Barcelona Testbericht

ab 36,97
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Erfahrungsbericht von dr_error

Alles Gaudí oder was!?

Pro:

Kultur, Kunst, Natur, Klima, Menschen....

Kontra:

teilweise ziemlich teuer

Empfehlung:

Ja

Ein guter Freund ging im April letzten Jahres nach Barcelona, um dort 2 Auslandssemester zu verbringen. Nur einen Monat später stand der erste Besuch an. Wir machten uns mit insgesamt 5 Leuten mit einem VW-Transporter auf den Weg gen Süden - durch Ostfrankreich Richtung Lyon, weiter über Orange, Montpellier, die franz.-spanische Grenze bei La Jonquera und dann noch 160 weiter südwärts bis Barcelona.
Die Autobahnen in Frankreich und Katalonien sind gut ausgebaut, es werden allerdings ziemlich hohe Mautgebühren erhoben.
Die Fahrt mit dem Auto in die Innenstadt Barcelonas gerät gerade im morgendlichen und abendlichen Berufsverkehr zu einer wahren Nervenstrapaze, der man sich ohne Not nicht aussetzen sollte. Vielmehr empfiehlt es sich, das Auto möglichst sicher außerhalb des Stadtkerns zu parken und mit der Metro ins Zentrum zu fahren.

Ich werde jetzt nicht groß über Unterkunftsmöglichkeiten berichten, da wir bei unserem Freund in einer studentischen \"Multikultivilla Kunterbunt\" untergebracht waren - natürlich kostenlos:) In erster Linie geht es hier um die Stadt, die ich schon zum dritten Mal besucht habe und die mich wie keine andere verzaubert hat und vor allem um ihre wichtigsten Sehenswürdigkeiten, die wir besucht haben, und ein wenig auch um Geschichte.

Barcelona, die Hauptstadt der autonomen Provinz Katalonien (2 Mio. Einw.) ist ein Ort mit 2000jähriger Geschichte, ein Wirtschaftszentrum, Einkaufsparadies, Hafenstadt und vor allem Kulturzentrum. Barcelona gilt als Zentrale der Kreativen, vom katalanischen Jugendstil und Gaudí über Picasso, Miró und Dalí bis zum Avantgarde-Design. In kaum einer anderen Großstadt leben die Menschen mit so vielen phantasievollen Gestaltungsformen: selbst Restaurants und Bars werden zu kleinen Kunstwerken.


SEHENSWÜRDIGKEITEN


Ich habe noch nie eine Stadt gesehen, die derart geprägt wurde von einem Künstler wie Barcelona von Antonio Gaudí. Gaudí - Architekt, Stadtplaner, Kunsthandwerker, Möbeldesigner, Bildhauer und Maler in einem - war der wohl prägnanteste Künstler des Modernismo, einer spanischen Sonderform des Jugendstils.


- Parc Güell-

Zu seinen herausragendsten Leistungen zählt zweifellos die Gestaltung des Güellparks(anfang des 20. Jhdt.)), der heute eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Barcelonas ist. Eigentlich sollte auf diesem Grundstück, im Auftrag des reichen Industriellen Euseli Güell, Gaudís Freund und Förderer, eine in die Natur integrierte Wohnsiedlung entstehen, aber es blieb bei einem Park, da die Unterstützung der Stadt Barcelona ausblieb.
Der Parc Güell wird von einer Mauer mit sieben Toren umfangen, die harmonisch der natürlich hügeligen Umgebung folgt. Zwei Eingangspavillons sind einer kräftig geschwungenen Treppenanlage vorangestellt, für die Gaudí in Spanien das erste Mal vorgefertigte Teile aus Eisenbeton verwendete. Diese Treppenanlage führt zu den beiden wichtigsten Zentren des Parks: zu einem großzügigen Platz, der als Markt bestimmt war, darüber ein Forum für Kulturveranstaltungen. Eingefasst wird dieser Platz größtenteils von Bänken in Serpentinenform. Und ebenso wie die Mauer und die Kuppelaufsätze der Pavillons wurden die Bänke von Glas- und Keramikbruchstücken in harmonischen Farbkompositionen collagenartig verkleidet.
Mit seinem monumentalen Apartmenthaus Casa Milá, direkt im Park gelegen, schuf Gaudí sein bedetendstes Profanwerk. Das Haus zieht sich in weicher Modulation der Fassade und abgerundeten Ecklösungen an zwei Straßenzügen entlang. Während des Baus wurde in den einzelnen Wohnungen auf Trennwände verzichtet, so dass sie individuell gestaltet werden konnten. Auch an diesem Gebäude spiegelt sich Gaudís naturnaher Stil wider.
Der Güellpark ist das einzige wirklich neue urbanistische Modell der Jugendstilepoche in Barcelona und ein absolutes Muss für jeden Besucher - traumaft!
*Metrostation: Vallcarca


- Sagrada Familia -

Die berühmte Kathedrale, die nie fertiggestellt wurde und an der auch noch heute gearbeitet und gebaut wird - wohl DAS Wahrzeichen Bacelonas. Das der Heiligen Familie geweihte und bis zum heutigen Tag aus Spenden finanzierte Bauwerk gilt - obwohl auch andere Baumeister und Bildhauer beteiligt waren - als Lebenswerk des tiefreligiösen Gaudí. 1883 übernahm er die Bauleitung, die er bis zu seinem Tod 1926 innehatte. Unser Gastgeber sagte uns, dass viele Experten behaupten, dass der Bau später nicht im architektonischen Geiste Gaudís fortgeführt wurde.
Die wichtigsten Elemente der \"ewigen Baustelle\" sind die markanten Türme, die über eine Wendeltreppe bestiegen werden können. Die Kirche kann täglich bis 20 Uhr besichtigt werden und der Eintritt kostet 8 Euro.
*Metrostation: Sagrada Familia


- Spaziergang über Las Ramblas und weitere Sehenswürdigkeiten -

Unser Spaziergang begann nahe dem Monument a Colom an der Plaça Portal de la Pau, denn dort beginnen die Ramblas, die prominente Flaniermeile der Stadt, stets voller Trubel, Attraktionen und quirliger Geschäftigkeit. Der Weg auf diesem von Bäumen gesäumten und von verkehrsreichen Straßen licks und rechts flankierten Boulevard führt mit leichter Steigung in Richtung Plaça de Catalunya. Sehenswürdigkeiten unterwegs: die rechts nahe der Ramblas liegende Plaça Reial mit ihren stilvollen Arkaden, dann weiter links der berühmte Wochenmarkt Mercat de la Boquería, wo man wirklich alles findet, was frisch und gut schmeckt, dann der Palau de la Virreina und die Kirche Església Betlem. Angekommen an der großen, weiten Plaça de Catalunya, überqueren wir diagonal den Platz und biegen in den breiten, von teuer-exquisiten Geschäften gesäumten Passeig de Grácia.
Danach erreichen wir die Casa Amatller und daneben die berühmte Casa Battló (dazu später mehr), noch eine Perle des katalanischen Jugendstils.
Auf der anderen Seite des Passeig geht es zurück zur Catalunya und dann durch die Avinguda Portal de l\'Àngel durch das Einkaufsviertel, über die Plaça Nova bis zur Plaça Sant Jaume, dem bedeutendsten Platz im Barri Gòtic (später mehr dazu). Da ist auch der Palau de la Generalitat, der Sitz der katalanischen Regierung.
Auf den Ramblas findet man wirklich unzählige Cafés und Läden, Souveniergeschäfte mit allem möglichen Schnick-Schnack, Fast-Food-Lokale... In den wärmeren Monaten sind Las Ramblas auch eine große Schaubühne für Akrobaten, Mimen, Gaukler, Straßenmusikanten... Leben pur!


- Casa Batlló -

Und noch ein Meisterwerk von Gaudí. Er befasste sich zwischen 1905 und 1907 mit dem Umbau des Gebäudes. Das phantastische Ergebnis: ein Dach, das an das grünbunte Schuppenkleid eines Drachens erinnert, seltsame, Karnevalsmasken gleichende Balkone, viele schwellende Formen und eine Fassade, die an die Haut eines Urtiers erinnert. Auch im Innern zeigt sich die Handschrift des großen Meisters: Treppen, Säulen, Fenster und Deckengewölbe wirken wie ein Formenensemble aus der Natur.
*Metrostation: Passeig de Gràcia


- Barri Gòtic -

Das historische, gotische Viertel mit seinen Zahlreichen Monumentalbauten aus dem Mittelalter liegt innerhalb der ehemaligen Stadtmauer. Typisch für diese Altstadtzone sind neben den gotischen Gebäuden die engen, verwinkelten Gassen, die kleinen Plätze und die unzähligen Einzelhandelsläden aus der Vorcomputerzeit, die alle Turbulenzen bisher erfolgreich überlebt haben.
Im Zentrum des Barri Gòtic liegt die Plaça Sant Jaume, umgeben vom Palau de la Generalitat und dem Ajuntamento (Rathaus). In diesem Viertel befindet sich außerdem auch die faszinierende Kathedrale Palau Reial. Aber überall aufpassen - Taschendiebe sind sehr aktiv und gerissen, da spreche ich leider aus eigener Erfahrung. Dennoch würde ich Barcelona nicht als unsicher einstufen, denn solche Erscheinungen gibt es wohl in jeder Metropole der Welt.


- Acuario -

Das wichtigste und größte Aquarium im Mittelmeerraum. Gezeigt werden Fische und andere Meeresbewohner im Kontext diverser Biotope, z.B. im Roten Meer, in der Karibik, in Hawaii, Australien usw. Die größte Attraktion ist ein großes Becken mit mehreren Haifischen, das die Besucher durch einen langen Tunnel aus durchsichtigem Acryl unterqueren können. Absolut empfehlenswert, allerdings ist der Eintritt ziemlich happig: 14 Euro!
*Metro: Drassanes


- Estadi Camp Nou und Museu del FC Barcelona-

Die Fußballkathedrale, das größte europäische Sportobjekt (98000 Zuschauer) und Heimat des FC Barselona, des größten und wohl bedeutendsten Fußballvereins der Welt. Der Verein war während der Franco-Diktatur der einzige Zufluchtsort, seine Heimspiele die einzige Möglichkeit, das katalanische Lebensgefühl auszuleben und den katalanischen Stolz zu zeigen. Es ist unmöglich, die Bedeutung des FC zu beschreiben - es ist weit mehr als nur ein Sportverein, es ist fast schon eine Religion.
Das Stadion ist einfach nur imposant - ein mehrstöckiges Gebäude in Vereinsfarben bordeaux-blau und das Zentrum eines weltweit einmaligen Ensembles von Sportanlagen. Dazu zählen je eine große Kunsteis- und eine Ballspielhalle, in denen von den Eishockey- bis zu den Basketballspielern die vielfältigen anderen Sektionen des FC Barcelona tätig sind. Außerdem gibt es auch eine Abbildung des großen Stadions - das \"Mini\", in dem die zweite Mannschaft des FCB seine Spiele austrägt.
Im Stadion gibt es auch eine Stadion-Kapelle, in der die Spieler vor der Barca-eigenen schwarzen Madonna \"La Moreneta\" vor dem Anpfiff um reichen Torsegen beten können.

Das Barca-Museum ist ebenfalls einmalig und immer einen Besuch wert: Trophäen, Dokumente, Fotos und audiovisuelle Informationen zur Geschichte des Vereins. Der Eintritt für das Museum kostet 6 Euro, zusammen mit einer ausführlichen Stadionführung kostet das Ganze dann aber schon 10 Euro.


- Museo Picasso -

Das meistbesuchte Museum der Stadt zeigt auf drei Etagen und in 35 Sälen Werke von Pablo Picasso, der eine wichtige Schaffungsperiode in Barcelona verbrachte, und einigen seiner frühen Zeitgenossen. Zu sehen sind Bilder und Keramiken der Schaffungsperioden in Málaga (sein Geburtsort), La Coruña, Paris und natürlich Barcelona. Die in der Barcelona-Epoche entstandenen Gemälde und Zeichnungen zeigen Szenen aus dem Hafenmilieu, Porträts, Strände und Plätze sowie Landschaften.
Die Sammlung umfasst auch Picassos frühere, weniger bekannte Werke. Unter den späten Werken ragt vor allem die \"Meminas\"-Sammlung heraus - 23 verschiedene Versionen zum \"Meminas\"-Gemälde des Altmeisters Velázquez.
Der Eintritt kostet 5 Euro.
*Metro: Jaume I


- Museu de l\'Erotica-

Eine bunte Mischung aus erotischen Kulturgegenständen aus allen Erdteilen. Viele originelle Einzelstücke. Sehr empfehlenswert. Eintritt: 8 Euro
*Metro: Catalunya


ESSEN/TRINKEN/EINKAUFEN

Was diesen Segment betrifft, hat Barcelona wirklich für jeden etwas zu bieten. Insgesamt dominieren doch Restaurants der oberen Mittelklasse oder gar der Luxusklasse, aber auf den Ramblas und eigentlich in der gesamten Altstadt findet man auch preiswerte Restaurants, Tapas-Bars, Cafés, Bodegas etc.
Fast überall werden Spezialitäten aus dem Meer und Gebirge (die Pyrenäen sind sehr nah) angeboten, dazu katalanische Weine und natürlich Cavas.
Ich werde jetzt nur ein Restaurant hervorheben, dessen Preis-Leistungsverhältnis mich am meisten beeindruckt hat, nämlich \"La Morera\": zentrale Lage, wechselnde Mittagsmenüs mit typischen katalanischen Spezialitäten. Rundum angemessene Preise, aber durchaus was für Feinschmecker. Die Paella dort ist die Beste, die ich je probiert habe. Es herrscht eine sehr authentische und angenehme Atmosphäre. Direkt hinter dem Mercat Boquería.

Vom überschäumenden Nachtleben Barcelonas muss man nicht viel sagen - überwältigendes Angebot. Unglaublich stilvoll und doch nicht Schicki-Micki, das ist wohl die beste Beschreibung der Nachszene. Ich möchte jedoch zwei Lokale erwähnen, die es mir besonders angetan haben:

-Nick Havana: Vollkommen gestyltes Designer-Lokal gehobener Preisklasse, aber ein Traum für Ästheten, die sich für avantgardistische Inneneinrichtungen begesietern können. Tanzbar mit stets flimmernden Videos... Metrostation Provenca.

-El Otro: Szenebar mit stets guter Musik, einem Riesenangebot an Spirituosen und einem gemischten Publikum - keine Snobs, keine Schicki-Mickis, kein übersteigertes Styling-Flair (als Kontrastprogramm zum Nick Havana). Mittlere Preisklasse, Metrostation Hospital Clínic.

Barcelona hat wirklich riesige Einkaufsmöglichkeiten. Es wäre reinste Platz- und Zeitverschwendung, verschiedene Läden, Fachgeschäfte, Märkte oder Designergeschäfte aufzuzählen - das Angebot ist einfach unüberschaubar. Davon muss man sich einfach vor Ort überzeugen. Allerdings ist auch das durchschnittliche Preisniveau sehr hoch...
Doch gerade in der Altstadt findet man noch Geschäfte, die alle Veränderungen überdauert haben, die nicht mit modischen Luxuswaren handeln, sondern mit oft kuriosen, manchmal angestaubten Artikeln für den Alltagsbedarf. Außerdem findet man dort auch zahlreiche Antiquariate, Delikatessengeschäfte, Fachgeschäfte für afrikanisches und lateinamerikanisches Kunstgewerbe... Nun, wie bereits erwähnt - es ist unüberschaubar.


MENSCHEN

Die Menschen in Barcelona, aber auch Katalanen im algemeinen haben sich uns als sehr freundliche, hilfsbereite und offene Menschen gezeigt. Sie haben ein sehr ausgeprägtes Nationalbewusstsein, sind sehr, sehr stolz auf die wirtschaftliche Kraft ihrer Heimat, auf die eigenen Traditionen und historischen Wurzeln und vor allem auf die in der Franco-Diktatur verbotene und heute wieder üppig wiederbelebte Sprache, das Català, und auf alle Eigenheiten und Privilegien der katalanischen Nation. Diese starke Betonung der katalanischen Eigenheiten (wie z.B. der Sprache) mag dem Auslandstouristen hier und dort ein wenig übertrieben erscheinen, aber wer sich darauf besinnt, wie entwürdigend für die Katalanen das Verbot der Sprache während der düsteren Franco-Zeit gewesen sein muss, wird Verständnis dafür aufbringen.
Gerade Ausländern, wobei Spanier aus dem Landesinneren die eigentlichen Fremden sind, gegenüber zeigen sich die Menschen sehr offen und hilfsbereit, sind dann auch ohne Weiteres bereit, Spanisch zu reden.
Alles in allem muss man aber lernen, mit dem katalanischen Selbstbewusstsein umzugehen.


FAZIT

Eine wahre Metropole, in erster Linie katalanische und doch eine Weltstadt, die in Sachen Kunst, Kultur, Geschichte, Natur, Lebensstil so viel zu bieten hat, dass es einem wirklich die Sprache verschlägt. Eine Stadt, in die man sich augenblicklich verliebt und die man äußerst ungern wieder verlässt. Was soll ich noch schreiben - fahrt hin, überzeugt euch selbst von dieser einmaligen Stadt! 5 Sterne, ohne Wenn und Aber!

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