Asterix 33. Gallien in Gefahr (gebundene Ausgabe) Testbericht

Egmont-ehapa-verlag-gmbh-asterix-33-gallien-in-gefahr-gebundene-ausgabe
ab 8,20
Auf yopi.de gelistet seit 07/2005
5 Sterne
(0)
4 Sterne
(0)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(1)
1 Stern
(3)
0 Sterne
(1)
Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  sehr anspruchslos
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  sehr hoch
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von Gemeinwesen

Daswarwohlnix

Pro:

Ein neuer Asterix !

Kontra:

Vae victis !

Empfehlung:

Ja

Wir schreiben das Jahr 2006. Lebte Cäsar noch, er müsste hocherfreut sein - denn gleichwohl die Gallier sich unbeugsam wie eh und je geben, ist ihr Untergang doch besiegelt: Der neueste Asterix-Band, der inzwischen 33., markiert einen neuen traurigen Tiefpunkt der Serie - Gallien ist nicht in Gefahr. It's the end of the Gauls as we know them (and I don't feel fine about it).


Was haben die tapferen Dörfler nicht alles überstanden: Den Einflüsterungen eines falschen Sehers Lügfix waren sie ebenso wenig erlegen wie den Bemühungen eines gewissen Destructivus, Zwietracht zu säen. Die Neubausiedlung, vermittels derer die Römer versuchten, die Gallier mit sanfter Gewalt ins Römische reich einzugemeinden, haben sie zu malerischen Ruinen zerlegt, und selbst emsige Betriebswirtschaftler hatten mit ihrem Bemühen, die Trotzigen zu freidlichen, Hinkelsteine produzierenden Marktteilnehmern umzuerziehen, keinen Erfolg zu verzeichnen.

Doch was Cäsar und seine Legionen nicht geschafft haben, hat nun ausgerechnet der verbliebene der zwei geistigen Väter des Asterix bewerkstelligt - und er hat ganze Arbeit geleistet: man darf mich gern einen Ewiggestrigen schimpfen, aber wenn ich's bin, dann bin ich das wohl auch gestern und selbst vorgestern schon gewesen, denn seit dem Tod von Texter Goscinny im Jahre 1977 hat mir kein Asterix mehr so gut gefallen wie die Bände, die aus der Zeit vor 1977 stammen. Womöglich habe ich die Lücke, die Goscinny hinterlassen hat und die ganz offensichtlich niemand geschlossen hat, aber noch nie als so schmerzlich empfunden wie am vergangenen Freitag, als ich den neuesten "Asterix"-Band gekauft und schleunigst auch gelesen habe.

Den Band zu kaufen war für mich eine Selbstverständlichkeit: Ich bin mit "Asterix" groß geworden, und nach wie vor ist "Asterix" mein liebster Comic. "Asterix" ist der Grund, aus dem ich mich, vor die Wahl einer zweiten Fremdsprache gestellt, für Latein und nicht für Französisch entschieden habe (Ironie des Schicksals: lateinische "Asterix"-Bände könnte ich mit ein wenig Übung wahrscheinlich besser lesen als eine Originalausgabe aus der Heimat des Galliers), "Asterix"-Klebebilder haben den Ausschlag gegeben, welchen Schmatzriegel ich als Kind kaufte und welchen ich im Regal liegen ließ, und das "Asterix"-Oeuvre ist für mich, heute wie eh und je und von "Er ist entfesselt!" bis "Mit Honig!? PLOPP!" ein schier unerschöpflicher Zitatenschatz. Ich liebe die kleinen, versteckten Anspielungen in einzelnen Panels der Asterix-Bände, die mir erst mit der Zeit aufgefallen sind: die Laokoon-Gruppe, "Das Floß der Medusa", diverse französische Schauspieler und Politiker, Charles Laughtons und des Marsupilami Gastauftritt - sie alle habe ich erst nach und nach entdeckt, und auch manche Eigenart, die die römischen Legionäre auszeichnet (übereifrige Beflissenheit auf der einen Seite, wie in "Asterix und die Normannen", Drückebergertum auf der anderen wie in "Der Arvernerschild" und "Asterix auf Korsika"), hat mich Jahre nach der ersten Lektüre umso vergnügter schmunzeln lassen: "Sollen wir ihn den Schlüssel zum Armbrustschießstand holen lassen?" - wer darüber grinst, der weiß, warum er grinst und hat wahrscheinlich selbst eine gewisse Zeit bei einer Truppe verbracht.

Das alles, horribile est dictu, fehlt dem neuen "Asterix". Der erscheint mir, mehr denn je, wie ein Wechselbalg: In den Gestalten, die den neuesten Band bevölkern, erkenne ich die Figuren wieder, die ich schon in Kindertagen ins Herz geschlossen habe. Leider fehlt ihnen inzwischen alles, was einen Asterix ausmacht: Seele, Witz, Esprit, Charme - man kann das nennen, wie man mag, es fehlt das kreative Genius, und es fehlt leider fast gänzlich.

Zugegeben: Uderzos Federstrich ist noch immer gefällig. Detailverliebte Panels, in denen der Zeichner uns quasi en passant eine kleine Lektion in Sachen Architektur erteilt, gehören aber leider ebenso der Vergangenheit an wie kleine, subtile Gags wie zum Beispiel die Vogelfamilie im Wald, die in "Die Trabantenstadt" gleich mehrfach den Wohnort wechseln muss. Sicher, die Piraten tauchen kurz auf, aber ihr gastauftritt wirkt so unmotiviert und lustlos wie vieles, allszu vieles in diesem 33. Band, in dem Kalauer auf Kalauer folgt und in dem Uderzo uns ein Garn auftischt, das leider eher infantil und spinnert denn wirklich witzig ist.

Dabei lässt sich alles durchaus vielversprechend an: Bei den Vorbereitungen zum Schweinebraten stoßen unsere Helden Asterix und Freund Obelix zunächst im Wald auf eine sonderbar reglose Wildsau, ins Dorf zurückgekehrt dann auf ebenso zur Salzsäule erstarrte Dorfbewohner: Mit Ausnahme des Druiden Miraculix sind sämtliche der Gallier in Starre verfallen. was ist da passiert? Ist den Tapferen diesmal wahrhaftig der Himmel auf den Kopf gefallen? Tatsächlich ist des Rätsels Lösung nicht von dieser Welt: Über dem Dorf schwebt unübersehbar eine riesige güldene Kugel, und in der reisen, wie könnte es anders sein, Außerirdische. Die haben Wind von einer "letalen Waffe" bekommen, über die die Gallier verfügen (ach, was waren das noch für Zeiten, in denen die Besucher Teefax hießen und Cousins aus Britannien waren!) und derer sich intergalaktische Bösewichter nun bemächtigen wollen.

Ab hier wird's leider zunehmend hanebüchen, und obwohl Uderzos Schwarzenegger-Karikatur gelungen ist, hat mich eine Armee von außerirdischen Klonen (die "Shvorzis") eher befremdet denn amüsiert. Der Heckmeck, den Uderzo in der Folge veranstaltet, lässt nur allzu offenbar werden, was er wohl eigentlich vertuschen sollte: Hier fehlt's schlicht an einer charmanten, geistreichen Geschichte und auch an liebenswerten Figuren, wie sie uns selbst im "Asterix"-Spätwerk noch zuweilen begegnet sind (zum Beispiel in Gestalt der Maestria oder des Besuchs aus Indien in "Asterix im Morgenland").

Außerirdische Besucher vom Planeten "Tadsylwine" (gar nicht erst weiterdenken: hinter dem albernen, läppischen Pseudo-Anagramm steckt nichts anderes als eine eher peinlich wirkende Reverenz an - Achtung, festhalten - Walt Disney. harr. harr!) passen m.E. ebenso wenig in die Welt des Asterix, wie es Läufer tun, die sich in Raketen verwandeln, Monster, die zu U-Bahnen werden und Druiden, die für Waschmittel werben (allesamt zu bewundern im Film "Asterix erobert Rom": die fraglichen Szenen haben mir schon als Kind eher Unbehagen denn vergnügen bereitet).

Mein Resümee lautet denn auch nüchtern und ernüchtert: Die Antike à la Asterix, die ich als Kind lieben gelernt habe, ist jetzt wohl endgültig Geschichte. "Gallien in Gefahr" habe ich gekauft, weil ich mir, seitdem ich mich zurückerinnern kann, jeden neuen "Asterix"-Band gekauft habe. Im Unterschied zu vielen anderen Asterix-Abenteuern, die ich seit ihrem Erscheinen immer wieder gern gelesen habe, wird dieses Geschichte bei mir in einer hinteren Regalreihe landen. Ich werde versuchen zu vergessen, dass es diesen unrühmlich unkomischen Band überhaupt je gegeben hat und beizeiten wieder einmal "Die Goten", die "Lorbeeren des Cäsar", "Asterix als Legionär", "Asterix und die Normannen", "Asterix und Kleopatra" oder einen anderen der von mir heiß und innig geliebten frühen Asterix-Bände lesen. Und dabei René Goscinnys gedenken.

24 Bewertungen, 6 Kommentare

  • hjid55

    31.12.2006, 16:20 Uhr von hjid55
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh & wünsch dir eine schöne Silvesterfete. lg Sarah

  • skorbut

    03.03.2006, 23:49 Uhr von skorbut
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich

  • WreckRin

    03.03.2006, 13:41 Uhr von WreckRin
    Bewertung: sehr hilfreich

    toller Bericht, freu mich über Gegenlesungen <br/>LG Sandra

  • Kiki1988

    03.03.2006, 09:49 Uhr von Kiki1988
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh und lg

  • MasterT86

    03.03.2006, 09:27 Uhr von MasterT86
    Bewertung: sehr hilfreich

    Toller Bericht. Bin auch ein Asterix-Fan. Lg Tobias

  • TheBestGirl

    03.03.2006, 03:15 Uhr von TheBestGirl
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh - würde mich über gegenlesungen freuen. gruß sarah