Atari ST Testbericht

No-product-image
ab 10,52
Auf yopi.de gelistet seit 09/2003
5 Sterne
(1)
4 Sterne
(1)
3 Sterne
(1)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)
Summe aller Bewertungen
  • Benutzerfreundlichkeit:  sehr gut
  • Kultstatus:  hoch

Erfahrungsbericht von LittleGiant

Mein heißgeliebter ´Jackintosh`

3
  • Benutzerfreundlichkeit:  sehr gut
  • Kultstatus:  hoch

Pro:

- Kinderleichte Bedienung - Sehr guter Monitor

Kontra:

- Arbeitsspeicher max. 4 MB - kein \"echtes\" Multitasking

Empfehlung:

Ja

Die Firma ATARI schrieb mit Ihren Produkten ein großes Stück (Computer-) Geschichte. Das erste kommerzielle Videospiel (Pong) , der erste erschwingliche Heimcomputer mit grafischer Oberfläche bis zum ersten tragbaren farbigen Handheld Gamecomputer und der ersten 64-Bit Spielekonsole.

Der Atari ST kam 1985 auf den Markt. Der Name "ST" wurde vom "Herz" des Rechners, einem Motorola 68000 Prozessor abgeleitet, der 16/32Bit organisiert ist (=Sixteen/Thirtytwo=ST). Damit war er ein technisch sehr fortschrittlicher Rechner. Die Absicht der Firma Atari war es, den Konkurrenten Apple Macintosh anzugreifen. Der Macintosh war damals schon - was den Bedienungskomfort angeht - ein sehr fortschrittliches System. Er verfügte über eine Bedienuneroberfläche, den "Finder". Die Firma Atari, die kurz zuvor von Commodore-Gründer Jack Tramiel übernommen wurde, wollte natürlich auch ein Stück vom Kuchen abhaben. Der "Kuchen", daß war in diesem Fall der Heimcomputer-Markt. Entwickler des "ST" war niemand anders als Shiraz Shivji, der schon für Commodore - unter dem Chairman Jack Tramiel - den legendären C 64 entwickelt hatte. Jack Tramiel schied im Streit von Commodore und übernahm dann Atari - um "seiner" ehemaligen Firma Commodore den Kampf anzusagen.

Etwa zur gleichen Zeit brachte Commodore mit dem Amiga einen ernsthaften Konkurrenten für den ST auf den Markt. Der Amiga war dem ST in allen Punkten deutlich überlegen: Bessere Grafik (bis zu 4096 Farben), Stereo-Sound, echtes Multitasking. Da konnten die Atari-Rechner nicht mithalten. Der Amiga wurde von Jay Minor konstruiert, dessen Firma "Amiga" von Commodore übernommen wurde. Auch Atari-Boss Jack Tramiel wurde der Amiga angeboten, doch der lehnte aus finanziellen Gründen ab. So kam es, daß die Amiga-Entwickler zu Commodore gingen - und dort empfing man sie mit Kußhand...

Es gab zwar später zwei verbesserte Modelle, den STE und den Falcon, die dem Commodore Amiga in Grafik- und Soundmöglichkeiten ähnlich oder sogar ebenbürtog waren, doch die konnten sich nie durchsetzen. Und so verschwand Atari schließlich gänzlich aus dem Computer-Geschäft. Atari wurde irgendwann an Warner Bros. verkauft und Warner veräußerte Atari, bzw. das, was noch davon übrig blieb schließlich an die Spielefirma Infogrames.

Der ST wurde anfangs in einem Tastatur-Gehäuse, ähnlich dem des Commodore C 64, angeboten. Dem Atari ST und seinen "Brüdern" haftete deshalb trotz der professionellen Technik der Makel an, kein "echter" Computer-, sondern nur ein Spielcomputer zu sein. Der Nachteil ist ein großer "Kabelsalat" und Netzteile, so groß wie Briketts. Als zusätzliche Hardware gab es zwei Diskettenlaufwerke, das SF 354 mit 360k Kapatizät und das F 314 mit 720k Kapazität. Und es gab zwei Festplatten mit 30 bzw. 60 Megabyte Speicherkapazität.

Die ersten Atari ST-Rechner hatten einen RAM-Speicher von 512 Kilobyte, der jedoch durch das Betriebssystem TOS (´Tramiel Operating System`) und die Oberfläche GEM minimiert wurde. Diese Software mußte anfangs noch von Diskette nachgeladen werden. Erst einige Zeit später kamen ST_Rechner mit TOS und GEM auf ROM-Bausteinen auf den Markt, so daß die freigewordene Speicherkapazizät voll und ganz für Anwendungen oder Spiele zur Verfügung stand.

Ein weiter Vorteil: die Benutzeroberfläche stand (im Gegensatz zu einem Windows-PC) sofort nach dem Start zur Verfügung: einschalten - und sofort loslegen... Der Nachteil: Wenn es eine neue TOS-Version gab, mußte man diese entweder per Diskette in den Arbeitsspeicher laden (was natürlich RAM-Speicher kostete, der dann anderen Programmen - z. B. einer Textverarbeitung - fehlte) - oder man mußte neue ROMs einbauen.

Da sich - bei späteren ST-Rechnern - das Betriebssystem auf ROMs befand, war der Atari auch ein Gerät für Tüftler und Bastler. Manchmal mußte man dem "Jackintosh" eben mit dem Lötkolben zu Leibe rücken... "Jackintosh" wurde der Atari scherzhaft genannt, weil a) Atari-Chef Tramiel mit Vornamen Jack hieß und b) der Atari mit dem Apple Macintosh konkurrieren sollte. Die Philosophie von Atari war damals: "Power without the Price". Viel Leistung für wenig Geld. "Angriffsziel" von Atari waren natürlich die wesentlich teureren Rechner der Marke "Apple Macintosh"...

Als Bedieneroberfläche hatte der Atari ST das GEM (Graphics Environment Manager) von Digital Research. Im Vergleich zu heutigen Bedieneroberflächen kann man das GEM als "spartanisch" bezeichnen. Der Desktop enthielt lediglich zwei Symbole für Disketten-Laufwerke sowie einen Mülleimer. Das reichte aber völlig aus, um Disketten-Operationen wie kopieren, verschieben, löschen durchzuführen. Für komplexere Dateioperatinen war der Desktop aber nicht geeignet. Irgendwann einmal veröffentlichte der M&T-Verlag in seinem Programmservice die GEMini-Shell, ein Programm, das auch auf dem Atari-Rechner ´echtes` DOS-Feeling aufkommen ließ. Mit allen notwendigen (Text-) Befehlen für umfangreiche Datei-Operationen.

Für den ST bot Atari zwei Monitore an - den Monochrome-Monitor SM 124 mit einer Auflösung bis max. 640 x 400 Bildpunkten - und den Farbmontor SC1224. Der ST konnte - je nach Modus - bis zu 16 Farben darstellen- aus einer Auswahl von insgesamt 512 Farben. Allein der o. g. Monitor SM 124 rechtfertigte den Kauf eines ST. Er gehörte damals zu den besten Geräten dieser Art.

Wegen seiner integrierten MIDI-Schnittstelle war der ST damals auch bei Musikern sehr beliebt. Spätere, modernere, Modelle konnten auch mehr Farben (max. 4096) darstellen und verfügten zudem über Stereo-Sound.

Der Atari ST war leider nicht voll multitasking-fähig und so mußten sich die Entwickler was einfallen lassen. Die Lösung waren sogenannte Accessories - kleine Programme, die man über die Desktop-Leiste am oberen Rand aufrufen konnte, während gleichzeitig ein anderes - größeres - Programm (z. B. 1st Word Plus) lief.

Die Atari Rechner hatten zunächst ein völlig mißratenes Basic im Lieferumfang dabei. Dieses wurde später durch das Omikron-Basic der gleichnamigen Firma ersetzt. Die Software für die Atari-Rechner konnte sich durchaus sehen lassen. Da gab es z. B. die Textverarbeitungsprogramme 1stWord plus aus dem Hause Atari, Signum oder Script von Application Systems Heidelberg, GFA-Basic, sowie Omikron Basic, das Multitool Mortimer, die Datenbanken Easybase und Freeway aus dem Hause Omikron. Oder 1st-Base von Victorsoft. Ich habe damals einige dieser Programme besessen und war überaus zufrieden damit.

Ich hatte damals einen Schwarz-Weiß-Monitor des Typs SM 124, der - für Textverarbeitung - wirklich eine herausragende Bildqualität bot. Freunde von mir - ebenfalls Computerfreaks - hatten den Commodore Amiga. Und es gab oft hitzige Debatten, welcher nun der "bessere" Rechner sei. Das war sozusagen eine "Frage der Ehre"... Einer meinte mal, der Atari ST sei doch nur (Zitat) eine "intelligente Tastatur für den Amiga". Und ich konterte mit der Bemerkung: "Der Amiga ist doch nur eine aufgedonnerte Spielemaschine..." Ich war eigentlich noch nie ein Spielefreak und deshalb hat mir der Atari ST mit seinem Monchrome-Monitor auch vollkommen genügt. Ich habe meinen "alten grauen Rechenknecht" bevorzugt für Text- und Datenbankanwendungen verwendet. Spiele hatte ich zwar auch einige für den Atari, aber nur welche aus dem PD- und Sharewarebereich. Es gab damals einige, wirklich umfangreiche Software-Sammlungen für die Atari-Rechner, z. B. von der Zeitschrift ST-Computer aus dem Heim-Verlag. Die meisten dieser Programme hatten professionellen Charakter - und das zu einem supergünstigen Preis.

Über den Atari ST als "Spaß-Maschine" kann ich deshalb nicht viel sagen.. Es gab zwar auch viele Spiele für den Atari, aber die Grafik-Eigenschaften waren im Vergleich zu denen des Konkurrenten Commodore Amiga eher bescheiden. Auch die Sound-Eigenschaften des Atari ST waren nicht überragend.

Anfang der 90er kam Atari in ernsthafte finanzielle Probleme und verschwand mehr oder minder, es gab noch einen neuen und interessanten Rechner, den. „Falcon“... Leider lief nicht mehr alle für den ST entwickelte Software auf dem neuen Rechner.

Als Einsteiger-Gerät ist der Atari auch heute noch geeignet. Wer jedoch professionell arbeiten will, sollte auf einen Windows-PC umsteigen.


Technische Daten:

Hersteller Atari
Modellbezeichnung: ST (16/32 sixteen thirtytwo)
Markteinführung: 1985
Prozessor 68000 Motorola 16 Bit 7,833 Mhz
Farbpalette /Auflösung:
640x400 (monochrom)
320x200 (16 Farben aus 512)
640x200 (4 Farben aus 512)

Speicher 512 KB (260/520 ST)
1024 KB (1040 ST)

Die auffälligsten Unterschiede der verschiedenen Atari-ST-Modelle beruhen auf den Gehäusen. So wanderte die Floppy beim 1040 ST ins Gehäuse, und die Tastatur war beim Mega ST extern.Noch heute gibt es im Internet etliche Seiten, die sich mit dem Atari ST und seinen ´Brüdern` beschäftigen. Meinen Atari und alles Zubehör habe ich inzwischen ausgemustert und auf dem Flohmarkt verhökert. Aber noch heute schaue ich mit großem Interesse im Internet nach Informationen über meinen guten alten grauen "Rechenknecht"...

© LittleGiant für Yopi

16 Bewertungen, 2 Kommentare

  • Bischi

    23.01.2005, 23:42 Uhr von Bischi
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ja ja,diese schönen alten Dinger sind doch immer wieder was feines.Heute wär ich manchmal froh,wenn ich mich noch vor meine alte konsole setzen könnte

  • JoergTh

    24.11.2004, 21:45 Uhr von JoergTh
    Bewertung: sehr hilfreich

    ... ich trauer immer noch meinem Commodore Amiga nach. Damals gab es nur die Entscheidung zwischen Atari und Amiga... alles andere wäre für mich nicht in Frage gekommen! Gruß Jörg