Balaton Testbericht

Es ist zwar schon länger her, aber diese Erfahrung war so einprägsam, dass ich mich immer noch sehr gut daran erinnern kann:

Vor ca. 2 ½ Jahren im Jahre 1998 war es soweit, ich hatte absolut keinen Bock mehr mit meinen Eltern in Urlaub zu gehen. Und nach endlosem Wälzen von Reiseprospekten fiel unsere (einem guten Kumpel und mir) Wahl auf eine Jugendreise mit dem Veranstalter „Arbeiterwohlfahrt Mannheim“ kurz „AWO“ nach Ungarn an den Plattensee. Mit nur DM 998. - , also ca. € 510. - war das Angebot für 16 Tage Vollpension inkl. Hin- und Rückreise auch noch äußerst günstig.

Nach einem ausführlichen Vortreffen, wo wichtige Fragen über Wetter, Kleidung, Verpflegung, Gepäck, Zimmer usw. geklärt wurden und eventuelle Bedenken der Eltern beruhigt, ging es am 1. August mitten in der Nacht (0.00 oder 1.00 Uhr) mit einem Bus auf einem völlig überfüllten, weil von da aus noch weitere Reisen starteten, stockdunklen Mannheimer Parkplatz los.


Die Fahrt gestaltete sich vorerst als angenehm und man lernte schon die ersten Mitreisenden (alle von 14-17 Jahre alt) kennen, nach einigen Stunden gaben sich aber auch die letzten der immer mächtiger werdenden Müdigkeit hin, sodass ich und wahrscheinlich alle anderen auch nicht viel vom ersten Teil der Fahrt mitbekamen.
Als dann jedoch der Tag anbrach und die meisten wach wurden, entwickelte sich das ganze aber immer mehr zu einer nicht enden wollenden Tortur.
Stundenlange Wartezeit an der Grenze und Ungarn in brütender Hitze lies die Stimmung nicht gerade besser werden. Dann verfuhr sich der Busfahrer auch noch und nach ungefähr 7 Umrundungen des Balaton (Plattensee) erreichten wir dann endlich total erschöpft unser Ziel.


Die Freude über die Ankunft währte bestenfalls solange, bis wir unser zentnerschweres Gepäck in die Zimmer gewuchtet hatten.
Klar, für den sehr niedrigen Preis kann man keinen Luxus erwarten, das tat aber auch niemand und trotzdem war ich derbe geschockt. Die Räume, die man höchstens als Baracken bezeichnen könnte, waren zwar für 4 Personen ausgelegt, aber so mickrig, dass wir kaum und mit unseren Koffern und Taschen schon gar nicht hineinpassten. Irgendwie haben wir es dann doch hinbekommen und uns halbwegs annehmbar verstaut.


Na gut, dachte ich die Unterkunft ist scheiße, wenn der Rest in Ordnung ist, dann kann´s ja trotzdem noch gut werden. Ja, wenn...

Das Essen:
Die Mahlzeiten in diesem angeblichen 2 ½ Sterne Clubhotel waren ausschließlich und total ungenießbar. Morgens gab es wabbelige „Brötchen“ mit einer Art Margarine, und Wurst, die diesen Namen nicht verdient, oder Marmelade aus Früchten nicht erkenn- oder schmeckbarer Herkunft. Mittags gab es meist zuerst eine Suppe, dann fast immer Kartoffeln, die wohl stundenlang in altem Fett gebadet hatten, und dazu Schnitzel, die mit Panade 5mm ohne 2mm dick waren, oder Backfisch oder etwas ähnliches. Nur einmal gab es Gulasch, zwar nicht unbedingt würzig, aber halbwegs essbar. Am Abend waren die aufgewärmten Reste vom Mittagessen oder trockenes Brot mit der bereits beschriebenen Wurst angesagt.


Wenn man sich vom Essen erholt hatte konnte man nachmittags im Balaton baden gehen. Dank des durchgehend heißen (ca. 30°C) aber trotzdem nicht unangenehmen Klima (außer an einem Tag, an dem die Luft so feucht und dick war, dass man sie in Scheiben hätte schneiden können) konnte man es wenigstens am Ufer (kein Sandstrand sondern eher eine Wiese) recht gut aushalten und je nach Bedarf ab und zu ins lauwarme Nass waten. Warum „lauwarm“ und warum „waten“ werdet ihr euch jetzt fragen. Zur Erklärung der Plattensee ist sehr, sehr flach und man kann mindestens hundert Meter im Wasser gehen, bis man nicht mehr stehen kann!

Vom restlichen Ungarn habe ich leider (oder Gott sei Dank?) nicht viel gesehen außer ein paar Details:
- Die Zigaretten sind extrem preiswert, sie kosten je nach Marke, glaube ich, höchstens € 1,50; Ähnlich verhält es sich mit anderen Lebensmitteln, fast alles ist billiger als in Deutschland
- Es gibt fast keine Straßenmarkierungen oder Schilder
- Die Bahngleise sind sehr unsicher, es gibt keine richtigen Übergänge nur solche komischen Gitter, die einen wahrscheinlich daran hindern sollen unachtsam drüberzurennen


Insgesamt bin ich, wie man bestimmt schon erkennen konnte, alles andere als begeistert von Ungarn und dem vielgepriesenen Plattensee. Ich würde auf keinen Fall je wieder dort hin fahren!



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