Bundeswehr Grundausbilung Testbericht

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Erfahrungsbericht von geekai

Wachbatallion

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Ich wollte zum Bund, allein um diese Erfahrung im späteren Leben nicht missen zu müssen.

Kurz nach meinem Abi bekam ich meinen Bescheid, in dem Stand, dass ich zum Wachbatallion nach Siegburg darf. Zuerst hatte ich nicht wirklich eine klare Vorstellung von den Aufgabenbereichen des Wachbatallions, dachte, es handle sich um Wachdienst und solche Dinge, aber da sollte ich mich durchweg getäuscht haben*g*

Wachbatallion ist protokollarischer Ehrendienst, sprich:

Bei Staatsempfängen, Militärmusikfesten, Zapfenstreichen und ähnlichen mit dem Karabiner 98k stramm stehen, greifen, etc. :)

Für diesen Dienst werden nur Leute gezogen, die körperlich und gesundheitlich topfit sind. Einer meiner Ausbildung sagte einmal: \"Das sie hier sind, bedeutet nicht, dass sie geistig zu den besten Deutschlands zählen würden, aber gesundheitlich sind sie die Elite Deutschlands\"

Damals hab ich gedacht, der labert nur, weils direkt am anfang der Ausbildung war, aber mittlerweile denk ich da anders drüber, weil ichs erfahren musste/durfte.

Die erste Woche brachten wir damit herum, von Arzt zu Arzt geschickt zu werden und am Ende der Woche wurden von anfänglich etwas über 300 Rekruten knapp 50% wegen gesundheitlicher Defizite(ich möcht es mal so nennen) versetzt.

Dann lernten wir das marschieren, antreten, stramm stehen, Befehle rasch und zügig in korrekter Art und Weise zu befolgen etc.

Den 3 Wochen nach Dienstbeginn hatten wir unser feierliches Gelöbnis im Bendlerblock in Berlin mit deutscher sowie polnischer Ehrenformation, dem polnischen Staatspräsidenten, dem Bundeskanzler und natürlich unserem damals grade 2 Tage alten Cheffe Struck :)

Dieses war das erste Erlebnis, dass ich nicht missen möchte. Wir standen zwar ca. 2 Stunden lang stram und einige Soldaten kippten in der Sonne vor Erschöpfung um, aber die Athmosphere dort im Bendlerblock vor all den Generälen und Politikern und den vielen Familienangehörigen war etwas ganz besonderes.

Danach begann unsere richtige Ausbildung. Wir erlernten über fast 3 Monate hinweg den korrekten Infantriegriff mit einem 5kg schweren Karabiner 98k, wir lernten, in Formation zu gehen, in Stiefeln mit Holzsohle und Hufeisen unterm Hacken damit es laut klackte. Dies alles musste akurat stram, schnell kraftvoll und vor allen Dingen GLEICH aussehen. Keiner durfte aus der Reihe tanzen und damit das Bild \"versauen\". Tagtäglich standen wir auf dem Exerzierplatz, teilweise bis 12 Stunden lang.
Und dort merkte ich, warum man körperlich und gesundheitlich auf bestmöglichsten Stand sein musste.
Die Schuhe gingen dadurch, dass sie harte Sohlen hatten auf Knie und Füße, das Heben der Gewehrs brachte Muskelkater vom allerfeinsten und viele blaue Flecken.
Dieser Teil unserer Ausbildung war wahrlich kein zuckerschlecken.

Dann kam nach Ablauf unserer 3monatigen Grundausbildung die Protokollbesichtigung, in der wir als Gruppe, Zug und Kompanie bewertet wurden.
Wir schafften dies mit einem ordentlichen Ergebnis, dass die Kompanieführung zufriedenstellte :)

Nun begannen die Einsätze, nebst einer 1monatigen Wachausbildung, einer San-Ausbildung und der darauffolgenden Ausbildung in Grün. Schließlich müssen wir ja auch in der Lage sein das Land zu verteidigen :)

Insgesamt hatte unsere Kompanie(sie bestand zu dem Zeitpunkt nurnoch aus ca. 120 Soldaten)ca 45 Einsätze(plus-minus 5)
Sie fanden in Berlin, Bremen, Hamburg, Köln, Bonn und diversen kleinen Orten wie zum Beispiel Mayen statt und waren immer wieder ein Erlebnis für sich.

Nie vergessen werd ich unseren Einsatz auf dem Militärmusikfest in der Köln-Arena vor fast 12\'000 Menschen.

Leider kamen wir nur einmal zu einem Biwak, weil für mehr doch die Zeit fehlte wegen unserer protokollarischen Aufgabe.

Unsere Zeit war immer gut gefüllt und wir haben die meisten Ausbilder respektiert, sie uns aber auch, weil sie wussten was wir leisteten.

Die Ausbildung war hart, geb ich zu, aber ich habe Erfahrungen mitgenommen, die mich mein Leben lang beeinflussen werden. Nebst Ordnung und Sauberkeit, tiptopgebügelten Gardeuniformen, ordentlichen Aussehen(akurater Kurzhaarschnitt und tägliche Nassrasur war Pflicht) und der Pflicht, sich in der Öffentlichkeit ordnungsgemäß zu benehmen und den Ruf der Bundeswehr und der Kaserne nicht in verruf zu bringen(Leute wurden mit disziplinarischen Maßnahmen \"belehrt\") so erlernte ich auch die \"erzwungene\" Kameradschaft, also die Fähigkeit auch mit Leuten die ich nicht mag auszukommen und zusammenarbeiten zu können, und Disziplin, wohl eine der wichtigsten Eigenschaften, die sich ein Mensch meiner meinung nach aneignen kann, weil ein disziplinierter Mensch Dinge durchzieht und das beste raus macht.

Sicher hatten wir wenig Zeit für uns und wir waren häufig über Wochenenden irgendwo in Deutschland auf Einsätzen, aber alles in allem bin ich froh, dort gewesen sein zu dürfen und kann es nur jedem empfehlen, der meint, er könne das. Aber seid gewarnt, es ist wirklich hart!!!(Soll nicht überheblich klingen, ist einfach ne Tatsache...)

Hier ist noch ein weiterer Bericht über die Grunde beim Bund, wo ich zu der Grunde zum Sani natürlich nichts sagen kann, weil ich nie einer war, aber darin steht zum Schluss eine Stellungsnahme zum Thema Wehrpflicht/Berufsarmee

Viele Zeitsoldaten brauchen erstmal die Erfahrung in der Wehrpflichtzeit um endscheiden zu können, ob der Bund wirklich etwas für sie ist. Das war auch einer meiner Beweggründe, diesen Dienst dem Zivi vorzuziehen. Somit würde dem Bund eine wichtige Einrichtung fehlen um neue Soldaten zu werben, wenn es keine Wehrpflicht mehr geben würde.

Das einzige was an der Wehrpflicht meiner Meinung nach falsch ist, ist diese Ungerechtigkeit, dass viele garnicht mehr gezogen werden und somit auch kein Zivi machen müssen.

Wenn man dem Vorschlag aus dem anderen Post folgt und die Wehrpflicht abschafft und die Leute dafür alle Zivildienst machen lässt, läuft man Gefahr, viele Zivis zu haben, die ihren Dienst mangelhaft machen, weil sie dazu keine Lust haben, genauso wie es bei einigen Soldaten auch der fall ist. Darunter leidet die Qualität dieser Dienstleistungsunternehmen wie Seniorenpflege etc. und das kann und darf auch nicht sein.

Wenn etwas geschehen muss, dann entweder die Abschaffung von beiden und dafür mehr verbreitung von dem \"sozialen Jahr\", sowie subventionierung der Unternehmen, die heute auf Zivis angewiesen sind, um die Kosten annähernd gleich zu halten, oder endlich wieder eine gerechte Einberufung, worunter ich verstehe, dass jeder, der kann, eines von beiden durchziehen muss. Leute die körperlich dazu nicht in der Lage sind natürlich nicht, das versteht sich von selbst.

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