Bizarre Festival Testbericht

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Erfahrungsbericht von *sannah*

Helgaaaa!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Wer diesen Schlachtruf hört, weiß, er kann nicht mehr weit vom Festivalgelände entfernt sein. Über seinen Ursprung oder Sinn (???) kann ich nicht viel sagen, da ich dieses Jahr Festival- und damit auch Bizarrepremiere hatte (widrige Umstände [=Abiball] verhinderten den Besuch des diesjährigen Hurricane). Vergleiche wie „im letzten Jahr“ werdet ihr daher hier nicht finden, die einzigen Vergleiche, die ich aufstellen kann, beziehen sich auf Infos aus dreijähriger Hurricane – Erfahrung meiner Mitfahrer.

Anfahrt:
Mit den über die Tickethotline bestellten Karten und den Informationen von der Homepage www.bizarre.de machten wir uns auf den Weg nach Weeze, Landkreis Kleve, nicht weit von der niederländischen Grenze. Von der A2 fuhren wir nicht die angegebene Route (gleich auf die A57), sondern zunächst über die A3, und dann über Kleve und Goch nach Weeze. Dadurch waren wir lange der Meinung, es sei eine großartige Idee, schon Donnerstag nacht anzukommen, obwohl das Festival offiziell erst am Freitag, den 17.8. eröffnet wurde. Bis wir dann gegen Mitternacht auf das Ende der langen, langen Autoschlange stießen... - und so brauchten wir für die letzten ungefähr vier Kilometer anderthalb Stunden. Eine von uns war mit dem Zug angereist und hatte daher den Shuttle – Service genutzt. Der Busfahrer kannte aber eine Abkürzung und so musste sie zwangsläufig eine Stunde auf uns warten. Insgesamt war der Weg ab der Autobahn aber ganz gut ausgeschildert, den Blick auf die Karte konnten wir uns also fast sparen (nur in Kleve wurde es einmal kritisch). Später ging es sowieso immer der Schlange nach...

Das Gelände:
Das Festival findet nach mehreren Umzügen nun bei Weeze auf einem ausgedienten Militärflughafen statt und wurde von einer Menge netter Leute mit genügend Absperrungen, Müllcontainern und Sanitäreinrichtungen versehen. Parkplatz und Campinggelände lagen parallel zueinander, daher waren die Wege vom und zum Auto relativ kurz. Es gab auch einen Extraparkplatz für Wohnmobile und -wagen für die Luxuscamper. Glasflaschen waren auf dem Gelände eigentlich verboten, aber reinschmuggeln durch geschicktes Klappkistenpacken ging immer, alternativ umfüllen in Plastikflaschen. Als wir ankamen, standen bereits viele Zelte, am Sonntag merkten wir jedoch, dass das Campinggelände viel weitläufiger war als von uns angenommen. Die hygienischen Verhältnisse waren jedoch katastrophal: 120 Duschen für geschätzte 35 000 Besucher (die kalte Dusche war vorprogrammiert, einmal hatte ich Glück), saubere WCs kosteten 1,- DM pro Klogang, bei den zahlreichen Dixies auf dem Camping- und Festivalgelände hieß es: eigenes Klopapier nicht vergessen und dann Nase zu und durch. Von „Deutschlands saubersten Dixies“ (Eigenwerbung des Veranstalters) war nämlich nach spätestens einer halben Stunde nach der letzten Reinigung nichts mehr zu merken (oder aber ich hab die Ironie nicht erkannt). Nachdem wir uns schon einen Platz ausgeguckt hatten, tauchte eine von uns so getaufte Gruppe „Festivalprolls“, die ihre „Parzelle“ (Zitat Wortführer) auch durch „aufs Maul hauen“ verteidigen wollte, auf und sorgte dafür, dass wir uns nach netteren Nachbarn umsahen, die dann aber auch fanden. Auf dem Festivalgelände gab es drei Bühnen: neben Mainstage unter freiem Himmel und Second Stage im Hangar auch noch die Visions Session Bühne (Speakers Corner), auf der Newcomer auftraten oder man auch selbst die Bühne erklimmen konnte. Ein Discozelt wie beim Hurricane haben wir jedoch schmerzlich vermisst.
Viel mehr bleibt dazu nicht zu sagen: super Sommerwetter mit viel Sonne (abgesehen von dem Schauer Samstag morgen) führte je nach Hauttyp zu Sonnenbränden oder etwas Bräune und versetzte alle in Partylaune. Zusätzlich floss der Alkohol in Strömen und diese Mischung sorgte dafür, dass die Sanitäter sich nicht langweilen konnten. Und schließlich gab es ja auch noch:

Die Bands:
(Ich kann hier nur die aufführen, die ich auch selbst miterlebt habe...)
Feeder (Fr 14.45): war mir zuvor unbekannt, überzeugte jedoch mit Alternativ-Pop zum Mittanzen. Der Auftritt hätte auch ruhig länger als eine halbe Stunde dauern können...
JJ72 (Fr 15.30): traurig und kraftvoll zugleich, die Stimme des Sängers variierte zwischen Linkin’ Park – Double und einem Tenor, wo selbst Pavarotti mit den Ohren schlackern würde.
Manic Street Preachers (Fr 18.45): für mich die beste Band an dem Tag, die schon längst Kultstatus erreicht hat. Aber auch neue Auskopplungen wie „Ocean Spray“ animierten die inzwischen schon größer gewordene Zuhörerschaft mindestens zum Mitwippen.
Guano Apes (Fr 20.10): Die angeblich beste deutsche Live-Band hat mich doch sehr enttäuscht. Zumindest auf mich sprang der Funke der Begeisterung nicht über.
Foo Fighters (Fr 21.30): Vielleicht werde ich jetzt von einigen gelyncht, aber sie klangen für mich sehr gelangweilt, im vorderen Teil des Publikums ging trotzdem die Post ab (jemand suchte später am Schwarzen Brett seinen linken Schuh...).
Blackmail (Sa 13.25): die deutsche Antwort auf Placebo (allerdings ungeschminkt und in Jeans) weckte die am „frühen“ Tag nur spärlich anwesenden Zuhörer auf, vielleicht dürfen sie im nächsten Jahr etwas später spielen.
Staind (Sa 14.15): mit „it’s been a while“ sind sie momentan auf dem Weg nach oben, auf der Bühne zeigten sie, dass sie noch mehr (und lauter) können.
Sportfreunde Stiller (Sa 15:50): obwohl parallel auf der Mainstage Apocalyptica spielte, zogen sie das zahlreiche Publikum auf ihre Seite und spätestens bei „Lass uns Wellenreiten gehn“ sang jeder mit.
Green Day (Sa 17:00): ich hatte mehr Punk erwartet, aber eigentlich war es ganz OK, die Singleauskopplungen von „Basket Case“ bis hin zur aktuellen „Warning“ ließen jeden mitrocken (wenn die Nachmittagssonne nicht zum Dösen verleitete...).
New Model Army (Sa 19.40): Die Rockveteranen ließen die Zuhörerschaft zum ersten Mal seit Beginn des Festivals auf eine beachtliche Zahl ansteigen, die Leute drängten sich bis zum WDR-Turm. Den nach jeder Nummer frenetischen Applaus hatte sich die Formation auch redlich verdient.
The Prodigy (Sa 23.00): meine Musikrichtung ist es nicht ganz, aber 10 min von der Show habe ich mir dann doch noch angeschaut. Die Bühnenshow war sicherlich respektabel und viele Zuhörer machten das Durchkommen schwierig, doch uns zog es zu...
Slut (Sa 23.15): Auf die Second Stage verbannt und gegen „The Prodigy“ spielend, hatten sie es nicht leicht, den Hangar zu füllen. Aber für die Leute, die sich eingefunden hatten, hat es sich gelohnt, man konnte noch leicht einen Platz in den vorderen Reihen finden, außerdem war genügend Platz zum Tanzen da, gegen Ende wurde es jedoch voller, denn danach kam...
Ash (Sa bzw. So 0.05): Obwohl sie noch keinen Top Ten Hit vorweisen können, fanden sich einige tausend Fans ein und sangen teilweise auch mit. Live ein echtes Erlebnis, man sollte es gesehen haben, wenn man mit der Band etwas anfangen kann.
Iggy Pop (So 18.00): Wie immer mit freiem Oberkörper auftretend fegte er wie ein Wirbelwind über die Bühne und ließ die Techniker ganz schön ins Schwitzen kommen, indem er den Mikroständer mehrmals umkippte oder abschließend Leute aus dem Publikum auf die Bühne holte. Einfach nur WOW!
Donots (So 19.40): nie wirklich in den Charts, aber auf jedem deutschen Musiksender und ebenso häufig auf Festivals zu sehen, mutierte bei diesem Sound im Hangar auch der Letzte zum absoluten Tanzbär. Dieser Auftritt nahm in meinen Augen nur leider ein viel zu schnelles Ende...
Die Ärzte (So 21:30): last but not least hatte niemand das Publikum so sehr im Griff wie die Ärzte. Alle, die noch Stimme hatten, sangen mit und eine Stunde war viel zu kurz, deshalb gab es noch vier Lieder als Zugabe (die sie vorher verlabert hatten). Lustig und zum Schluss noch einer der Höhepunkte des gesamten Festivals.

Und was es sonst noch zu sagen gibt:
Das Geld war gut angelegt und durch viele Klamotten- oder sonstige Stände kam man in die Versuchung noch mehr auszugeben. Wer es zudem versäumt hatte, sich Ravioli aus der Dose (nur ein Beispiel) und einen Campingkocher mitzubringen, zahlte für Döner, Pizza oder Pommes noch einmal ganz gut drauf. Viele zogen ohnehin Flüssignahrung aus der Dose vor. Und wer mal einen kiffen wollte, kam auch auf seine Kosten. Die Mitarbeiter waren zwar größtenteils nett, bei Fragen, die über ihren Aufgabenbereich hinausgingen, aber ebenso überfordert. Außerdem sollten laut Pocketplaner Müllsäcke verteilt werden, die es aber nie gab. Insofern müssen sich die Veranstalter nicht wundern, wenn sie einen riesigen Müllberg abzutragen haben.
Denn das bleibt zurück: niedergetrampelte Wiesen, Unmengen an Müll und Urin, aber auch viele Erinnerungen an ein unvergleichliches Wochenende mit überwiegend hörenswerter Musik!


PS: Ein großes Dankeschön übrigens noch an den Schnellkacker, der direkt neben unser Auto ein offensichtlich eiliges Geschäft zu verrichten hatte. Wir waren sehr beeindruckt!