Picknick mit Bären (Taschenbuch) / Bill Bryson Testbericht

ab 5,71
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Erfahrungsbericht von Frosch4711

Hätt nicht gedacht, daß man beim Wandern so lachen kann...

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Ein Buch über einen Wanderweg ? Eine
Reisebeschreibung einer ewig langen Wanderei ??
Das kann man doch wohl nicht lesen, oder ?
Doch - selten wurde ich so gefangen von einem Buch, was eigentlich ohne Spannung auskommt. Aber auch selten habe ich so eine amüsant geschriebene Erzählung gelesen.

Inhalt
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Der Appalachian Trail ist ein über 3500 km langer
Wanderweg im Osten der Autofahrernation USA. Er reicht von Georgia im Süden bis nach Maine im Norden. Bill Bryson will diesen Wanderweg gehen, und seine amüsante Reisebeschreibung ist das Buch.

Anders als seine amerikanischen Landsleute, von denen Bill Bryson süffisant feststellt, sie würden sich täglich nicht mehr als 300 Meter zu Fuß bewegen, hat er sich Großes vorgenommen:
Gemeinsam mit seinem alten Schulfreund Stephen Katz, der aufgrund seiner Leibesfülle und ausgesprochenen Leidenschaft für Unmengen von Snickers allerdings nicht eben die besten Voraussetzungen mitbringt, plant er eine Bezwingung des Appalachian Trail - jenes
legendären längsten Fußweges der Welt, der sich über 3000 Kilometer durch 14 Staaten hindurch an der Ostküste Amerikas entlangwindet und dem Wanderer die spektakulärsten Naturschönheiten offenbart. Aber unberührte Wälder, verwunschene Seen und atemberaubende Schluchten sind nicht das Einzige, was dieser Trip den beiden Wagemutigen beschert: Von den
Tücken einer mangelhaften Ausrüstung einmal abge-
sehen, lauern allerhand Gefahren im Dickicht, und
da selbst die einschlägige Fachliteratur keine
verläßlichen Tips für den Fall einer Bärenattacke zu geben vermag - außer, unter gar keinen Umständen Snickers bei sich zu führen -, nimmt das Bangen kein Ende. Und dann sind da auch noch die lieben Mitmenschen, die unvermeidlicherweise ihren Weg kreuzen und sie in so manch fatale Situation bringen ...

Leseprobe
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Der Wald ist nicht wie andere natürliche Räume.
Zunächst einmal ist er kubisch, das heißt, die Bäume umgeben uns, überragen uns, bedrängen uns von allen Seiten. Der Wald versperrt uns die Sicht, er läßt uns orientlerungslos, und er verwirrt uns. Er macht uns klein und verlegen und verletzlich, wie ein Kind, das sich in einer Menschenmenge, zwischen lauter fremden Beinen, verirrt hat. In der Wüste, in der Steppe wissen wir, daß wir uns in einem großen, offenen Raum
befinden. Im Wald spüren wir diesen Raum nur.
Der Wald ist ein riesiges, konturloses Nirgendwo.
Und der Wald lebt. Der Wald ist gespenstisch.
Abgesehen davon, daß wilde Tiere in ihm hausen können und bewaffnete, genetisch gesehen unvollkommene Zwelbeiner, die Zeke oder Festus heißen, ist ihm etwas Finsteres eigen, etwas Unbeschreibliches, das uns mit jedem Schritt eine Atmosphäre der Bedrohung spüren läßt und uns überdeutlich zu verstehen gibt, daß wir uns nicht in unserem Element befinden und besser die Ohren spitzen.
Obwohl wir uns einreden, daß es absurd ist, werden wir das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Wir sagen uns: Ruhig bleiben, es ist schließlich nur ein Wald, meine Güte, aber in Wirklichkeit sind wir fickriger als ein Bankräuber mit gezogener Pistole. Bei jedem plötzlichen Geräusch - dem krachenden Lärm eines herabfallenden Astes, dem Vorbeihuschen eines
aufgescheuchten Rehs - geraten wir ins Rotieren
und schicken ein Stoßgebet zum Himmel.
Welcher Mechanismus im Körper auch immer für die
Adrenalinproduktion verantwortlich ist, in diesem
Moment funktioniert er wie geschmiert, noch nie war er so versessen darauf, einen heißen Schub dieses Saftes auszustoßen. Selbst im Schlaf sind wir angespannt wie ein Flitzbogen.

Der Autor
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Bill Bryson wurde 1951 in Des Moines, Iowa, geboren. 1977 ging er nach Großbritannien und schrieb dort mehrere Jahre u. a. für die Times und den Independent. Mit \"Reif für die Insel\" gelang Bryson, der zuvor bereits Reiseberichte geschrieben hat, der ganz große Durchbruch. Bill Bryson lebt heute mit seiner Familie in Hanover, New Hampshire.

Fazit
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Das Buch war nicht zu Unrecht einige Zeit in den
Top 5 der Bellestristik. Schon nach 10 Seiten ist man gefangen vom Erzählstil von Bill Bryson.
Seine Beschreibungen strotzen nur so vor verstecktem Humor und Ironie, seine Beschreibungen über seine panische Angst vor Bären z.B. kann man lebhaft nachvollziehen, aber er hat ja seine Nagelschere dabei.
Nebenbei lernt man eine Menge über diesen Wanderweg und die Natur rund um ihn. Immer wieder wird die Handlung geschickt mit historischen Begebenheiten und Naturbeschreibungen gespickt, aber immer nur 1-2 Seiten lang, so daß man diese immer gerne liest, ohne daß sie einen langweilen.
Man hat fast das Gefühl, daß diese Beschreibungen
zur Geschichte dazugehören.
Mich hat ein ums andere Mal eine Grinseattacke
überfallen, wenn Bill Bryson z.B. erzählt, wie er
versucht, zu Fuß zu einem Supermarkt zu kommen und wie ein Außerirdischer betrachtet wird - in
den USA läuft man doch nicht ! Oder wie er das erste Mal sein Zelt aufbaut... oder, oder....

Das Buch ist ein ideales Weihnachtsgeschenk für
Wanderer, für welche, die den Osten der USA kennen oder kennenlernen wollen, oder die einfach mal ein wenig Spaß haben wollen.

Wer meinen Humor in meinen Berichten mag, wird auch das Buch mögen. Denn der Humor ist wie ich finde meinem sehr ähnlich. Ich jedenfalls war begeistert - und werde mir gleich noch die nächsten Reiseberichte von Bill Bryson kaufen.

Das Buch
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Picknick mit Bären.
von Bill Bryson
Preis: EUR 7,62
Taschenbuch - 338 Seiten - Goldmann, Mchn.
Erscheinungsdatum: 1999
ISBN: 3442443954

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