Autodesk AutoCAD 2006 Testbericht

Nachdem wir in unserer Firma jahrelang uns jetzt mit AutoCAD 2004 herumplagten, kam am Wochenende das Update bzw. Upgrade auf 2006 und jetzt stecken wir Konstrukteure in der Feldversuchsphase.

Der erste Eindruck : Es lädt schonmal schneller. Während AutoCAD 14 noch mit am schnellsten verfügbar war, 2000(i) solala war und die Ladezeit von 2002 und 2004 geradezu frech waren, mutet die Ladezeit jetzt wie ein Quantensprung an. Als nächstes springt einem das Menü entgegen "Was hat sich verändert ?" - Na, dem bereits AutoCAD-erfahrenen Anwender würde man fast sagen : "Na, alles !".
Zunächst mal wurden die Icons alle überarbeitet. Nun, jetzt mag jeder über das Design streiten, aber mir ist es schon wieder fast zu bunt und mir haben die alten Icons einfach besser gefallen. Damit ließ sich schnell arbeiten. Mittlerweile kann man zwischen der Funktion Kreis und dem Fangpunkt Mittelpunkt so gut wie gar nicht mehr unterscheiden. Man sollte beide Funktionsleisten tunlichst voneinander trennen, sonst verklickt man sich öfters.

Die Menüanpassung läßt sich jetzt noch umfangreicher vornehmen - schon fast beängstigend, was da jetzt mit einem Klick auf die Funktion "Werkzeugkästen" möglich wird. Wer die umständliche Einstellarbeit umgehen will, macht einfach einen Rechtsklick in die Symbolleiste und schon kann er "old school" sich seine Werkzeugkästen zusammenstellen.

Die leidige Plottereinstellungen haben sich massiv vereinfacht, entsprechende Seitenfunktionen lassen sich einfach ablegen und wieder neu abrufen, auch die Plottereinstellung läßt sich wesentlich leichter vornehmen. Man kommt wesentlich direkter an sein Ziel.

Wesentliche Produktivitätssteigerungen sind

- eine intuitive Objektauswahl - Wer mit dem Mauszeiger über ein Objekt fährt, wird es "gehighlightet". Jetzt gehören Verklicker beim Markieren von Gruppen von Objekten, die nicht in Blöcken organisiert waren, für Bearbeitungszwecke endlich der Vergangenheit an.

- Wenn man Linien stutzen will, muß man nicht jede einzelne Linie einzeln anklicken (wer verfluchte das nicht bei alten Versionen ?), sondern kann endlich mit Ziehen des Kastens eingeschlossene und angrenzende Linien stutzen, markieren und weiter bearbeiten. Das ist schonmal ein sehr großer Gewinn !

- Blockvarianten : Was habe ich immer auf eine Möglichkeit gewartet, Blöcke variieren zu können. Für jede Variation einen eigenen Block zu erstellen, z.B. bei einem Rohrkrümmer - war auf Dauer sehr nervig. Jetzt zeichnet man einmal den Block und parametrisiert ihn - voila, schon lassen sich die Blocks entsprechend variieren, ohne die ursprüngliche Blockreferenz zu verlieren. Das fehlte auch in alten Versionen und macht die Arbeit leichter.

- Blockbearbeitung : Jeder so variierte Block läßt sich zudem nochmal individuell nachbearbeiten an der jeweiligen Stelle, ohne wiederum Einfluß auf alle Blöcke desselben Typs zu nehmen.

Hier wurde also extrem verbessert, wohl auch durch den massiven Druck der Anwender auf Autodesk, denn AutoCAD war in der Vergangenheit nicht gerade die Referenz im CAD-Bereich. Auch mit den Verbesserungen ist ACAD immer noch hinter der Bedienerfreundlichkeit von Nemetschek (im CAAD-Bereich) und SolidEdge (im MCAD-Bereich) entfernt, aber sie holen endlich mal auf.

Anfänger finden sich auf jeden Fall in 2006 von Anhieb an schneller zurecht. Ich hab einen Konstrukteur ohne CAD-Erfahrung davorgesetzt (ja, so einen der Rapidographen-Dinosaurier) und der war in der Lage, innerhalb von 2h eine brauchbare Zeichnung zu erstellen, nach 3 Tagen hatte er sämtliche Grundfunktionen ziemlich berappelt und konnte effektiv mit Blöcken und Layern arbeiten.
Also zum Lernen optimal. Aber Obacht ! Wer mal mit AutoCAD anfängt, fällt der Wechsel auf andere Systeme sehr sehr schwer. Grad was den AEC-Branchenprimus Nemetschek angeht. Umgekehrt ist es etwas anderes, erfahrener Anwender anderer Systeme finden sich eigentlich relativ leicht in ACAD ein, aber belächeln nach spätestens 3h so einige Workarounds, die sie machen müssen, während in Logocad oder Nemetschek ein Mausklick dafür nötig war. Dazu zählt mal wieder die Generierung von Achsrastern.

Auch für 2006 gilt : Nutzen kann man es erst dann effektiv, wenn man entsprechende Erweiterungen nutzt. Hier werden schon die ersten Produkte angeboten, die die COM-Schnittstelle von 2006 voll nutzen sollen. Wir werden sehen, wer da die bessere Software hat.

Was den Leistungshunger angeht, gibt sich 2006 etwas moderater als 2004. Im großen und ganzen sind die Anforderungen gleich geblieben. Allerdings kann ich eine Einzelplatzlizenz auf einem Notebook ohne größere Einbußen nutzen, wenn es sich um kleinere Pläne handelt. Sobald ich es mit Xrefs und großen Zeichnungen (+15MB) zu tun bekomme, streikt die Kiste schonmal und braucht Zeit zum Nachdenken. Auf Desktops ist das das gleiche Bild. Aber das war von 2004 auch schon bekannt.

Was immer noch fehlt, ist die automatische Generierung korrekter Planköpfe bei der Erstellung neuer Layouts und eine entsprechende Variablenverwaltung für die neuerdings mitgelieferte und integrierte Planverwaltung. Die Planverwaltung ist ein nettes Gimmick, taugt aber nicht allzu viel, die Bedienung ist einfach zu umständlich, auch hier hat Nemetschek immer noch die Nase vorn. Das ist zwar genauso umständlich zu bedienen, aber eine Ecke intuitiver und leichter zu verstehen als die Planverwaltung in ACAD2006.

Ich muss zugeben, wir haben bisher noch keine Schulung bekommen, die kommt irgendwann im Verlauf der nächsten zwei Wochen und was ich hier so aufgeschrieben habe, basiert auf meinen bisherigen Erfahrungen. Noch habe selbst ich nicht alle Funktionen ausgemacht und getestet. Das kommt aber noch und dann werde ich ggf. den Test hier nachbessern.

Alles in allem ist ACAD 2006 meiner Meinung nach das bisher beste AutoCAD, aber immer noch schlechter als die Konkurrenz aus dem Hause Nemetschek u.a. - vielleicht geht ja Autodesk zukünftig mehr auf die Kundenwünsche ein.