontale Gewerbe nicht auch noch den Bach runter geht. Wer weiß, wer alles von den Umsätzen der kindlichen Prostituierten lebt.

Über Anregungen, Kritik und Hinweise würde ich mich freuen.

Gruß

Indigo

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