Bewerbung Testbericht

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Erfahrungsbericht von orahovo

Hurra, eine Einladung zum Auswahlverfahren!!! Aber was erwartet mich?

Pro:

Man kann seine Fähigkeiten testen.

Kontra:

Ist ganz schön aufregend (wenn das nun ein Kontra ist)

Empfehlung:

Ja

Hurra, eine Einladung zum Auswahlverfahren!

Ich arbeite seit 1996 in einer Werkstatt für behinderte Menschen und bin in der praktischen Ausbildung von ErgotherapeutInnen tätig. Die nachfolgenden Tipps möchte ich allen Interessierten geben, die nicht so recht wissen, was sie erwartet, wenn sie zu einem Auswahlverfahren eingeladen wurden. Einige der Hinweise sind typisch für dieses Berufsbild, die meisten jedoch treffen auf Auswahlverfahren in anderen Berufen auch zu. Natürlich setzt jede Einrichtung eigene Maßstäbe, daher kann ich nur aus den eigenen Erfahrungen heraus berichten. ©orahovo

Wenn Sie zu einem Auswahlverfahren eingeladen wurden, haben Sie die erste Hürde bereits genommen, Ihre Bewerbung ist zumindest beachtet worden, und es ist Ihnen gelungen, das Interesse an Ihrer Person zu wecken. Gehen Sie also gut gelaunt und zuversichtlich hin. Auch die Ausbildungsstätte/ Schule hat ein Interesse, den Kurs voll zu bekommen!

Pünktlich da?

Fahren Sie die Strecke vorher ab, damit Sie auf jeden Fall pünktlich sind, und nicht abgehetzt ankommen. Vertrauen Sie Ihren Fähigkeiten. Denken Sie an Ihre Stärken und loben Sie sich während des Tages immer wieder. Dies verstärkt Ihre positive Ausstrahlung.

Baggy Pants contra Krawatte

Bei Ihrem Äußeren sollte Ihnen ein dezentes Outfit, das zu Ihnen passt, wichtig sein. Es muss nicht der Konfirmationsanzug sein, aber ein schlichtes Kostüm (- oder Hemd mit Krawatte als Mann) sind nie von Nachteil. Ungepflegtes, \"schlodderiges\" Äußeres bringt Ihnen in den wichtigen ersten Minuten unnötige Minuspunkte ein, die Sie später an anderen Stellen gutmachen müssen.

\"Ich bin offen und ruhig\"

Bei der Begrüßung achten Sie bitte auf Ihren Händedruck, auf Augenkontakt aufnehmen und lächelnde Augen. Wenn Sie mit mehreren Personen zu tun haben, beziehen Sie immer alle in ihre Antworten ein, schauen Sie immer wieder jeden einzeln an. Übergehen Sie bei solchen Runden jemanden völlig, können Sie sicher sein, dass Sie von dieser Person eher nicht befürwortet werden. ©orahovo Achten Sie auf Ihre Körpersprache (evtl. vorher ein wenig darüber mehr erfahren...) Vergegenwärtigen Sie sich, dass Sie auch in den \"Leerlaufzeiten\" und Pausen wahrscheinlich beobachtet werden.

Jetzt geht´s los

Zu einem Auswahlverfahren werden mehrere Bewerber gleichzeitig eingeladen, Sie treffen also auf eventuelle zukünftige MitschülerInnen. Zeitlich wird es wahrscheinlich zwischen 3 und 6 Stunden dauern, je nach Programm und Einrichtung. Die Inhalte sind meistens - evtl. in unterschiedlicher Reihenfolge:

Einzelgespräch mit dem Ausbildungsteam (meist die Schulleitung und ein oder zwei Dozenten). Hier geht es erst einmal um Ihre Personalien, Bewerbungsunterlagen, Vorgeschichte, evtl. Zeugnisse (aber nicht immer) und um Ihre Gründe, warum Sie diesen Beruf erlernen wollen. Da ist es wichtig, sich vorher etwas damit auseinander zu setzen, auch über die wirklichen Motive, die Sie dazu bewegen, ErgotherapeutIn werden zu wollen. Eine absolute Ehrlichkeit ist in diesem Bereich die einzig richtige Antwort, wie bei den meisten Teilen des Verfahrens auch. Antworten, die bewusst so gewählt sind, dass man hört, was man möchte, werden Ihnen keine Vorteile verschaffen, denn solche Antworten sind schnell durchschaut und lassen an Ihrer Ehrlichkeit zweifeln.

Es könnten Fragen gestellt werden, die Ihre schulische Laufbahn, Ihre Vorlieben, Hobbys oder Freizeitaktivitäten betreffen. Sind Sie in einem Verein aktiv, haben Sie sich in der Jugendarbeit engagiert, sich sozial eingesetzt - das können Sie hier einbringen - wenn danach gefragt wird.

Signalisieren Sie bitte immer Offenheit, und vor allem: Interesse! Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ich im Laufe eines Bewerbungsgespräches eine Schülerin fragen muss, ob sie Fragen hätte, und sie dann auch noch mit \"nein, da fällt mir gerade nichts ein\" antwortet. Also: vorher Fragen überlegen, ganz wichtig, das zeigt Ihr Interesse! ©orahovo Es wäre auch gut, wenn Sie sich durch ein Praktikum tiefergehende Einblicke in Ihren Wunschberuf verschaffen würden. Hier können Sie schon mal Einblicke in die Vielfalt des Berufes gewinnen und auch herausfinden, ob es wirklich der Beruf ist, den Sie sich vorgestellt haben. Haben Sie bereits ein spezielles Interessengebiet, (Praxis, Arbeit mit Kindern, mit Älteren, psychisch Kranken, Werkstatt für behinderte Menschen, usw...) sollten Sie versuchen, in Ihrem Wunschbereich ein Vorpraktikum zu machen. Hier sammeln Sie wichtige Erfahrungen, die Sie später gut gebrauchen können.

Schriftlicher Teil

Manchmal müssen Sie einen Aufsatz schreiben - das Thema ist natürlich vorher unbekannt, aber was ein gern genommenes Thema ist, ist z.B. \"Warum ich einen helfenden Beruf ergreife\" o.ä. Antworten wie \"Ich helfe gerne\" müssen sehr wohl überlegt sein, diese fordern ein kritisches Hinterfragen heraus. Sie sollten sich vorher unbedingt auch mit dem Thema \"Helfersyndrom\" ein wenig auseinander setzen. Aber auch Themen wie \"Ich habe Stärken und Schwächen...\" sind beliebt. In diesem Teil werden neben den Schreibfähigkeiten auch die Fähigkeiten zur Selbstreflektion und Eigenkritik geprüft. Also ruhig selbstkritisch sein, aber auch die Stärken herausstellen. Ein gesundes Mittelmaß zeugt von einem gesunden Selbstvertrauen und Ehrlichkeit. Achten Sie auf Ihr Schriftbild und auf die neue deutsche Rechtschreibung. Zumindest die einfachsten Regeln (ß/ss) sollten Ihnen geläufig sein.

Sind Sie teamfähig?

Dann folgt häufig ein Gruppenteil, Sie bekommen als Kleingruppe eine gemeinsame Aufgabe. In allen Übungen geht es darum, ruhig zu bleiben, sich einen Überblick zu verschaffen und mit den anderen Kandidaten gekonnt umzugehen. Dabei bewerten die Beobachter nicht nur, was man sagt, sondern auch wie man es sagt. Mimik, Gestik und Körperhaltung spielen eine ebenso wichtige Rolle wie das Sozialverhalten. ©orahovo Getestet werden hier Ihre Führungskompetenz und Ihre Belastbarkeit, aber auch die Auffassungsgabe und die Organisationsfähigkeit
Es kann sein, dass Sie die Aufgabe bekommen, gemeinsam ein Problem zu lösen, z.B. aus nur 100 Blatt Papier und Kleber innerhalb einer vorgegebenen Zeit, ohne weiteren Hilfsmitteln einen Turm zu bauen. Die Bedingungen werden vorher festgelegt. (Mindesthöhe, Stabilität, alles andere muss die Gruppe erarbeiten). Hier gilt es, die Teamfähigkeit unter Beweis zu stellen. Wer verhält sich wie in der Gruppe? Verhalten in der Gruppe und Teamfähigkeit sind sehr wichtige Elemente, sie zeugen von sozialer Kompetenz. Hier kann man viele Pluspunkte holen, wenn man sich dessen bewusst ist, dass der Prozess an sich entscheidend ist. Wer übernimmt spontan die Führung, wer ordnet sich allen anderen unter, wer reißt alles an sich, wer ist kreativ und konstruktiv, beachtet aber stets die Regeln der Kommunikation, usw.?
Auf solche Aufgaben können Sie sich gut vorbereiten, wenn Sie sich selbst von außen mit den Augen eines Betrachters sehen können. Also: Teamaufgabe. Danach wird evtl. die Teamaufgabe vor den anderen Gruppen und der Schulleitung präsentiert. Eine sichere Stimme, Formulierungsfähigkeit, keine Angst vor Gruppensituationen. Bitte, geben Sie sich natürlich. Sie können Ihre Aufregung natürlich auch zeigen und zugeben, das macht Sie menschlich. Auch Verhaspeln ist OK. Sich drücken ist etwas ungünstig, allzu vorlaut sein auch.

Statt der Gruppenaufgabe kann es auch eine geführte oder nicht geführte Diskussionsrunde geben. Von den Beobachtern wird weniger beurteilt, was das Ergebnis der Diskussion ist, als vielmehr, wie es zustande kam. Hauptkriterien sind: Sozialverhalten und sprachliches Ausdrucksvermögen. Es gibt Diskussionen mit und ohne Rollenvorgabe. Wie gehen Sie mit kritische Situationen um? Können Sie auch bei \"heißen\" Themen sachlich bleiben, Kritik konstruktiv äußern - und einstecken?

Finden Sie Argumente, damit Sie mitreden können. Sollte Ihnen das Thema fremd sein, können Sie die Diskussion moderieren, wenn die anderen Teilnehmer damit einverstanden sind.

Ergreifen Sie, wenn es möglich ist, das erste Wort und beteiligen Sie sich an der Diskussion, lassen Sie andere jedoch unbedingt ausreden, erörtern Sie die Ideen und Beiträge anderer ernsthaft.

Motivieren Sie zurückhaltende Teilnehmer, sich zu beteiligen.

Vertreten Sie Ihren Standpunkt klar und deutlich, leisten Sie Überzeugungsarbeit, aber Zeigen Sie sich kompromissbereit und setzen Sie Ihre Argumente nicht beharrlich auf Kosten anderer durch.

Hören Sie aktiv zu. Halten Sie Blickkontakt zu allen Gesprächsteilnehmern, sprechen Sie die anderen mit Namen an und halten Sie sich an zeitliche Vorgaben.

Fassen Sie die Ergebnisse zusammen.

Fast geschafft!

Anschließend folgt evtl. ein erneutes Einzelgespräch mit Feedback und die Verabschiedung, mit Hinweis auf Geduld, Sie werden benachrichtigt. Nur die Ruhe, souverän lächeln, fester Händedruck, Augenkontakt.

Wer gewinnt???

Es ist übrigens nicht immer gesagt, dass man nur die Besten und Klügsten nimmt, wir entscheiden uns häufig auch gegen diese Regel! Dies bringt später Dynamik in die Gruppe und auch den Schwächeren eine Chance. Eines ist wichtig zu wissen: Es wird in der Ausbildung mit sehr viel Selbsterfahrung gearbeitet. Falls Sie irgendwelche unverarbeiteten Probleme haben, sollten Sie versuchen, diese vorher (!) mit Hilfe einer Therapie in den Griff zu bekommen. Und dann bleibt noch die Hoffnung, dass Sie mit Ihrer Person und Ihrem Auftreten überzeugen konnten. Für Ihre Bewerbung wünsche ich Ihnen alles Gute!
Vielen Dank fürs Lesen und Bewerten!
©orahovo

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