Beiträge, die keiner braucht, aber alle lesen wollen Testbericht

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Erfahrungsbericht von chaosdiva

Fiktives Protokoll einer Abschiedszeremonie.

Pro:

...

Kontra:

...

Empfehlung:

Nein

... Hallo, das was ich gestern getan habe ist nicht zu verzeihen. Ich bin voller Scham vor mir selbst. Im Boden versunken bin ich gestern. Ich bitte dich vergiss mich ... Streiche mich aus deinen Gedanken. Entschuldigen bei dir kann ich mich nicht, das wäre unglaubwürdig ... es ist geschehen, leider. Ich wünsche dir alles erdenklich Gute, viel Kraft, Gesundheit und Glück (das ist aufrichtig). Du brauchst auf diese Mail nicht zu antworten Ich bin voller Scham ...

... nein ... in den boden versinken brauchst du nicht ... bist ja schliesslich auch nur ein mann ... und von daher ist dein verhalten absolut nachvollziehbar und absolut normal ... im übrigen war es lediglich ein äusserst dummer zufall ... der zu dieser situation gestern führte ... dass du nach unserem treffen heftig weiterbaggern musstest lässt mich lediglich schliessen ... dass dich die tatsache ... dass ich bereit war ... dir mit interesse und neugier und offen zu begegnen ... nicht sonderlich beeindruckt zu haben scheint ... und ... du bist frei zu tun ... was DU willst ... und ... du hast mir nichts versprochen ... also: wo liegt das problem? ... im übrigen ... falls du den mut haben solltest ... dich auf einen versuch einzulassen ... näheprogramm mit mir zu erfahren ... überlass ich es dir ... so wie ich es tun könnte ... ebenso mit einem grinsen und mit einem lächeln ... über diese situation von gestern einfach hinwegzusehen ... und manchmal ist leben einfacher als mann denkt …

... Danke Dir für Deine aufrichtigen Worte ... Ich muss erst mein Leben in den Griff bekommen. Manchmal ist es so dass mich meine Hormone im Griff haben. Leider. Ich bin nicht NUR geistig, sondern auch sehr sinnlich ... Verzeihen kann und will ich es mir nicht, wirklich nicht ... Ich gehe einen Schritt zurück. Die Umstände erfordern es so ... Tue was Dir beliebt ...

... kompliment! ... mit so netten worten hat es bisher noch kein mann geschafft ... meine ausgestreckte hand zu ignorieren ... und mich in die wüste zu schicken *grins ... nun ja ... viel spass beim rückzug ... wohin immer er dich auch führen mag ... vielleicht hast du ja mit der nächsten begegnung ein glücklicheres händchen ... und dann war unsere flüchtige begegnung ja vielleicht doch zu etwas gut ... ach, im übrigen ... ich hatte nicht vor dich übermorgen zu heiraten ... nur mal so ganz am allerletzten rande erwähnt ... *grins ... und nette grüsse noch an dich von der nurgeistigen schachtel ...

... Du weisst wie ich es meinte ... Verzeih falls ich meine Worte falsch wählte ...

... ganz offensichtlich reicht meine blödheit wohl auch noch so weit ... dass ich nicht in der lage bin deine worte ... was auch immer sie ausdrücken sollten ... zu verstehen ... nun gut ... leider scheint nicht die hoffnung zuletzt zu sterben ... nein ... es ist die blödheit ... die wohl bis ans ende aller ewigkeiten reicht ... in diesem sinne ... gehab dich wohl ... ich trete gerne mit einem quantensprung ... tausend schritte zurück ... und werde dich von nun ab nicht mehr mit meinen unnützen gedanken zu belästigen versuchen ...

© chaosdiva



----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-03-10 21:56:04 mit dem Titel Ten places to be.

Zehn Orte um zu sein. Um zu fühlen. Um zu denken. Um zu leben.
Meine Lieblingsorte.

So präsentiere ich hiermit meine ganz persönliche Hitliste in einer willkürlich gewählten Reihenfolge, die keine Prioritäten darstellt, denn leider finden sich unter meinen zehn Lieblingsorten auch einige, die ich nicht so ohne weiteres und jederzeit erreichen kann.

1. Mein Blue Room
Mein überwiegend in Blautönen gehaltenes Zimmer, in das ich mich gerne zurückziehe um neue Energie aufzutanken, um Klarheit zu gewinnen, um von der auch mich gelegentlich immer noch umgebenden Hektik der Außenwelt abzuschalten und zu einem Zustand innerer Ruhe zurückzufinden.

2. Meinen Sonnenplatz am Fenster
Den Blick aus meinem Fenster über Dächer hinauf in die Wolken am Himmel. Wolken sind etwas ganz besonderes für mich, mit ihren immer wieder neuen Gestalten und Formen und Bildern und Gesichtern, die in Sekundenschnelle sich verändern, meine Fantasie anregen und damit unzählige neue Geschichten offenbaren und erzählen.

3. A’s Room
Im Ledersessel sitzend, die vielen Bücherregale im Rücken, den Blick stundenlang auf das knisternde Feuer im Kaminofen gerichtet, das flackernde Spiel der Flammen beobachtend, das meine Gedanken schweifen und Ideen und Visionen in mir reifen läßt.

4. Chinesischer Garten im Bethmannpark in Frankfurt/Main
Mit seiner außergewöhnlichen Gestaltung strahlt er zu jeder Jahreszeit eine sehr eigene meditative Atmosphäre und Stille aus. Obwohl er innerhalb des ohnehin nicht sonderlich großen Bethmannparks nur eine kleine Fläche zur Verfügung hat, ist er mit seinem nach zwei Seiten hin offenen chinesisch gestalteten aus Steinen erbautem Haus mit den Holzbänken im Innern, seinem kleinen Teich und den beiden Brücken, eine aus Holz, eine aus Stein, die darüber führen, etwas außergewöhnliches für mich und ich bin fast täglich dort, auch wenn es manchmal nur ein paar Minuten sind.

5. Berlin
Auch wenn ich es nicht erklären kann, fühle ich mich jedesmal in dieser Stadt zuhause, wenn ich wieder einmal dort bin. Ich mag die Weite dieser Stadt, die vielen Clubs und Kneipen und ich mag die Mentalität der Leute, die dort leben. Ich mag die ineinander verschachtelten Hinterhöfe, ich mag immer noch Kreuzberg und Prenzlberg, überhaupt, die so unterschiedlichen Stadtteile haben alle ihr jeweils ganz eigenes Flair, obwohl besonders mir, die ich nach bestimmten Zeitabständen wieder dort hinkomme, auffällt, wie sehr gerade Berlin sich verändert. Und ich würde immer noch sehr gerne in Berlin leben wollen.

6. Amsterdam
Die vielen Grachten mit ihrem Blick auf die schmalen alten Häuser, die manchmal ihre Front schon etwas nach vorne neigen, und mich an den schiefen Turm von Pisa erinnern, den ich nur von Bildern kenne, üben eine nicht in Worte zu fassende Faszination auf mich aus. Die Fähigkeit der Niederländer, Räume zu gestalten, mit Farben aber vor allem mit Licht, mit den unterschiedlichsten Lampen, erfüllt mich immer wieder mit großer Bewunderung. Tja, sollte ich der Vollständigkeit halber die netten zahlreichen Coffeeshops noch erwähnen?

7. Griechenland
Irrational ist es schon, daß ich jedesmal, wenn ich dort aus dem Flieger steige, ein paarmal tief durchatme und nach so vielen Jahren immer wieder aufs Neue das Gefühl habe, angekommen zu sein, hier zuhause zu sein. Ich mag Kreta, Lefkada, Korfu, Rhodos, Kos, Samos, Paros, Aegina und natürlich auch Athen, auch wenn es mir dort im wahrsten Sinne des Wortes des öfteren vor lauter Smog einfach nur den Atem verschlägt. Ein Blick übers Meer mit seiner unendlichen Weite flößt mir immer wieder aufs Neue einen ungeheuren Respekt vor der uns umgebenden Natur ein.

8. Städte bei Nacht
Die besondere Atmosphäre, die jede Stadt auf ihre ganz unverwechselbar eigene Weise bei Nacht bietet. Die vielen Lichter der Innenstädte, die eher spärlich beleuchteten kleinen Straßen etwas außerhalb davon, die Stille, die nur vom ersten Zwitschern der Vögel im Morgengrauen durchbrochen wird.

9. Home is where the heart is
Tief in meinem Herzen bin ich eine Nomadin, und wenn ich könnte, dann würde ich am liebsten einfach nur reisen von Ort zu Ort, von Kontinent zu Kontinent, um noch viel mehr von der Welt zu entdecken und zu sehen, als ich es bisher schon getan habe. Und da ich mich überall mit hinnehme, gelingt es mir auch, überall zuhause zu sein.

10. In den Armen eines Menschen, der mich liebt
Das schönste ist wohl, die ganz besondere Wärme, Energie, Ruhe, Geborgenheit, Kraft und Liebe zu spüren, die man wohl nur in den Armen eines Menschen findet, den man liebt und von dem man geliebt wird.

© chaosdiva


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-01-18 11:13:08 mit dem Titel Rollentausch? Nein Danke!

Während ich mein allmorgendliches Ritual der Trinkwasserverschwendung, sprich: des Wachwerdens, indem ich - für Männer nur sehr schwer nachvollziehbar - endlos lange unter der Dusche stand und es genoss, das warme Wasser auf mich herabrieseln zu lassen, liess mich die Vorstellung, wie es denn wäre, wenn ich nur für einen einzigen Tag die Rollen tauschen könnte, um ein Mann zu sein, nicht mehr los.

Obwohl ich Klischees nun wirklich nicht sonderlich mag, wunderte ich mich doch darüber, wie viele gängige Klischeebilder doch auch in den Tiefen meines Kopfes verborgen waren.

Dies wohl wissend, bitte ich also bereits an dieser Stelle die Leser, sich nicht auf die Füsse getreten zu fühlen und auch die Leserinnen mögen mir bitte verzeihen.

Wenn ich nur für einen Tag ein Mann sein könnte, dann würde mein Wecker zwanzig Minuten bevor ich das Haus verlassen muss, klingeln.

Das reicht, um auf dem Weg ins Bad die Kaffeemaschine anzuschalten. Da ich schliesslich erst gestern gebadet hätte, wäre meine Morgentoilette nach maximal sieben Minuten beendet, besteht sie doch darin, mir eine grosse Portion kaltes Wasser ins Gesicht zu werfen, um wachzuwerden.

Ungeachtet der Tatsache, dass hier und da noch ein paar Bartstoppeln stehenbleiben, würde ich mich im Schnelldurchlauf rasieren, und mir pro Gesichtshälfte je eine Handvoll des so intensiv duftenden After Shave aus dem Supermarkt ins Gesicht werfen. Ein flüchtiger Blick in den Spiegel, mit beiden Händen durch die Haare fahren: Frisur sitzt.

Dann noch schnell Zähne putzen und schon sammle ich die überall im Zimmer verstreut liegenden Kleidungsstücke des vorigen Tages auf, die ich mir fast in Sekundenschnelle anziehe, um nur kurze Zeit später meinen Kaffee im Stehen runterzukippen.

Meinen Weg zur Arbeit trete ich natürlich in meinem Auto an, für dessen Pflege mir auch keine Stunde meiner Zeit zu kostbar ist. Und schon bekomme ich meinen ersten Adrenalinstoss verpasst! Laut hupend beweise ich der Frau in dem Kleinwagen vor mir, die gerade vergeblich versucht, in eine überdimensionierte Parklücke zu rangieren, was für ein super Autofahrer ich doch bin.

Endlich an meinem Arbeitsplatz angekommen, muss ich mich natürlich erst einmal mit den Kollegen darüber austauschen, warum nun gerade meine Lieblingsmannschaft in der Bundesliga auf dem absteigenden Ast ist.

In der Mittagspause in der Kantine registriere ich wohlwollend, dass die Neue aus der Buchhaltung wohl eine sehr aufgeschlossene Frau sein muss, kann ich doch die fast nicht wahrnehmbaren Konturen ihres Strings unter dem Rock mit meinen bebrillten Augen noch erkennen.

Mein Blick auf die Bluse der Sekretärin meines Chefs lässt mich beim Abschätzen ihrer Körbchengrösse doch glatt die an mich gestellte Frage meines Kollegen neben mir am Tisch überhören. Aber er erkennt meine Blickrichtung und grinst verständnisvoll.

Leicht gebeugt wegen der vielen Verantwortung, die mir im Laufe meines Arbeitstages wohl einfach nur aus geschlechtsspezifischen Gründen aufgebürdet wurde, begebe ich mich als bekennender Single eiligen Schrittes zu Macdo, um eines dieser meiner Lieblingsdoppeldinger als Abendmahlzeit zu erstehen.

Natürlich weiss ich, dass ich mir damit ein paar Kalorien zuviel des Guten getan habe, aber ich bin ja eh schon auf dem Weg ins Fitnessstudio. Warum auch nur einen Gedanken über gesunde Ernährung verschwenden?

Mein extremer Flüssigkeitsverlust, der durch meine sportliche Aktivität entstanden ist, muss natürlich danach erst mal gemeinsam mit den Kumpels in der Kneipe an der nächsten Ecke wieder aufgefüllt werden.

Die Trauer über den so unerwarteten Abstieg meiner Lieblingsmannschaft lässt mich auch hier immer noch nicht los und so hätte ich doch über hitzige Diskussionen fast vergessen, dass ich heute abend noch mit meiner Freundin verabredet bin.

Etwas abgehetzt stehe ich bei ihr in der Tür, irgendetwas undeutliches von schon wieder Überstunden murmelnd, und tue einfach so, als würde ich ihr beleidigtes Gesicht, weil ihr mit viel Liebe und Hingabe extra für mich gekochtes Festmahl nun ziemlich abgekühlt in der Küche steht, nicht wahrnehmen.

Um den Abend doch noch zu retten, schlage ich vor, dass wir nicht mehr gemeinsam rausgehen, sondern uns lieber zusammen einen kuscheligen Fernsehabend auf der Couch machen sollten.

Als Herrscher über die Fernbedienung zappe ich bereits nach den ersten Minuten wild in allen Programmen hin und her, ihre Einwände ignorierend, schliesslich bin ich ja multitaskingfähig, nein besser noch, hyperthreadingfähig, und sehe so halt mehrere Filme in der gleichen Zeit, in der eine Frau nur einen einzigen Film sehen würde.

Sie jedoch nimmt mich beim Wort, beginnt sich an mich zu kuscheln, und damit wären ja nun wirklich alle Voraussetzungen für eine wunderschöne gemeinsame heisse Nacht gegeben.

Aber, erschöpft wie ich von diesem harten Tag, der hinter mir liegt, bin fällt mir doch tatsächlich wenige Minuten später laut schnarchend die Fernbedienung aus der Hand ...

Mein Fazit:
Mir jedenfalls wäre es viel zu anstrengend ein Mann zu sein! Ich will doch lieber eine Frau bleiben!


© chaosdiva


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-01-18 16:24:59 mit dem Titel ... das kleine Glück der Pechmarie ...

So hatte sie also, sie die Pechmarie der letzten Zeit, so ganz plötzlich und unerwartet doch einmal auch Glück.

Nun, gemessen an den vielen Problemen der Alltagsbewältigung, die noch zur Lösung anstanden, war es eher ein kleines Glück.

Aber - ist Glück nicht einfach nur Glück, ganz egal warum und wann und in welchen Dimensionen wir es empfinden?

Ihr Glück bestand also darin, nur wenige Stunden vor dem Simple Minds Konzertbeginn doch tatsächlich noch eine Einlassberechtigung in Form einer für ihre Verhältnisse doch recht teuren Karte zu erstehen.

In der Halle angekommen, entschied sie sich bei der Wahl zwischen einem Platz in der ersten Reihe zunächst dann doch lieber für den in der letzten Reihe. Ob es wohl das vertraute Gefühl war, mit dem Rücken zur Wand zu stehen, was sie dazu bewog?

Immerhin liess es ihr Raum, zu grooven und zu tanzen - und diese Rechnung würde sie - wenn überhaupt, ohnehin erst am kommenden Tag mit einem mehr oder weniger höllischen Muskelkater bezahlen.

Aber, ohne gross darüber nachzudenken, ging sie plötzlich Schritt für Schritt nach vorne - um sich irgendwann dann doch in der ersten Reihe wiederzufinden!

Sie, der es in letzter Zeit eher ein vertrautes Gefühl geworden war, dass der Boden unter ihren Füssen mehr und mehr wegzugleiten schien, spürte plötzlich die Musik, die den Boden unter ihren Füssen vibrieren liess, in jeder Faser ihres Körpers.

Und da war es plötzlich, dieses Gefühl, dieses Bild vor ihren Augen: READY FOR TAKEOFF!

© chaosdiva


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-01-21 16:54:38 mit dem Titel ... U could be more as U are ...

Der Crash eines der Giganten unserer ach so glamourösen Medienwelt hatte sie, von einem Tag zum anderen, plötzlich aus ihrem Job katapultiert.

Wie so viele andere in dieser Zeit, stand nun auch sie wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.

Bewerbung hier, Bewerbung da. Absage hier, Absage da. \"... so viele Bewerbungen erhalten ... haben uns für einen Ihrer Mitbewerber entschieden ... blablabla\".

Ein Supergau an Identitätskrise tat sich für sie auf.
Nichts als ein nicht enden wollender Blick in den Abgrund.
Nichts als Leere in ihrem Kopf. Keine Ideen mehr. Keine Bilder mehr.

Gleich einem Computercrash schien ihr gesamtes kreatives Potential von einer Sekunde zur nächsten gelöscht zu sein.

Verdammt! Wer hatte die Format c:\\-Taste gedrückt?

Mühselig musste sie lernen, dieses so völlig unerwartete Geschenk des Übermasses an freier Zeit zu würdigen.

So, wie ein kleines Kind laufen lernt, machte sie einen Schritt nach dem anderen. Fiel hin. Stand wieder auf. Fiel wieder hin. Stand wieder auf.

Und so wie ein kleines Kind in einer Sekunde nach einem Objekt greift und in der nächsten Sekunde nach einem anderen, so griff auch sie mal nach diesem Strohhalm, mal nach jenem Strohhalm.

Eigeninitiative und Flexibilität waren gefragt. Also: Neue Ziele gesetzt! Neue Wege beschritten!

Oft träumte sie davon, ein ultimativer Traumprinz an ihrer Seite würde sie sanft an seine breiten Schultern ziehen und ihr mit einem tiefen Blick in die Augen zärtlich ein leises \"alles wird gut\" zuflüstern.

Aber sie wäre nicht die toughe Lady, die sie gelernt hatte zu sein, um sich von solchen Träumereien abhängig zu machen.

Seitdem sieht man sie, wo immer sie auftaucht, meist mit geschlossenen Augen und hochgekrempelten Ärmeln. Warum wohl? Was für eine Frage. Ist doch klar, oder etwa nicht?

Augen zu! Ärmel hochkrempeln! Und durch!


© chaosdiva



----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-01-23 14:26:20 mit dem Titel Hoch hinaus. Oder: Warum ich Aufzug fahren hasse.

Wie ungezählte Male zuvor, betrat ich an jenem Freitag morgen einen der drei Aufzüge, der mich ins oberste Stockwerk des Bürohochhauses befördern sollte. Nein, es war nicht Freitag der dreizehnte.

Ein sanftes Hochgleiten, in kurzen Abständen gefolgt vom wechselnden Aufblinken der Stockwerksanzeige. 1, 2, 3, undsoweiter undsoweiter.

Und endlich: Die Anzeige zeigte das Erreichen des obersten Stockwerks an.
Ich trat einen Schritt nach vorne, um auszusteigen.

Doch die Tür blieb geschlossen und das sanfte Gleiten verwandelte sich plötzlich in ein eher unsanftes Ruckeln. Der Aufzug ruckelte und ruckelte und machte keinerlei Anstalten, seine Fahrt nach oben zu beenden.

Meine Augen glitten suchend nach dem Nothalteknopf. Doch der Aufzug ruckelte und ruckelte weiter.

Meine Hände versuchten gleichzeitig hektisch, mein Handy aus der Jackentasche zu fummeln. Der Aufzug ruckelte und ruckelte unbeirrt von dem Ansatz einer in mir aufsteigenden Panikattacke weiter. Instinktiv und völlig irrational überkam mich das Gefühl, den Kopf einziehen zu müssen.

Mein Puls schlug schneller und schneller. Mein Herzschlag begann zu rasen. Und der Aufzug ruckelte und ruckelte immer noch.

Sollte ich es wirklich erleben müssen, alleine gefangen in der so schön gestylten Metallicglanzkabine mit dem großen Spiegel an den Seitenwänden und den vielen kleinen Monden und Sternen an der Decke auszuharren, bis irgend jemand mich wieder daraus befreien würde?

Ein kurzer heftiger Ruck nach oben, und fast zeitgleich dazu ein ebenso heftiges kurzes Absacken, und die Kabine stoppte mit einem Bremsmanöver, das leichte Irritationen in meiner Magengegend hervorrief, ihre Fahrt.

Und dieses Wunderwerk der Technik erwies sich damit noch einmal als gnädig zu mir. Ja, sie war sogar bereit, das Öffnen der Tür zuzulassen.

Ein unbeschreibliches Gefühl der Dankbarkeit stieg in mir hoch, als ich, so schnell wie noch nie zuvor, den Aufzug verließ und dabei erst einmal ganz tief durchatmete.

Nun, auf Adrenalinstösse dieser Art kann ich gut und gerne verzichten. Und wenn schon mein Herz höher schlagen sollte, so würde ich es sicher vorziehen, dass ein paar Endorphine die Auslöser dazu wären.

Aber ich hatte ja noch den Rückweg vor mir. Da mein ziemlich enger Terminplan an diesem Tag ein kleines aber doch zeitaufwendiges Fitneßtraining in Form des eiligen die Treppe Abwärtshastens nicht zuließ, stand ich also irgendwann der nächsten Mutprobe gegenüber.

Doch mein heimliches Flehen, einer der anderen beiden Aufzüge würde hochkommen und mir wenigstens eine etwas angstfreiere Fahrt nach unten ermöglichen, wurde nicht erhört.

Was mich wirklich dazu bewog, den gleichen Aufzug wieder für die Fahrt nach unten zu benutzen, kann ich eigentlich gar nicht erklären. War es einfach ein kurzer Hauch von Fatalismus, der mich überkam?

Für den Rest des Tages mußte ich lange darüber nachdenken, warum das Gefühl der Ohnmacht, das Gefühl des Ausgeliefertseins an die vielen größeren und kleineren Fortschritte der Technologieentwicklung solche Ängste hervorrufen können.

© chaosdiva




----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-01-27 15:02:57 mit dem Titel … first cut is the deepest …

Drei Uhr morgens. Die tiefe Schwärze einer wolkenverhangenen Winternacht hüllt mich ein. Auf dem Nachhauseweg von einer Jam Session sind es nur noch 40 Kilometer Autobahnfahrt, die mich davon trennen, müde in mein Bett zu fallen. Weit und breit kein anderes Fahrzeug unterwegs, an dessen Rücklichter ich mich mit meinen nachtblinden Augen hängen könnte.

Der CD-Wechsler ist bei „First cut is the deepest“ angekommen – ich singe mit, so laut es meine Stimme zuläßt, als sich von einer Sekunde zur anderen der Nieselregen in einen Wolkenbruch verwandelt.

Der Regen beginnt so heftig auf meine Windschutzscheibe zu peitschen, dass die Scheibenwischer diese plötzliche Flut kaum bewältigen können. Mein Fuß geht reflexartig vom Gas und unter den Rädern meines Autos fühlt es sich an, als würde ich Flußläufe durchqueren. Ich habe Mühe, überhaupt noch irgend etwas erkennen zu können und schlittere in Wasserlachen, mühsam noch eine Fahrspur suchend, durch die Kurven.

Die mich umgebende Weltuntergangsstimmung scheint eine unheilvolle Symbiose mit dem Song einzugehen und nun auch mich zu ergreifen. Weltuntergangsstimmung? Ja, tatsächlich!

Wie war das doch damals mit dem Trennungsschmerz der ersten großen Liebe? Erinnerungen, Bilder, Gefühle und der unbeschreibliche Schmerz des Verlassenwerdens steigen in einer Intensität hoch, als wäre die Zeit seitdem stehen geblieben.

Gerade sechzehn war ich, als ich ihm in einer Studentendisco begegnete.

Ob der Zweisekundencheck in den weiblichen Genen liegt, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich ihn damals schon drauf hatte. Diesen flüchtig schweifenden Blick beim Betreten eines Raumes über die Gesichter der männlichen Anwesenden, um in Sekundenschnelle zu wissen, dass da ein Objekt meiner Begierde im Raum sein könnte oder nicht.

Nun, an diesem Wochenende blieb mein Blick an seinen Augen hängen und von der ersten Sekunde an war ich von ihm fasziniert. Es war der Beginn einer wunderschönen romantischen Lovestory.

Er war ein paar Jahre älter als ich und wir verstanden uns auf Anhieb, als würden wir uns schon lange kennen. Und es dauerte nur ein paar Tage, und wir verbrachten jede Sekunde unserer gemeinsamen Zeit, uns verliebt in die Augen sehend, Händchen haltend, lachend, schweigend, rumalbernd, redend, schmusend, fummelnd, heftig knutschend – kurz gesagt: Wir schwebten durch die Welt.

Und wie in der Phase der ersten Verliebtheit üblich, so glaubten auch wir, dass unsere Liebe ewig halten würde.

Wir begannen, Pläne für eine gemeinsame Zukunft zu schmieden. Um unserem Glück einen geeigneten äußeren Rahmen zu geben, wollte er sein Zimmer im Studentenwohnheim gegen eine kleine Wohnung tauschen.

Mit der Zeit erfuhr ich auch, warum er zunächst so ernst und verschlossen war. Seine Mutter, die er sehr liebte, war vor ein paar Jahren gestorben. Sein Vater, der eine größere Fabrik besaß, hatte schon bald darauf eine alles andere als warmherzige Frau geheiratet, die wohl eher am Geld als an Familie und einem Stiefsohn interessiert war.

Unser junges Glück sollte nur ein paar Wochen dauern: Mit Beginn der Semesterferien mußte er nachhause fahren, um in der Fabrik seines Vaters zu arbeiten. Er wollte bei dieser Gelegenheit auch seinen Eltern von mir und unseren gemeinsamen Zukunftsplänen erzählen.

Ein paar lange, sehnsuchtsvolle Briefe schickten wir uns in den ersten Wochen hin und her und dann: Nichts mehr! Keine Antwort. Kein Brief mehr.

Von Tag zu Tag stürzte ich verzweifelter an unseren Briefkasten. Nichts. Von Tag zu Tag lief ich verheulter durch mein Leben. Und von Tag zu Tag mußte ich erkennen, dass nun einfach alles vorbei schien.

Ich konnte und wollte es einfach nicht glauben. Ich konnte keinen Grund für sein plötzliches Schweigen sehen und ich hatte keine Ahnung, was passiert sein könnte. Und ich war zu verletzt und zu stolz gleichzeitig, um seine Telefonnummer ausfindig zu machen, um mir wenigstens Gewißheit zu verschaffen.

Ein Jahr war seitdem vergangen. Der Schmerz saß immer noch tief in mir. Einige Gelegenheiten, mich neu zu verlieben, hatte ich bewusst ignoriert, aus Angst, noch einmal so sehr verletzt zu werden.

Und da war dieser eine Tag, als mein Blick auf ein kleines Päckchen meinen Atem stocken ließ: Ja, das war seine Schrift!

Das Päckchen enthielt ein paar Zeilen und ein Tonband. Wieder und wieder hörte ich dieses Band, stundenlang. Wieder und wieder erschrak ich, als ich seine veränderte Stimme hörte. Er hatte mir eine lange Erklärung auf Band gesprochen und ein paar selbst auf der Gitarre gespielte Songs aufgenommen. Und: Mit diesem Tonband wollte er sich von mir verabschieden!

Was war passiert? Er war irgendwann zusammengebrochen und kam ins Krankenhaus. Die Ärzte stellten eine Herzkrankheit fest und er sollte in einer Spezialklinik im Ausland operiert werden.

Seine Eltern, vor allem aber auf Druck seiner Stiefmutter, machten ihm das großzügige Angebot, die Kosten für diese Operation zu übernehmen, unter der Bedingung, dass er mich wegen meines damaligen unpassenden sozialen Status nicht mehr wiedersehen und sich von mir trennen solle, um irgendwann, wenn seine Gesundheit wieder hergestellt wäre, sich auf eine „Geldheirat“ mit einer Unternehmerstochter seines Heimatsortes einzulassen. Er sah keine andere Wahl, als sich auf diese Bedingungen einzulassen.

Tja, alle die, die jetzt denken, das sei eher eine schlechte Kopie einer Liebesromanschnulze: Es ist leider eine der Geschichten, die mein Leben bisher für mich schrieb.

Nun, viele Jahre sind seitdem vergangen und einige wenige weitere große Lieben sind in mein Leben getreten und auch wieder aus meinem Leben verschwunden. Und jeder neu dazugekommene Verlustschmerz löste auch immer wieder den schon längst vergessen geglaubten Schmerz der zuvor erlittenen Enttäuschungen wieder aus.

Geblieben ist die Erkenntnis „First cut is the deepest“.

Gewachsen ist aber auch die Fähigkeit, trotz aller Narben auf der Seele immer wieder neu Vertrauen in einen Menschen zu setzen.

© chaosdiva



----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-03 12:04:58 mit dem Titel Chat: Risiken und Nebenwirkungen All inclusive.

Chat: Risiken und Nebenwirkungen All inclusive.

Guten Tag und willkommen an Bord unseres All inclusive Flugs zero zero auf unserem heutigen Flug durch die unendlichen Weiten der virtuellen Welt zum ultimativen Chat.

Im Namen aller Gelangweilten, Einsamen, Abwechslung, Kontakt und/oder Seitensprung Suchenden begrüße ich sie ganz herzlich. Unsere durchschnittliche Reisehöhe wird während unseres Flugs zwischen Abgrund und Wolke sieben liegen.

Wir möchten Sie nun mit unseren Sicherheitshinweisen vertraut machen.

Besonders die Damen an Bord machen wir darauf aufmerksam, dass sie in ihrem eigenen Interesse überprüfen sollten, ob ihr Sicherheitsgurt wirklich richtig angelegt und gut befestigt ist und der nächste Termin beim Seelenklempner schon im Kalender eingetragen ist.

Die Außentemperatur ist lau, die Sicht ist klar, so dass Sie während des gesamten Fluges wirklich einen hervorragenden Blick in die Untiefen der männlichen Seele genießen können. Die gute Sicht gilt natürlich auch für die Herren an Bord, die wohl weniger an den Untiefen der weiblichen Seele als an einem Blick auf deren Standarddaten 90-60-90 interessiert sein dürften.

Unsere männlichen Reisenden behalten am besten während des gesamten Flugs den Notausstieg im Blick und die Sicherheitsleine gezogen, damit sie sich auch wirklich schnell wieder abseilen können. Und bitte, meine Herren, legen Sie einfach Ihren Ehering mal kurz zur Seite, bevor Sie Ihrem weiblichen Chatpartner die beschwörenden Worte „Du bist eine tolle Frau“ „Ich will dich nicht verlieren“ in die Tastatur sülzen.

Natürlich steht die Benutzung unseres Notausstiegs auch unseren Damen offen. Verstecken Sie sich einfach hinter Ihrer Firewall und simulieren mit einem winzigen Mausklick einfach einen Absturz. Ihr Chatpartner wird es Ihnen mit ewigem Bedauern über Ihr plötzliches Verschwinden danken.

Unsere heutige Reiseroute führt uns über flüchtige Begegnungen der chatüblichen Art, weiter zur alle räumlichen Distanzen überbrückenden Chatliebe. Das heutige Reiseziel, den ultimativen Chat werden wir vielleicht auf Anhieb, vielleicht aber auch nie erreichen.

Und bitte, denken Sie immer daran: Die Risiken und Nebenwirkungen dieses Flugs sind natürlich wie immer All inclusive!

Lehnen Sie sich also zurück, seien Sie mutig, loggen Sie sich ein, in welchem Chat auch immer, und genießen Sie ihren Flug!

© chaosdiva


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-08 13:07:47 mit dem Titel Just married. Eine Hochzeitsreise der besonderen Art.

Wir waren jung. Heiraten wollten wir nie, denn wozu sollte man seine Liebe nach außen hin auch noch durch einen Schein des Standesamtes oder den Segen eines Pfarrers legitimieren? Und Ringe? Als Ausdruck von „Er/Sie gehört zu mir“? Nein, auch Ringe zu tragen, um unsere Verbindung aller Welt zu zeigen, fanden wir unangebracht und albern. Wir wußten, dass wir uns lieben und zusammengehören und das sollte genügen.

Manchmal sind es schon merkwürdige Entscheidungen, die Menschen dazu bringen können, sich so überaus romantisch öffentlich auf immer und ewig das Jawort zu geben. Da ist der für Ehepaare nicht unbedeutende Steuervorteil sicher ebenso verschmähenswert wie der Grund, der uns beide zu diesem Schritt bewog.

Er arbeitete damals neben seinem Studium für eine amerikanische Airline und unsere Heirat ermächtigte mich einfach nur, weltweit jederzeit das Vergnügen von Freiflügen in der Economy Class, und mit geringem Aufschlag auch in der First oder Business Class geniessen zu können.

Somit war auch schon klar, dass wir nicht umhin kamen, unser Eheversprechen mit der obligatorischen Hochzeitsreise zu krönen.

Der einzige Nachteil für uns auf unserem Hochzeitsflug um den Globus in der First war eigentlich nur, dass wir die für Employees geltenden Kleidervorschriften einhalten mußten. Heißt im Klartext: Er im edlen Anzug, ich daneben im Kostümchen und High Heels, was sich im Laufe unserer langen Reise doch als eher unpraktisch erweisen sollte, zumal die ein paar tausend Dollar pro Ticket zahlenden Paxe meist bequem in Jeans und Sneakers zu reisen pflegten.

Wie das Leben so spielt, konnten es sich die lieben Kollegen natürlich nicht entgehen lassen, uns auf unserer jeweiligen Flugstrecke per Telefax persönlich zu avisieren, so dass auch jede Crew vom Purser bis zum Captain nicht umhin kam, uns mit den nettesten persönlichen Worten zu unserem frisch gebackenen Eheglück zu gratulieren und uns mit dem perfektesten Service an Board, den wir je erfuhren, zu verwöhnen.

Da wir beide zu dieser Zeit schon einige USA-Aufenthalte hinter uns hatten, wollten wir unser anvisiertes Reiseziel, Asien, auf der companyeigenen Strecke so schnell wie möglich erreichen.

So ging es dann also von Frankfurt/Main nach New York, nach einem kurzen Aufenthalt in NY weiter nach San Francisco, einem weiteren Kurzaufenthalt in SF nach Tokyo, von dort Richtung Hongkong, wo ich beim Landeanflug auf dem ehemaligen Airport befürchtete, der Pilot würde auf dem Weg zur Landebahn wegen des nur ein paar Meter betragenden Abstands zu den Hausdächern ein paar zwischen den Häusern gespannte Wäscheleinen abreißen.

Nach einer Woche fast ununterbrochenem Stop and Go, einchecken, fliegen, auschecken, im Hotel einchecken, durch die City bummeln, Hotel auschecken, Taxi zum Airport, usw usw hatten wir dann unser Ziel erreicht, den Stadtstaat Singapore. Von dort aus sollte es per Bus weiter durch den Vielvölkerstaat Malaysia gehen, den wir in den kommenden Wochen erkunden wollten.

Natürlich hatte ich mich vor Antritt unserer Reise genauestens darüber informiert, was man in Asien als westlicher Tourist generell, und in Malaysia ganz besonders beachten sollte. Die lange Reise und die vielen Eindrücke, die ich bis dahin sammeln konnte, ließen mich jedoch all das angelesene Wissen einfach vergessen.

So zwängte ich mich zielstrebigen Schrittes beim ersten Busstop in Malaysia in irgendeinem winzigen Dorf zwischen den nach ein paar verkümmerten Grashalmen suchenden Kühen hindurch, um schnellstmöglich ein paar der roten Dosen mit dem wohl auch in der letzten Ecke der Welt bekannten süßen Getränk, das ich in einem Bretterverschlag zum Kauf feilgeboten entdeckt hatte, für die Weiterfahrt zu erstehen. Ein absoluter Affront für jeden der anwesenden Hindus – schließlich sind die Kühe für sie heilige Wesen, die mit gebührendem Respekt und Abstand gewürdigt werden sollten.

Gleich daneben, ebenfalls in einem kleinen Bretterverschlag, die erste Bekanntschaft mit den landestypischen Garküchen, nein wahrscheinlich eher die Kneipe des Dorfes. Wir aßen, natürlich ohne Besteck mit der Hand, wie dort üblich, ganz hervorragend schmeckende frisch gegrillte Garnelen mit Reis und Gemüse auf Bananenblättern angerichtet. Dazu tranken wir frischen Ananassaft aus kleinen Plastikbeutelchen.

Meine kleine Hochzeitsreisenwelt schien in Ordnung, bis ich auf die ziemlich unkluge Idee kam, eine Toilette aufzusuchen. Diese befand sich direkt nebenan, wo wir gerade unser erstes Mahl eingenommen hatten, lediglich nur durch eine Bretterwand von der Garküche abgetrennt. Nun, das Essen hatte gut geschmeckt, warum sollte ich dann also die leckeren Garnelen nach Betreten dieses Raumes, der seine Funktion nur durch ein in den Boden gegrabenes Loch signalisierte, einfach schnellstens wieder auswürgen?

Die Ankunft in unserem Edelhotel in Kuantan entschädigte mich dann sehr schnell, schließlich konnte ich hier zunächst die hygienischen Standards finden, die ich gewöhnt war. Die Kakerlaken jedoch, die wegen der großen Hitze wohl überdimensionale Größen erreichen, schien es nicht sonderlich zu stören, dass sie sich in einem Fünfsternehotel befanden, denn sie spazierten nachts ganz gerne mal in dem ansonsten sehr cleanen und exklusiv gestalteten Badezimmer herum.

Okay. Wenn wir ohnehin schon soviel landestypische Natur erleben durften, was lag dann näher, als spontan die Schönheit einer dem westlichen Massentourismus unbekannten malayischen Insel zu entdecken?

Die Überfahrt in einem etwa dreißig Personen fassenden offenen etwas größeren Motorboot war ein besonderes Erlebnis. Malayen, Inder und Chinesen beäugten uns teils belustigt, teils argwöhnisch und finster blickend, und waren ganz offensichtlich erstaunt darüber, dass wir es wagten, uns außerhalb der touristisch erschlossenen Pfade zu bewegen.

Bei dem Gedanken daran, dass wir beide unsere gesamte Reisekasse in Form von netten kleinen Dollarscheinchen und ein paar Travellerschecks bei uns trugen, die durchaus den Gegenwert einiger Jahreseinkommen für die im Boot anwesenden Männer hatten, hatte ich schon die angstvolle Vorstellung im Kopf, dass wir nie auf dieser Insel ankommen würden und einfach nur bei der nächsten Welle über Bord gespült würden, unsere paar Papierfetzen selbstverständlich dort zurücklassend.

Und wie sollte es auch anders sein, niemand dort hatte auf unsere Ankunft gewartet und hielt ein Bett für uns nun schon nicht mehr ganz so Frischverheiratete bereit. Längst schon sahen wir uns nicht mehr so verliebt in die Augen, wie zu Beginn unserer Reise. Im Gegenteil: In angenervtem Tonfall führten wir, während wir gepäckbeladen durch die Mittagshitze auf der Suche nach irgendeinem schattigen Platz zum Ausruhen trabten, eher entzweiende Diskussionen darüber, wessen Idee eigentlich diese unselige Hochzeitsreise war.

Mein Held beschloß, um einer weiteren Eskalation zu entrinnen, mich mit dem gesamten Gepäck am Wegesrand zurückzulassen, und mutig irgendeine Unterkunftsmöglichkeit für uns zu suchen, denn das Boot würde frühestens wieder in zwei Tagen die Insel in Richtung Festland verlassen.

Als er nach einer Stunde zurückkam, hatte ich inzwischen meinen ersten Sonnenbrand im Gesicht und ansonsten war mir eigentlich alles egal – wenn es nach mir gegangen wäre, wäre ich wohl lieber zurückgeschwommen oder einfach nur im lauwarmen Wasser ertrunken.

Aber der ehrenwerte Mister Koo, ein älterer Chinese, sollte mir den Tod des Ertrinkens ersparen. Er hatte ein paar Holzhütten auf einer großen Wiese mit Blick auf das Meer errichtet. Hütte ist eigentlich fast zu großzügig gesagt, denn es waren spitzwinklige Pfahlbauten mit ca 1,80 m Länge und 1,20 m Breite, in die man nur gebückt eintreten konnte, also im Klartext ein Bretterboden mit nach obem spitz zulaufenden Dach darüber, fensterlos versteht sich. Diese „Hütten“ dienten urlaubssuchenden Chinesen vom Festland als Ferienunterkunft. Nun, die zwei Tage, bis das nächste Boot zurückging, würden wir irgendwie hier überleben können.

Mister Koo begann, in seiner charmanten Art, uns auf die Hausordnung hinzuweisen: Also: Schuhe sind vor Betreten der Hütte draußen vor der Tür stehen zu lassen, es gäbe einen Raum, in dem man ein Frühstück einnehmen könne, natürlich nur von soundsoviel bis soundsoviel Uhr, die Duschen ebenfalls nur in einem ganz begrenzten Zeitraum nutzbar, ebenso die Möglichkeit, Getränke bei ihm zu kaufen. Im Klartext: Er verstand es vorzüglich, jeden spontanen Tagesablauf den man als Urlauber eigentlich mitbringt, durch seine Hausordnung zunichte zu machen.

Wir bezahlten also den Preis für zwei Nächte, lagerten unser Gepäck in der Hütte, die damit eigentlich schon fast überfüllt war und man hätte wohl, um zu zweit darin schlafen zu wollen, ohnehin das Gepäck gleich zu den Schuhen vor die Tür stellen müssen. Und wir begaben uns nun beide, ohne Gepäck, auf die Suche nach einer etwas angenehmeren Unterkunft.

Ich erinnerte mich, im Reiseführer davon gelesen zu haben, dass die Engländer während ihrer Kolonisation Government Resthouses gebaut haben sollen, großzügige aus Stein errichtete Häuser, die den reisenden Beamten zur Verfügung standen. Und genau ein solches Haus entdeckten wir etwas außerhalb des Dorfes, am Rande des Dschungels gelegen.

Inzwischen war es von einer fünfzehnköpfigen chinesischen Familie bewohnt, die wohl weniger wegen unserer Überredungskünste als eher wegen der lockenden Dollarscheine bereit war, eines der Zimmer im Obergeschoß des Hauses für uns zu räumen.

Viel vom ursprünglichen Charme dieses ehemals sicher sehr schönen Hauses war leider nicht mehr erhalten. Aber wir hatten ein breites altes Bett, den Blick hinunter zum palmenumsäumten Sandstrand und auf die Weite des Meeres ein paar Meter vorm Haus. Was also brauchten wir mehr? Und vom Dschungel, der wenige Meter hinter dem Haus begann, verirrten sich beim morgendlichen Frühstück auf der Terrasse oft ein paar Schimpansen ganz zutraulich zu uns.

Jeden vormittag um die gleiche Zeit beobachteten wir voller Staunen die Regenwand, die übers Meer in Richtung Strand zog, um Minuten später in heftigen Schauern über unsere Köpfe zu prasseln. Bereits Minuten später konnten wir dann für den Rest des Tages strahlendsten Sonnenschein genießen.

Die gesamte Family schien uns in ihr Herz geschlossen zu haben und bekochte uns fürsorglich, die Kids sorgten dank uralter Kofferradiomodelle aus krächzenden Lautsprechern mit den in chinesisch intonierten jeweils aktuellsten Songs des King of Pop zu jeder Tages- und Nachtzeit für unsere musikalische Unterhaltung.

Und: Wir erlebten hier die traumhaftesten idyllischsten Sonnenauf- und Sonnenuntergänge.

Dass ich aus all den vielen Eindrücken nur ein paar ganz wenige hier herausgegriffen habe, dürfte wohl jedem klar werden, denn alleine diese Reise detailliert zu beschreiben, würde sicher ein Vielfaches an Textmenge produzieren.

Die Airline existiert seit einigen Jahren nicht mehr. Er und ich sind schon seit einiger Zeit kein Paar mehr, aber immer noch sehr gut miteinander befreundet.

Geblieben sind eine Menge Erinnerungen, an eine sehr schöne, spannende, aufregende und sehr abenteuerliche Zeit.

© chaosdiva


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-15 17:11:20 mit dem Titel Die Leiden einer Autofahrerin.

Wer meine Berichte kennt, den überkam das eine oder andere Mal beim Lesen vielleicht schon der Hauch einer Ahnung, daß ich ein Faible für polarisierende Themen haben könnte.

Nun, all den geneigten Leserinnen und Lesern, die gelegentlich mal bei der chaosdiva vorbeischauen, wünsche ich natürlich auch jetzt viel Spaß bei der Beschäftigung mit der überaus philosophischen Frage, ob es mir wirklich nur um Polarisierung geht oder ob doch der Schein ein weiteres Mal zu trügen scheint.

Und: Ist Schein wirklich immer nur Schein, gerade hier wo doch alles so schön vordergründig unverbindlich virtuell ist? Oder ist diese schöne Virtualität nur ein Abklatsch der Realität? Um nicht für weitere unnötige Verwirrung zu sorgen, komme ich einfach zum eigentlichen Thema meines Berichts.

All die anderen die jetzt bereits gelangweilt wegklicken möchten, bitte ich, noch einen winzigen Moment auszuharren und sich meiner dennoch zu erbarmen, um in Form von erbosten Kommentaren in eine fetzige Diskussion mit mir einzutreten.

Richtig! Denn mein heutiges Thema lautet nicht Autofahren im allgemeinen sondern es soll hier lediglich ganz im besonderen, will heißen, aus meiner ganz subjektiven Perspektive geschildert werden.

So lasse ich also die Diskussion, ob Autofahren unter ökologischem Aspekt überhaupt sinnvoll und zu verantworten ist oder aber eher doch nicht ebenso beiseite, wie die unzähligen Klischees, wer denn nun die besseren Autofahrer/innen seien, Männer oder Frauen.

Ob es wirklich ein Leiden ist, daß mich die nette ältere Dame, die kurz vor der Motorhaube meines Autos bei Rot die Straße überquert, zu einer netten kleinen Vollbremsung zwingt? Nein, ich freue mich vielmehr darüber, daß sie noch soviel Geborgenheit in sich spürt, denn sie schreitet würdevoll, ohne nach rechts und links zu blicken, gesenkten Hauptes ein paar Zentimeter vor mir gelassen ihres Weges. Sie wird wohl eine wichtige Verabredung zum Kaffetrinken haben und wer würde da schon gerne zuspätkommen, sinniere ich verständnisvoll.

Keine Spur von Neid auf die Besitzer dieser glänzenden Edellimousine steigt in mir hoch, die doch tatsächlich einfach auf meiner Fahrspur kurz hinter einer Kurve parkt, denn schließlich liegt genau an dieser Stelle der Eingang eines Restaurants, das sich durch seine Haute Cuisine auszeichnet – und wer wollte da schon mit Unverständnis seinen offensichtlich sehr hungrigen Mitmenschen gegenüber reagieren?

Und der nette ältere Herr, der mit seinem Stock wild in der Luft herumfuchtelnd wohl gerade seinen persönlichen Rekord erreichen möchte, indem er versucht, die vielbefahrene Straße just an ihrer schmalsten Stelle in der größtmöglichen Diagonale zu kreuzen, erfüllt mich insgeheim mit tiefster Bewunderung wegen seines sportlichen Ehrgeizes.

Nein, und ich fahre nicht etwa nur 100 km/h auf diesem Autobahnzubringer, weil ich als Frau eine besonders vorausschauende Autofahrerin bin und weiß, daß ich ein paar Meter weiter ohnehin geblitzt würde. Ich tue es doch tatsächlich, um das vorgeschriebene Tempolimit einzuhalten. Obwohl ich schon zugeben muß, daß es mich etwas irritiert, den Kühler des hinter mir fahrenden Autos schon fast in meinem Genick zu spüren.

Meine Sehstärke teste ich selbstverständlich am liebsten nachts, wenn mir in einer schmalen Einbahnstraße ein Mensch auf einem gänzlich unbeleuchteten Fahrrad entgegenkommt

Ach, und fast hätte ich es vergessen zu erwähnen: Natürlich gehöre ich nicht zu denen, die ihr Auto lieber stehen lassen, weil sie gerade einen der letzten Parkplätze so ungefähr drei Häuserblocks von der Wohnung entfernt ergattert haben. So etwas würde mir nun wirklich nicht entsprechen.

Ich ziehe es einfach nur vor, gelegentlich diese mir so lieb gewordene Stadt und ihre vielen Menschen, die zu Rad, auf dem Moped und im Auto unterwegs sind, zu erkunden. Am liebsten zu Fuß natürlich – keine Frage!

Und bei genauerer Betrachtung: Irgendwie scheint meine Titelwahl zu diesem Beitrag nicht so richtig gelungen. Oder etwa doch?

© chaosdiva



----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-19 08:13:55 mit dem Titel Der Zauber des Augenblicks.

Ein Blick. Passiert. Verzaubert.

Versunken im Spiegel einer Seele. Wiederaufgetaucht. Zunichte alle Nähe.

Augenblick schon mit dem nächsten Senken der Lider Vergangenheit. Gegenwart nur die Illusion. Nein, das Jetzt nur Desillusion. Zukunft vielleicht Vision.

Chaos nur in Gedanken Nichtverstehenwollender. Berührungsangst nur im Kopf Nichtsehenwollender.

Klarheit in jedem Hauch von Gefühl. Versteckt hinter unzähligen Worten. Das Spiel von Klang und Rhythmus. Bewegung gelähmt in Erstarrung.

Träume beim Öffnen der Augen. Realität die Frage nach dem Sinn. Utopie niemals lebbar.

Eine Träne geboren aus Verzweiflung. Das Lachen entsprungen dem Zynismus einer verletzten Seele.

Berührung sanft wie das Licht der Morgensonne, das die Kälte der Nacht nur kurz zu durchdringen versucht. Vergessen hüllt ein im Staub unzähliger nichtbeschrittener Wege.

Eingeschlossen hinter Mauern aus Beton die Wahrheit. Der Blick stets in den Abgrund der eigenen Seele gerichtet. Das Herz längst verbrannt beim Tanz auf dem Vulkan.

Getrieben durch die Hölle der Suche. Nach dem Zauber. Nach den Augen. Nach dem Blick.

Geblieben nichts als Fragmente. Momentaufnahme des vergangenen Augenblicks.

© chaosdiva



----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-19 10:48:18 mit dem Titel Eine Perle für Sehende.

Ein trist grauer Januartag war es, an dem eine winzig kleine, ganz und gar nicht unscheinbare Perle beschloß, ihrer selbstgewählten Isolation zu entfliehen und sich, einer spontanen individualanarchischen Eingebung folgend, auf ihren Weg machte.

Die Uhr des bestechlichen, uns alle verbindenden Mediums, das lediglich auf dem schlichten binären Code null eins null eins null eins basierte, zeigte 11:56.

Nein, nicht das symbolträchtige Fünf vor Zwölf hatte sie gewählt. Trotzig ließ sie einfach eine weitere Minute verstreichen, um es allen zu zeigen: Ja, es war noch viel viel später, als man so gemeinhin zu denken glaubte.

So kullerte sie einfach los, mutig, entschlossen, bereit, sich der virtuellen Welt zu stellen. Ein Weg voller Mühen und Qualen sollte ihr bevorstehen. Nein, Akzeptanz bekam man nicht so einfach geschenkt. Warum auch? Da könnte schließlich jede so daher kommen. Und eine Perle ist nicht nur eine Perle weil sie sich selbst dafür hält. Nein, eine Perle ist eine, die sich, dankbar für jeden neugierigen Blick, der sie zufällig streift, als eine Perle entdecken läßt.

Da konnte es natürlich auch nicht ausbleiben, daß ihr Weg ganz folgerichtig den einiger selbsternannter Perlensachverständiger und demzufolge auch Rächer alles vermeintlich Unwerten kreuzte.

„Bist du nun völlig verrückt geworden“ schrie ihr gekränkter Stolz auf, „dich dieser Ignoranz auszuliefern?“ Leise in sich hineinlachend antwortete die kleine Perle: „Ach, das hier ist doch nur mein Testlauf. Was sollte mir hier schon passieren können? Was könnte ich hier schon verlieren?“

Ein Teil ihrer Mühen sollte ebenso belohnt werden wie der Teil ihrer Qualen, ob so großen Unverständnisses auf der Welt, die sie in dieser Zeit empfand. Gab es doch in diesem virtuellen Nebel da draußen tatsächlich auch Menschen.

Menschen, die sich die Zeit nahmen, die kleine Perle aufmerksam zu betrachten. Menschen, die bereit waren, sie trotz der Schicht unverständlichen Sternenstaubs, der sie umschloß, als Perle zu erkennen.

Aber: „Lohnt sich dieser immense Aufwand wirklich, nur um von einer Handvoll Menschen, die zudem mit sich selbst und mit vielen anderen Perlen, die sich lange vor ihr auf den Weg begeben hatten, beschäftigt waren, sich mühselig dieses winzige bißchen Akzeptanz in Form des einen oder anderen banalen Mausklicks zu erarbeiten?“ fragte skeptisch ihr Selbstbewußtsein.

„Ja!“, antwortete ihre unermüdliche Geduld. „Ja, es lohnt sich! Denn es sind die vielen kleinen winzigen, kaum zu sehenden Schritte, die du tust, die irgendwann, wenn du nur mir, deiner Geduld folgst, zu einem Quantensprung geworden sein werden!“

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----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-19 16:35:56 mit dem Titel Chaos in den Genen?

Das selbstgewählte Chaos meines Lebens schien wohl auch bei dir schon früh irgendwo tief in deinen Genen versteckt – zumindest im Rückblick erscheint mir das so. Fallen mir doch ganz spontan, die vielen größeren und kleineren deiner erlebten Unfälle ein.

Im zarten Alter von vier, ich war gerade eine Woche vor meiner schriftlichen Abiprüfung am Abendgymnasium, hattest du dir die höchste Rutschbahn weit und breit ausgesucht, um dich von ganz oben herabzustürzen. Da du an diesem Nachmittag mit einer Gruppe anderer Kinder und deren Eltern zu einem Ausflug unterwegs warst, erfuhr ich davon, indem man mich aus dem Unterricht zitierte, um mir mitzuteilen, in welchem Krankenhaus ich dich blasses Häufchen Elend mit deinem Oberschenkelhalsbruch besuchen durfte.

Drei lange Monate bist du dann, von der Hüfte abwärts eingegipst, geschickt auf deinem Gips über den langen Flur gerobbt und hast dir so deine Mobilität bewahrt. Gut, etwas schwer warst du dadurch schon geworden, denn es war alles andere als leicht, dich Tag für Tag so die Treppe runter und wieder rauf zu tragen. Dann endlich wurde der Gips wieder abgenommen und ich hatte Tränen in den Augen, als ich dir zusehen mußte, wie du mühselig mit deinen kleinen Krücken von neuem laufen lernen mußtest.

Neun warst du, als du wie ich im Urlaub auf einer griechischen Insel, weitab von jeder Zivilisation, angeln lernen wolltest. Du hast gelernt, den Köder am Haken zu befestigen, um dann den Silk geschickt weit hinaus ins Meer zu werfen. Bis auf dieses eine Mal, als du den Silk einfach nicht loslassen wolltest, und der Angelhaken sich exakt drei Millimeter unterhalb deines Augapfels in dein Augenlid bohrte.

Elf warst du, als du auf unserem Flug von Mexico City nach Puerto Vallarta die extra große Colaration, die die Stewardeß dir freundlichst zugedacht hatte, ihr in einem Anfall von Undankbarkeit, aus Versehen zwar, aber dennoch äußerst peinlich für uns beide, direkt über den Rock gekippt hast.

Meine schlaflosen Nächte kommen mir in den Sinn, als du ausgerechnet in der ersten Wintersaison als Führerscheinneuling mit grade mal achtzehn in meinem Auto unterwegs warst und ich erst dann beruhigt einschlafen konnte, wenn ich irgendwann frühmorgens deinen Schlüssel in der Tür hörte.

Der Tag, an dem wir uns lachend und Jokes machend voneinander verabschiedeten und du dir deinen Motorradhelm aufgesetzt hast, um mal eben kurz noch mal wegzufahren. Die fremde Stimme am Telefon, die mir zehn Minuten später deinen Namen nannte, um mir zu sagen, daß dich ein Autofahrer beim Linksabbiegen vom Motorrad gekickt hatte.

Und dann, als es mit der „Liebe deines Lebens“, wie du sie nanntest, aus war, dein fassungsloser Schmerz. Tag für Tag, Woche für Woche.

All die vielen großen und kleinen Abenteuer dazwischen, die wir zusammen erlebten, all das schießt mir blitzartig durch den Kopf.

Das schönste Erlebnis für mich allerdings war deine SMS auf meinem Handy, in einer Sylvesternacht: „Schön, daß es dich gibt. Ich hab dich lieb!“

© chaosdiva


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-23 10:01:18 mit dem Titel Wort. Spiele.

Worte, die verhüllen.
Worte, die entdecken.

Worte, die Bilder malen.
Worte, die Welten schaffen.

Worte, die Nähe herstellen.
Worte, die Distanz verbreiten.

Worte, die wie Pfeile treffen.
Worte, die wie Geschosse abprallen.

Worte, die scharf sind wie Schwerter.
Worte, die sanft sind wie eine Berührung.

Worte, die Respekt in sich tragen.
Worte, die Gemeinsamkeit wagen.

Worte, die trauernd klagen.
Worte, die freudig erstrahlen.

Worte, die Wege aufzeigen.
Worte, die Grenzen errichten.

Worte, die Seelen berühren.
Worte, die Liebe ausdrücken wollen.

Worte, die Geist fordern.
Worte, die auf der Klaviatur der Gefühle tanzen.

Worte, die Bedeutung haben.
Worte, die den Sinn verweigern.

Worte, die Geschichten erzählen.
Worte, die Illusionen sein können.

Worte, die täuschen können.
Worte, die enttäuschen können.

Worte, die Gedanken manipulieren.
Worte, die schwankend taumeln.

Worte, die klangvoll singen.
Worte, die singend klingen.

Worte, die dem Zauber des Augenblicks entspringen.
Worte, die die Magie des Zaubers vergessen lassen.

Worte, die unausgesprochen bleiben.
Worte, die im Klang des Schweigens bleiben.

Worte, die spielen.
Spielende. Wort. Spiele.

© chaosdiva


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-25 12:19:50 mit dem Titel Sweet Home Puerto Vallarta.

Da der 24. Dezember nicht sonderlich als Reisetermin für Langstreckenflüge über den Atlantik beliebt schien, hätten wir gleich mehrere Sitzreihen für uns beanspruchen können, aber es war auch auf dem normalen Sitz in der First äusserst bequem, lang ausgestreckt Videos anzusehen oder zu schlafen.

Wie immer gab es zur Begrüßung den obligatorischen Champagner, und da es Heilig Abend war, drängten die freundlichen Stewardessen auch dem Junior ein Glas auf, der sich nicht traute, seine Englischkenntnisse anzuwenden und den Mut nicht aufbrachte, einfach nur „No, thanks“ zu sagen. Meiner mütterlichen Besorgnis wollten sie keinen Glauben schenken, und so durfte ich meinen Junior zum ersten Mal leicht beschwipst erleben.

Der Landeanflug auf das nächtliche Mexico City war ein Wahnsinnserlebnis: So weit man blicken konnte, ein einziges Lichtermeer unter den Tragflächen. Und wohl wegen Weihnachten schien auch die Crew die Bedeutung des Fests der Liebe wiederzuentdecken und nahm uns großzügig im Crewvan mit ins Hotel der Nobelkette, das wir uns lediglich dank des gewährten Agentdiscounts leisten konnten.

Der erste Eindruck von Mexico City am nächsten Morgen: Smog. Smog. Smog. Gut, daß ohnehin unser Weiterflug an die Küste nach Puerto Vallarta geplant war.

Der Hoteltipp der Kollegen war super: Wir kamen in einer weitflächigen, sehr gepflegten Hotelanlage an, direkt am Strand gelegen, dazu mit einem überdimensionierten Süßwasserswimmingpool, der von Palmen umsäumt war.

Aber, wie das Leben so spielt, war Puerto Vallarta, da es nicht allzuweit von der US-amerikanischen Grenze entfernt unterhalb der Baja California liegt, auch ein sehr beliebtes Urlaubsziel für US-Bürger. Was für meinen Junior und mich im Klartext bedeutete: Es war lediglich noch ein Zimmer für eine Nacht frei und schon am nächsten Morgen mußten wir wieder auschecken und uns eine andere Bleibe suchen.

Unser erstes mexikanisches Mittagessen am Strand: Ich kam nicht umhin, mich gleich auf die schärfsten mexikanischen Gerichte zu stürzen, während der Junior dank der vielen amerikanischen Touristen kein Problem damit hatte, seine heiß geliebten Doppelwhopper zu verschlingen.

Die netten amerikanischen Mädels in seiner Alterskategorie brachten ihn dann auch bald zu den mutigsten Anläufen, seine Englischkenntnisse ebenso wie seine mehr oder weniger gelungenen Kopfsprünge vom Poolrand ganz praktisch zu demonstrieren.

Aus meinem Kopfhörer dröhnten indessen die heftigen Beats von Matt Johnsons „Infect me with your love“ in höchster Lautstärke und ich betrachtete von meinem Schattenplatz unter einem Sonnenschirm mit buntem Drink in der Hand innerlich mehr als kopfschüttelnd die Amerikaner, die in Badekleidung und mit weihnachtlichen roten Zipfelmützen auf dem Kopf in der Sonne vor sich hinbrutzelten.

So gestärkt galt es für mich ein größeres Problem zu lösen: Ich mußte ein neues Dach über unserem Kopf organisieren und auch noch meinen treusorgenden Gatten, der die Feiertagszuschläge als Urlaubstaschengeld unbedingt mitnehmen wollte und sich über die Feiertage am Gate des FRA-Airport dienstverpflichtet hatte, irgendwie eine Nachricht über unser neues Domizil zukommen lassen.

So parkte ich also den Junior am und im Pool zusammen mit den netten Mädels, was er mehr als dankbar annahm, und machte mich alleine im Taxi auf den Weg, die Küste längs ein Hotel nach dem anderen abzuklappern. Mehr als zwei Stunden war ich bereits unterwegs. Unzählige Male war ich ausgestiegen, wenn mir ein Hotel wegen seiner Lage besonders gut gefiel, und hatte vergeblich versucht, dort ein Zimmer zu bekommen.

In einer in erster Linie für amerikanische Touristen erbauten Appartementanlage wurde ich schließlich fündig. Nachdem der Hotelmanager herausgefunden hatte, daß ich keine Amerikanerin war, sondern aus Europa und dazu noch aus Deutschland kam, war er großzügig bereit, mir das achtzig Quadratmeter große Zweizimmerappartement mit Küche und Bad und einer zehn Meter langen Terrasse vor diesen beiden Zimmern mit Blick aufs Meer für 300 US-Doller für exakt einen Monat zu überlassen.

Daß er unbedingt meinte, mir mit strahlenden Blicken aus seinen großen dunklen Augen seine perfekten Deutschkenntnisse beweisen zu müssen, indem er stolz trotz seines spanischen Akzents den Vornamen Adolf immer wieder aussprach, war mir zwar mehr als peinlich. Aber an seinen spärlichen Englischkenntnissen sollte dann mein größerer sein Geschichtsbild erhellender Exkurs und ein weiteres Gespräch über deutsche Geschichte gar jämmerlich scheitern.

Etwas betreten schaute ich allerdings drein, als ich feststellen mußte, daß in Sichtweite dieses luxuriösen Appartementkomplexes eine kleine circa sechzehn Quadratmeter messende Holzhütte stand, die von einer mexikanischen Großfamilie bewohnt wurde und deren Familienleben ich von der Hängematte aus nun „meiner“ Terrasse heraus weder übersehen noch überhören konnte, da es die meiste Zeit sehr lebhaft vor der Hütte stattfand.

Zwei Tage später war dann mit der Ankunft des treusorgenden Familienoberhaupts unser kleines Familienglück wieder komplett und wir benutzten Puerto Vallarta als Basis, um von dort aus mit Flügen auf der innermexikanischen Linie in einigen Kurztrips noch andere Küstenorte zu erkunden.

© chaosdiva


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-25 22:17:29 mit dem Titel Gefangen in den Wirren der Zeit.

Sie war eine hübsche, an Kunst und Kultur interessierte Frau aus gutbürgerlichem Hause. Eine junge Frau mit strahlenden blaugrauen Augen und dunklen Haaren, als sie ihre erste große Liebe gefunden hatte. Doch die Wirren der Zeit sollten alles anders kommen lassen, als sie es sich am Tag ihrer Verlobung mit ihm erträumte. Nicht lange sollte es dauern, und ein unsinniger Krieg sollte unfaßbares Grauen, Leid und Vernichtung für Millionen von Menschen bringen.

Er wurde eingezogen, flog von nun an als Pilot diese unförmigen Maschinen mit ihrer unseligen Last. Ja, es war eine Liebe zu Zeiten des Krieges. Ein paarmal sollten sie sich noch in seinen kurzen Heimaturlauben sehen. Dann kam die Meldung, daß er auf einem seiner Flüge über den Kanal mit seiner Maschine abgeschossen worden war und nie mehr zurückkommen würde.

Jahre des Hungerns, der täglichen Angst beim Aufheulen der Sirenen. Jahre der täglichen Zivilcourage, wenn sie den jüdischen Kollegen in der Fabrik, in der man sie zur Arbeit zwangsverpflichtet hatte, heimlich etwas von dem wenigen, was sie selbst hatte, zusteckte. Wenn sie ihnen half, wo sie nur konnte, immer in der Angst, dabei selbst erwischt und denunziert zu werden.

Dann, als der Krieg endlich vorbei war, wurde auch sie wie so viele andere eine der vielen Trümmerfrauen, die in harter Arbeit Tag für Tag Stein um Stein der zerbombten Häuser beiseite räumte.

Sie, die zu den Glücklichen gehörte, die diesen Krieg abgemagert und mit dem bitteren Ernst des Daseins für immer verinnerlicht überlebt hatte, beteiligte sich an einer Aktion des Roten Kreuzes und schickte Briefe und Päckchen an einen der unzähligen Kriegsgefangenen, die immer noch die Tat eines Wahnsinnigen mit ihrem ganz persönlichen Leid und der Tragik ihres ganz persönlichen Schicksals bezahlen sollten.

So gingen ihre Briefe nun an ihn, einen auf Bildern vor Zeiten des Krieges sehr gutaussehenden, feinfühligen jungen Mann mit dunklen Haaren und dunklen Augen. Als Sanitäter hatte er sich freiwillig bereit erklärt, bei einigen der unzähligen Verletzten, die man nicht alle so schnell abtransportieren konnte, zu bleiben, als seine Einheit den Rückzug antreten mußte. Und so war er dann kurz vor Kriegsende noch in russische Kriegsgefangenschaft geraten.

Ausgemergelt und als gebrochener Mann gehörte er zu den wenigen, die Jahre nach Kriegsende zurückkehren durften. Man hatte die Hochzeit der beiden bereits vorbereitet und zwei Menschen, die sich lediglich über Jahre hinweg Briefe geschrieben und sich nie vorher gesehen hatten, sollten damit einen Bund fürs Leben eingehen.

Sie gehörte zu denen, die durch die Teilung des Landes in der von den Russen besetzten Zone lebten. Von seinem zuhause im Westen war nicht mehr viel geblieben. Seine Eltern waren inzwischen gestorben. Sie hatten zwar viel Grund besessen, aber einige der Grundstücke wurden wegen des Baus einer Straße von seinen Geschwistern verkauft, die von dem erhaltenen Erlös neue Grundstücke erworben und bereits eigene Häuser darauf errichtet hatten. Seinen Anteil am Erbe seiner Eltern hatte man angeblich großzügig als Gedlbetrag für ihn aufbewahrt, er betrug nach der Währungsreform exakt vierzig Mark.

So hatte sie also, um ihr neues Eheglück mit Nichts zu beginnen, zunächst noch eine Grenze zu überwinden, denn die beiden hatten beschlossen, im Westteil des Landes zu leben. Mutig, mit einem kleinen Koffer in der Hand, lief sie eines Nachts stundenlang alleine durch die Wälder, um über die grüne Grenze zu ihm zu gelangen. Ein paar russische Grenzposten griffen sie auf, hielten sie ein paar Wochen lang fest.

Sie sprach nie darüber, was in dieser Zeit passiert war ebenso wie er nie über seine Erlebnisse auch nur ein Wort verlor.

Ihr hartes, arbeitsreiches Leben sollte irgendwann später von der Geburt einer Tochter gekrönt werden.

Einer Tochter, die viele Jahre später hier diese Worte gegen das Vergessen schreiben würde.

© chaosdiva


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2004-02-27 20:26:08 mit dem Titel Divige Likes and Dislikes.

Ich mag:

… meinen Kaffee stark …

Gitarrenriffs, die meine Seele zum klingen bringen
Farben, die meine graue Welt bunter gestalten

schräge Töne, die ich meinem Keyboard entlocke
blauäugige Männer, wenn nicht mein Herz für einen dunkeläugigen entflammt

Menschen, die nicht nur konstruktiv sondern auch liebevoll miteinander umgehen
die Weite, wenn ich meinen Blick übers Meer schweifen lasse

die Stille meiner nach Verstehen schreienden Seele
den Lärm meiner nach Liebe schreienden Sehnsucht

Blicke, die mich in eine Seele eintauchen lassen
Berührungen, die mich bezaubert erschaudern machen

die Stimme, bei deren Klang ich zu schmelzen beginne
die Tränen, die unzählige Enttäuschungen in einen Mantel des Vergessens hüllen

Schweigen, das unsere Herzen vor Freude aufschreien läßt
Begegnungen, die Seelenverwandtschaft offenbaren

… träumende Realistinnen
realistische Träumer

pragmatische Romantikerinnen
romantische Pragmatiker

hoffende Skeptiker
skeptische Hoffende

denkende Hedonisten
hedonistische Denker

sinnsuchende Sinnliche
sinnliche Sinnsuchende …

Diamanda Galás, wenn sie „My world is empty without you“ singt

April, für mich eine besondere Königin des Blues, wenn ihre Stimme mit „I’d rather be a blind girl than to see you walk away from me“ meine ungeweinten Tränen zum Fließen bringt

… ich mag Vielfalt
ich mag Widersprüchlichkeit …

… ich mag Fragmente
ungebrochene gebrochene in brüche gegangene stücke fragmentarischer bruchstücke …

meine Träume, meine Skepsis, meine Visionen, meine Verletzlichkeit zusammen mit meiner Fähigkeit dennoch offen für Menschen zu bleiben und immer wieder neu Vertrauen zu setzen, meine Wünsche, meine Klarheit, meine Ziele, meine Gedanken, meinen Weg …

Ja, ich mag Experimente. Ist nicht das ganze Leben ein einziges nie enden wollendes Experiment? Fordert es nicht immer wieder unseren gesamten Mut, sich auf Unwägbarkeiten einzulassen?

Ich mag nicht:

Konventionen, um der Konvention willen
Intoleranz, die mich immer wieder am Guten in Menschen zweifeln läßt
Naivität, die mich vor Schreck zum Erblassen bringt
Dummheit, die mich in ihrer Starrheit zu töten versucht
Klischees, die in Schubladen zwängen wo längst schon keine Schublade mehr existiert
Mensch

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